7

Der Abschied von Christoph war schrecklich. Am Morgen, als sie aufwachte, lag er mit geröteten Augen neben ihr. Als er merkte, dass sie wach war, küsste er sie ungestüm und schlich dann in seine Kammer, um sich fertig zu machen. Dann ging alles ganz schnell. Der Händler saß schon in der Gaststube und wartete ungeduldig, denn es hieß, oben im Schwarzwald habe es zum ersten Mal geschneit. Lene, die längst auf war, packte noch schnell ein großes Vesper zusammen, dann versammelten sich alle um den Pferdekarren. Auch vom Dorf waren etliche Leute gekommen, um den Wirtssohn zu verabschieden.

Hastig warf Christoph sein Bündel auf den Wagen, reichte allen die Hand und umarmte seine Mutter und Lene. Dann wandte er sich Catharina zu. Sie sahen sich an und schwiegen. Catharina hätte ihm so viel sagen mögen, brachte aber kein Wort heraus. Vor aller Augen küsste er sie schließlich auf den Mund und stieg auf.

Catharina lief in ihre Kammer und warf sich aufs Bett. Bildete sie es sich ein, oder war die Decke noch warm von Christophs Körper, verströmte noch seinen Geruch? Als von der Straße her die Abschiedsrufe lauter wurden, presste sie sich die Hände gegen die Ohren. Sie stellte sich vor, nie wieder aufzustehen. Nie wieder würde sie essen, arbeiten oder lachen können.

Aber seltsamerweise holte der Alltag sie wieder ein. Marthe und Lene waren sehr liebevoll mit ihr. Doch manchmal schienen die Tage nicht enden zu wollen, denn jetzt im Winter gab es weniger Arbeit und weniger Abwechslung. Wenn Marthe nach Einbruch der Dunkelheit zu erzählen begann, hörte Catharina kaum zu, denn ihre Gedanken waren bei Christoph. Einmal kaufte sie sich für teures Geld ein paar Bogen Papier und schrieb einen langen Brief an ihn. Da aber um diese Jahreszeit ohnehin niemand in den Schwarzwald hinauffuhr, zerriss sie die Blätter am nächsten Tag wieder.

Was sich in diesen öden Wochen jedoch ereignete, war, dass Lene sich verliebte. Ausgerechnet in diesen ungeschlachten Nachbarsburschen Schorsch.

«Was findest du bloß an diesem Kerl?», fragte Catharina ihre Base.

«Wieso? Er sieht doch nicht schlecht aus. Außerdem ist er der einzige Junge im Dorf, der nicht den Mund hält, wenn er anderer Meinung ist als ich. Das gefällt mir.»

Marthe durfte davon selbstredend nichts erfahren, und so war Catharina damit beschäftigt, Lene bei ihren Verabredungen Rückendeckung zu geben. Abends im Bett bekam sie dann ausführlich zu hören, was sich Neues ergeben hatte. Catharina war zwar nicht sonderlich interessiert daran, aber es lenkte sie von ihren eigenen Grübeleien ab.


Anfang des neuen Jahres teilte Marthe den beiden Mädchen mit, dass Christoph an Ostern zum ersten Mal ein paar Tage freihabe und nach Hause kommen würde. Lene tanzte vor Freude in der Küche herum, und Catharina fragte ungeduldig:

«Dann hast du also Nachricht bekommen. Wie geht es ihm?»

«Ich denke, er hat sich ganz gut eingelebt. Carl würde ihn am liebsten ganz bei sich behalten, aber das geht natürlich nicht. Wir brauchen ihn ja über die Festtage hier bei uns.»

Ich brauche ihn bei mir, dachte Catharina. Plötzlich überdeckte ein wagemutiger Gedanke ihre Freude auf das Wiedersehen: Wenn Christoph nicht bei ihr leben durfte, dann konnte sie doch ebenso gut bei ihm leben.

An diesem Abend konnte sie vor Aufregung nicht einschlafen. Sie war jetzt vierzehn, und viele Mädchen in diesem Alter mussten sich irgendwo als Dienstmädchen verdingen. Sie würde Ostern mit Christoph nach Villingen gehen und sich dort eine Arbeitsstelle suchen. Wer konnte sie daran hindern? Sie beschloss, nicht einmal Lene von ihren Plänen zu erzählen, und gab sich in den nächsten Wochen alle Mühe, bei den Gästen möglichst viel Geld einzustreichen.


Doch Ostern ging vorbei, und Christoph kam nicht. Er hatte ausrichten lassen, dass er nur zwei Tage freibekommen würde, und zwei Tage dauerte allein die Reise. Weder Lene noch Catharina konnten das verstehen.

«Wenn Onkel Carl so zufrieden mit ihm ist, muss er ihm doch erlauben, nach so langer Zeit seine Familie zu besuchen. Ich an Christophs Stelle hätte mich da jedenfalls besser durchgesetzt.» Lene ärgerte sich über ihren Bruder.

