Kapitel 23

Brautschau

Die Tage bis zum Gartenfest bestanden für Ella aus Herzrasen, schlaflosen

Nächten und dem dringenden Bedürfnis, alles, was irgendwie mit Gabriel zusammenhing, zu verdrängen. Wie durch einen Zauber gelang es ihr, nicht allein mit ihm in einem Raum zu sein, obwohl er es darauf anlegte. Keineswegs auf eine aufdringlich plumpe Art, sondern so, dass sie sich seiner Nähe bewusst war und jederzeit die Chance ergreifen konnte, auf ihn zuzugehen, wenn ihr der Sinn danach stand. Das tat er auch durchaus, sie vermisste

ihnnämlich schrecklich: das gemeinsame Lachen, die kleinen Berührungen, die nur auf den ersten Blick zufällig wirkten, aber auch die Momente, in denen Gabriel ganz unvermutet ernst wurde. Doch Ella verbot sich strikt, diesem Verlangen nachzugeben. Noch immer war sie viel zu überwältigt von den Ereignissen.

Da kam es einem doppelten Glück gleich, dass die ersten Fotoanfragen eintrudelten, seit das Bild von Gabriels Schokoladenseite in der Sandferner Zeitung erschienen war. Der Auftrag, den sie mit Bauchgrummeln angenommen hatte, zeichnete sich inzwischen als

Raketenschanze ab, die sie an den Fotografenhimmel von Sandfern schießen könnte. Wie hieß es doch? Pech in der Liebe, Glück im Spiel … oder in diesem Fall: Job. Mittlerweile begleitete Kimi sie zu den meisten Aufträgen, die über Porträts von sogenannten

Leistungsträgern aus dem Umland bis hin zu Familienfotos reichten, wobei er ein reges Interesse an den Tag legte. So hatte sie ihren Neffen um sich, war zu beschäftigt, um sich den Kopf zu zerbrechen, und darüber hinaus auch noch außerhalb von Gabriels Reichweite –

am Tag wie in der Nacht, denn bislang war er nicht wieder in ihre Träume eingetreten. Nicht, dass Ella darauf gehofft hätte … höchstens ein klein wenig.

Auch wenn Gabriel ihre Versöhnung offensiver angegangen wäre, hätte ihm das rege

Treiben in der Villa einen Strich durch die Rechnung gemacht: Ständig wuselte jemand auf der Suche nach Klebeband umher, rief um Hilfe, weil die Leiter wackelte, oder wollte dringend die Meinung zur Musikauswahl für den bevorstehenden Abend hören. Alle schienen beflügelt von der Aussicht auf die Feier, die Belohnung für die unzähligen Stunden der Arbeit.

Abends erforderte Kimi ihre Aufmerksamkeit, auch wenn er nur in Tattoomagazinen blätterte.

Oder Nicki nötigte sie, ihre Lieblingsserie mit anzusehen, oder Nora blieb zum Plaudern auf der Terrasse sitzen – und wo Nora war, war auch Gregor nicht weit.

Nur einmal gelang es Gabriel, sie auf dem Weg zu einem Job in der Eingangshalle

abzufangen.

»Glaubst du wirklich, alles wird gut, wenn du mich meidest?«

»Von gut kann nach dem, was alles an einem einzigen Tag herausgekommen ist, doch ohnehin nicht die Rede sein«, rutschte es Ella heraus. Eigentlich hatte sie beschlossen, sich mit einer oberflächlichen Bemerkung herauszuwinden, sollte er sie ansprechen. Doch da Gabriel so dicht vor ihr stand,dass sie seinen verführerisch herben Duft einatmen konnte, wollte ihr keine Ausflucht über die Lippen kommen.

»Ich kann ausziehen, wenn das besser ist für dich«, bot er an.

»Das wäre ein Leichtes für dich, nicht wahr?« Ella lachte bitter. »Du musst mir wirklich nicht unter die Nase reiben, dass eine andere Frau dir die Tür offen hält. Das habe ich begriffen.«

Als er sich wortlos umdrehen und fortgehen wollte, machte sie den nächsten Fehler und hielt ihn fest. Aber wie hätte sie ihn auch gehen lassen können?

