29

Catharina war wie versteinert, als ihr bewusst wurde, wohin Christoph sie geführt hatte. Neugierig, wie ihr wart, kamt ihr gleich zur Tür gelaufen, und Catharina stand da, kreidebleich, stumm, und konnte den Blick nicht von dir abwenden. Seit deiner Geburt hatte sie dich nie wieder gesehen. Vielleicht kannst du sie verstehen, jetzt, wo du so vieles erfahren hast: Sie wollte dich nicht sehen, nicht, weil sie dich als ihr Kind nicht geliebt hätte, sondern eben, weil sie dich liebte. So sehr, Marthe-Marie, dass sie auf alles, was die Gefühle einer Mutter ausmacht, verzichtet hatte. Denn du solltest nicht bei Ordensfrauen oder im Findelhaus aufwachsen, sondern bei richtigen Eltern, in einer richtigen Familie. Und das wollte sie nicht zerstören.

Bis tief in die Nacht saßen wir zusammen, so viel hatten wir uns zu erzählen. Leider war dein Vater, der Catharina brennend gern kennen gelernt hätte, für ein paar Tage unterwegs, und auch dein Bruder war nicht da. Matthias hatte damals ja gerade mit seiner Soldatenlaufbahn begonnen, und das kaiserliche Heer hatte ihn nach Innsbruck versetzt.

Wie genau kannst du dich an jenen Abend noch erinnern? Du warst ja damals schon fünfzehn, und du und deine kleine Schwester, ihr hattet Catharina von Anfang an ins Herz geschlossen. Weder mit Zureden noch mit Drohungen wart ihr ins Bett zu bekommen. Irgendwann hast du gefragt, ob Catharina mit deinem Onkel verheiratet sei, und als Cathi mit dem Kopf schüttelte, sagtest du: «Dann dürft ihr auch nicht unter einer Decke schlafen.»

Ich werde nie vergessen, wie Catharina vor Verlegenheit errötete und dich dabei anschaute. So viel Liebe war in ihrem Blick. Und als du dich neben sie auf die Bank setztest, den Kopf an ihre Schulter legtest und schließlich einschliefst, da erstrahlte in ihrem Gesicht eine Ruhe und ein Glück, wie ich es noch nie gesehen habe.

 

Catharina konnte es nicht fassen. Der ganze Abend erschien ihr wie ein Traum. Sie hatte es sofort gesehen: Mit ihren schwarzen Haaren, den dunklen Augen und den feinen Gesichtszügen glich Marthe-Marie Catharinas Mutter, wie ihr Vater sie einst gemalt hatte. Dagegen war Franziska, die Jüngste, ein Abbild von Lene in jungen Jahren. Der vierzehnjährige Ferdinand schien nach seinem Vater zu kommen. Auch er hatte schwarze Haare, dabei jedoch helle Augen. Er wirkte schüchtern, während die beiden Mädchen die Gäste neugierig beobachteten und mit Fragen überschütteten. Als Marthe-Marie an ihrer Schulter einschlief, war Catharina selig.

Sie bemerkte Lenes Blicke und lächelte. Lene schien verändert und doch dieselbe. Sie war unzweifelhaft älter geworden. Ihre mädchenhafte Schönheit, die den Burschen im Dorf den Kopf verdreht hatte, war einer reifen, mütterlichen Weiblichkeit gewichen. Auch wirkte sie gelassener, doch das, was Catharina an ihrer Freundin immer am meisten geschätzt hatte, war geblieben: ihre Wärme und ihr offenes Wesen.

«Ja, Cathi, schau mich nur an. Ich bin ein altes Weib geworden, da beißt die Maus keinen Faden ab. Aber ich sage euch, das hat auch Vorteile. Die Leute begegnen einem respektvoller, und der eigene Mann lässt einen nachts ein bisschen mehr in Ruhe.»

«Wo wir schon bei diesem Thema sind –» Christoph räusperte sich. «Es ist mir egal, wo wir uns schlafen legen, aber ich beantrage einen Schlafplatz mit Cathi zusammen, auch wenn deine Marthe-Marie Einspruch erhebt.»

«Dann habt Ihr Euch also endlich gefunden.» Lene lachte. «Wurde ja höchste Zeit. Doch um ehrlich zu sein, lieber Bruder, hättest du dir deinen Antrag eben sparen können, schließlich habe ich Augen im Kopf. Sag mal, hast du nicht morgen früh etwas in der Stadt zu erledigen?»

«Ja, wieso?»

«Gut, dann geh ohne Cathi und lass sie bei mir. Ich möchte mich nämlich in Ruhe mit ihr unterhalten. Und nimm doch die Kinder auch gleich mit, schließlich kennst du dich in Konstanz nicht aus.»

In dieser Nacht war Catharina zerrissen zwischen dem Bedürfnis, Christoph über ihre Tochter aufzuklären, und dem Begehren, mit ihm zu schlafen. Ihre Lust aufeinander siegte und ließ sie kaum Schlaf finden. Bleich und übermüdet machte sich Christoph am nächsten Morgen mit den Kindern auf den Weg zum Kontor des Gewürzhändlers Stöckli, um anschließend am Hafen einen Kahn ausfindig zu machen, der sie rheinabwärts mitnehmen würde.