Marthes Enttäuschung schien sich in Grenzen zu halten. «Es wird schon seine Richtigkeit haben. Dafür kommt er ja im Sommer auf jeden Fall.»

Misstrauisch sah Catharina ihre Tante an. War sie vielleicht froh darüber, dass es zu keinem Wiedersehen zwischen ihr und Christoph kam? In ihr stieg langsam Wut auf. Den Winter hatte sie nur durch die Vorfreude auf seinen Besuch durchgestanden. Wer hatte das Recht, sie jetzt so vor den Kopf zu stoßen? Immer war ihr Leben von anderen gelenkt worden – jetzt würde sie es selbst in die Hand nehmen. Niemand sollte ihr mehr Vorschriften machen.

Sie holte ihre Geldkatze aus dem Versteck im Heuboden. Der Beutel war prall gefüllt mit Pfennigstücken und sogar zwei Silbermünzen. Ihr war nicht klar, wie weit sie mit diesem Geld kommen würde, aber immerhin, es war ein Anfang. Ihr Vorhaben nahm konkrete Züge an. Für eine Frau war es gefährlich, allein unterwegs zu sein. Aber für die kurze Zeit der Reise nach Villingen würde es ihr wohl gelingen, sich als Mann auszugeben.

Ihr Plan war einfach: In Kürze sollte in Villingen der große Markt stattfinden, wo sich auch Händler aus Freiburg und dem Rheintal einfanden. Als wandernder Handwerksbursche verkleidet, konnte sie sicherlich auf einem der Pferde- oder Ochsenkarren mitfahren. Sie musste nur weit genug von Lehen entfernt sein, bevor sie sich sehen ließ. Am besten würde sie noch vor Sonnenaufgang aufbrechen und bis zum Fuß des Gebirges versteckte Seitenwege nehmen. Das Risiko, dass ein Bekannter aus Lehen oder Betzenhausen sie in den Morgenstunden auflesen könnte, wäre sonst zu groß.

Es musste alles perfekt vorbereitet werden, denn in der Nacht ihres Aufbruchs durfte sie keine Zeit mehr verlieren. Kopfzerbrechen bereitete ihr allerdings, dass sie ihrer Tante zwar mitteilen wollte, sie solle sich keine Sorgen machen, andererseits aber einen ausreichenden Vorsprung brauchte. Einen Moment lang dachte sie daran, Lene einzuweihen, verwarf den Gedanken aber wieder.

In den nächsten Tagen verschwand sie immer wieder heimlich auf den Dachboden. Dort lagen in einer Truhe alte Kleider von Christoph und Marthes verstorbenen Männern. Vor einem verstaubten zerbrochenen Spiegel probierte sie alle Kleidungsstücke durch, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden war. Die Hose aus dunkelrotem Tuch, Hemd und Wams stammten von Christoph, dazu ein schwarzer Umhang und ein etwas altmodischer Reisehut von ihrem Onkel. So musste es gehen.

Am Vorabend ihrer Abreise versteckte sie Kleider, Geldkatze und ihr Bündel mit etwas Proviant im Stall. Als sie zu Bett ging, hoffte sie inbrünstig, dass sie nicht verschlafen würde wie damals bei dieser kindischen Verwünschung. Lene erzählte ihr in aller Ausführlichkeit von einem schrecklichen Streit mit ihrem Schorsch, aber Catharina hörte kaum hin.

Sie wusste nicht, wie lange sie vor sich hin gedöst hatte, als das Bellen eines Hundes sie auffahren ließ. Durch das Fenster sah sie den Mond hell und fast rund am Himmel stehen. Umso besser: Das würde ihr helfen, die Schleichwege bis hinter Freiburg zu finden. Vorsichtig stand sie auf und zog ihre Filzstiefel unter dem Bett hervor. Sie lauschte: Im Haus war alles still. Auf Zehenspitzen schlich sie in die Küche, suchte sich einen Kienspan, hielt ihn in die Herdglut und machte Licht. Dann schnitt sie schweren Herzens ein langes Stück von ihren dichten, schwarzen Haaren ab. Sie reichten jetzt nur noch drei Finger breit über die Ohren, was zwar immer noch recht lang, aber für einen jungen Burschen nicht ungewöhnlich war. Beim Anblick der Schere in ihrer Hand fiel ihr plötzlich ein, dass sie eine Waffe brauchte. Kurz entschlossen nahm sie sich ein langes, scharfes Messer vom Bord und wickelte es in ein Küchentuch. Sie würde es ihrer Tante ja eines Tages zurückgeben.

Im Schatten der Hofmauer huschte sie in den Stall, zog sich hastig um und nahm aus ihrem Bündel die Nachricht an Marthe, die sie am Vortag verfasst hatte: «Liebe Tante, liebe Lene, ich muss mich auf meinen eigenen Weg machen. Seid unbesorgt, ich lasse so bald wie möglich von mir hören.» Sie legte das Blatt in den Lehmofen im Hof. Dort würde die Tante den Brief erst zur Backzeit am Nachmittag finden, und dann würde sie erst jemanden bitten müssen, ihn ihr vorzulesen. Vorsichtig schloss Catharina die quietschende Ofentür, als sie jemand heftig in die Seite stieß. Ihr Herz setzte aus vor Schreck. Sie drehte sich um, und vor ihr stand Jockl, der Ziegenbock. Catharina holte tief Luft.