»Warte, ich wollte dich nicht angreifen, es ist nur … Ich brauche noch eine Weile, um damit fertigzuwerden. In meinem Inneren herrscht das reinste Chaos, das die Sache mit der

anderen Frau losgetreten hat. Und dann die ganze Geschichte mit deiner Gabe und dem

Inkubus. Das ist alles sehr schwierig, Gabriel. Ich bin noch nie in einer solchen Situation gewesen und bin alles andere als glücklich, was sie aus mir macht: eine verwirrte und leider auch zickige Person. Ich muss damit klarkommen, ohne auch noch Angst zu haben, dass du mir wegläufst. Gib mir bitte Zeit, ganz ohne Druck.«

Zu ihrer Erleichterung stimmte Gabriel zu, wenn auch mit sichtlichem Widerwillen.

Vermutlich verunsicherte ihn die Entwicklung zwischen ihnen ebenfalls, und Ella rechnete es ihm an, dass er nicht kurzerhand den einfachsten Weg beschritt und ging. Was hielt ihn denn schon in diesem Haus, das ihm eigentlich nur einen faulen Sommer bescheren sollte? Eine abweisende Ella, jede Menge Arbeit und die schrägen Blicke der anderen ganz bestimmt nicht. Und trotzdem blieb er. Ein ernsthafter Sonnenschein … fast zu schön, um wahr zu sein.

Nach dieser kurzen Aussprache gingen sie freundlich und vorsichtig miteinander um, was für beide eine neue Erfahrung war, da beide für gewöhnlich zu einer Überdosis Freimut neigten. Nun, zumindest auf sie traf das zu, denn Gabriel hielt einen entscheidenden Teil seines Lebens ja sorgfältig unter Verschluss. Was auch besser war, dachte Ella ein ums andere Mal, denn der Gedanke an den Inkubus suchte sie heim, sobald sich die Süße des Schlafes ankündigte. Da war sie in der Hoffnung nach Sandfern gekommen, ihre Träume

endlich wiederzufinden, und nun ängstigte sie sich vor dem Eintreten in dieses Reich.

Jemand wandelt dort umher, von dem du lediglich einige Geschichten gehört hast, ähnlich wie vom Sandmann oder den Traumwebern, dachte sie mit einem Schaudern. Sie hatte eine vage Vorstellung von ihnen im Kopf, nicht mehr als Phantasmen, und genau das sollten sie auch bleiben. Den Inkubus jedoch gab es, das hatte Ella am eigenen Leib erfahren, als er sie durch Gabriels Spiegel angesehen hatte. Dieses Nachtgeschöpf kannte sie, vielmehr noch: Es hatte sie angelockt und Gabriel dadurch gezwungen, sich ihr zu offenbaren. Das war es, was Ella besonders ängstigte. Bislang hatten sich ihre Sorgen als unbegründet erwiesen. Sie träumte jede Nacht, lauter wirres Zeug, in dem sie durch endlose Flure, Schächte und Gänge rannte. Allein … oder vielleicht auch nicht. Falls jemand anders dort war, verbarg er sich vor ihr. Mehr als diese ungenauen Eindrücke blieben ihr beim Erwachen nicht, aber sie fühlte sich elend gehetzt. Weder der Garten noch Gabriel spielten eine Rolle in ihren Träumen, nur das Gefühl von schnell verrinnender Zeit. Fast fühlte Ella sich versucht, Gabriel darauf anzusprechen, traute sich dann jedoch nicht. Es war alles zu kompliziert, ein einziges Minenfeld.

»Warum lässt du Gabriel am langen Arm verhungern?«, fragte Kimi sie unvermittelt bei einem Shooting.

Einer der lukrativsten Jobs für Fotografen waren Hochzeiten, einer der Momente im Leben, in dem die Menschen definitiv Wert darauf legten, professionell eingefangen zu werden. Das künftige Paar, das Ella den Auftrag erteilt hatte, meinte es richtig ernst, zumindest die Braut, die eine eigene Bilderreihe in ihrem Kleid haben wollte. Nun stand sie auf der Wendeltreppe im alten Rathaus und strengte sich an, glücklich auszusehen, während Ella und Kimi ihre Ausrüstung aufbauten. Die junge Frau war ein wahres Meisterwerk aus Make-up, Haarspray und weißen Stoffbergen, nur hinkte ihre Ausstrahlung der Aufmachung noch hinterher, denn sie war das reinste Nervenbündel. Dieses Mädel im Tüllrausch dazu zu bekommen, ihrer Rolle gerecht zu werden, würde noch eine echte Herausforderung werden. Kimis Nieten- und Löcher-Outfit trug sicherlich nicht zu ihrer dringend notwendigen Entspannung bei.

Gerade brachte Kimi den Slave, eine kleine externeBlitzanlage, in Position, ohne dass Ella auch nur in die entsprechende Richtung gezeigt hätte. In Gedanken nannte sie ihn bereits liebevoll ihren Schatten – einen sehr begabten Schatten, wie sie jetzt feststellte. »Du bist ein Traum von einem Assistenten«, erklärte sie Kimi.

