8. KAPITEL
Der Spaziergang entlang des breiten Feldweges hatte Mason müde gemacht. Er hatte den Nachmittag damit verbracht, den Kopf frei zu bekommen und die Einsamkeit und die Ruhe des Gebirgswaldes zu genießen, der das Anwesen umgab. Da draußen unter den alten Laubbäumen stellte niemand Erwartungen an ihn. Er musste kein vielversprechender neuer Künstler sein. Dort war er nicht die Quelle für die Hoffnungen und Träume seiner Mutter. Und er war nicht verpflichtet, dem unerbittlichsten Vater auf der ganzen Welt zu beweisen, dass er etwas wert war. Auf dem Gelände von Korban Manor aber war er einfach nur ein weiterer Versager mit einer großen Trickkiste im Gepäck.
Als Mason kurz vor Sonnenuntergang ins Herrenhaus zurückkehrte, war das Foyer fast leer. Er nickte einem betagten Ehepaar zu, das Jacken im Partnerlook trug. Ihre Hemdsärmel waren geschnürt, ihre Gläser hatten sie erhoben. Roth unterhielt sich mit einer dunkelhäutigen Frau. Gerade tat er so, als ob er ein Foto schießen würde. Das magere Dienstmädchen stand am Fuße der Treppe, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und starrte auf das Porträt von Korban. Mason winkte Roth zu und lief quer durch den Raum. Er achtete darauf, nicht ins Feuer zu schauen, denn er befürchtete, darin etwas zu sehen, was gar nicht da war.
Er tippte dem Dienstmädchen auf die Schulter. Sie fuhr herum, als hätte sie der Blitz getroffen. Mason trat einen Schritt zurück und hielt abwehrend die Hände nach oben. »Entschuldigung, ich wollte Sie nicht erschrecken. Sind Sie diejenige, die uns unsere Zimmer zeigt?«
Sie zwang sich zu einem Lächeln und nickte. Mason kniff die Augen zusammen, um den Namen auf dem kleinen Messingschild lesen zu können, das sich auf ihrer Brust befand. Lilith.
»Ihren Namen, bitte?« Ihre Stimme war nicht viel mehr als ein Flüstern. Vom anderen Ende des Raumes dröhnte das laute Lachen von Roth herüber, ohne Zweifel ausgelöst durch einen seiner eigenen Witze.
»Jackson«, sagte Mason.
»Mr. Jackson, Sie sind spät dran.« Sie versuchte sich erneut an einem Lächeln, doch es huschte nur kurz über ihr bleiches Gesicht und legte sich dann im Schatten ihres Mundes nieder. »Zweites Stockwerk, am Ende des Südflügels.«
»Ich hoffe, wir haben ein Badezimmer«, sagte er. Vielleicht schaffte er es ja mit Lausbubenhumor. »Ich weiß, wir wollen eine Reise in die Vergangenheit machen, aber ich habe draußen nirgendwo ein Klohäuschen sehen können.«
»Angrenzende Zimmer teilen sich ein Bad«, erwiderte sie und lief bereits die Treppen hinauf. »Sie haben ein eigenes Badezimmer. Bitte folgen Sie mir.«
Mason warf einen letzten Blick auf den Kamin und dann auf Korbans riesiges Gesicht. Selbst mit toten Augen und gebannt in zwei Dimensionen hatte der Mann Charisma. Aber das gleiche konnte man auch von David Koresh, Charles Manson und Adolf Hitler sagen. Und Masons Vater. Die Galerie der Arschlöcher. Mason schüttelte den Kopf und ging die Treppen hinauf. Lilith hatte nicht angeboten, seine Tasche zu tragen. Vielleicht hatte sie bemerkt, wie besitzergreifend er sie umklammert hielt, oder es galten hier immer noch das galante Benehmen und die Manieren des 19. Jahrhunderts.
