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Landos dringende Kom-Sendung von der Errant Venture fand Wedge auf der chaotischen Brücke der Mon Mothma, wo ein holografisches Bild von Zonama Sekot sich langsam in einem Kegel aus blauem Licht drehte und Punkte von unterschiedlicher Farbe die Stellung der Allianz und der Yuuzhan Vong anzeigten. Techniker und Droiden waren damit beschäftigt, die Stationen zu bemannen, und die gefilterte Luft war voll von dem Lärm der Stimmen und den unaufhörlichen Geräuschen der Konsolen. Im dichtesten Kampfgeschehen verschwanden immer wieder feindliche Mataloks und Yorik-Vecs von den Schirmen, aber näher an dem lebenden Planeten waren Korallenskipper und Yorik-Akaga durch die Barriere der hapanischen Linie gedrungen und bestrichen die Boras und bewohnten Schluchten von Mittelferne mit ihrem Feuer. Nachdem Zonamas Bergverteidigung entweder nicht mehr funktionierte oder entschlossen war, nicht gegen die kleineren Schiffe vorzugehen, näherte sich die Mon Mothma dem Planeten.
Gespräche unter den taktischen Offizieren an der Holoprojektion machten es unmöglich für Wedge, Lando genau zu verstehen, also ging er in eine Ecke des weiten Raums und stülpte sich einen Kopfhörer über.
»Die Schlacht bei Muscave war nichts weiter als eine Ablenkung«, sagte Lando gerade. »Nas Choka will uns beschäftigt halten, damit wir das vergiftete Schiff nicht bemerken, das er an die Oberfläche von Zonama Sekot bringen will.« Er schnaubte. »Ein kleines Schiff, das an allen Verteidigungsstellungen vorbeikommt. Klingt das nicht vertraut?«
»Vage«, log Wedge. »Hast du Informationen darüber, weshalb die Jedi-Jäger nicht mehr fliegen?«
»Negativ.«
»Könnten die Vong Alpha Red bereits abgeliefert haben?«
»Das ist durchaus möglich«, sagte Lando. »Es sei denn, Sekot hat beschlossen, sich zu ergeben.«
»Wenn das der Fall ist, dann ist der Planet im Lauf der letzten fünfzig Jahre schwächer geworden.«
»Oder die Vong wurden stärker.« Lando hielt einen Augenblick inne, dann sagte er: »Booster wird die Errant Venture so dicht an Zonama Sekot heranbringen wie möglich. Wir werden so viele von den Jedi und Ferroanern aufnehmen, wie wir können.«
Wedge verzog das Gesicht. »Lando, das kannst du nicht tun, wenn der Planet bereits vergiftet wurde. Mir ist klar, dass Alpha Red vermutlich keine Bedrohung für Menschen oder Bothan darstellt. Aber nach Caluula können wir nicht sicher sein, dass es sich nicht auf andere Spezies ausbreitet.«
Lando schwieg einen langen Augenblick. »Verstanden, Wedge«, sagte er resigniert. »Wir werden Kyp und Corran fragen, bevor wir jemanden heraufholen. Was hörst du von Coruscant?«
»Sie halten sich dort mit Zähnen und Klauen. Shimrra ist offensichtlich tot − dafür hat Luke gesorgt. Aber Shimrras Tod hat Nas Choka nicht aufgehalten. Selbst wenn wir schließlich seine Kräfte hier schlagen können, wird er sich nicht ergeben.«
»Wie lautet die Antwort?«
»Ich mache mir Sorgen, dass Sovv und Kre’fey nach Alpha Red schielen.«
Lando atmete hörbar aus. »Scheint derzeit jedermanns Lösung zu sein.«
Wedge beendete das Gespräch, setzte den Kopfhörer ab und blickte auf das rotierende Hologramm von Zonama Sekot. Er weigerte sich anzunehmen, dass das vergiftete Schiff durchgekommen war. Sternjäger konnten verhindern, dass es die Oberfläche erreichte. Er dachte beinahe fünf Jahre zurück, an seine Entscheidung, wieder aus dem Ruhestand zu kommen. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass er einen Sternjäger bei Sernpidal fliegen würde, dass man ihn mit der Verteidigung von Borleias beauftragen würde oder dass er Corulag angreifen würde. Aber so ging es nun einmal im Krieg zu. Man tat, was man konnte, und hoffte, dass selbst der kleinste Beitrag das Resultat verbesserte.