Als die beiden Frauen allein beim Morgenmahl saßen, sprachen sie zum ersten Mal offen über Marthe-Marie. Catharina erfuhr, dass es auch für Lene nicht immer leicht gewesen war, vor dem Mädchen ihre Herkunft zu verschweigen, und wie schwer es Raimund im ersten Jahr fiel, Marthe-Marie an Kindes statt anzunehmen.

«Aber dann wurde er ihr ein großartiger Vater. Ich habe manchmal den Eindruck, er hat längst vergessen, dass sie nicht seine Tochter ist. Wenn seine Freunde sagen, wie hübsch Marthe-Marie sei und dass sie mit ihren schwarzen Haaren ganz nach ihm komme, dann schwillt er förmlich an vor Vaterstolz.»

In allen Einzelheiten beantwortete sie Catharinas Fragen, erzählte, wie gut sich die beiden Mädchen verstanden und wie blitzgescheit Marthe-Marie sei – sie könne jetzt schon besser schreiben und lesen als die Erwachsenen. Catharina merkte, wie sie nach und nach akzeptieren konnte, dass Marthe-Marie Teil dieser Familie war.

«Du wirst sie sicher wieder sehen wollen, jetzt, wo ihr euch kennen gelernt habt.»

Catharina nickte.

«Möchtest du, dass Marthe-Marie die Wahrheit erfährt?»

«Nein.» Catharinas Antwort kam ohne Zögern. «Sie ist glücklich bei euch. Es mag seltsam klingen, aber ich trage sie jetzt in meinem Herzen als meine Tochter, und doch kann ich sie bei dir lassen. Denn du bist ihre Mutter.»

In diesem Moment brachte Gritli, Lenes Hausmädchen, einen Krug eiskalten Biers herein, und Lene nutzte die Unterbrechung, um ihre Unterhaltung in eine andere Richtung zu lenken.

«Warum ziehst du nicht nach Villingen? Du musst dich ja nicht gleich in Carls Gasthof breit machen, wenn er, wie Christoph mir geschrieben hat, in eine Heirat nicht einwilligt. Aber ihr könntet ein kleines Häuschen anmieten und euch treffen, wann immer ihr wollt. Glaub mir, Christoph meint es ernst mit dir, fürchterlich ernst.»

«Dasselbe hat mir Christoph letzte Nacht auch vorgeschlagen.»

«Und? Hast du dich entschieden?»

«Wenn ich an den nächsten Winter denke, klingt es verlockend, aber es geht nicht. Ich möchte mit Christoph zusammenleben, ohne mich verstecken zu müssen. Ich will klare Verhältnisse, und solange die nicht gegeben sind, möchte ich meine neue Unabhängigkeit nicht aufgeben.»

Sie versuchte, Lene begreiflich zu machen, wie wohl sie sich in ihrem neuen Haus fühlte, mit ihren beiden Frauen, mit Anselm, ja selbst mit ihrer täglichen Arbeit im Sudhaus.

«Mein Gott, Cathi, wie sehr musst du in deiner Ehe gelitten haben. Und wie ich dich kenne, hast du dich in deinen Briefen, was Michael Bantzer betrifft, noch sehr zurückgehalten.»

Als sie Genaueres über diese Zeit wissen wollte, merkte Catharina, wie schwer es ihr immer noch fiel, über bestimmte Dinge zu sprechen. Doch es tat auch gut, mancher Knoten in ihrem Innersten löste sich bei diesem Gespräch. Sie schaute Lene nachdenklich an.

«Bist du mit Raimund glücklich? Ich könnte auch anders fragen: Wie sieht der Alltag in einer normalen Ehe aus?»

«Ein bisschen langweilig vielleicht.» Lenes Antwort kam ohne Zögern, und sie musste lachen, als sie Catharinas verblüfftes Gesicht sah. «Weißt du, wenn ich deine Lebensgeschichte so höre, bin ich ganz froh drum, dass bei uns alles in geruhsamem Trott läuft, ohne Aufregung, ohne böse Worte. Ich muss zugeben, im Augenblick bin ich ein bisschen neidisch, wenn ich dich und Christoph so beobachte, denn bei uns war es mit Kitzel und Herzklopfen bald vorbei. Aber dafür ist Raimund nicht ein einziges Mal gewalttätig geworden und hat in all den Jahren nie die Achtung vor mir verloren. Und das, finde ich, ist schon ein großes Glück. Mein zweites großes Glück sind die Kinder.»

Sie schenkte die Steinkrüge randvoll.

Catharina nahm einen kräftigen Schluck. «Und wie verläuft bei euch die Ehe nachts?»

