Von Harbiye bis Şişli
Nördlich von Taksim zeigt sich die Bosporusmetropole von einer ihrer vornehmsten Seiten. Hier sind die Schaufensterauslagen eleganter, die Autos davor eine Nummer größer und die Lacoste-Hemden Originale.
Harbiye, Nişantaşı, Teşvikiye, Maçka und Şişli – fünf Stadtteile, eine Geschichte. Bis vor rund 200 Jahren erstreckten sich hier Wälder und Parkanlagen, in denen die Sultane jagten oder sich im Bogenschießen übten. Als die osmanischen Herrscher im 19. Jh. ihre Residenzen an den Bosporus (in den heutigen Stadtteil Beşiktaş) verlegten, änderte sich das Bild. Beamte und Bedienstete siedelten in ihrer Nähe und urbanisierten den Hügel zwischen Taksim und Bosporus. In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelten sich die Stadtteile schließlich zu bevorzugten Wohngebieten der İstanbuler Oberschicht. Es folgten Luxushotels – als erstes İstanbuler Fünf-Sterne-Haus entstand in den 1950ern der plattenbauähnliche Hilton-Komplex – und nach ihnen Designerläden.
Insbesondere die Straßen Abdi İpekçi, Vali Konağı, Maçka und Teşvikiye, wo noch bis vor wenigen Jahren Versace neben Dior und Boss neben Armani zu Hause waren, entwickelten sich zum Laufsteg der Nation. Passend dazu eröffneten Hundecoiffeure, Fitnessclubs und Beautysalons. Und in den schicken Bars und Cafés sah man Chanel-Handtaschen so häufig wie Chucks in Kreuzberg. Die Viertel sind noch immer hip, aber nicht mehr ganz so nobel – so mancher Edelstore zog bereits weg, dafür kamen Diesel und C & A. Denn mit der Bağdat Caddesi auf der asiatischen Seite und mit exquisiten Shoppingmalls auf den Bosporushügeln kamen in den letzten Jahren neue Hotspots hinzu, die en vogue sind und den Ansprüchen an Schönheit, Charisma und Erfolg gerecht werden.
Architektonisch reizvoll sind die Stadtteile nicht. Vornehmlich funktionale Zweckbauten säumen die Straßenzüge, in denen die Autokolonnen stetige Hupkonzerte geben. Letzteres soll sich jedoch ändern, die Abdi İpekçi Caddesi wurde bereits verkehrsberuhigt, weitere Straßen sollen folgen. Kulturhistorische Highlights sind eher rar: Einem kleinen, verschnörkelten Kunstwerk kommt der Lindenpavillon (Ihlamur Kasrı) gleich, das Jagdschlösschen Sultan Abdül Mecits (1839–61). Weitaus bescheidener lebte der Gründer der türkischen Republik. Seine einstige Wohnstätte in Şişli beherbergt heute das Atatürk-Museum (Atatürk Müzesi). Und wer auch noch wissen will, wo Atatürk zum Stabsoffizier ausgebildet wurde, besucht das sehenswerte Militärmuseum (Askeri Müzesi), das in einer ehemaligen Militärakademie untergebracht ist.