Er trat an die nächste Station und bat darum, zum nachsthöheren Einsatzoffizier durchgestellt zu werden.
»Ich will, dass Sie einen Sternjäger vorbereiten«, sagte er, als die Frau antwortete.
»Für eine bestimmte Staffel?«, fragte sie. »Sie sind alle so zerschossen, dass der Pilot es sich aussuchen kann.«
»Wer hat den Schutz von Zonama Sekot inne?«
»Die Rote Staffel, General.«
Perfekt, dachte Wedge. »Informieren sie den Rot-Führer, dass er Verstärkung erwarten kann.«
»Wie lautet das Rufzeichen des Piloten?«
Wedge dachte kurz darüber nach, dann sagte er: »Vader.«
»Unmöglich«, sagte Nas Choka zu seinem Taktiker. »Der Höchste Oberlord ist ein Mündel der Götter. Sollten wir bei unserer Aufgabe versagen, wird er als Letzter sterben − und unser Erfolg ist gesichert.« Er zeigte auf Coruscant, das durch die transparente Blase zu sehen war. »Zonama Sekot wird sterben, und die Schlacht hier wird sich wenden, sobald ich den Rest unserer Streitkräfte von Muscave herrufe. Wir werden die Allianz zurück an den Äußeren Rand drangen, wo sie die nächsten zehn Jahre ihre Wunden lecken und von dem Tag träumen wird, da sie stark genug ist, um eine Gegenoffensive zu starten.«
Der Taktiker neigte respektvoll den Kopf. »Aber die Ankündigung wurde von seiner Eminenz Harrar selbst vorgenommen.«
»Harrar!«, sagte der Kriegsmeister überrascht. »Ich dachte, er wäre am Äußeren Rand!«
»Nein, Fürchterlicher. Er ist zur Seite des Feindes übergelaufen − auf Zonama Sekot, als der Planet sich noch in den Unbekannten Regionen befand. Präfekt Nom Anor ebenfalls, der jetzt als Anführer der Ketzer gilt.«
Nas Choka streckte die Hand zur Wand aus, um sich zu stützen. Harrar ein Verräter? Nom Anor ein Aufständischer … Es war schmerzhaft, aber dies waren immer noch Wendungen, die er hinnehmen konnte. Er würde es aber doch sicher wissen, wenn die Yuuzhan Vong plötzlich ihre Verbindung zu den Göttern verloren hatten! Er sah sich in der Kommandokammer um, sah seinen Höchsten Kommandanten und die Subaltern-Offiziere an, seine Villip-Herrin und den Priester. Keiner war abgelenkt oder nervös. Alle gingen weiter ihren Pflichten nach.
»Eine Lüge der Renegaten«, sagte er schließlich zu dem Taktiker. »Ein feiger Versuch, uns zu verwirren.«
Wieder senkte der Taktiker den Kopf. »Kriegsmeister, ich fühle wie Sie. Ich sollte es wissen − in mir − wenn unser Höchster Oberlord tot ist. Und dennoch berichtet der Villip-Chor von anderen Kommandanten an der Oberfläche, dass die Krieger und Jeedai die Zitadelle überrannt und Shimrras Bunker aufgebrochen haben.«
»Jeedai«, antwortete Nas Choka.
»Darf ich offen sprechen?«
»Aber leise«, warnte der Kriegsmeister.