«O Cathi, du bist noch ganz die Alte, immer so verschämt! Also, um es klipp und klar zu sagen: In den ersten Jahren hat mein lieber Raimund jeden Rock gevögelt, der jünger als sechzig war und nicht wie eine Vogelscheuche aussah. Zuerst habe ich davon gar nichts mitbekommen, weil er mir in dieser Hinsicht nie Grund zur Klage gegeben hat – er ist nämlich wirklich ein guter Liebhaber. Doch als mir dann eines dieser missgünstigen Klatschweiber zugesteckt hat, was hinter meinem Rücken lief, war ich so wütend, dass ich mit einem Pfannenstiel auf ihn losgegangen bin. Da hat er dann Besserung gelobt, aber leider nicht eingehalten.»

«Was hast du dann gemacht?»

«Was sollte ich schon machen? Ich hab halt auch nichts anbrennen lassen, schließlich war ich noch jung. Aber spätestens als Ferdi auf der Welt war, hatte ich die Lust daran verloren, mich mit irgendwelchen hübschen Burschen in geheimen Verstecken herumzudrücken. Und inzwischen hat sich Raimund wohl auch die Hörner abgestoßen, denn er genießt nichts mehr, als mit mir und den Kindern am Ofen oder hinten im Garten zu sitzen und einen guten Meersburger zu trinken. Nein, es ist schon gut so, wie wir leben. Nur das ständige Umziehen macht mir zu schaffen. Und Christoph und du – ihr seid so weit weg!»

Sie stand auf und nahm Catharina in den Arm.

«Ich glaube fast, ich komme zu früh.» Christoph trat ein.

Er ließ sich neben Catharina auf die Bank sinken und trank ihren Krug in einem Zug leer.

«Es ist alles abgemacht. Wir haben eine Passage auf einem kleinen Lastkahn bis Schaffhausen, übermorgen früh um sieben.»

«Sehr gut.» Catharina küsste ihn auf die Wange. «Und was ist mit diesem Gewürzhändler?»

«Stöckli beliefert uns, und zwar, nachdem ich eine Stunde mit ihm gekämpft habe, zu meinen Konditionen. In einem Punkt allerdings hat er keine Zugeständnisse gemacht: Er liefert nicht bis nach Villingen, sondern nur nach Freiburg. Da war ich leider gezwungen, ihm das Haus zur guten Stund als Adresse anzugeben.»


Die Zeit in Konstanz verging viel zu rasch. Catharina beschloss, Christoph erst auf dem Rückweg von Marthe-Marie zu erzählen, wenn sie wieder allein waren. Sie wollte auf keinen Fall, dass das Mädchen etwas bemerkte.

Als sie zu früher Morgenstunde mit Lene und den Kindern an der Anlegestelle warteten, bis die Ladung auf ihrem Kahn verstaut war, setzte leichter Regen ein. Die Oberfläche des Sees verschwamm im Dunst zu einem schmutzigen Grau, das nur von den schwarzweißen Farbtupfern der Möwen unterbrochen wurde.

«Das richtige Wetter zum Abschiednehmen», sagte Lene und wischte sich die Regentropfen aus dem Gesicht. Oder waren es Tränen? Catharina brachte kein Wort heraus, als der Bootsmann die Taue löste und sie drängte, endlich einzusteigen. Als der Kahn unter den steinernen Bogen der Rheinbrücke glitt, sah sie noch, wie Marthe-Marie den Arm hob und heftig winkte, dann verschwand sie aus ihrem Blickfeld. Bald war die Silhouette der stolzen Bischofsstadt nicht mehr zu sehen, und Catharina ließ ihren Tränen freien Lauf.

Christoph nahm ihre Hand.

«Was ist mit dir? Du bist anders, seit du den Fuß über Lenes Türschwelle gesetzt hast. Ganz anders als sonst.»

«Marthe-Marie ist meine Tochter.»

Christoph starrte sie an. Sie berichtete in wenigen Worten von ihrer Ehe, vom ständigen Kampf gegen die Gefühle für Christoph und ihrem unerfüllten Wunsch nach Kindern, von ihrem Verhältnis zu Benedikt und dessen Bedeutung für sie damals, und wie sie es nicht übers Herz gebracht hatte, das Ungeborene zu töten. Christoph hörte ihr schweigend zu, und als sie geendet hatte, zog er sie heftig an sich, ohne etwas zu sagen. Sie spürte, wie er zitterte. Fast hatte sie das Gefühl, ihn trösten zu müssen.

«Es ist gut so, Christoph. Jetzt ist alles gut.»

Sie saßen dicht gedrängt mit drei anderen Reisenden unter einem schmalen Vordach, das mehr schlecht als recht den Regen abhielt. Es ging eine stetige Brise von Osten, die das Wasser zu kleinen Schaumkronen aufwühlte und sie zügig durch den Untersee trieb. Diesmal war das Nordufer des Sees nicht zu sehen, und Catharina hatte das Gefühl, am Rande eines unendlichen Meers zu segeln. Das ständige Schwanken des Kahns verursachte ihr Übelkeit, Feuchtigkeit und Kälte krochen ihr in die Glieder. Sie presste sich noch enger an Christoph.

