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Seine Stimme hatte sich angehört, als ob er es ernst meinte. Er wollte den Neuanfang. Und er hatte ihr keine Vorwürfe gemacht, obwohl er völlig umsonst nach Barbados geflogen war. Langsam stellte Ulrike das Telefon zurück auf die Station und trat hinaus in den Garten, wo sie ihren Lieblingsplatz, die alte Holzbank, ansteuerte. Sie betrachtete die Blumenrabatten, ohne sie jedoch richtig wahrzunehmen, und selbst den Duft des Lavendels, an dem sie sich sonst frühmorgens berauschte, nahm sie kaum wahr. Mr. Fred, der ihr gefolgt war, ließ sich mit schweren Gliedern neben ihr nieder, und aus lauter Gewohnheit strich sie ihm über den Kopf.
Das Versteckspiel hatte ein Ende, und es war gut so. Die Freundinnen hatten recht, sie musste sich endlich der Auseinandersetzung stellen. Sie fragte sich, warum Claus um die halbe Welt gereist war, um nach ihr zu suchen. Die Angst davor, sie zu verlieren? Das altvertraute, bequeme Leben? Oder war es die Angst davor, vielleicht nie wieder von einem Menschen so geliebt zu werden wie von ihr? Ulrike überlegte, ob er es ihr eines Tages vielleicht sagen würde.
Ihr kamen die lauen Sommerabende in den Sinn, an denen sie durch die Kölner Altstadt gebummelt waren und in einer der vielen Kneipen am ›Alten Markt‹ ein Kölsch getrunken hatten. In stillem Einvernehmen, unaufgeregt, wie Geschwister. Irgendwann war er ihr als Mann abhandengekommen, aber sie wusste nicht, wann. Er hatte aufgehört, sie zu begehren, und sie hatte aufgehört, sich um ihn zu bemühen. Er hatte sich den Sex woanders geholt, und sie? Sie hatte seine Hemden gebügelt.
Eins stand fest: An das alte Leben konnte und würde sie nicht mehr anknüpfen. Und wenn sie es noch einmal miteinander versuchen wollten, musste sich einiges verändern.