»Warum hören Zonamas planetare Waffen auf zu schießen? Fühlt der lebende Planet sich nicht mehr bedroht? Könnte Shimrra irgendwie getäuscht worden sein, den Willen der Götter zu erfüllen, wenn ihr wahres Ziel darin besteht, ihn für seine Arroganz zu strafen − und uns, für unsere Treue zu ihm?«
Nas Chokas schräge Stirn furchte sich. »Ich …«
»Kriegsmeister.« Der Höchste Kommandant der Yammkas Reittier unterbrach die beiden mit einem raschen Salut. »Lord Shimrras persönliches Schiff hat von der Zitadelle abgehoben, um sich uns im Kampf anzuschließen.«
»Zeigen Sie es mir!«, sagte Nas Choka und wirbelte zur transparenten Blase herum.
Der Kommandant zeigte ein vergrößertes Bild des Schiffs des Höchsten Oberlords, das soeben die Atmosphäre des Planeten verließ. Neben dem Schiff, aber ohne es zu beschießen, flogen zwei Sternjäger der Allianz und ein zerschlagener untertassenförmiger Frachter.
Nas Choka zeigte dem Taktiker ein rasches Nicken. »Sehen Sie, ein Trick der Abtrünnigen. Der Höchste Oberlord lebt nicht nur, er versucht sogar, uns persönlich zu ermutigen.« Er sah den Höchsten Kommandanten an. »Wir werden unsere Dankbarkeit zeigen, indem wir das Flaggschiff der Allianz zu seinen Ehren in Brand setzen. Befehlen Sie allen Schiffen, sich auf die Ralroost zu konzentrieren.«
Auf der Brücke des Schiffs, dessen Komponenten ihm alle gehorchten, ließ Onimi ein Durcheinander an Gegenständen auf Jacen einprasseln, beginnend mit den geschnitzten Götterbildern, die Jaina flankierten: die verhüllte Yun-Harla, der vielarmige Yun-Yammka, der tausendäugige Yun-Shuno und den Rest. Aber Jacen stand fest. Er wollte Jaina nicht verletzen, indem er die Gegenstande umlenkte, sondern zog alle in eine wirbelnde Wolke, als befänden sie sich im Orbit um ihn. Hinter der Wolke war er sich trübe bewusst, dass sich eine Transparenz über der Konsole gebildet hatte und dass Konstellationen von Sternen zum Leben erwachten, stellenweise verwischt von den Hunderten von Kriegsschiffen, die über Coruscant kämpften.
Jacens standfeste Verteidigung machte Onimi wütend. Er griff tiefer in sich selbst hinein und benutzte seine telekinetischen Kräfte, um Risse in den Schotten und der Decke zu schaffen, und hoffte, Brocken von entwurzelten Yorikkorallen seinem Sturm hinzufügen zu können. Aber so schnell sich die Risse auch bildeten, Jacen reparierte sie und die Brocken wieder. Was immer dem Schiff entrissen wurde, befahl er wieder zurück.
Die nicht zusammenpassenden Augen ungläubig aufgerissen, griff Onimi an, und seine Füße bewegten sich so schnell, dass er über das Deck zu gleiten schien.
Wenn auch verkrüppelt durch schlecht verheilte Implantate und die Folgen von experimentellen Verfahren, war der ehemalige Gestalter immer noch größer als Jacen und erheblich schwerer. Aber der Kampf hatte nichts mit Größe und noch weniger mit brutaler Kraft zu tun. Onimis wahre Kraft lag in seinen Fähigkeiten, den elektrischen Sturm auszudehnen, der durch seinen Körper ging, und − wie Vergere − seinen verbesserten Metabolismus zu aktivieren, um Moleküle und chemische Verbindungen zu formen und sie durch die gebogenen gelben Fingernägel oder seinen einzelnen Fangzahn, sein Blut, den Schweiß, den Speichel und den Atem abzugeben. Aber wo Vergere gelernt hatte, reinigende Mittel und heilende Tränen zu schaffen, war Onimi fähig, ein Gebräu von schnell wirkenden und tödlichen Toxinen von sich zu geben. Verglichen mit der Meisterschaft des ehemaligen Gestalters der Biowissenschaft der Yuuzhan Vong war Vergere nur eine Schülerin gewesen.