«Du Mistvieh, mich so zu erschrecken.»

Sie tätschelte dem Tier das borstige Fell. Dann lief sie, ohne sich noch einmal umzudrehen, durch den Obstgarten zum Fluss hinunter.

Die Dreisam glitzerte silbern im Mondlicht. Bald hatten sich ihre Augen an das Licht gewöhnt. Mit schnellen Schritten, um die Kälte und die Furcht zu vertreiben, lief sie auf einem schmalen Treidelpfad am Ufer entlang. Sie war noch nie nachts allein unterwegs gewesen, und die vielen Geräusche machten ihr Angst. Mal knackte es im Gebüsch, mal hörte sie den Ruf eines Käuzchens, mal scheuchte sie ein Kaninchen auf. Aber sie kannte den Weg, und von Räuberbanden hier in der Gegend hatte sie noch nie gehört.

Bald lag der Kirchturm von Betzenhausen weit hinter ihr, und sie näherte sich den Stadtmauern Freiburgs. Düster ragte der Burgberg in den Himmel. Um das Dörfchen Wiehre, das sich vor den Toren der Stadt den Fluss entlangzog, musste sie einen großen Bogen machen, denn es war verdächtig, um diese Uhrzeit in der Gegend herumzustreunen. Das sumpfige Gelände neben dem Fußweg musste der Nägelesee sein. Die Leute erzählten sich grässliche Geschichten von nächtlichen Hexensabbaten, die auf diesen morastigen Wiesen abgehalten würden. Catharina schauderte. Erhoben sich dort hinten nicht zwei Gestalten aus dem Schilf? Sie rannte mit klopfendem Herzen los, bis sie die Hütten der Sägemühle am Floßplatz vor sich sah. Von der Kartause oben am Wald hörte sie das tröstliche Gebimmel der Glocke, die die Einsiedler zur Frühmesse rief. Inzwischen fragte sie sich, ob sie noch ganz bei Sinnen gewesen war, als sie beschloss, mitten in der Nacht durch die Gegend zu wandern.

Erleichtert sah sie, dass sich der Himmel im Osten schon verfärbte. Catharina zog sich den Hut tiefer in die Stirn, als ihr die erste Gestalt dieses Tages in der Dämmerung entgegenkam: ein untersetzter Bauer mit einer Gans unter dem Arm, der ihr im Vorbeigehen zunickte. Kurz darauf erreichte sie einen heruntergekommenen Herrenhof, die Mauern ganz von Brombeerbüschen überwuchert. Dem Anwesen gegenüber erhob sich ein Hügel mit etwa zwei Dutzend Häusern und einer wehrhaft aussehenden Kirche. Das musste Ebnet sein.

Catharina bog in den ersten Weg ein, der den Hügel hinaufführte. Da raschelte etwas über ihrer Schulter. Erschrocken sah sie auf. Knarrend drehte sich das Seil des Galgens, an dem ein lebloser, zerlumpter Mann hing und mit seinen Füßen bei jeder Drehung durchs Gebüsch strich. Über seinem Kopf kreisten die Raben, die ihm längst die Augen aus den Höhlen gehackt hatten. Anstelle der Nase klaffte ein blauschwarz schimmerndes Loch.

«Ja, ja, schau ihn dir nur an, mein Junge.» Ein zahnloses altes Weib hatte sich ihr in den Weg gestellt. «Das ist Gottes Strafe, wenn man seine Hände nicht von anderer Leute Hab und Gut lassen kann.»

Catharina bekreuzigte sich und ging rasch weiter. Auf dem Kirchplatz setzte sie sich auf eine Steinbank und stärkte sich mit einem Stück Brot. Langsam füllte sich das Dorf mit Leben. Bis jetzt war ja alles gut gegangen, und die Alte hatte sie sogar für einen Burschen gehalten. Aber sie machte sich besser gleich wieder auf die Reise, bevor sie hier als Fremder auffiel. Dort unten, das musste die Landstraße Richtung Höllental sein. Als sie aufstand, merkte sie, dass ihr jetzt schon, nach gut zwei Stunden Fußmarsch, die Beine wehtaten. Hoffentlich würde sie bald jemand mitnehmen.

Aber sie musste noch fast bis Kirchzarten gehen, bevor endlich ein Pferdekarren neben ihr anhielt.

«Wo willst du hin?», fragte der Mann. Er sah wenig vertrauenerweckend aus mit seinem roten, aufgedunsenen Gesicht und den fetten Tränensäcken unter den Augen.

«Ich muss nach Villingen», erwiderte Catharina und stellte erschrocken fest, dass ihre Stimme viel zu hell und zu hoch klang.

