Kultur

Kino

Die schönen alten Filmpaläste wurden in den letzten Jahren von den austauschbaren Multiplex-Popcornpalästen gefressen. Man findet sie u. a. rund um die İstiklal Caddesi in Beyoğlu, aber auch in fast jeder Shoppingmall.

Neben Hollywood-Mainstream und seichten türkischen Filmen werden auch anspruchsvollere Produktionen präsentiert. Ausländische Filme laufen in der Originalfassung mit Untertiteln. Tickets kosten um die 4–8 €, die Platzanweiser erwarten zudem ein kleines Trinkgeld. Positiv für Raucher: Zum Rollenwechsel gibt es oft eine viertelstündige Pause.

„Der Weg“ ist das Ziel: türkischer Film auf dem Vormarsch

Als seicht und drittklassig wurde das türkische Kino lange Zeit verspottet, bis Yılmaz Güneys Yol – Der Weg 1983 die Goldene Palme in Cannes erhielt. Der Film prangerte soziale Ungerechtigkeit und Unterdrückung in der Türkei aufs schärfste an. Erst 1999 durfte er in einer zensierten Fassung in den türkischen Kinos gezeigt werden. Güney, der seine Regieanweisungen auch schon mal aus dem Gefängnis gab, wurde mit seinem Werk zum liebsten Feind der Türken und mit ihm das türkische Kino mutiger. In den 90er Jahren folgten Produktionen wie Hamam von Ferzan Özpetek oder Lola und Bilidikid von Kutluğ Ataman – revolutionär setzten sich beide Filme mit dem Thema Homosexualität auseinander. Auch die Reise zur Sonne (Güneşe yolculuk, 1999) von Yeşim Ustaoğlu, die Geschichte eines jungen Mannes, der die Provinz gegen das vermeintliche Glück in İstanbul eintauscht und an seinem kurdischen Aussehen scheitert, begeisterte Cineasten europaweit. In Waiting for the Clouds (Bulutları beklerken, 2005) beschäftigte sich die Regisseurin mit einem heiklen Thema: dem griechisch-türkischen „Bevölkerungsaustausch“ in den 1920ern. Ustaoğlus jüngster Film Pandora’s Box (Pandora’nın Kutusu, 2008) wiederum ist eine anrührende Familiengeschichte, die um eine demenzkranke Mutter kreist. Große Erfolge feierte im neuen Jahrtausend auch der İstanbuler Regisseur Nuri Bilge Ceylan: Für den melancholischen İstanbulstreifen Uzak und das mit Schuld und Sühne beladene Familiendrama Three Monkeys räumte er in Cannes 2003 und 2008 ab. Mit Begeisterung nahm man im Ausland zudem Hejar – Großer Mann, kleine Liebe (Büyük adam, küçük aşk) von Handan İpekçi auf. Dieser Film wurde, obwohl von Ankara 2002 offiziell für den Oscar nominiert, zunächst im eigenen Land verboten – die wenigen Sätze in kurdischer Sprache stellten damals noch einen Tabubruch dar. Heute ist das anders: Vornehmlich kurdisch wird in dem Film Min Dit (2009) von Miraz Bezar gesprochen, einem bewegenden Drama über das Schicksal von Waisenkindern in der südostanatolischen Metropole Diyarbakır. Internationales Interesse erregte auch der deutsch-türkische Regisseur Fatih Akın mit den Melodramen Gegen die Wand (Goldener Bär 2004) und Auf der anderen Seite (2007) sowie mit der Musikdokumentation Crossing the Bridge (2005), in der er in İstanbuler Clubs den neuen Bosporussounds nachspürt. Semih Kaplanoğlus Film Bal – Honig, der auf der Berlinale 2010 mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde, hat mit İstanbul hingegen nichts zu tun. Im Mittelpunkt steht das Leben eines kleinen Jungen im wildromantischen Kaçkar-Gebirge.

Istanbul
titlepage.xhtml
chapter001.xhtml
chapter002.xhtml
chapter003.xhtml
chapter004.xhtml
chapter005.xhtml
chapter006.xhtml
chapter007.xhtml
chapter008.xhtml
chapter009.xhtml
chapter010.xhtml
chapter011.xhtml
chapter012.xhtml
chapter013.xhtml
chapter014.xhtml
chapter015.xhtml
chapter016.xhtml
chapter017.xhtml
chapter018.xhtml
chapter019.xhtml
chapter020.xhtml
chapter021.xhtml
chapter022.xhtml
chapter023.xhtml
chapter024.xhtml
chapter025.xhtml
chapter026.xhtml
chapter027.xhtml
chapter028.xhtml
chapter029.xhtml
chapter030.xhtml
chapter031.xhtml
chapter032.xhtml
chapter033.xhtml
chapter034.xhtml
chapter035.xhtml
chapter036.xhtml
chapter037.xhtml
chapter038.xhtml
chapter039.xhtml
chapter040.xhtml
chapter041.xhtml
chapter042.xhtml
chapter043.xhtml
chapter044.xhtml
chapter045.xhtml
chapter046.xhtml
chapter047.xhtml
chapter048.xhtml
chapter049.xhtml
chapter050.xhtml
chapter051.xhtml
chapter052.xhtml
chapter053.xhtml
chapter054.xhtml
chapter055.xhtml
chapter056.xhtml
chapter057.xhtml
chapter058.xhtml
chapter059.xhtml
chapter060.xhtml
chapter061.xhtml
chapter062.xhtml
chapter063.xhtml
chapter064.xhtml
chapter065.xhtml
chapter066.xhtml
chapter067.xhtml
chapter068.xhtml
chapter069.xhtml
chapter070.xhtml
chapter071.xhtml
chapter072.xhtml
chapter073.xhtml
chapter074.xhtml
chapter075.xhtml
chapter076.xhtml
chapter077.xhtml
chapter078.xhtml
chapter079.xhtml
chapter080.xhtml
chapter081.xhtml
chapter082.xhtml
chapter083.xhtml
chapter084.xhtml
chapter085.xhtml
chapter086.xhtml
chapter087.xhtml
chapter088.xhtml
chapter089.xhtml
chapter090.xhtml
chapter091.xhtml
chapter092.xhtml
chapter093.xhtml
chapter094.xhtml
chapter095.xhtml
chapter096.xhtml
chapter097.xhtml
chapter098.xhtml
chapter099.xhtml
chapter100.xhtml
chapter101.xhtml
chapter102.xhtml
chapter103.xhtml
chapter104.xhtml
chapter105.xhtml
chapter106.xhtml
chapter107.xhtml
chapter108.xhtml
chapter109.xhtml
chapter110.xhtml
chapter111.xhtml
chapter112.xhtml
chapter113.xhtml
chapter114.xhtml
chapter115.xhtml
chapter116.xhtml
chapter117.xhtml
chapter118.xhtml
chapter119.xhtml
chapter120.xhtml
chapter121.xhtml
chapter122.xhtml
chapter123.xhtml
chapter124.xhtml
chapter125.xhtml
chapter126.xhtml
chapter127.xhtml
chapter128.xhtml
chapter129.xhtml
chapter130.xhtml
chapter131.xhtml
chapter132.xhtml
chapter133.xhtml
chapter134.xhtml
chapter135.xhtml
chapter136.xhtml
chapter137.xhtml
chapter138.xhtml
chapter139.xhtml
chapter140.xhtml
chapter141.xhtml
chapter142.xhtml
chapter143.xhtml
chapter144.xhtml
chapter145.xhtml
chapter146.xhtml