Er flog mit erhobenen Händen und aufgerissenem Mund auf Jacen zu, der eine Verteidigungsstellung einnahm. Ihre Hände ineinander verschränkt, bewegten sie sich von einer Seite der Brücke zur anderen, in einer Art verrückter Pirouette, und prallten an den Wänden und der glatten Instrumentierung ab. Jaina schickte ihrem Zwillingsbruder jede Unterstützung, die sie aufbringen konnte, aber er bat sie, ihre Kraft zu sparen.
Die veränderten Sekrete von Onimis Handflächen und seinen Fingernägeln schickten Halluzinogene durch Jacens Haut und kleine Blutgefäße. Onimis lähmender Reißzahn schlug mehrmals nach Jacens Schläfen und seinem Hals. Gift wehte aus seinem Atem und verteilte sich durch Tröpfchen seiner Spucke.
Aber den Jacen, den der Höchste Oberlord im Griff hatte, gab es nicht mehr. Wo einmal Jacen unfähig gewesen war, Onimi durch die Macht wahrzunehmen, war es nun Onimi, der Jacen nicht finden konnte. Was er stattdessen fand, war gestaltlos, biegsam und undefinierbar. Eine unendliche Leere, aber so hart wie ein Wind, der Bäume umwirft, um neuen Wuchs zu ermöglichen.
Jacen war ein Wesen aus Licht, und er zog alle von Onimis tödlichen Bestandteilen in sich hinein, neutralisierte sie und schleuderte sie als Schweiß, Tränen und Ausrufe wieder heraus.
Er verstand zuletzt, wieso er Anakins Lichtschwert nicht erwischen konnte, als Luke es ihm zuwarf: Er sollte es nicht auffangen, denn er selbst war zu dem Lichtschwert geworden.
Er hatte die Fähigkeit erreicht, jeden Widerstand in sich selbst aufzulösen und die Bindungen der Wahrnehmung zu durchschneiden; er öffnete den Zugang zu einer Realität, die ausgedehnter war als alles, was er sich je vorzustellen gewagt hatte: Er heilte. Wie sein Großvater hatte er die offensichtlichen Gegensätze durchbrochen, die die absolute Natur der Macht verbargen, und seinen Weg zu einer bisher unbekannten Einheit gefunden, die zwischen den scheinbaren Gegensätzen der Welt existierte. Plötzlich fielen all die kosmischen Mosaiksteine an Ort und Stelle, und die Helle und die Dunkle Seite wurden zu etwas, das in ihm sein Gleichgewicht fand. Das Bewusstsein, das Jacen Solo war, wurde über das ganze Spektrum der Lebensenergie verteilt. Er war über Wahl und Folgen hinausgegangen, über Gut und Böse, Licht und Dunkel, Leben und Tod.
Alles, was von Jacen verlangt wurde, war vollständige Hingabe − eine Technik, die der Jedi-Orden einmal beherrscht, aber irgendwann vergessen hatte. Der Weg stand nach wie vor allen offen, und Jacen verstand, dass es sich eigentlich um keine Entdeckung handelte, sondern um eine Wiederentdeckung. Zusätzlich waren auch die Yuuzhan Vong ihm ursprünglich gefolgt, als sie noch in Symbiose mit Yuuzhan’tar lebten. In dieser trüben prähistorischen Zeit waren sie gruppenbezogen gewesen und hatten in einer Welt gelebt, in der die Grenzen zwischen dem Selbst und den anderen durchlässig waren. Indem sie jene Verbindung kappten, hatten sie sich von der Macht getrennt. Sie hatten sich selbst vorgemacht zu glauben, dass sie das Leben anbeteten, doch tatsächlich hatten sie den Weg des Todes beschritten.
Jacen war über die Traditionen des Jedi-Ordens hinausgegangen zu einer allumfassenderen Wirklichkeit. Aber statt zu versuchen, die Autorität der Götter in Frage zu stellen oder selbst zu einem Gott zu werden, hatte er sich schließlich gestattet, sich mit der Macht und ihrer Gesamtheit zu vereinigen, und war zu einem Kanal für ihre rohe Kraft geworden, die ihn durchfloss wie die dröhnenden Wasser eines gewaltigen Flusses. Die Verschmelzung von Macht und Vong-Sinn erlaubte ihm, sich klein genug zu machen, um Onimi zu folgen, wo immer er sich versteckte, Onimis Attacken zu kontern und mit seinem lebenden Schiff zu einer molekularen Ebene zu verschmelzen.