«Da hast du Glück, ich fahre dorthin zum Markt. Du kannst hinten aufsteigen, unter einer Bedingung: Du musst ein Auge auf die Wolle haben. Beste Schafswolle aus dem Rheintal.»

Der Mann roch nach Branntwein, und Catharina setzte sich möglichst weit weg von ihm zwischen die Wollsäcke. Besser hätte sie es gar nicht erwischen können, so weich lag es sich zwischen den Säcken.

Das Tal verengte sich langsam. Die düsteren Berge rückten näher und wirkten noch gewaltiger. Irgendwo dort oben, tief im Schwarzwald, lag Villingen, und dort würde sie Christoph wiedersehen. Ob er sich wohl freuen würde? Erschöpft schlief sie ein.

Der Karren ruckte zwei-, dreimal heftig, und Catharina fuhr aus dem Schlaf. Sie standen vor einem einsamen Gasthof. Der Wollhändler sprang vom Bock.

«Wir sind jetzt gleich im Höllental. Dort und später in der Ravenna-Schlucht wimmelt es von Wegelagerern, wir müssten verrückt sein, allein weiterzufahren. Ich geh mich jetzt stärken und schau, dass wir eine größere Gruppe zusammenbekommen. Du passt auf die Ware auf. Und führ das Pferd zur Tränke. Ausspannen brauchst du es nicht.»

Catharina ärgerte sich, dass er sie wie seinen Knecht behandelte, zog es aber vor, den Mund zu halten. Nachdem sie das Pferd getränkt und sich selbst ein wenig erfrischt hatte, setzte sie sich wieder auf den Wagen, packte ihren Proviant aus und beobachtete die Ochsen- und Pferdegespanne, die sich nach und nach vor dem Wirtshaus sammelten.

Nach etwa einer Stunde kam eine Gruppe Männer heraus und machte sich zum Aufbruch bereit. Der Wollhändler hielt ihr einen Lederbeutel mit Branntwein hin. Catharina schüttelte den Kopf.

«Los, stell dich nicht an wie ein zickiges Weib.»

Da nahm sie wohl oder übel einen Schluck. Im ersten Moment hatte sie das Gefühl, es würde ihr die Kehle zerreißen, doch dann breitete sich eine wohlige Wärme in ihrem Bauch aus. Beherzt nahm sie noch einen Schluck und kletterte dann nach hinten zwischen die Säcke.

Der Händler klatschte die Zügel auf das breite Kreuz seines Schimmels. «Ho, ho, los geht’s. Wenn wir Glück haben und sich kein verdammtes Räuberpack blicken lässt, sind wir morgen Abend in Villingen.»

In einer Kolonne von sechs Gespannen zogen sie los. Catharina war heilfroh, dass sie in einer größeren Gruppe unterwegs waren. Einerseits, weil sie den rotgesichtigen Mann, der ständig einen trank, immer abstoßender fand, andererseits, weil sie noch nie etwas so Unheimliches gesehen hatte wie dieses Höllental. Sie brauchte nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie Dämonen, Unholde und des Teufels Spießgesellen an diesem düsteren Ort ihr Unwesen trieben. In die tief eingeschnittene Schlucht verirrte sich sicher nie ein Sonnenstrahl. Die gewaltigen nackten Felsen rechts und links des Weges ragten fast senkrecht in den Himmel. Hier und da stürzten Wasserläufe in die Tiefe, es roch modrig, und an die wenigen Stellen, wo sich ein Krümchen Erde festgesetzt hatte, klammerten sich Moose, Flechten und verkrüppelte Sträucher. Das Aufschlagen der Hufe auf den Schotterweg hallte von den Steinwänden wider. Manchmal wurde es so eng, dass keine zwei Fuhrwerke nebeneinander gepasst hätten.

Als das Tal endlich wieder ausladender und übersichtlicher wurde, atmeten alle auf. Doch die Gefahr eines Überfalls war längst nicht vorüber, das wussten die Reisenden. Catharinas Weggefährte war sehr schweigsam, nur hin und wieder nahm er einen Schluck aus seinem Lederbeutel und rülpste. Ein scharfer Dolch lag griffbereit neben ihm. Catharina war froh, dass er keine Fragen stellte.

Der steile Aufstieg in der Ravenna-Schlucht war schon in Sichtweite, da kam eine Hand voll Reiter auf sie zugeprescht. War es jetzt so weit? Catharina war nicht die Einzige, die es mit der Angst zu tun bekam. Als der Trupp näher kam, erkannte sie, dass es sich um schwer bewaffnete Söldner handelte.

«Vorderösterreichische», knurrte der Wollhändler und spuckte aus.