Lilith glitt über die Eichenholzstufen. Ihr langes Kleid raschelte leise. Wenn sie einen auf Großstadtgrufti machen wollte, hatte sie auf jeden Fall genau den passenden kränklichen Teint dafür. Sie bewegte sich mit einer Anmut, die nicht ganz zu ihren spröden Gesichtszügen passen wollte. Angesichts der knochigen Hände und dem totenkopfähnlichen Gesicht hätte Mason eher vermutet, dass sie beim Gehen klappernde Geräusche von sich geben würde.
Die zweite Etage war so prachtvoll wie die erste. Auch hier fand man die gleichen hohen Decken und die gleiche herrliche Vertäfelung. Über der großen Diele hingen zwei Kronleuchter. In jedem steckten in feinen Silberringen, die von Kristalltropfen umrandet wurden, cremefarbene Kerzen. In einem Abstand von fünf Metern brannten auf Augenhöhe sternenförmige Leuchter. Die Flammen warfen genug Licht, um die Schatten entlang der hölzernen Verkleidung schrumpfen zu lassen. Auf beiden Seiten befanden sich jeweils drei massive Ahornholztüren. Zwischen ihnen waren in regelmäßigen Abständen mit Ölfarbe gemalte Landschaften abgebildet. Es waren Kunstwerke von hoher Qualität, die alle verschiedene Facetten des Anwesens darstellten. Eines der Gemälde zeigte die Holzbrücke, die Mason und die anderen Gäste überquert hatten. Das Bild brachte die Erinnerung an das Schwindelgefühl und die Panik wieder hoch, die er dort empfunden hatte. Genau wie die anderen Gemälde trug es keine Künstlersignatur.
An beiden Enden des Flurs hingen riesige Porträts von Korban. Die Lichteffekte waren anders als bei dem unten im Foyer, der für die Ära typische finstere Gesichtsausdruck war jedoch derselbe.
»Schöne Bilder«, sagte er zu Lilith.
»Mr. Korban hat für seine Kunst gelebt. So wie wir alle.«
»Oh, und Sie gehören wohl dazu?« Er hatte es im Scherz gemeint, doch entweder war er zu besorgt über sein drohendes Scheitern als Bildhauer oder sie geistesabwesend. Auf jeden Fall verpuffte der Witz wie heiße Luft.
»Früher gehörte ich dazu«, antwortete Lilith.
Sie liefen an einer geöffneten Tür vorbei und Mason spähte in das Zimmer. Jefferson Spence packte gerade einen Stapel Papier aus und breitete die Blätter auf einem Schreibtisch aus. Der massige Körper des Schriftstellers quoll über die Ränder eines hölzernen Drehstuhls. Miss Seventeen war nirgendwo zu sehen. Mason stellte fest, dass sich in dem Zimmer nur ein Bett befand. Schnell schaute er wieder weg und rügte sich selbst für seine Neugier.
Lilith führte ihn vor eine Tür am Ende des Ganges. Als sie diese öffnete, gab sie ein Quietschen von sich. Sie trat zur Seite, damit Mason eintreten konnte. Ihre Augen ruhten auf dem Fußboden.
»Danke«, sagte Mason. Sein ramponierter Koffer, ein Samsonite, dessen Griffe mit Isolierband zusammengehalten wurden, stand bereits im Zimmer. Es war eine große Suite mit einem Himmelbett aus Holz für zwei Personen, Schreibtischen aus Kirschholz, passenden Sekretären aus Kastanie und abgerundeten Nachttischen. An Süd- und Westwand befanden sich hohe, rechteckige Fenster und Mason stellte erfreut fest, dass das Zimmer den ganzen Tag über lichtdurchflutet sein würde. In einem Haus, in dem es keinen Strom gab, konnte das durchaus als Luxus bezeichnet werden. Die sinkende Sonne füllte den Raum mit honigfarbener Wärme.
»Wow. Das muss eines der besseren Zimmer sein”, sagte er.
Das Dienstmädchen wartete noch immer vor der Tür, als hätte sie Angst, die Luft in diesem Zimmer einzuatmen.