Kurz hinter Stein, wo das Segel eingeholt wurde, riss der Himmel auf, und die Sonne brachte die feuchten Planen, die die Waren schützten, zum Dampfen. Das heftige Schaukeln hatte aufgehört, in einem sanften Auf und Ab ließ sich der Kahn von der Strömung des Rheins mitführen. Weinberge, Wälder und Viehweiden glitten an ihnen vorüber wie Bilderbögen. Das Leben kann schön sein, dachte sie und sah Christoph an. Als er ihren Blick aus seinen tiefblauen Augen erwiderte, gestand sie sich endlich ein, wie unendlich sie diesen Mann liebte.

Acht Tage waren sie unterwegs gewesen, als sie auf dem letzten Stück ihrer Strecke Zeugen eines Ereignisses wurden, das einen hässlichen Schatten auf ihre Reise warf. Nachdem sie in glühender Mittagshitze zu Fuß die Südflanke des Kaiserstuhls erreicht hatten, hielt ein Kaufmann mit seinem Pferdekarren und überließ ihnen die leere Ladefläche. Da tauchte wie aus dem Nichts eine Gruppe von sieben oder acht dunkelhäutigen Kindern auf, barfuß und in Lumpen gehüllt, die Mädchen mit bunten Kopftüchern. Keines von ihnen war älter als zehn Jahre. Bettelnd liefen sie neben dem Wagen her und streckten ihnen ihre schmutzigen Hände entgegen.

«Zigeunerpack», rief der Kaufmann und schlug nach dem Erstbesten mit der Peitsche. Nicht einen Moment lang hatte Catharina Angst gehabt vor dieser armseligen Horde. Umso furchtbarer traf sie das Entsetzen bei dem, was in den nächsten Minuten geschah. Ein schlaksiger Junge, offensichtlich der Anführer, hängte sich in die Zügel und versuchte das Pferd zum  Stehen zu bringen. Bedächtig, ohne jede Gefühlsregung, zog der Kaufmann unter einer Wolldecke eine schwere Streitaxt hervor und schleuderte sie gegen die Brust des Jungen. Erschrocken bäumte sich das Pferd auf. Mit einem Ausdruck tiefsten Erstaunens auf seinem kindlichen Gesicht sah der Junge Catharina an, dann sackte er auf die Knie und kippte hintenüber. Die Axt steckte bis zum Schaft in seinem gespaltenen Brustkorb.

Mit Peitschenhieben trieb der Kaufmann sein Pferd in scharfen Galopp, sodass der Karren in den Kurven gefährlich schwankte. Catharina klammerte sich am Wagenrand fest. Als das Pferd endlich wieder in Schritt fiel, bat sie den Kaufmann anzuhalten.

«Ich bleibe keinen Augenblick länger auf diesem Karren», flüsterte sie Christoph zu.

«Ist Euch nicht gut?», fragte der Kaufmann, als Catharina mit weichen Knien vom Wagen kletterte. «Zugegeben, das war kein schöner Anblick. Aber diese Zigeuner sind wie Ungeziefer, je weniger es davon auf der Welt gibt, desto besser.»

Christoph, der inzwischen auch abgestiegen war, sagte so ruhig es ihm möglich war: «Ihr seid ein Mörder, und dafür gehört Ihr aufgehängt.»

«Ihr könnt mich doch kreuzweise!», fluchte der Kaufmann und fuhr in einer Staubwolke davon.

Bedrückt gingen sie den restlichen Weg zu Fuß weiter. Als sie an einem Bildstock mit der Muttergottes vorbeikamen, kniete Catharina nieder und betete für den Zigeunerjungen. Christoph tat es ihr gleich.

Am späten Nachmittag erreichten sie Lehen und schlugen, ohne sich abzusprechen, den Weg zum Kirchhof von St. Cyriak ein. Einige Male schon waren sie gemeinsam an Marthes Grabstein gestanden, doch so schwermütig wie heute war Catharina noch nie zumute gewesen.

Ohne Eile kehrten sie danach nach Freiburg zurück. Als sie in die Schiffsgasse einbogen, seufzte Catharina.

«Wir sind wieder zu Hause – ich zumindest.»

Dann stutzte sie. Die Tür, die ins Sudhaus führte, war mit zwei dicken Brettern zugenagelt und mit dem Siegel der städtischen Büttel versehen.

«Was hat das zu bedeuten?»

Hastig öffnete sie die Haustür und eilte die Treppe hinauf. Oben hörte sie Elsbeths Stimme rufen: «Sie sind da! Dem Himmel sei Dank, sie sind wieder heil zurück!»

Sie und Barbara stürzten aus der Küche. Freudig begrüßten sie die Heimkehrer. Dann trat Barbara einen Schritt zurück.

«Ihr habt es sicher schon gesehen. Diese Hundsfötte von Stadtknechten haben gestern das Sudhaus geschlossen. Eure Lizenz zum Brauen ist bis auf weiteres zurückgezogen.»

«Wieso das denn?»

«Ein Bürger der Stadt hat Euch angezeigt mit der Begründung, die Lizenz sei unrechtmäßig erworben. Wer dieser Bürger ist, wollte uns niemand verraten.»


«Cathi, Liebes, wach auf. Ich muss los.»

