Siebzehn

Ein einsamer junger Mann saß an einem Tisch auf dem Bürgersteig vor dem Café La Marquise an der Edgware Road. Er hielt ein Stück Würfelzucker so über seinen starken, sirupartigen türkischen Kaffee, dass er gerade die Oberfläche berührte, und sah zu, wie er braun wurde, bevor er ihn in die Mokkatasse fallen ließ. Er nahm den Teelöffel in die Hand und begann, den Kaffee umzurühren, wobei er die kleine Gruppe Demonstranten musterte, die gegen den Krieg marschierten.

Was für ein Gesindel, dachte er. Es nahmen vielleicht höchstens siebzig Leute an der Demonstration teil, und sie wurden von fast genauso vielen Polizisten begleitet. Im Grunde hielten sie nur den Verkehr auf und hinderten normale, gesetzestreue Bürger daran, ihren Geschäften nachzugehen, während sie langsam auf der Mitte der Straße in Richtung Hyde Park und einer Kundgebung an der Speakers’ Corner zogen. All die üblichen Spruchbänder, mit denen er in letzter Zeit Bekanntschaft geschlossen hatte, waren vertreten: Socialist Worker, Stop the War Coalition, Students for
Justice
und so weiter und so fort, getragen von bleichen, kränklich aussehenden Leuten, angesichts deren man die Stra-
ßenseite wechseln würde, wenn sie einem entgegenkämen; alles in allem nicht mehr als ein Haufen erbärmlicher, desorganisierter, egozentrischer, unzurechnungsfähiger Verlierer.

Er nahm einen Schluck Kaffee und ließ sich von der Süße besänftigen. Am hinteren Ende der Demonstration sah er das Spruchband, auf das er gewartet hatte, und die drei Frauen darunter, von denen zwei die Stangen hielten und die dritte Broschüren verteilte, während sie dann und wann einen Sprechgesang anstimmten, der unweigerlich fast genauso schnell wieder verklang, wie er begonnen hatte.

»Was wollen wir?«

»Truppen raus!«

»Wann wollen wir das?«

»JETZT

Die Gespräche an den Tischen waren verstummt, während die anderen Gäste den Demonstranten zuschauten. Diese Briten und ihre Passionen! Für Ausländer, die in London lebten, waren sie eine fortwährende Quelle des Vergnügens. Er machte einen gaffenden Kellner auf sich aufmerksam und bestellte noch einen Kaffee, während der halb organisierte Sprechgesang wieder begann.

Werdet mal erwachsen, dachte er. Soweit er sehen konnte, waren die drei Frauen, die den Sprechgesang anführten, praktisch die ganze Organisation, und trotzdem versuchten sie, ihm so viele Schwierigkeiten zu bereiten. Er spürte, wie die vertraute Wut in ihm hochstieg. Es war lächerlich, dass er seine Zeit mit ihnen verschwenden musste; lächerlich, aber notwendig – um seiner selbst und seiner Kameraden willen.

Er fingerte an der Broschüre herum, die ein anderer Demonstrant im Vorübergehen auf seinen Tisch gelegt hatte. Noch mehr Parolen, noch mehr Plattitüden, noch mehr hoffnungsloses Getue.

»Gerechtigkeit für die Opfer des Massakers in Ishaqi!«

Als ob das für die Opfer noch eine Rolle spielt, dachte er.

»STOPPT DEN KRIEG

Ich war dabei; ihr nicht.

»MACHT DEN SÖLDNERMORDEN EIN ENDE

Zorn erfüllte seine Brust. Ihr wisst nicht, wovon ihr redet.

Er beugte sich hinunter und schnappte sich ein Antikriegs-Flugblatt vom Bürgersteig, faltete es sorgfältig auf die Hälfte und dann noch einmal auf die Hälfte zusammen, bevor er es in seine Jackentasche steckte. Der Kellner kam mit seinem frischen Kaffee. Er trank ihn mit einem Schluck aus, zog seine Brieftasche hervor und fischte eine Fünf-Pfund-Note heraus, die er unter seine Untertasse legte. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und ließ die Demonstration vorbeiziehen, die vom Gehupe wütender Autofahrer und vom Gelächter einer Gruppe Araber begleitet wurde, die ihre Wasserpfeifen an dem Tisch neben ihm rauchten.

Er zog eine Zigarette aus der Packung Royal Crown Blue, die auf dem Tisch lag, zündete sie mit einem Streichholz an, steckte sie sich zwischen die Lippen und inhalierte tief. Er ließ das Streichholz in den Aschenbecher fallen, stand auf und ging langsam los, wobei er die gleiche Richtung einschlug wie die Demonstranten.

Als er den Park erreichte, waren die Ansprachen in vollem Gang. Er stellte sich unter einen Baum in der Nähe, rauchte noch eine Zigarette und behielt die Frauen wachsam im Auge, während er die rituellen Beschimpfungen der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und aller anderen Werkzeuge des Imperialismus auszublenden versuchte.

Glücklicherweise waren die Ansprachen vorbei, bevor seine Zigarettenpackung leer war. Er beobachtete, wie die Frauen ihr Spruchband zusammenpackten und sich verabschiedeten, bevor sie in verschiedene Richtungen aufbrachen. Nach kurzer Überlegung beschloss er, der ältesten zu folgen. Sobald er wusste, wo sie wohnte, wurde es Zeit anzufangen.