»Es ist die Suite des Hausherren«, sagte sie. »Sie diente Ephram Korban früher als Schlafzimmer.«
»Hängt deswegen sein Porträt an der Wand?«, fragte Mason und nickte in Richtung des Gemäldes über dem großen Kamin. Das Bild war eine kleinere Version des Gemäldes, das im Foyer hing. Es zeigte einen etwas jüngeren Korban, doch die Augen waren genauso schwarz und bodenlos und nur die winzige Andeutung eines Lächelns umspielte die grausamen Lippen.
»Miss Mamie hat das Zimmer extra für Sie ausgewählt«, sagte Lilith ohne das geringste Anzeichen einer Emotion. »Sie sagte, Sie kämen auf hohe Empfehlung hin.«
Mason warf seine Tasche auf das Bett. Die Werkzeuge schlugen dumpf zusammen. »Ich hoffe, ich kann ihren Erwartungen gerecht werden.«
»Das hat bis jetzt noch niemand geschafft.« Lilith stand noch immer vor der Tür. Falls sie scherzen sollte, konnte man es in ihrem glanzlosen Gesicht nicht ablesen.
»Aha. Ich weiß nicht sehr viel über Orte wie den hier«, sagte er, steckte eine Hand in die Tasche und spielte wieder den lässigen, nonchalanten Tolpatsch. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass die Leute nachsichtiger waren und ihre Erwartungen niedriger, wenn sie dachten, er sei ein dümmlicher Trottel. Mit seinem lang gezogenen Südstaatendialekt erzielte er den gleichen Effekt, wenn auch meistens ungewollt. Insgeheim ging er davon aus, dass er seinen Erfolg in Adderly der Tatsache zu verdanken hatte, dass seine intellektuellen Dozenten so begeistert davon waren, dass ein Bauerntrampel wie er die Grenzen seiner Herkunft durchbrechen und sich tatsächlich in den Rängen der kulturellen Elite behaupten konnte. »Sie halten das vielleicht für eine dumme Frage, aber muss ich Ihnen Trinkgeld geben?”
»Nein, natürlich nicht. Und Miss Mamie würde mich umbringen, wenn Sie es versuchen würden.« Lilith schaffte es, sich zu einem Lächeln durchzuringen und war erleichtert, das sie entlassen wurde. Ihre Nervosität und ihre Blässe machten sie auf irgendeine Art attraktiv, wie eine Prinzessin, die zum Tode verurteilt worden war. Sie war nicht so hübsch wie die hochnäsige Frau mit den kobaltblauen Augen, aber wenigstens empfand sie keine Verachtung gegenüber Künstlern. Schließlich war sie selbst einer.
Lilith zeigte auf die Tür in der Westwand. »Das Badezimmer ist dort drin.«
»Großartig.« Er saß auf dem Bett.
»Wäre das dann alles?«
»Ja, es sei denn, Sie möchten mir noch meine Schuhe ausziehen.«
Zögerlich ging sie einen Schritt nach vorn und starrte auf den Fußboden.
»Hey, das war nur ein Witz.« Er stieß ein Lachen aus, einem Pferd ähnlich, das sich an einem Apfel verschluckt hatte.
Wieder zeigte Lilith ihr fiebriges Lächeln. Dann sagte sie: »Das Abendessen beginnt Punkt um acht, Mr. Jackson. Kommen Sie nicht zu spät. Miss Mamie hasst Unpünktlichkeit.«
Dann war sie weg. Mason richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Möbel. Auf jedem Nachttisch stand eine Lampe, ein ovaler Glassockel, der mit schwerem Öl gefüllt und von Messing umkleidet war. Im Ofen prasselte ein Feuer, neben dem Mauerwerk war ein Stapel gespaltenes Robinien- und Eichenholz aufgeschichtet. Es grenzte an ein Wunder, dass dieses alte Haus in all den Jahren nicht irgendwann niedergebrannt war. Mason lehnte sich in die Kissen zurück und starrte auf die handgedrehten Muster an der Gipsdecke.