Jacen beendete ihren Tanz, brachte sie zum Stehen inmitten der Brücke, wo er weiter Onimis Schläge parierte. Das heraushängende Auge des Höchsten Oberlords fixierte ihn mit einem gelben Starren.
Nach und nach begann Onimi zu verstehen. Er begriff, dass Jacen sich nicht verteidigte, sondern Onimis eigene Kräfte gegen ihn benutzte. Jacen kämpfte, ohne zu kämpfen, zog Onimi tiefer in den Kampf, indem er mehr von den Giften des Beschämten verlangte, bis zu dem Punkt, dass dieser nicht mehr standhalten konnte. Jacen war die Leere, die Dovin-Basal-Schwerkraftanomalie, in die Onimi gesaugt wurde. Jacen war zu der Leere geworden, die Onimi zu einer geringen Gefahr machte und ihn auf einen Punkt unendlicher Kleinheit reduzierte.
Onimis deformiertes Gesicht begann sich zu verändern. Seine Arterien pulsierten, und seine Venen schwollen unter der blassen Haut an.
Er kämpfte mit allem, was in ihm blieb, aber Jacen ließ sich nicht überwältigen. Als reiner Kanal der Macht konnte er keine falschen Schritte machen, keine falschen Bewegungen. Er stand nicht am Rand einer sich neigenden Ebene seiner Vision, sondern in deren Mitte, als ihr Drehpunkt. Das Gewicht, das drohte, das Gleichgewicht zu verändern, war Onimi, nicht Jacen, dessen Gewicht nicht mehr genügend Masse hatte, um bedeutsam zu sein.
Die Macht umgab Jacen wie ein Wirbelwind, bewegte sich tief in die Dunkelheit, die die Yuuzhan Vong der Galaxis gebracht hatten, transformierte und verteilte sie.
Onimi wurde jeden Augenblick substanzloser.
Jacen stand weiter fest und stellte die Welt richtig.
Er war so mächtig geworden, dass er eine Gefahr für seine Galaxis darstellte, denn er konnte deutlich die Versuchung der Dunklen Seite erkennen und das Bedürfnis, anderen seinen Willen aufzuzwingen − und sie so vollständig zu beherrschen, dass alles Leben sich vor ihm ducken würde.
Er läuterte seinen Geist von allem Stolz und weiser Absicht und betrat einen Augenblick der vollkommenen Seligkeit, in dem er alle Geheimnisse der Existenz kannte. Er wusste, dass er diesen Zustand nie wieder erreichen würde, und zugleich, dass er den Rest seines Lebens mit dem Versuch, dies doch zu schaffen, verbringen würde.
Weder Jaina noch Jacen hatten auf Leias Rufe reagiert, als Nom Anor die Suche nach ihnen angeführt hatte, aber der Grund für ihre Stille wurde klar, sobald sie die Brücke des schneller werdenden fremden Schiffes betrat.
Nom Anor und Han, den Blaster in der Hand, waren vor ihr hergerannt, aber von dem Spektakel, das sich ihnen bot, wie gelähmt gewesen − einem Anblick, von dem Leia wusste, dass sie ihn mit ins Grab nehmen würde.
Inmitten der Brücke stand Jacen als eine Säule blendenden Lichts, die Füße gespreizt, die Arme an den Seiten, das Kinn erhoben. Das blendende Licht schien von seiner Mitte nach oben zu gehen und ihn wie eine Aura zu umgeben. Sein Gesicht war beinahe erschreckend gelassen und vielleicht ein wenig traurig. Die Pupillen seiner Augen waren aufgehende Sonnen. Er schien um fünf Jahre zu altern − seine Züge wurden reifer, die Haut weicher, der Körper verlängerte sich, während Leia atemlos zusah.