«Nein, noch nicht!» Im Halbschlaf schlang Catharina ihre Arme um Christophs Nacken und zog ihn an sich. Christoph küsste sie, dann machte er sich vorsichtig los.

«Ich habe ein Abschiedsgeschenk für dich, mach doch mal die Augen auf!»

Catharina blinzelte. Die Morgensonne schickte durch die Kammer ihre glitzernden Strahlen. Christoph legte ihr etwas in den Schoß: ein nagelneuer kleiner Wasserschlauch aus weichem, hellbraunem Schweinsleder, in dessen Oberfläche winzige Ornamente eingeätzt waren.

«Wie hübsch der ist», rief Carharina.

Christoph nickte. «Und jetzt mach die Augen zu.»

Catharina schloss die Augen und hörte ein leises Gluckern.

«Stell dir vor, wir liegen wieder am Ufer des Bodensees zusammen im Gras, der Wind rauscht in den Zweigen, der Kuckuck ruft, und das Wasser des Sees plätschert leise vor sich hin.»

«Du hast Seewasser in den Schlauch gefüllt, nicht wahr? Und dann hast du den schweren Schlauch die ganze Zeit durch die Sommerhitze mitgeschleppt!»

«So schwer ist er nun auch nicht», lachte Christoph. Dann wurde er ernst.

«Ich verspreche dir jetzt etwas: Noch bevor das Wasser in diesem Schlauch verdunstet ist, werden wir beide als Mann und Frau zusammenleben.»

Nachdem sich Christoph schweren Herzens wieder auf den Weg nach Villingen gemacht hatte, ging Catharina ins Schneckenwirtshaus, um Berthold und Mechtild von der Schließung ihres Sudhauses zu berichten. Eine Mischung aus Ratlosigkeit und Verwirrung ergriff sie. Nicht nur das Wiedersehen mit ihrer Tochter und der Abschied von Christoph nach acht Tagen innigen Zusammenseins hatte sie mitgenommen – immer wieder drängte sich die grausige Szene von der Hinrichtung des Zigeunerjungen in ihr Gedächtnis. Und jetzt auch noch diese Geschichte mit der Braulizenz.

«Wem könnte daran gelegen sein, dass ich kein Bier mehr brauen darf? Ich mit meinen geringen Mengen mache doch niemandem den Absatz streitig.»

«Irgendwer will dir Böses», sagte Berthold und las das amtliche Schreiben noch einmal aufmerksam durch.

«Es wird dir also vorgeworfen, Bier zu brauen und zu verkaufen, ohne dass du deine Kenntnisse auf vorgeschriebene Weise erworben hast, nämlich bei einem Braumeister oder in einjähriger Lehrzeit bei einem Wirt, der im Besitz einer ordentlichen Lizenz ist. So. Und unterschrieben ist das Ganze von einem gewissen Secretarius Waldvogel.»

Er sah Catharina an. «Weißt du, was wir versuchen können? Du gehst dich bei diesem Secretarius beschweren, dass du als unbescholtene Frau von einem Bürger verleumdet worden seist, denn du hättest jahrelang im Wirtshaus ‹Zur Schnecke› gearbeitet und dabei das Bierbrauen erlernt. Sei möglichst forsch, denn Angriff ist die beste Verteidigung. Der Secretarius soll mich ruhig vorladen, ich werde ihm dann dasselbe erzählen. Wir können nur hoffen, dass niemand etwas Schriftliches verlangt. Zum Glück können unsere Angestellten nicht aussagen, denn von ihnen hat damals noch keiner hier gearbeitet.»

«Du willst sagen, dass du mir zuliebe lügen würdest?»

Berthold lachte.

«Das ist doch nicht gelogen! Schließlich war ich es doch, der dir das Brauen beigebracht hat – wenn auch erst vor kurzem. Geh gleich los, du hast keine Zeit zu verlieren.»

Eilig lief Catharina in die Ratskanzlei am Franziskanerplatz. Der alte Ratsdiener, den Catharina noch aus Bantzers Magistratszeiten kannte, führte sie in die Stube von Secretarius Waldvogel. Der Schreiber stand an seinem Pult und kritzelte mit einem Federkiel Blatt um Blatt voll, bis er endlich aufsah. Catharina hielt ihm sein Schreiben vor die Nase.

«Lieber Secretarius», sagte sie freundlich, doch mit energischem Unterton. «Ich bin Catharina Stadellmenin. Gestern habe ich mein Sudhaus im Haus zur guten Stund verschlossen und versiegelt vorgefunden und von meiner Magd dieses Schreiben erhalten. Könnt Ihr mir sagen, wer solche Lüge über mich in die Welt gesetzt hat? Selbstverständlich habe ich das Bierbrauen rechtmäßig erlernt, und zwar beim Schneckenwirt. Ihr könnt –»

«Seid Ihr nicht Michael Bantzers Witwe?», unterbrach sie der Schreiber und sah sie über den Rand seiner Brille prüfend an.