Es stellte sich heraus, dass erst gestern ganz in der Nähe zwei Händler erschlagen und ausgeraubt worden waren. Die Uniformierten versuchten, den Schlupfwinkel der Räuber herauszufinden, und befragten dazu alle Reisenden und die Bewohner des Gebiets. Während der Befragung trabte ein jüngerer Bursche, groß und hager, neben Catharina. Er musterte sie misstrauisch und sagte dann spöttisch: «Was bist du für einer? Du scheinst mir reichlich jung für so eine gefährliche Reise!» Catharina blieb fast das Herz stehen. Jetzt war alles aus und vorbei.

«Das ist mein Sohn. Wird Zeit, dass er mir zur Hand geht beim Wollgeschäft.»

Der Söldner nickte und wendete sein Pferd. Catharina empfand fast so etwas wie Dankbarkeit für den Händler.

«Wieso habt Ihr das gesagt?»

«Weiß ich, wer du in Wirklichkeit bist? Und bevor ich mir mit denen Ärger einhandle, geb’ ich dich lieber als meinen Sohn aus. Soldatenpack ist auch nicht viel besser als Räuberpack.» Er nahm einen Schluck Branntwein. «Aber heute kommen uns die Kerle sogar gelegen. Wenn die hier nämlich die Gegend durchkämmen, werden sich die Räuber nicht aus ihren Löchern wagen.»

Der Meinung waren die anderen Reisenden wohl auch, denn die Anspannung wich aus ihren Gesichtern, und die Stimmung wurde hörbar ausgelassener. Weitere Branntweinflaschen machten die Runde, deftige Trinklieder wurden angestimmt. Als schließlich Zoten und schmutzige Witze hin und her gingen, fühlte sich Catharina ziemlich unwohl in dieser Gesellschaft.

«Da hast du dir aber ein schüchternes Bürschchen als Wächter ausgesucht», neckten einige den Wollhändler.

«Lasst ihn in Ruhe. Besser einer, der das Maul hält, als einer, der am falschen Ort das Falsche sagt!»

Kurz vor der Ravenna-Schlucht hielt die Kolonne vor einem lang gestreckten Stallgebäude. Der Anstieg sollte bald so steil werden, dass Hilfspferde vor die Wagen gespannt werden mussten.

«Rausgeschmissenes Geld», knurrte der Wollhändler. «Wolle ist leicht, und wenn’s nicht weitergeht, musst du mit Hand anlegen.»

Mit der Peitsche trieb er das vor Schweiß triefende Pferd die Steigung hinauf. Etliche Male knickte der Schimmel in der Hinterhand ein oder rutschte auf dem Geröll aus. Geizkragen, Pferdeschinder, dachte Catharina wütend und stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht hinten gegen den Wagen, wenn es wieder einmal nicht weiterging. Die anderen Gespanne hatten sie längst überholt.

Am späten Nachmittag befanden sie sich auf einer Art Hochebene. Der düstere Tannenwald wich Feldern und großen Weideflächen. Sie fuhren ein Stück oberhalb der Gutach entlang und hielten dann vor einem von alten Linden umstandenen Wirtshaus. Bis auf einen buckligen Trödler, der sich ihnen unterwegs angeschlossen hatte, waren alle anderen weitergefahren.

«Hast du Hunger?»

Catharina schüttelte den Kopf.

«Gut. Ich werde im Wirtshaus übernachten. Hier hast du eine warme Decke, du passt auf die Sachen auf. Wenn sich dem Wagen einer auch nur auf drei Schritte nähert, schreist du, so laut du kannst, und kommst ins Haus gelaufen.» Er schirrte das Pferd aus und brachte es in den Unterstand.

Catharina war jetzt alles recht. Ihr schmerzten Schulter und Arme, sie wollte nur noch schlafen. Nachdem sie sich zwischen den Wollsäcken eine behagliche Schlafstatt zurechtgemacht hatte, wickelte sie sich fest in ihren Umhang und schloss erschöpft die Augen.

Sie hatte einige Stunden tief und traumlos geschlafen, als sie Schritte hörte. Aber es war nur der Wollhändler, der aus dem Wirtshaus wankte. Er wollte wohl nochmal nach dem Rechten sehen. Als er seinen Karren erreicht hatte, merkte sie, dass er sternhagelvoll war.

«Du sollst auch nicht leben wie ein Hund», lallte er und reichte ihr den prall gefüllten Branntweinbeutel. «Trink mit mir, du bist ein netter Bursche.»

Umständlich kletterte er neben sie. Instinktiv spürte Catharina, dass an dieser Situation etwas nicht stimmte. Wie ein Tier, das Gefahr wittert, spannte sie alle Muskeln an und wartete. Der Mann murmelte etwas von ihrer zarten Haut und legte seine fleischige Hand auf ihren Hosenlatz. Sie rückte zur Seite.

«Nun sei doch ein bisschen lieb. Kleine Jungen wie du gefallen mir sehr.»