Was an Jungenhaftigkeit in ihrem Sohn geblieben war, verschwand.
Auf der anderen Seite der Brücke war Shimrras Vertrauter Onimi an die Wand genagelt wie eine gefangene Schattenmotte, die ungleichen Augen nach oben verdreht und der sabbernde Mund erstaunt aufgerissen, erschrocken, verzweifelt …
Jaina baumelte schlaff zwischen ihrem Bruder und Onimi, als sei sie eine trauernde Skulptur, fragil, aber jeden Augenblick stärker werdend.
Und während sie stärker wurde, begann Onimi zu schwinden. Einen Augenblick schien es, als würden die chirurgischen Eingriffe, Verstümmelungen und Entstellungen rückgängig gemacht. Der Gesichtsausdruck des Beschämten nahm seine ursprüngliche Form, Gestalt und Haltung an − humanoid, wenn auch höher gewachsen und schlanker als ein Mensch, mit langen Gliedern und langen Händen. Aber sein Leben verließ ihn ebenso schnell. Er glitt aufs Deck, als hätten seine Knochen sich aufgelöst. Aus Mund, Augen und Ohren ergossen sich ätzende Flüssigkeiten und ließen von ihm nichts weiter übrig als eine Pfütze stinkender Kohlenwasserstoffe, die das Yorikkorallendeck aufnahm, als ob es sonst einen Fleck hinterlassen würde.
Sofort schüttelte sich das Schiff, als wäre es von Turbolaserfeuer getroffen oder als hätte es eine Art Schlaganfall erlebt. Farbe und Wärme rannen aus der lebenden Konsole. Die Kontrollhaufen und die Villips wurden blutleer. Flammkäfer fielen aus der Formation und starben am Boden vor ihrer Nische. Korallen brachen, und das bereits schwache grüne Licht ließ nach. Nachdem der Dovin Basal starb, sprang das Schiff vorwärts und beinahe resolut in das Herz der Schlacht.
Nachdem Leia endlich zu sich zurückfand, hatte Jacen Jaina bereits von den Hörnern gehoben, an denen sie gehangen hatte, und schloss sie in seine Arme.
»Du hast mich nicht helfen lassen«, sagte sie.
Jacen tröstete sie mit einem Lächeln. »Ich brauchte dich, damit du dir selbst hilfst.«
Nom Anor sah ehrfürchtig zu, wie Onimi im Deck der Brücke verschwand und sein Körper von den ätzenden Giften verschlungen wurde, die er gegen Jacen Solo anwenden wollte. Der Tod war zu dem Beschämten gekommen, der die Gestalterin Nen Yim nach Coruscant gebracht hatte, dem Beschämten, der Nom Anor einmal zu dem geheimen Gestalter-Grashal gefolgt war, dem Beschämten, der zu Füßen Shimrras gesessen hatte und dessen Reime ein konstantes Ärgernis für die Elite dargestellt hatten.
Der Beschämte, der allen vorgemacht hatte, dass Shimrra der Höchste Oberlord war.
Der Höchste Oberlord. Der nun tot war.
Nom Anor starrte immer noch die Verfärbung an, die einmal Onimi gewesen war. Selbst wenn er überlebte, um es anderen zu erzählen, würde irgendwer ihm glauben? Würden die Jedi es bestätigen?
Ein Schaudern des Schiffes ließ ihn in die Wirklichkeit seiner gefährlichen Lage zurückkehren. Sein intaktes Auge schoss von den Jedi-Zwillingen zu ihren Eltern. Es gab immer noch Zeit, sie zu überwältigen und dann Onimis Schiff zu dem, was von Nas Chokas mächtiger Armada übrig war, zu fliegen.
Aber vielleicht auch nicht.
Jacen Solo war gefährlicher, als man sich einen Feind vorstellen konnte. Und was schlimmer war, Onimis Schiff war zwar wieder aus der Stasis erwacht, würde aber vielleicht nicht auf Nom Anor reagieren. Wenn er sein Leben retten wollte, musste er einen narrensichereren Plan haben.