Als Catharina nickte, fuhr er wohlwollend fort: «Ihr könnt Euch sicher nicht erinnern, aber ich war einmal bei Euch zu Gast, als Euer verstorbener Mann – Gott hab ihn selig – in den Magistrat gewählt wurde. Ein ebenso vergnügliches wie vorzügliches Mahl war das! Dass ich nicht selbst darauf gekommen bin, dass Ihr das seid! Aber wie ich sehe, wohnt Ihr jetzt in einem anderen Haus.»

«Ganz recht. Und dort hab ich die Arbeit wieder aufgenommen, die ich vor meiner Heirat im Schneckenwirtshaus erlernt habe, nämlich das Bierbrauen. Braucht Ihr hierüber schriftliche Zeugnisse?»

«Nein, nein, Bantzerin, nicht nötig. Ich denke, das geht jetzt alles in Ordnung. Da ist wohl einer unserer Bürger ein bisschen übereifrig gewesen.»

«Darf ich wissen, wer dieser Bürger ist?»

«Das zu sagen ist mir leider nicht erlaubt.»

Catharina war enttäuscht.

«Könnt Ihr mir wenigstens sagen, was dieser Mensch mir im Einzelnen vorgeworfen hat?»

«Ja, also dass Ihr – wartet einen Augenblick, ich suche eben das Protokoll heraus. Wo habe ich es nur abgelegt? Ach ja, hier ist es.»

Er rückte seine Brille zurecht und begann vorzulesen.

«Ich, Hartmann äh – Sowieso äh – zeige hiermit an, dass die Bürgerin Catharina Stadellmenin, wohnhaft im Haus zur guten Stund –»

Catharina hörte nicht weiter zu. Also hatte sie mit ihrem Verdacht Recht gehabt: Hartmann Siferlin steckte dahinter.

Nachdem Waldvogel das Schreiben beiseite gelegt hatte, sagte er freundlich: «Macht Euch keine Sorgen. Ich gebe Euch einen Büttel mit, der das Sudhaus wieder öffnet, und gleich heute noch werde ich Euch eine neue Lizenz ausstellen. Wo, habt Ihr gesagt, habt Ihr das Bierbrauen gelernt? Im Schneckenwirtshaus?»

Catharina nickte und bedankte sich.

Zu Hause machte sie sich gleich an die Arbeit und weichte frische Braugerste ein. Zum Glück war Anselm fleißig gewesen und hatte genug Bier hergestellt. Nicht auszudenken, wenn sie durch diesen dummen Zwischenfall den «Storchen» als Kunden verloren hätte. Neugierig füllte sie sich einen halben Krug von Anselms Bier ab und lächelte, nachdem sie gekostet hatte. Nicht schlecht. Sie musste ihn fragen, wie er diesen würzigen Geschmack zustande gebracht hatte.

Dann besprach sie sich mit Barbara und Elsbeth wegen Siferlin.

«Ihr solltet besser herausfinden, was Siferlin gegen Euch hat», sagte Barbara. «Sonst ist das womöglich nicht das letzte Mal, dass er Euch Steine in den Weg wirft.»

«Hattet Ihr in letzter Zeit einmal Streit mit ihm?», fragte Elsbeth.

Catharina erzählte den beiden, ohne auf Einzelheiten einzugehen, von den gefälschten Büchern.

«Habt Ihr ihn denn deshalb nicht angezeigt?», fragte Barbara erstaunt.

Ein leichte Röte stieg in Catharinas Wangen. «Er hat gedroht, dass er im Falle einer Anzeige mein Verhältnis mit Benedikt öffentlich machen würde.»

«Verdammter Heuchler», zischte Barbara.

«Es ist doch seltsam», sagte Elsbeth nachdenklich. «Schließlich habt Ihr Euer Schweigen über seine Betrügerei gehalten, und jeder normale Mensch, der so viel Dreck am Stecken hat wie Siferlin, würde Euch jetzt in Ruhe lassen.»

«Ich verstehe es auch nicht. Vom ersten Moment an, als ich in das Bantzer’sche Haus zog, hatte ich den Eindruck, dass er mich verachtet – ja, mehr noch: Er hasst mich.» Sie stand auf. «Ich werde ihn zur Rede stellen.»

Am frühen Abend suchte sie Siferlin auf. Wie bei ihrem letzten Gespräch setzte er sich in den Lehnstuhl, schlug die Spinnenbeine übereinander und sah sie aus seinen Fischaugen abschätzend an.

«Eine Frage nur», sagte Catharina und gab sich Mühe, Siferlins stechendem Blick nicht auszuweichen. «Warum macht Ihr mir das Leben schwer?»

Siferlin lachte meckernd. «Ich bewundere Euren Scharfsinn. So wie damals bei den Geschäftsbüchern habt Ihr also nicht Ruhe gegeben, bis Ihr herausgefunden habt, wer Euch angezeigt hat. Für eine Frau seid Ihr sehr klug, zu klug.»

»Ihr habt meine Frage nicht beantwortet.»