Bei diesen Worten legte er sich mit seinem schweren, nach Alkohol stinkenden Körper auf sie. Voller Entsetzen biss sie ihm in den Hals. Er fluchte laut und ließ von ihr ab. Sie rappelte sich hoch, sprang vom Wagen und lief zur Landstraße. Rannte, so schnell sie konnte, bis das Wirtshaus außer Sichtweise war. Hinter einem steinernen Wegekreuz ließ sie sich ins hohe Gras fallen. Zitternd vor Kälte, Müdigkeit und Angst hielt sie ihr Messer fest umklammert und kauerte sich zusammen. Sie dachte an Lene und das warme Bett daheim und fragte sich, ob sie wohl jemals heil in Villingen ankommen würde.


Ein warmer Sonnenstrahl im Gesicht weckte sie. Zusammengekrümmt lag sie im feuchten Gras, das Messer immer noch in ihrer Faust, und wusste im ersten Augenblick nicht, wo sie sich befand. Dann erinnerte sie sich langsam, wie an einen fernen Traum, an die Ereignisse der letzten vierundzwanzig Stunden. Mit schmerzenden Gliedern stand sie auf. Sie musste schleunigst weg hier, bevor der Wollhändler wieder auftauchte. Doch in welche Richtung? Sie stellte fest, dass sie sich an einer breiten Kreuzung befand, und es war niemand zu sehen, den sie hätte nach dem Weg fragen können. Fröstelnd ging sie auf und ab. Sie hatte Hunger und Durst, aber ihr Beutel lag irgendwo zwischen den Wollsäcken.

Die Sonne stand hoch am Himmel, als sich ein Pferdekarren näherte. Erleichtert stellte Catharina fest, dass kein Schimmel, sondern ein Brauner eingespannt war. Auf dem Kutschbock saß eine schmale Gestalt, dahinter ein riesiger gelber Hund. Catharina fasste allen Mut zusammen und stellte sich mitten auf die Straße.

«Geh mir aus dem Weg, Bursche, sonst fahr ich dich über den Haufen!»

Das war ja eine Frau auf dem Wagen! Catharina traute kaum ihren Augen. Sie sprang zur Seite und lief neben dem Wagen her.

«Bitte, könnt Ihr mich ein Stück mitnehmen?»

Die Frau erkannte wohl, dass von diesem Jungen in seinen abgerissenen Kleidern keine Gefahr ausging, und hielt an. Catharina setzte sich neben sie. Verunsichert spürte sie den heißen Atem des Hundes in ihrem Nacken.

«Der tut nichts», sagte die Frau, als könne sie Gedanken lesen, «solange ich ihm nicht den Befehl dazu gebe. Ich fahre nach Villingen. Wo musst du hin?»

«Auch nach Villingen.» Catharina fühlte sich zum ersten Mal auf ihrer Reise in Sicherheit.

«Und woher kommst du?»

«Aus einem Dorf bei Freiburg.»

Die Frau sah sie erstaunt an: «Dann musst du ja einen wichtigen Grund für deine Reise haben, wenn du dich so ganz allein auf diesen weiten Weg gemacht hast.»

Da fing Catharina an zu weinen. Die Anspannung der letzten Zeit löste sich in einen Strom von Tränen. Mütterlich legte ihr die Frau den Arm um die Schultern. Sie hatte Ähnlichkeit mit Tante Marthe.

«Du brauchst nicht weiter den harten Kerl zu spielen, ich habe gleich gemerkt, dass du ein Mädchen bist.»

Nachdem sich Catharina mit Brot und Käse gestärkt hatte, erzählte sie der Frau, die sich als Marie vorgestellt hatte, ihre  ganze Geschichte. Marie schüttelte immer wieder den Kopf, sie konnte es offenbar kaum fassen, was sie da hörte.

«Und was denkst du, wie es weitergeht in Villingen? Dieser Christoph weiß doch gar nicht, dass du kommst, und hat vielleicht ganz anderes zu tun, als sich um dich zu kümmern?»

«Wir haben uns beim Abschied geschworen, aufeinander zu warten.»

«Aufeinander zu warten und tatsächlich zusammenzufinden, das sind zwei verschiedene Paar Stiefel. Aber ich will dir nicht den Mut nehmen. Jetzt hast du erst einmal eine gemütliche Reise ohne aufdringliche Mannsbilder vor dir, und ich bin froh, eine Weggefährtin zu haben.»

Auf Catharinas Fragen hin erzählte sie ein wenig von sich. Ihr Mann war ein bekannter Fellhändler aus Lenzkirch, und seit seinem plötzlichen Tod im letzten Jahr führte sie seine Geschäfte weiter.

«Habt Ihr als Frau keine Angst, allein unterwegs zu sein?», fragte Catharina erstaunt.

«Wenn ich mehrere Tage auf Reisen bin, nehme ich den Gesellen mit, einen Mann, auf den ich mich auf Biegen und Brechen verlassen kann. Und sonst habe ich ja Moses.» Sie tätschelte den riesigen Kopf des Hundes.

«Habt Ihr Kinder?»