»Klar, ich bin super«, nahm Kimi das Kompliment ohne

falsche Bescheidenheit an.

»Übrigens auch, wenn es um Liebesdinge geht. Also, Tante Ella: Der böse Gabriel hat mit einer anderen Frau rumgemacht. Das ist schlecht, voll daneben, keine Frage. Aaaaber, und das ist jetzt meines Erachtens der springende Punkt, ihr beide hattet zu diesem Zeitpunkt noch nichts am Start. So gesehen, ist es einfach blöd gelaufen. Trotzdem bestrafst du ihn für diesen unbedeutenden Fremdfick und übersiehst dabei, dass du dir selbst eins auswischst.

Gabriel ist nämlich so ziemlich das Appetitlichste, das mir jemals unter die Augen gekommen ist. Und das Beste an der ganzen Geschichte ist, dass er voll und ganz dir gehören will.«

»Kimi, dein letzter Satz war eben der Beweis, dass du nicht die geringste Ahnung hast.«

Ella winkte der Braut aufmunternd zu, die trotz ihres dicken Make-ups aschfahl aussah. Für manche Menschen bedeutete fotografiert zu werden den reinsten Stress, vor allem in einem Moment von so übergroßer Bedeutung. Vermutlich hatte sie die letzten Monate damit

verbracht, sich auszumalen, wie überwältigend sie als künftige Braut auf den Aufnahmen aussehen würde. Alle Männer wären hingerissen, ihre Mutter würde Tränen der Rührung

vergießen, während ihre Freundinnen vor Eifersucht vergingen. Bei so viel Druck konnten einfach keine guten Fotos entstehen.

Kimi, ansonsten 1a-Nachwuchsfotograf, kümmerte sich nicht einen Deut um die

Seelenqualen des abzulichtenden Objekts. Stattdessen hielt er hartnäckig an dem Thema fest, bei dem Ella genauso gepeinigt dreinblickte wie die Braut.

»Na, ist dir denn nicht aufgefallen, dass Gabriel jede Nacht

brav auf seinem Futon

verbringt und tagsüber besonders auffällig dafür sorgt, dass wir immer genau wissen, wo er sich rumtreibt, sobald er einen Fuß vor die Tür setzt? ›Hey, ich fahr mal eben in den Baumarkt, bin gleich wieder da‹«, ahmte Kimi Gabriels tiefe Stimme nach. »›Das macht ungefähr eine halbe Stunde Fahrtzeit plus Kram raussuchen und an der Kasse anstehen plus Einkaufswagen loswerden noch einmal eine Stunde drauf. Und dann stehe ich ruck, zuck wieder auf der Matte.‹ Nur falls sich das jemand fragt: In diesem Zeitrahmen lässt sich unmöglich ein Quickie mit der namenlosen Schönheit unterbringen. Verstehst du? Das ist Gabriels Art klarzustellen, dass da definitiv nichts mehr läuft. Wer auch immer die andere Flamme war, an unserem Zauberknaben entzündet sie sich jedenfalls nicht mehr. Und wenn dich selbst das nicht überzeugt, dann muss es eben dein weiches Herz tun: Gabriel ist voll auf Ella-Entzug, der sieht jeden Morgen komplett gerädert aus, richtig übel. Und das kommt nicht daher, weil Gregor ihn jede freie Minute zur Arbeit antreibt. Gabriel wirkt, als würde ihn etwas von innen heraus auffressen. Und was sollte das anderes sein als der Hunger nach dem Paradies zwischen deinen schlanken Schenkeln?«

Diese Ansprache ließ nicht nur Ellas Kinnlade herunterklappen, sondern auch die der

Braut. Offenbar interessierte sie das Thema so sehr, dass sie sogar ihr Grausen vor den Aufnahmen vergaß. »Hat dieser Gabriel denn was darüber gesagt, was in ihm vorgeht?

Seine Gefühle erklärt?«, fragte sie mit zittriger Stimme. »Nein? Wie schade, aber Männer haben ja oft Probleme, ihre Empfindungen in Worte zu fassen. Ist er wirklich so attraktiv, wie du sagst? Ja? Na, dann ist es auf jeden Fall Liebe. So ist das immer, wenn schöne Männer sich für eine … wie soll ich sagen … durchschnittlich aussehende Frau aufheben.«

Was für Romane liest du denn?, wollte Ella schon fragen, aber dann fiel ihr auf, mit was für einem sehnsüchtigen Blick die Braut über dem Treppengeländer lehnte. Na bitte, das

künstliche Lächeln war endlich wie weggewischt. Die Droge Romantik wirkte stärker als jedes Glas Sekt. Hatte dieses Gespräch also auch sein Gutes. Unauffällig drückte Ella auf den Auslöser von Esoline und begann zu plaudern.