«Ich sehe keinen Anlass, Euch andere Gründe für meine Anzeige zu nennen als die sachlichen. Wie Ihr vielleicht mitbekommen habt, arbeite ich jetzt als Buchhalter im Kaufhaus und damit im Dienst der Stadt. Ihr als Witwe eines Magistratsmitglieds müsstet eigentlich wissen, dass ich allein dadurch verpflichtet bin, Unregelmäßigkeiten anzuzeigen.»

«Hört doch auf zu predigen wie der Pfarrer in der Kirche. Ich schädige niemanden mit dem Verkauf meiner zwei, drei Fässchen Bier. Von Anfang an habt Ihr mich doch angefeindet.»

Siferlin schwieg und schloss die Augen. Seine Miene wirkte noch blasierter als sonst. Entschlossen trat Catharina auf ihn zu. Sie überragte den sitzenden Siferlin jetzt um Kopfeslänge.

«Ihr hasst mich, weil ich eine Frau bin.»

Siferlin riss die Augen auf. Dann erhob er sich, hinkte zu einer Anrichte und schenkte zwei Gläser aus edlem Kristall mit Obstwasser voll.

Catharina, die spürte, dass sie mit ihrer Bemerkung ins Schwarze getroffen hatte, hakte nach. «Ihr hinkt stärker als früher.»

«Haltet den Mund», fuhr er sie an. Hastig kippte er den Obstler hinunter. Ohne zu fragen, nahm Catharina das andere Glas und trank. Vielleicht bringe ich ihn mit Hilfe des Schnapses zum Reden, dachte sie. Aufmerksam beobachtete sie, wie er sich, äußerlich ganz ruhig, ein zweites Mal einschenkte.

«Verschwindet, oder trinkt noch ein Glas mit mir», sagte er barsch, und sein Blick bekam etwas Lauerndes. Catharina trank aus und hielt ihm ihr Glas hin. Der Obstler stieg ihr zu Kopf, doch jetzt konnte sie nicht zurück.

«In der Geschichte der Menschheit haben Frauen von Anbeginn immer nur Unheil angerichtet. Vor allem solch schöne Frauen wie Ihr.»

Sein knotiger Zeigefinger fuhr über ihren Hals und ihren Ausschnitt. Nur nicht die Ruhe verlieren, dachte Catharina, ganz ruhig bleiben. Sie nahm seine Hand und führte ihn zum Lehnstuhl zurück.

«Setzt Euch und trinkt noch ein Gläschen. Ihr wirkt erschöpft.»

«Ich brauche Eure Fürsorge nicht.» Dann trank er sein drittes Glas in einem Zug aus.

«Wie schön Ihr immer noch seid! Und nun bin ich ganz allein mit Euch und ungestört. Ich spüre, wie Euer Zauber auf mich zu wirken beginnt.» Er stöhnte leise auf.

Catharina wurde es zusehends unwohl in ihrer Haut. Sie betete, dass sie heil aus dieser Lage herausfinden würde. Irgendwie musste sie ihn zum Reden bringen.

«Warum hasst Ihr mich?»

Sein Gelächter klang wie von einem lungenkranken Greis. «Ihr seid doch nur ein kleines Licht – wie sollte ich Euch da hassen? Eigentlich schade, dass sich die Natur geirrt und keinen Mann aus Euch gemacht hat. Die Fähigkeiten sind vorhanden, leider aber habt Ihr die hinterhältige Seele einer Frau, und was noch schlimmer ist: Ihr habt einen Busen, der lockt, einen Arsch, der Begierde weckt, und zwischen Euren Schenkeln ein tiefes Loch, das jeden Mann ins Verderben stürzt.»

Wieder stöhnte er und machte einen Versuch aufzustehen, ließ sich dann aber zu Catharinas großer Erleichterung zurücksinken.

«Ja, da staunt Ihr. Das alles sage ich, der hinkende Buchhalter Hartmann Siferlin, Euch ins Gesicht. Aber ich bin nicht so dumm wie Euer verstorbener Mann, ich lasse mich nicht von Euch einwickeln.»

Der Mann ist nicht ganz bei Sinnen, fuhr es Catharina durch den Kopf. Siferlin war nun in seinem Redestrom nicht mehr aufzuhalten.

«Ihr habt den Mann, den ich am meisten geschätzt habe, in Trunksucht und in den Tod getrieben. Vom ersten Tag an, als ich Euch sah, wusste ich, dass Ihr Bantzers Verderben seid. Eine heidnische Todesgöttin. Michael Bantzer –» Seine Nasenflügel begannen zu zittern. «Er war mein Vorbild, mein Freund, mein Vater, meine Liebe.»

«Habt Ihr etwa mit Michael –» Sie sprach den Gedanken nicht aus.

Siferlin lachte. «Jetzt habe ich Eure schmutzige Phantasie entfacht, nicht wahr? Aber im Gegensatz zu Euch ist meine Seele rein, und bis zu meinem Tod wird sie unbefleckt bleiben von diesem Schmutz aus Schleim und Blut und Sperma, in dem sich Männer und Frauen in ihrer Fleischeslust wälzen. Und auch Michael Bantzers Seele war rein, bis er auf Euch getroffen ist. Er hat mich auch geliebt, er wusste, was in mir steckt. Ihm war es gleich, ob ich hinkte oder was meine Herkunft ist.»