«Leider nicht. Die ersten Jahre unserer Ehe dachte ich, es liege an mir. Mein Mann hat mir zwar nie Vorwürfe gemacht, aber auch er war überzeugt, dass ich keine Kinder bekommen konnte. Inzwischen bin ich mir da nicht mehr so sicher, zu oft habe ich schon erlebt, dass eine Frau nicht von ihrem Mann, sondern von ihrem Untermieter oder Nachbarn schwanger wurde. Möchtest du Kinder?»

«Ja. Zwei Mädchen und zwei Jungen.» Aber nur zusammen mit Christoph, dachte sie.

Die Fahrt verlief ohne Zwischenfälle. Catharina döste vor sich hin, unterhielt sich mit Marie oder betrachtete die Landschaft. Hier oben kam der Frühling viel später als zu Hause. Die Laubbäume waren noch kahl, und die Obstbäume setzten gerade ihre ersten Blüten an. Sie fuhren durch ärmliche Dörfer, wo barfüßige Kinder mit zerrissenen Kleidern hinter ihnen herrannten. Nach und nach füllte sich die Landstraße mit weiteren Karren und Fuhrwerken, dazu gesellten sich Bauern und Krämer, die ihre gesamte Ware auf dem krummen Rücken schleppten.

«Wir sind bald da», sagte Marie. «Weißt du, wo du deinen Christoph findest?»

«Er arbeitet im Gasthaus ‹Zum Ochsen›. Kennt Ihr es?»

«Es liegt ganz in der Nähe der Kirche Unserer Lieben Frau. Wenn du willst, bringe ich dich hin.»

Catharina überlegte. Wenn sie an das bevorstehende Wiedersehen dachte, fing ihr Herz sofort schneller an zu schlagen.

«Nein danke, ich gehe das letzte Stück lieber allein.»

Vor dem Stadttor mussten sie eine Weile warten, so groß war der Andrang der heranströmenden Händler und Bauern. Marie lenkte ihren Karren geschickt durch die engen Gassen. Überrascht stellte Catharina fest, wie viel Ähnlichkeit diese Stadt mit Freiburg hatte.

«Ich fahre gleich zum Markt, um mir einen guten Standort zu sichern. Von dort sind es nicht mal fünf Minuten zum ‹Ochsen›. Es ist leicht zu finden.»

Kurz vor dem Marktplatz blieben sie im Gedränge stecken. Catharina beschloss, den Rest des Weges zu Fuß zu gehen. Sie verabschiedeten sich herzlich.

«Wenn irgendetwas passiert, komm bei mir vorbei. Ich wohne bei meinem Bruder, gleich neben der Münze. Frag einfach nach dem Schladerer Hans.»

Als sich Catharina dem Gasthaus näherte, krampfte sich ihr Magen schmerzhaft zusammen. Sie hatte Christoph seit gut einem halben Jahr nicht mehr gesehen. So vieles konnte seitdem geschehen sein. Unruhe beschlich sie, als sie sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite an eine Hauswand lehnte und den Eingang beobachtete. Gerade hielt ein vornehmer Reiter in pelzverbrämter Schaube vor dem Tor, ein Packpferd und einen Diener im Schlepptau. Er rief etwas, und dann trat Christoph aus dem Haus.

Wie oft hatte sie an ihn gedacht, und jetzt stand er nur wenige Schritte vor ihr, noch größer und breiter in den Schultern, das Gesicht viel ernster, als sie es in Erinnerung hatte. Er war nicht allein: Dicht neben ihm, viel zu dicht, stand eine junge Frau, zierlich, mit hellblonden Haaren und einem zarten, blassen Gesicht.

Catharina verlor allen Mut. Als er in ihre Richtung blickte, zog sie sich den Hut tiefer ins Gesicht. Am liebsten hätte sie auf der Stelle kehrtgemacht. Doch zu ihrem Schrecken kam Christoph auf sie zu.

«He, Bursche, du kannst dir ein paar Pfennige verdienen und uns beim Abladen helfen.»

Dann blieb er wie erstarrt stehen.

«Das gibt’s doch nicht. Bist du es, Cathi, oder träume ich?»

Sie wollte weglaufen, aber er hielt sie am Arm fest.

«Wie kommst du hierher? Was machst du hier? Und wie siehst du aus? Warte, ich muss erst unserem Gast helfen.» Vor Überraschung stotterte er. Dann zog er sie hinter sich her in den Eingang und wandte sich wieder dem Gast zu, der die Szene mit finsterer Miene beobachtet hatte.

Wie angewurzelt blieb Catharina in der düsteren Diele stehen, während Christoph beim Abladen half und die junge Frau den Gast hineinführte. Was wollte sie hier eigentlich? Hatte sie wirklich geglaubt, dass ihr Vetter sie bei der Hand nehmen und allen als seine zukünftige Frau vorstellen würde? In ihrer Verkleidung kam sie sich vollends lächerlich vor.

Christoph kehrte zu ihr zurück.

«Cathi, was für eine Überraschung.»

Catharina spürte seine Verwirrung.

«Ich dachte, du freust dich, mich zu sehen.»