»So gesehen, ist es echt ein Wunder, dass Gabriel sich für mich interessiert. Da ich doch komplett normal aussehe und, na ja, auch keine berückende Lebensgeschichte oder jede Menge Kohle zu bieten habe. Ich denke, es ist diese Stimmigkeit zwischen uns, die ich von Anfang an gespürt habe.«

»Seelenverwandtschaft«, setzte Kimi eins drauf, während er den Slave unauffällig ein Stück mit dem Fuß verrückte.

Kluger Junge, so wurde die Beleuchtung richtig schön dramatisch.

»Ja«, hauchte die Braut und blinzelte eine Träne weg. »Bei mir und Hannes ist es

dasselbe. Diese innere Stimmigkeit, die man kaum erklären kann. Je besser wir uns kennen, desto tiefer wird die Überzeugung, dass wir eins sind. Hannes würde das ja nie zugeben, aber auch er spürt diese tiefe Zusammengehörigkeit. Schicksal nennt man das, daran glaube ich fest. Wenn man so etwas hat, darf man es nicht einfach aufgeben, nur weil ein Fehler gemacht worden ist. Da braucht manals Frau Herzensstärke.« Diesem Gedanken

nachhängend, blickte die Braut in die Ferne, ein verräterisches Glitzern in den Augen, während ihre Hand suchend über das Holzgeländer glitt.

Ella fotografierte mittlerweile rein instinktiv.

Die Braut mochte einmal zu oft Nur mit dir gesehen haben, aber irgendwie war dieser unumstößliche Glaube an die wahre Liebe auch mitreißend. Konnte es sein, dass es sie gab? Und selbst wenn … waren sie und Gabriel geeignete Kandidaten dafür? Sie schaffte es ja nicht einmal, anständig verliebt zu sein, ohne gleich die Nerven zu verlieren. Was sollte sie da bloß mit wahrer Liebe anfangen?

Ella drückte erneut den Auslöser, als die Braut sie verträumtanlächelte. Nun, wenn es die wahre Liebe für diese junge Frau gab, warum sollte Ella Johansen dann nicht auch ihr Glück versuchen?

-

»Die Braut haut aufs Auge«, sagte Kimi, während er den Slave lässig in der Hand auf und ab tanzen ließ. Die Verabschiedungsszene von der völlig aufgelösten Frau, die sie spontan beide samt dem geheimnisvollen Gabriel zu ihrer Hochzeit eingeladen hatte, war ganz nach seinem Geschmack gewesen: hyperdramatisch. »Die hat’s dir ordentlich gegeben mit ihrem Romantikschmu, das kann ich an deinem leicht weggetretenen Lächeln ablesen. Großartig.

Die Zeichen stehen also auf Wiedervereinigung, obwohl ich wohl eher von erster Vereinigung reden sollte.«

»Reiß dich zusammen, mein Lieber«, sagte Ella drohend und löste über ihre Kamera das Blitzlicht des Slaves aus, woraufhin Kimi geblendet aufjauchzte.

»Wie auch immer. Was ist besser für die Romantik als ein Gartenfest? Schummrige

Beleuchtung, laue Sommerluft und ein Glas zu viel lassen alle Hemmungen schwinden …

Unsere Party heute Abend ist deine große Chance. Wenn ich du wäre, würde ich mir die Beine besonders pingelig rasieren. Hey, gib mir meinen Slave wieder!«

»Such dir gefälligst einen eigenen Sklaven, mit dem du machen kannst, was du willst.« Ella schob angriffslustig das Kinn vor, und ihr Neffe hob sofort abwehrend die Hände.