Er nahm einen tiefen Schluck und sprach mit schwerer Zunge weiter.

«Wisst Ihr, was es heißt, inmitten einer ehrenwerten Kaufmannsfamilie als Bastard aufzuwachsen? Gebrandmarkt zu sein fürs ganze Leben, nur weil die eigene Mutter eine Hure ist und es mit Lehrbuben treibt? Sie hätte mich besser gar nicht geboren. Doch Gott hat sie gestraft für ihre Wollust: Ich kam mit einem verkrüppelten Bein auf die Welt, und sie verfiel langsam dem Wahnsinn. Sie hat mich vom Tage meiner Geburt an gehasst. Diese verfluchte Hure!»

Er sah sie aus verschwommenen Augen an.

«Und Ihr gleicht dieser Ausgeburt aufs Haar. Ihr seid ebenso schön und ebenso gefährlich.» Er schwankte auf sie zu, sank vor ihr zu Boden und umklammerte ihre Hüften. «Gebt mir, was Ihr jedem hergelaufenen Mannsbild gebt. Macht Eure verdammten Schenkel breit, ein einziges Mal nur will ich wissen, was das Verderben so schön macht. Auch ein hinkender Bastard hat eine Rute, die zustoßen kann.»

Catharina versuchte, sich aus der Umklammerung zu lösen. Wie ein Schraubstock hielt Siferlin sie fest und wühlte seinen Kopf zwischen ihre Schenkel. Am liebsten hätte Catharina diese Schmeißfliege erwürgt. Sie holte tief Luft, griff Siferlin unter die Achseln und zog ihn mit einem Ruck hoch. Dann tätschelte sie ihm, gegen ihren Ekel ankämpfend, wie einem kranken Tier besänftigend den Rücken. Tatsächlich, er entspannte sich und ließ sich willig zu seinem Stuhl führen. Seine Stirn war schweißnass.

«Legt Euch am besten gleich schlafen. Ich muss jetzt gehen.» Mit raschen Schritten erreichte sie die Tür. Da brüllte er ihr nach:

«Du hast mich verhext, du dreckige Dirne! Genau wie den armen Bantzer!»

Sie ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen und rannte hinaus auf die Gasse. Dieser Mensch war krank im Kopf. Benommen lief sie durch die einsetzende Dämmerung nach Hause, wo schon Barbara, Elsbeth und Anselm um den Küchentisch saßen und auf sie warteten.

«Ihr seht ja aus, als wärt Ihr eben mit dem Gottseibeiuns persönlich zusammengestoßen», flachste Anselm.

«So ähnlich war es auch.» Sie berichtete in wenigen Worten von ihrem Besuch bei Siferlin.

«Beruhigt Euch erst ein wenig und trinkt von Anselms selbst gebrautem Bier. Es ist hervorragend.» Elsbeth stellte ihr einen Krug hin.

Doch sie fühlte sich schon besser. Sie hatte herausgefunden, was sie wissen wollte. Zugleich war ihr klar, dass sie sich weiterhin vor Siferlin in Acht nehmen musste.

«Zur Feier des Tages habe ich nämlich ein Fässchen Starkbier gebraut», sagte Anselm und hob seinen Krug.

«Was feiern wir denn?»

«Eure glückliche Wiederkehr und dass die Anzeige von diesem Widerling nichts gefruchtet hat. Na ja, und außerdem freue ich mich, dass unsere Juristenfakultät doch noch nicht ganz den Verstand verloren hat. Während Eurer Reise wurden nämlich schon wieder zwei Frauen wegen Hexerei eingesperrt, zwei Bürgersfrauen, die von der Witwe des Fischers unter der Folter genannt worden waren. Wie es inzwischen ja üblich ist, wurden die Verhörprotokolle und die Zeugenaussagen einem Gremium von Rechtsgelehrten vorgelegt. Und die haben einstimmig auf Freispruch plädiert.»

«Und was ist mit den beiden Frauen geschehen?»

«Sie wurden auf freien Fuß gesetzt und haben am selben Tag die Stadt verlassen. Hier wären sie wohl nicht mehr glücklich geworden. Hoffen wir, dass die Zeit der Hexenjagd in Freiburg jetzt endgültig vorbei ist.»

Anselm merkte, dass durch seine Worte die Stimmung am Küchentisch nachdenklich geworden war. Betont munter prostete er Catharina zu und rief:

«Jetzt soll uns Catharina endlich von ihrer Reise erzählen. Gestern Abend ist sie ja gleich mit meinem lieben Vetter in der Kammer verschwunden.»

Catharina lächelte. «Also gut. Aber vorher verrätst du mir noch, wie du in so kurzer Zeit gelernt hast, Starkbier zu brauen, und dazu noch ein so würziges.»

«Hmm, Euch kann ich wohl keinen Bären aufbinden», sagte er und warf einen verlegenen Blick auf Elsbeth und Barbara. «Ich habe es gekauft.»

Die Hexe von Freiburg
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