«Ich freue mich auch, aber –» Er begann abermals zu stottern und warf einen Blick auf den Hauseingang. «Glaub mir – ich hätte niemals mit dir gerechnet. So eine weite Reise. Und warum hast du deine schönen Haare abgeschnitten?»

Sie gingen ein paar Schritte die Gasse hinunter.

«Weil ich dich wiedersehen musste.» Catharina war nur noch unglücklich. Ihr Vetter verstand nichts. «Wer ist dieses Mädchen?»

«Das ist Sofie, die Tochter von Onkel Carl.» Er blieb plötzlich stehen und sah sie so entgeistert an, als begriffe er erst jetzt.

«Du bist heimlich gekommen. Deshalb die Verkleidung als Junge. Und was hast du jetzt vor?»

Sie schwieg und unterdrückte ein Schluchzen. Als er sie fest in die Arme schloss, fühlte sie sich nur noch verlorener.

«Catharina, du weißt, wie sehr ich dich mag. Und du bist das erste Mädchen, das ich wirklich …» Er stockte. «Verstehst du, ich lebe jetzt hier in Villingen und du in Lehen bei Mutter und Lene. Und du bist noch so jung. Ach, Herr im Himmel!» Er biss sich auf die Lippen. «Komm, gehen wir ins Haus. Ich stelle dich den anderen vor.»

Sie riss sich los. «Und mit dieser Sofie bist du zusammen?»

«Wir – wir sind verlobt. Ich habe Onkel Carl versprochen, sie zu heiraten.»

Catharina war, als würde sie mit glühendem Pech übergossen. Es gab keinen Grund mehr, auch nur eine Sekunde länger zu bleiben.

«Ich reise morgen früh wieder zurück», sagte sie leise. «Du brauchst deiner Sofie nicht zu erklären, wer ich bin. Das geht keinen was an. Es hat sowieso keine Bedeutung mehr.»

Sie drehte ihm den Rücken zu und ging los. Als Christoph ihr nachlief, schrie sie ihn an, er solle verschwinden, sie in Ruhe lassen, sich zum Teufel scheren, und tatsächlich blieb er stehen. Die Tränen liefen ihm über das Gesicht, als sie sich das letzte Mal nach ihm umdrehte. Dann tauchte sie in die Menschenmenge ein, die zum Marktplatz drängte.

Bis Einbruch der Dunkelheit irrte Catharina in den verwinkelten Gassen umher. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Das Blut pochte ihr schmerzhaft in den Schläfen. So schnell wie möglich wollte sie weg von hier, aber was hatte sie in Lehen noch zu schaffen, wo sie alles an Christoph erinnerte? Und in ihrem Elternhaus war genauso wenig Platz für sie. Ebenso gut könnte sie sich auf der Stelle hier in dieser dunklen Gasse die Kehle durchschneiden. Wenn sie nur nicht so müde wäre. Sie setzte sich auf eine Treppenstufe. Da erst merkte sie, dass es zu regnen begonnen hatte. Neben ihr raschelte es. Zwei Ratten wühlten sich durch einen Haufen Küchenabfälle. Angewidert stand sie auf. Wie war der Name von Maries Bruder gewesen? Schladerer?

Mühsam fragte sie sich bis zur Münze durch. Nass bis auf die Haut, klopfte sie schließlich an die Tür und war froh, dass Marie selbst ihr öffnete.

«Du brauchst mir nichts zu erzählen, du Armes. Komm schnell herein und zieh dich um. Und dann setzt du dich zu uns an den Tisch, wir sind gerade beim Essen.»

Marie ließ sie in ihrer Kammer schlafen und machte am nächsten Tag einen Bekannten ausfindig, mit dem Catharina nach Freiburg zurückfahren konnte.


Erst nachdem Catharina längst im Gedränge verschwunden war, gingen ihm die Augen auf. Er begriff, warum sie gekommen war. Welche Gefahren sie auf sich genommen hatte, nur um ihn wiederzusehen. Hatte sich als Junge verkleidet und sich mutterseelenallein auf den Weg gemacht. Dabei wusste er, wie ängstlich sie, bei all ihrer Entschlossenheit, in ungewohnten Situationen sein konnte. Und was tat er? Ihm fiel nichts Besseres ein, als sofort seine Verlobung mit Sofie zu verkünden. Er kam sich vor wie ein Betrüger. Dabei war die Verlobung noch nicht einmal vollzogen, lediglich beschlossen – er würde alles rückgängig machen, diesen ganzen elenden Handel, auf den er sich mit Onkel Carl eingelassen hatte. Wie hatte er sich einreden können, dass das Leben in Lehen, die Zeit mit Catharina in weiter Ferne und vorbei sei?

Nach einer schlaflosen Nacht durchstreifte er am nächsten Morgen die Gassen der Stadt, fragte jeden Passanten nach einem schwarzhaarigen Knaben, doch seine Suche war umsonst. Catharina war nicht aufzufinden.

Die Hexe von Freiburg
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