Kimi gegenüber konnte sie vielleicht einen auf stahlharte Nerven machen, aber sich selbst konnte sie nicht täuschen. Die Braut war in ihrem Liebeswahn ansteckend gewesen. Den Rest des Tages kreisten Ellas Gedanken unentwegt um das bevorstehende Gartenfest und was es mit sich bringen mochte. Dabei war Kimis Vorschlag, sich die Beine zu rasieren, vermutlich das Beste, was sie so kurz vor dem Fest kriegen konnte. Ella zog ihre Unterlippe ein, während sie auf ihrer Bettkante saß und die Fußnägel frisch lackierte. Passenderweise hieß die Farbe Mysterious Sunset und erinnerte an Pfirsichsorbet. Immer noch besser als die Silberfarbe mit dem Namen Sweet Dreams, die sie zuerst hatte auftragen wollen. Lieber lecker als verträumt aussehen, beschloss Ella, womit schon einmal eine Entscheidung

getroffen war. Eine andere machte es ihr da schon deutlich schwerer: Sollte sie es wagen und ihre Mutter Selma anrufen? In VinesGrey war es jetzt ungefähr ein Uhr nachts, und die Chancen standen gut, dass Selma mit einem vergessenen Tee in der Hand vor dem

Fernseher saß und sich ihre Lieblingsgartenschau ansah. Für einen Menschen, der den

ganzen Tag lang inmitten eines Weinbergs verbrachte, war ihr Interesse an Grünzeug

erstaunlich unersättlich. Eine Vorliebe, die sie an ihre Tochter vererbt hatte.

So gern Ella auch die Stimme ihrer Mutter gehört hätte, sie entschied sich doch gegen ein Telefonat. Schließlich hatten ihre Eltern bei den letzten Gesprächen nachgebohrt, wie denn nun die Lage vor Ort sei. Der Beweis, dass sie sich viel zu viele Gedanken machten. Wenn sie jetzt auch noch fahrig klang, würde Selma unerbittlich eine Erklärung einfordern. Ihr Vater war vielleicht ein empathisches Genie, aber ihre Mutter hatte den sechsten Sinn, wenn es um ihr Töchterlein ging. Und bevor Ella sich aus der Sache herausreden konnte, saß einer von ihnen im nächsten Flieger, so viel stand fest.

Also klappte Ella ihren Laptop auf und schrieb:

Moin Mama, lass mich raten: Bei

Gardener’s Life

geht es heute um den besten

Platz für Moschusrosen.

Einige Minuten lang geschah nichts. Vor Nervosität begann Ella an ihren Fingernägeln zu kauen. Hoffentlich war Selma noch wach, aber hoffentlich nicht wach genug, um ihr so richtig auf den Zahn zu fühlen, hoffentlich … Buchstaben ploppten auf dem Bildschirm auf.

Heute geht es um Stauden, Sweetie. Wie man sie setzt und pflegt. Wäre was für

dich und deinen Garten.

Jetzt hieß es, schnell reagieren, ansonsten würde Selma gleich einen Leitfaden für die Gartenpflege tippen.

Bei meinem Garten halte ich mich ganz an das, was ihm bislang gutgetan hat:

einfach wachsen lassen. Wie geht es dir?

Müde und zufrieden. Wäre beim nächsten break bestimmt eingeschlafen. Wie geht es

dir?

Darüber musste Ella erst einmal nachdenken.

Ich bin konfus. Mama, hältst du es für Unsinn, von Liebe zu sprechen, wenn man

sich nicht einmal seit einen Monat kennt?

Warum gleich Liebe und nicht erst einmal Verliebtsein?

Selma kam wie immer sofort auf den Punkt.

Gute Frage. Weil die Leichtigkeit zwischen Gabriel und ihr verloren gegangen war, die das Verliebtsein dringend brauchte? Und weil Verliebtsein als Grund nicht ausreichte, um ihn trotz aller Widerstände halten zu wollen?

Ich bin verliebt, aber das allein würde nicht langen, um eine Beziehung zu

wollen. Nicht in diesem Fall.

Ella, Kindchen. In so einem Fall solltest du auf dein Gefühl vertrauen. In

deinem Herzen wusstest du doch schon immer, was das Richtige für dich ist. Ist

er married?

Ja, Mama. Mit einem Inkubus. Aber diese Antwort verkniff sich Ella dann doch lieber.

Du meinst, ich soll auf meinen inneren Kompass vertrauen, auch wenn die äußeren

Umstände einen anderen Kurs andeuten?

Es dauerte lange, bevor Selma zurückschrieb, sodass Ella schon befürchtete, ihre Mutter sei während einer Werbeunterbrechung eingeschlafen.

Ja, folge deinem Kompass. Und call me tomorrow, wenn ich wach genug bin, um dich

nach Strich und Faden auszufragen, mein Herz.

Als Ella den Laptop ausschaltete, ging es ihr erstaunlicherweise besser. Sie wusste zwar nicht, was sie tun würde, aber sie vertraute darauf, dass sie die richtige Entscheidung treffen würde. Mehr konnte sie im Moment nicht verlangen.

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