Die Lösung zeigte sich, als das Schiff erneut einen Sprung nach vorn machte und die Kontrollen wieder lebendig wurden.
»Onimi war an dieses Schiff gebunden«, sagte er schnell. »Mit seinem Tod hat es begonnen zu sterben, und wir werden mit ihm umkommen.«
Als Jacen bestätigend nickte, sagte Jaina: »Mara sucht nach uns.«
Han eilte zur Konsole und spähte durch die transparente Blase. »Dann muss auch der Falke irgendwo da draußen sein.« Er wandte sich Nom Anor zu. »Ich habe Yuuzhan Vong gesehen, die ihre Schiffe verließen und dabei diese Gnullith-Masken trugen …«
»Es gibt einen besseren Weg«, schnitt Nom Anor ihm das Wort ab. »Dieses Schiff enthält ein Yorik-Trema. Was Sie eine ›Kiste‹ nennen − ein Landeschiff.«
Schnell führte Nom Anor die Solo-Familie von der Brücke und durch einen verblüffenden Irrgarten von Fluren, deren pulsierende Wände bereits Zeichen unmittelbaren Zusammenbruchs zeigten. Die Fläche seiner rechten Hand öffnete eine Schleuse nach der anderen und gestattete ihnen, einen Weg durch das Schiff nach backbord zu finden, zu einer kleinen Grotte, in der Schleusen in einem Halbkreis angeordnet waren.
Nom Anor öffnete, was wie die Äußerste der Schleusen aussah, und brachte alle nach drinnen. »Ruhen Sie sich aus, während ich das Schiff starte.«
Han schlang den Arm um die Taille seiner Tochter und eilte auf die Schleuse zu. Aber Jacen hielt ihn auf.
»Die hier führt nicht zu dem Yorik-Trema.« Er wandte sich leicht um und zeigte auf die innerste Schleuse. »Die hier ist es.«
Jaina sah sich um. »Jacen hat recht.« Sie nickte auf die Schleuse zu, die Nom Anor geöffnet hatte. »Die hier führt zu einem Entsorgungsbereich.«
Jacen sah Nom Anor an. »Sobald Sie uns eingeschlossen hätten, wären Sie mit dem Landefahrzeug in Sicherheit geflogen.« Enttäuschung zerrte an seinen Zügen. »Und dennoch verdanken wir Ihnen und Ihrem Versuch zur Täuschung das Leben, denn ich bezweifle, dass ich diese Grotte gefunden hätte.«
Nom Anor warf einen Blick von der ersten Schleuse zur zweiten, dann zwang er sich zu einem erleichterten Seufzer. »Danke, dass Sie mich auf meinen Fehler aufmerksam gemacht haben, Jacen Solo. Nachdem ich die Beschämten bei ihrer Rebellion angeführt habe und Zeuge von Onimis Tod wurde, war ich kurzfristig verwirrt …«
Han zog seinen Blaster. »Sparen Sie sich das.«
Nom Anor nahm ergeben die Hände hoch. »Es war ein unschuldiger Fehler! Wir haben keine Zeit für Streitereien!« Er wagte einen Schritt auf Han zu. »Wir müssen in das Landeschiff gehen, bevor dieses Schiff …«
Nom Anor sprang vorwärts.
»Sein Auge!«, schrie Jaina.
Gift spritzte aus dem Plaeryin Bol. In einer blitzschnellen Bewegung schob sich Jacen zwischen Nom Anor und seinen Vater und bekam die tödliche Dosis ins Gesicht.
Noch besser, als ich gehofft hatte!, dachte Nom Anor. Nachdem Jacen aus dem Weg war, konnte er die anderen leicht kampfunfähig machen. Mit der rechten Hand griff er nach dem kleinen Finger der linken Hand. Gleichzeitig bereitete er sich darauf vor, sofort loszurennen. Es würde einen Augenblick brauchen, bis das Gift seinen vollen Effekt erreichte, und dieser Moment bot ihm alle Zeit, die er brauchte, um das Fluchtschiff zu erreichen.
