Dreiunddreißig

Matias Gori stand im Schatten der Einfahrt des seit Langem geschlossenen Hochkommissariats von Simbabwe unter einem Plakat, das Ausflüge zu den Victoriafällen anpries, und beobachtete Monica Hartson, wie sie die Eingangsstufen der Polizeistation Charing Cross hinunterging. Die Hauptverkehrszeit näherte sich, und die Straßen waren überfüllt, sodass sie nur langsam vorankam und Gori in ihrer Nähe bleiben konnte, ohne dass er Gefahr lief, entdeckt zu werden.

Hartson verließ die A4, griff sich eine kostenlose Zeitung und tauchte in den Bahnhof Charing Cross ein. Gori ließ sich etwas zurückfallen und sah zu, wie sie sich einen Kaffee kaufte, bevor sie hinunter zur U-Bahn ging. Als ihm klar wurde, dass er keinen Fahrschein hatte, folgte er ihr die Rolltreppe hinunter und lief zum nächsten Automaten. Er zog eine Handvoll Münzen aus der Tasche seines Jacketts, schob sich vor eine Gruppe chinesischer Touristen und warf genug Geld in den Schlitz, um ein normales Einzelticket zu bekommen. Er passierte die Schranken gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie der Kopf Hartsons eine andere Rolltreppe hinunter verschwand, wo es zur Northern Line ging. Während er in die Tiefen der U-Bahn-Station eilte, sah er, dass sie sich am Fuß der Rolltreppe nach rechts wandte und auf den Bahnsteig trat, der für Züge in nördlicher Richtung gedacht war. Er zählte langsam bis fünf und folgte ihr.

Der Bahnsteig war voll mit verschwitzten, müde und frustriert aussehenden Fahrgästen, aber nicht brechend voll. Über Lautsprecher kam eine Entschuldigung, dass es durch Probleme mit der Signalanlage zu Verzögerungen käme, und die elektronische Anzeigetafel verkündete eine Wartezeit von vier Minuten für den nächsten Zug. Umgeben von einem Meer ausdrucksloser Gesichter bewegte sich Gori vorsichtig über den Bahnsteig, ohne einmal stehen zu bleiben oder Blickkontakt herzustellen. Er entdeckte sie nach etwa drei Vierteln der Wegstrecke, wo sie unmittelbar hinter der gelben Linie stand, an ihrem Kaffee nippte und auf ein Plakat starrte, das für Errazuriz Chardonnay warb. Die Anzeigetafel gab jetzt zwei Minuten bis zum nächsten Zug an. Über die Lautsprecheranlage kam ein Hinweis auf geplante Umbaumaßnahmen an der Circle Line. Gori ging an Hartson vorbei, ohne in ihr Blickfeld zu geraten, bis zum Ende des Bahnsteigs, wo er sich hinter zwei Frauen stellte, die hingebungsvoll eine Ausgabe der A-Z studierten.

Der nächste Zug war fällig. Gori ging vorsichtig auf dem Bahnsteig zurück, bis er ungefähr einen halben Meter hinter Hartson und ein wenig links von ihr stand, also auf der Seite, die der des einfahrenden Zugs gegenüberlag. Er konnte inzwischen hören, wie er immer näher kam, bis es einen plötzlichen Luftzug und das raue Klappern von Metall auf Metall gab, als er aus dem Tunnel auftauchte. Als sie hochschaute, machte Gori einen Schritt nach vorn. Der Zug war jetzt zur Hälfte eingefahren, und er konnte den Fahrer in seiner Kabine gähnen sehen. Er beugte sich vor und gab ihr einen festen Schubs ins Kreuz, als er an ihr vorbeiging. Ohne einen Laut von sich zu geben, trat sie unwillkürlich über die gelbe Linie und vom Bahnsteig hinunter und verschwand mit einem ganz sachten dumpfen Laut unter den Vorderrädern.

Es geschah alles so schnell. Niemand auf dem Bahnsteig schien es zu bemerken. Gori, der unbeirrt weiterging, glaubte, einen Hauch von brennendem Fleisch wahrgenommen zu haben, als käme man an einer Dönerbude vorbei, aber er verwarf die Vorstellung rasch wieder. Zweifellos war das nur seine Einbildung.

Als der Zug zum Stehen kam, war er in seiner ganzen Länge in der Station. Die Türen öffneten sich wie sonst auch, und Gori hörte die übliche aufgezeichnete Durchsage: Lassen Sie bitte zuerst die Fahrgäste aussteigen! Mit einem gelangweilten, leicht ärgerlichen Gesichtsausdruck ließ er sich vom Strom der aussteigenden Fahrgäste mitreißen, die zum Ausgang strebten. Irgendwo hinter ihm ertönte ein Alarm. Da man sich allerdings in London befand, schenkte ihm niemand Beachtung. Alle schoben sich weiter vorwärts. Zwei U-Bahn-Arbeiter in leuchtenden orangefarbenen Jacken erschienen mit knisternden Walkie-Talkies auf dem Bahnsteig. Gori beobachtete, wie sie links an ihm vorbeigingen und Mühe hatten, sich einen Weg durch die Menge zur Fahrerkabine zu bahnen.

Gori brauchte vielleicht noch eine Minute, um den Bahnsteig zu verlassen und einen Tunnel zu betreten, der die verschiedenen U-Bahn-Linien miteinander verband. Schließlich dünnte die Menge aus, und er konnte wieder ein normales Gehtempo einschlagen. Am Fuß einer Reihe von Rolltreppen schaute er auf einem Liniennetzplan nach und fasste den Entschluss, wo er als Nächstes hinfahren wollte. Wie das Glück es wollte, erreichte er die Bakerloo Line gerade rechtzeitig, um in einen Zug nach Willesden Junction zu steigen.

Knapp zehn Minuten später verließ Matias die Station Edgware Road. Die Sonne schien immer noch kräftig, und er hatte Durst. Er ignorierte den Mann, der vor dem Stationseingang die Londoner Ausgabe der Big Issue verkaufte, und wandte sich nach rechts, Richtung Norden. Er betrat den ersten Pub, zu dem er kam, und bestellte eine Flasche Heineken Export. Als das Bier vor ihn hingestellt wurde, trank er mehr als die Hälfte davon in einem Zug. Es schmeckte gut.