Sonntag, 16. November 1969
Zanin war ein frommer Katholik. Wir gingen nach der Sonntagsmesse zu ihm, gut gekleidet und mit köstlichen sizilianischen Teigröllchen, die Nicos Mutter zubereitet hatte.
Er bewohnte die schönste Villa der ganzen Gartenstadt. Von der Terrasse aus konnte man bis in den Park des Königspalasts sehen. Im weitläufigen Garten streunten sechs Dobermänner herum, der größte für Zanin selbst, einer für seine Frau und einer für jedes seiner vier Kinder. Zanins Hund hieß Killer und war so etwas wie sein fünfter Sohn. Er war der Anführer der anderen Hunde, aß gemeinsam mit seinem Besitzer und wich ihm nicht von der Seite.
Er war auch bei ihm, als Zanin die Mank im Salon seines Hauses empfing, zusammen mit seinen beiden Statthaltern: dem Direktor des Alhambra und dem Chef seiner Fischereiflotte, die als Deckmantel für den Schmuggel diente.
Zanin war knapp über vierzig und hatte das Gesicht des Seemanns, der er zwanzig Jahre lang gewesen war, und die Züge des Kriminellen, der er nun war. Er hatte sich sofort bereit erklärt, uns zu empfangen. Anfangs dachte ich, er tue es aus Respekt vor dem Namen meines Vaters.
Die mabruka servierte Chai mit cacawia, und ich erläuterte unseren Vorschlag. Der keineswegs unvernünftig oder heikel war.
»Sie bringen doch schon immer das Geld der Juden über die Grenze«, begann ich.
Zanin hob seinen muskulösen Arm.
»Wir bringen gar nichts über die Grenze. Das wäre illegal.«
»Gut«, fuhr ich fort. »Sagen wir so, wir vier bekommen viele Anfragen von Italienern. Juden, Maltesern oder Libyern würden wir unsere Dienste nie anbieten, die bleiben Ihre Kunden.«
Zanin kraulte den Kopf des Dobermanns, der uns unfreundlich musterte, und zeigte auf einen seiner Stellvertreter.
»Wir verkaufen die Hälfte unseres Fischs an die Italiener. Diesen Markt können wir euch nicht überlassen.«
Darüber hatten wir von der Mank geredet, und am Ende waren wir alle einer Meinung gewesen. Die Gelegenheit, mit der illegalen Ausfuhr von Valuta Geld zu verdienen, würde nicht ewig bestehen und brachte ein Vermögen ein. Wir mussten aufs Ganze gehen.
»Im Gegenzug, Signor Zanin, bieten wir Ihnen die Mank in Kairo an.«
»Die Sie ja auf Ihren Dienstreisen bereits schätzen gelernt haben«, fügte Nico Gerace arglistig hinzu.
Zanin schien sich über das Angebot zu wundern. Es war schwierig, sich aus dem Stand ein Bild vom wirtschaftlichen Nutzen zu machen, aber Ahmed lieferte ein entscheidendes Argument.
»Mit dem, was Sie sich hier aufgebaut haben, könnte es von einem Tag auf den anderen vorbei sein, Signor Zanin. Wenn es Oberst Gaddafi in den Kopf kommt.«
Das war das erste Mal, dass ich ihn so reden hörte, als eigenständigen, resoluten, vor allem aber libyschen jungen Mann. Nur seine Nationalität gestattete es Ahmed, diese Drohung, die sich nicht nur gegen die Malteser wandte, so deutlich auszusprechen.
Allerdings erreichte er das genaue Gegenteil. Zanins Züge versteinerten zu einer Grimasse.
»Euer Gaddafi wird überhaupt nichts tun, sonst schaffen ihn die Amerikaner und Israelis aus dem Weg. Die Italiener haben ja nicht die nötige Courage.«
Ich warf Karim einen warnenden Blick zu, aber er konnte nicht an sich halten.
»Ihre Zeit in diesem Land ist vorbei, Signor Zanin. Sie haben das libysche Volk genug ausgeplündert«, sagte er angriffslustig.
Dieser Ton gefiel dem Dobermann gar nicht, er fletschte die Zähne und knurrte.
»Ist schon gut, Killer, ist schon gut. Die Jungs gehen jetzt.«
Dann stand er auf.
»Euer großzügiges Angebot ist hiermit abgelehnt, Jungs. Ein für alle Mal.«