Okay, Mase, das ist es also, was du unbedingt wolltest und wofür du durch diese ganze Scheiße gegangen bist. Du hast alles dafür getan. Du hättest dich sogar nackt vor den Kunstrat gestellt und deine Kronjuwelen geschwenkt. Du hast die Kritiker bequatscht, deine Quacksalberprodukte verkauft, und jetzt hast du vielleicht den größten Schritt in deiner ganzen Karriere gemacht. Vielleicht sogar in deinem ganzen Leben. Denn wenn du hier nicht etwas produzierst, das sich verkaufen lässt, kannst du dich zu Weihnachten in Sawyer Creek wieder von Lebensmittelmarken ernähren.
Und du musst deiner Mutter in die Augen sehen, selbst wenn sie deinen Blick nicht erwidern kann, und ihr sagen, dass du versagt hast, dass deine Träume nicht stark genug waren, dass du nicht genug an sie geglaubt hast.
Diabetische Retinopathie. Eine schnelle Verschlechterung ihrer Sehkraft. Und sie hatte nie ein Wort darüber verloren, selbst dann nicht, als der Ausgang des Tunnels immer kleiner wurde. Sie hatte die Ärzte so lange belogen, bis ihre Krankheit zu weit fortgeschritten war, als dass es ein Zurück gegeben hätte, und Mason hatte es erst herausgefunden, als es zu spät war. Sie war zu jung für Medicare und nicht arm genug für Medicaid, hätte sich trotzdem einfach behandeln lassen, Schulden machen und später Privatinsolvenz anmelden können. Damit wären jedoch die mageren Ersparnisse pfutsch gewesen, die sie für seine Ausbildung zur Seite gelegt hatte. Mason hatte das Geld in Adderly verschwendet, auf Holz- und Metallbrocken eingeschlagen und versucht, sie in Träume zu verwandeln.
Das Schlimmste war, dass Mason nicht wusste, ob er sie für ihre Aufopferung bewundern oder für ihre Großzügigkeit verachten sollte. Jetzt kam sie mit ihrer Behindertenrente und den kleinen Beträgen, die Mason ihr von seinem schmalen Gehalt als Fabrikarbeiter abgeben konnte, geradeso über die Runden. Aber dieser Job war jetzt weg, verloren, weil er sich seiner Kunst widmen wollte. Und immer noch war seine Mutter sein größter Fan.
»Du musst immer an deinen Träumen festhalten, mein Schatz«, sagte sie durch Zähne, die sie nicht reparieren lassen konnte, weil sie nicht genug Geld hatte. »Alles, was wir auf dieser Welt haben, sind unsere Träume.«
Mason rollte sich vom Bett und lief durch das Zimmer. Genauso ging er umher, wenn er eine Idee hatte, die ihn in Aufregung versetzte, wenn er dieses Jucken in den Fingern spürte, wenn eine neue Skulptur in seinem Kopf Gestalt annahm. Es war dieselbe Kombination aus Begeisterung und Furcht. Begeisterung, weil die neue Idee die beste aller Zeiten war, und Furcht, weil er wusste, dass das Ergebnis niemals seinem Traumbild entsprechen würde.
Doch dieses Mal war die Furcht kein Nebenprodukt eines Hochgefühls.
Diese Klausur war die größte aller seiner Traumvorstellungen. Er hatte bereits beschlossen, dass er sein Werkzeug von der alten Holzbrücke werfen würde, die Korban Manor vom Rest der Welt abschnitt, wenn sich aus seinem Aufenthalt im Künstlerrefugium keine Richtung ergab oder er keine Anerkennung erhielt. Natürlich würde er mit der Höhe zu kämpfen haben, doch wenn es notwendig war, könnte er mit verbundenen Augen auf die Brücke kriechen. Er würde dem metallischen Klirren und Scheppern auf den Felsen weit unter ihm lauschen und die Blasen und Schwielen heilen lassen, während er sich einen richtigen Job suchte.
Kreativität hatte ihren Preis. Und diesen Preis musste man zahlen, selbst wenn die Gefahr des Scheiterns bestand. Ärzte und Anwälte verbrachten zehn Jahre an der Universität und zahlten dafür Zehntausende von Dollar. Kriminelle bezahlten mit dem Risiko, ihre Freiheit zu verlieren. Priester gaben die Freuden des Fleisches auf. Die Kosten für Soldaten waren schier unermesslich. Künstler bezahlten mit anderen Dingen, und Schmerz war wohl die Sache, die sie am wenigsten kostete.
