Rund um den Atatürk Bulvarı
Der Atatürk Bulvarı ist die bedeutendste Nord-Süd-Achse zwischen Stadtmauer und Serailspitze. In den Vierteln drum herum dominiert İstanbuler Alltagstristesse zwischen leprösen Häusern. Ein paar Baudenkmäler mit klangvollen Namen und ein paar Ecken mit pittoreskem Charme lassen sich aber auch hier ausmachen.
In den meisten Städten der Türkei ist der Atatürk Bulvarı eine elegante Flaniermeile. Nicht so in İstanbul: Auf der bis zu zehnspurigen Straße, die sich zwischen Goldenem Horn und dem Stadtteil Laleli erstreckt, staut sich meist der Verkehr. Rußende Busse verpesten die Luft. Keine edlen Boutiquen, sondern kleine Handwerksbetriebe und Einrichtungshäuser säumen den „Boulevard“.
Ein Postkartenmotiv ist jedoch der über den Atatürk Bulvarı verlaufende Valens-Aquädukt (Bozdoğan Kemeri), benannt nach dem gleichnamigen oströmischen Kaiser. In der zweiten Hälfte des 4. Jh. wurde der imposante zweigeschossige Arkadenbau errichtet, um die Stadt mit Wasser aus dem Belgrader Wald zu versorgen. Einst war der Aquädukt über einen Kilometer lang, rund 600 m sindnoch erhalten. Durch seine unteren Torbögen fädelt sich heute der Verkehr.
Westlich des Atatürk Bulvarı liegt im Schatten des Aquädukts das Karikaturmuseum (Karikatür Ve Mizah Müzesi). Nur selten verirrt sich ein Tourist dorthin – ein Schicksal, das die ehemalige Pantokrator-Kirche (Molla Zeyrek Camii) etwas weiter nördlich im Stadtteil Zeyrek teilt. Im Viertel Vefa östlich des Atatürk Bulvarı steht, umgeben von Fakultätsgebäuden der Universität İstanbul, die Kalenderhane-Moschee (Kalenderhane Camii), eine ehemals byzantinische Kirche. Nicht wenige finden einen Besuch des Sahlep-Ausschanks Vefa Bozacısı ein paar Schritte weiter interessanter. Studentencafés in der Nähe laden zudem auf eine Pause ein.
Nur einen Katzensprung entfernt liegt die Prinzen-Moschee (Şehzade Camii), eine monumentale Sultansmoschee aus der Mitte des 16. Jh. Südlich davon erstreckt sich Laleli. Benannt ist der Stadtteil nach der Laleli Camii (Tulpenmoschee), der schönsten Barockmoschee İstanbuls. Die meisten Lalelibesucher aber kommen der Mode wegen. Es sind v. a. Russen, Bulgaren, Rumänen, Georgier, Iraner, Iraker und Ukrainer, allesamt Geschäftsleute. Sie übernachten in den möchtegernschicken Hotels Lalelis und kaufen in den unzähligen umliegenden Bekleidungsgeschäften ein – selten Einzelstücke, meist ganze Kollektionen für den heimischen Markt. Die russischen Modetrends für den nächsten Winter sieht man in den Schaufenstern Lalelis schon im Sommer.