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»Du siehst umwerfend aus im Anzug, Helmut, weißt du das?« Astrid zupfte ihm die Fliege zurecht. »Fremd und sexy.«

»Und du brauchst einen Waffenschein für dieses Kleid.« Toppe hatte keine Eile, er genoß den Anblick: ein superkurzes silbriges Paillettenkleid, hauteng, schwarze Wildlederpumps, keine Strümpfe, kein Schmuck. »Was hast du vor? Willst du deinen Vater ärgern?«

Dinnerparty: das Menü exotisch, die Gäste handverlesen, die Gastgeber eloquent.

Erst als nach Begrüßungscocktail, nach Rot- und Weißwein zum Essen, altem Port und Cognac zum Dessert und Kaffee der Champagner serviert wurde, und das Salonorchester die Bühne für die Viermann-Combo freimachte, wurde man privat; plauderte mal hier, mal dort, tanzte.

Astrid glänzte als glückliche Tochter. Toppe wanderte von Gruppe zu Grüppchen, lächelte klug, tauschte gefrorene Sätze. Irgendwann bald zog er sich zurück hinter die Dattelpalme neben der Tür, das Alibiglas in der Hand. Er lehnte den Kopf gegen die Wand und dehnte den maroden Rücken.

Astrid zwinkerte ihm vom Kamin her zu. Sie stand bei ihrer Patentante, Freya von Steendijk, die einzige aus der Sippe, die Toppe ertragen konnte, die einzige, die ihn mochte. Auch sie sah zu Toppe herüber und lächelte, nickte, als ihre Nichte ihr etwas ins Ohr flüsterte.

»Komm tanzen.« Astrid nahm ihm das Glas aus der Hand und stellte es auf den Fußboden. »Endlich mal kein Foxtrott, endlich mal was Schmusiges.«

Toppe ließ sich mitziehen auf die spiegelnde Tanzfläche, umfaßte Astrid brav, aber sie wurde weich in seinem Arm.

»Du hältst dich wacker heute«, lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter.

»Es macht mir auch nicht so viel aus wie sonst.«

Sie schmiegte sich an ihn.

»Langsam«, raunte er, »oder willst du schon gehen?«

Sie lachte. »Ich schätze, ein Stündchen müssen wir noch bleiben, anstandshalber. Oh, was ist das denn?«

Er grinste, ließ seine Hand über ihren Po gleiten und zog sie dichter. »Mittlerweile müßtest du eigentlich wissen, was passiert, wenn ich mit dir tanze.«

Sie hob den Kopf und sah ihn herausfordernd an.

»Fräulein von Steendijk, ich muß doch sehr bitten. Benehmen Sie sich.«

Aber sie schob das Becken vor und preßte sich an ihn.

»Du weißt, daß du mit dem Feuer spielst. Wenn du nicht aufhörst, müssen wir diesen umwerfenden Anzug in die Reinigung geben.«

Keine ganze Drehung mehr, und sie nahm seine Hand und zog ihn mit hinaus. In der Halle blieb sie stehen und küßte ihn, ließ ihre Zunge über seine Zähne gleiten. Er hielt sie an den Hüften. »Komm, wir fahren nach Hause.«

»Ich glaube, so viel Zeit habe ich nicht mehr.«

Es durchzuckte ihn heiß, sein Blick fiel auf den Durchgang zum dunklen Wintergarten. »Komm.«

Die Zimmerlinde stand in dichtem Laub, schirmte eine kleine Nische ab.

Astrid lehnte sich gegen die Wand und küßte ihn gierig. Ihre Brüste waren hart unter dem kratzigen Paillettenstoff.

»Ein blödes Kleid!«

»Wirklich?« Sie legte beide Handflächen auf die Oberschenkel und schob langsam den Saum hoch, fuhr mit den Daumen in den Bund ihres Höschens und zog es herunter.

Er grub seine Finger in ihre Nässe, wollte kosten, aber sie schob ihn sanft zurück, öffnete seinen Reißverschluß, umfaßte ihn fest, spreizte die Schenkel. Mit einer geschmeidigen Bewegung hob er sie hoch gegen die Wand und drang in sie ein. Sie war heiß und ungestüm. Ihr unterdrücktes Keuchen machte ihn verrückt.

»Astrid, Kind, wo steckst du denn?« kam es aus der Halle.

Toppe hielt inne, aber es war zu spät; Astrid erbebte, und es kostete ihn alle Kraft, sich zurückzuhalten. Sie biß ihm in den Hals.

Sanft stellte er sie auf den Boden zurück, bückte sich nach dem Höschen, knüllte es zusammen und stopfte es in seine Hosentasche. Als das Licht anging, schaffte er es gerade noch, sein Jackett zuzuknöpfen.

Astrids Vater blinzelte, entdeckte sie dann und kam besorgt gelaufen. »Liebes, was ist denn passiert? Ich habe dich gehört. Hast du was?«

Astrid zitterte in Toppes Arm. »Ach, Paps …«

»Mein Gott, Kind, du bist ja ganz erhitzt!«

»Mir war plötzlich so schwindelig«, hauchte sie. »Und jetzt ist mir furchtbar schlecht. Ich muß mich unbedingt hinlegen.«

»Soll ich Mutti holen?«

»Nein, es geht schon, wirklich.«

Herr von Steendijk war nicht überzeugt, aber Toppe beruhigte ihn. »Es ist nur der Kreislauf. Sie hat in letzter Zeit einfach zu viel gearbeitet.« Entschlossen führte er Astrid in die Halle.

»Ich bringe sie nach Hause.«

Auf dem schummerigen Parkplatz hinter der Villa kamen sie endlich dazu durchzuatmen.

»Puh«, lachte Astrid. »Das war knapp.«

Toppe knöpfte sein Jackett auf und zog endlich den Reißverschluß hoch. »Knapper als du ahnst. Hier, dein Höschen. Willst du es anziehen?«

Sie guckte verschmitzt und schüttelte den Kopf. »Das lohnt sich nicht. Laß uns fahren, ganz schnell.«

»Aha«, stellte er grinsend fest. »Sex ist alles, was du von mir willst. Du bist nur scharf auf meinen Körper.«

»Natürlich! Oder hast du mir etwa den ganzen Quatsch mit der Liebe geglaubt?«

Das hatte er tatsächlich, und als sie Stunden später endlich das Licht ausmachte und sich in seine Arme schmiegte, war er auf einmal verdammt froh darüber. Glücklich, daß sie nie aufgehört hatte, ihn überzeugen zu wollen.

»Astrid?«

»Hm?«

»Ich liebe dich.« Es ging ganz leicht.

Sie lag völlig still.

»Und ich habe das wirklich ernst gemeint mit dem Kind, auch wenn sich das vielleicht nicht so angehört hat. Ich glaube, es wäre sogar ganz schön.«

Sie strich ihm zärtlich über die Lippen. »Ja, vielleicht wäre es das wirklich, aber so ist es auch unheimlich schön. Ich werde die neue Stelle annehmen, Helmut. Ich kenne mich, ich würde mir mein Leben lang in den Bauch beißen, wenn ich’s nicht täte. Ich würde eine Chance vergeben, und das nur wegen dieser Gefühlsduselei. Das kann’s auch nicht sein.«

Er schwieg und versuchte erfolglos, seine Gefühle zu sortieren.

»Bist du traurig?« flüsterte sie.

»Ja«, meinte er erstaunt. »Ich bin tatsächlich traurig.«

»Aber nur ein bißchen.«

»Nur ein kleines bißchen.«