Es war ja nicht so, dass er nicht bereit war, für seine Kunst Opfer zu bringen. Er war bloß der Meinung, dass seine Mutter nicht darunter leiden sollte. Er schaute nach unten und sah, dass sich seine Fäuste zu wütenden Hämmern verkrampft hatten. Die Wut machte ihn beinahe betrunken.
Er hörte auf, herumzulaufen, und lehnte sich gegen das Fenster. Durch das altmodische geriffelte Glas schaute er auf das Anwesen. Obwohl er sich gerade einmal im zweiten Stockwerk befand, musste er sich am Fenstersims festhalten, um das Schwindelgefühl unter Kontrolle zu halten.
Anna stand am Zaun und streichelte ein Pferd. Der Sonnenuntergang färbte den Horizont golden. Das sanfte Licht machte sie zu einem wunderschönen Engel, einer Märchenprinzessin, die über dem Gras dahinschwebte. Die grünen, hügeligen Felder, der schimmernde Himmel, der funkelnde See am Ende der Wiese und die scheinbar schwerelose Frau, alles erschien, als wäre es in einem Traum eingeschlossen.
Und laut seinem Vater waren Träume eine gottverdammte Verschwendung kostbaren Tageslichts.
Mason ging ins Badezimmer. Obwohl die Armaturen so kunstvoll verziert waren wie der Rest des Hauses, waren die sanitären Anlagen primitiv. In der Ecke stand eine gusseiserne Badewanne. Das Waschbecken war aus Marmor. Darüber befanden sich glänzende Wasserhähne aus Chrom und ein umrahmter Spiegel. Er stellte sich vor die Keramiktoilette und verrichtete seine Notdurft. Dabei bemerkte er den kleinen Ausgleichsbehälter, der hoch oben an der Wand angebracht war. Die Rohrleitungen hinter der Wand hüpften und bebten, als er spülte. Er wusch sich die Hände am Waschbecken und sah dabei in den Spiegel, welcher trotz der Kälte des Wassers beschlug.
Er wischte ihn mit dem Ärmel seines Pullovers ab, doch der Nebel blieb. Missbilligend blickte er in sein trübes Spiegelbild. Das Gesicht im Spiegel schien zeitverzögert zu reagieren. Es war das traurige und müde Gesicht eines verurteilten Häftlings.
Als er ins Zimmer zurückkehrte, lag sein Werkzeug quer über das ganze Bett verstreut. Es schien beinahe so, als ob es ihn verspottete, ihn dazu herausforderte, es in die Hand zu nehmen und zu scheitern. Er konnte sich nicht erinnern, es aus der Tasche genommen zu haben. War er wirklich derart verkrampft und verwirrt?
Finster schaute Korbans Porträt auf ihn hinab. Das Lächeln, das er sich eingebildet hatte, war verschwunden. Korban war nur ein weiterer Auftraggeber, ein fordernder und kaltherziger Kritiker. Ein Beobachter, der nicht in den kreativen Prozess eingebunden, jedoch allzu gern bereit war, etwas zu beurteilen, das niemand außer dem Erschaffer selbst verstehen konnte. Einfach nur ein weiteres Arschloch mit einer Meinung.
Mason ging auf sein Werkzeug zu, magisch angezogen von dessen Macht. Er beugte sich herunter, berührte die Kanneliermesser, Meißel, Hammer und Stichel, fand Trost darin, ihre Kanten und ihr Gewicht zu spüren. Sie sehnten sich nach Arbeit, sie brauchten Masons Finger, um ihrer Welt Form verleihen zu können. Und Mason brauchte sie genauso. Eine symbiotische Abhängigkeit, die so viel schaffen wie auch zerstören würde.
Er drehte Korbans Porträt den Rücken zu und polierte die Werkzeuge mit einem Tuch aus Gemsenleder, bis sie im Schein des Feuers glühten.