In dem Augenblick, in dem sich seine Hände trafen, hörte er das Zünden eines Lichtschwertes.
Und in dem unendlichen Moment, der folgte, beobachtete er, wie Leias Klinge seine linke Hand am Gelenk abschnitt, und sah sich selbst schockiert und in schrecklichem Schmerz auf die Knie fallen. Aber noch schlimmer, er sah Jacen, der an seine Seite kam, geschwächt von dem Gift des Plaeryin Bol, aber sehr lebendig.
»Das musste nicht sein«, sagte der junge Jedi.
Nom Anor umklammerte den Stumpf seines Unterarms mit der rechten Hand. »Ach ja, Jeedai?«, sagte er höhnisch. »Selbst wenn Ihre Worte mich vor der Hinrichtung oder lebenslanger Gefangenschaft bewahrten, was bliebe mir noch? So, wie mein Atheismus mich für die Gesellschaft der Yuuzhan Vong unfähig macht, macht meine Verachtung für die Macht mich unfähig, unter einer Spezies zu leben, die sie anerkennt. Ich bin ein Fremder für alle Welten. Selbst Yu’shaa, der Anführer der Beschämten, war nur eine Rolle für mich − eine weitere Maske.« Er lachte bedauernd auf. »Ooglith-Masken können nicht alles verdecken, Jeedai.«
Auf der anderen Seite der Grotte drückte Jaina die Hand gegen den Schleusensensor, aber ohne offensichtliche Wirkung.
»Es reagiert nur auf einen Yuuzhan Vong«, sagte Nom Anor. Er spürte Jacens Blick auf sich.
»Dann werden wir Ihre abgeschnittene Hand benutzen«, sagte der junge Jedi.
Nom Anor stieß den Atem aus und kam auf die Beine. Er durchquerte die Grotte, drückte die Fläche der rechten Hand auf das Schott und öffnete die Schleuse. »Geht hinein«, sagte er. »Das Landefahrzeug wird das Schiff nicht lange überleben.«
Han und Leia halfen ihrer Tochter in das Yorik-Trema, dann erschien Han wieder, den Blaster in der Hand, um seinen Sohn an Bord zu drängen. Er stand einen langen Augenblick an der Schleuse und kam zu einer Entscheidung. Nom Anor sah, wie Hans Kiefer sich vor Wut anspannte, dann wurde er wieder ruhiger. Am Ende senkte er den Blaster und wies Nom Anor an, das Schiff zu betreten.
Stattdessen machte Nom Anor einen Schritt rückwärts und schüttelte den Kopf. »Ich bin mir zumindest über einen Punkt klar. Ich will nicht unter der neuen Ordnung leben. Ich werde hier mit Onimi sterben, denn wir waren von Anfang an zwei von einer Sorte.«
Damit schob er Han zurück durch die Schleuse, drückte die rechte Hand auf das Schott und startete das Schiff.
Nas Choka ging vor der transparenten Blase der Yammkas Reittier hin und her, den unruhigen Blick auf Shimrras Schiff gerichtet, als dieses Yuuzhan’tar verließ.
»Die Ralroost ist in unser Licht getaucht«, berichtete der Taktiker.
»Shimrra kommt näher«, sagte der Höchste Kommandant unter seiner Kontrollhaube, »obwohl er immer noch nicht mit uns spricht.«
Nas Choka wechselte einen Blick mit dem Taktiker, bevor er sagte: »Lassen Sie ihm Zeit.«
Er hatte sich gerade wieder der Transparenz zugewandt, um den Kurs des Schiffes zu verfolgen, als es begann, im Flug zu stottern und zu trudeln.
»Der Dovin Basal versagt!«, rief der Höchste Kommandant. »Das Schiff löst sich auf!«
Nas Choka wollte den Blick abwenden, aber er konnte es nicht. Atmosphäre und andere Gase quollen aus Rissen in der Hülle des Schiffes. Flüssigkeiten leckten aus den Dovin-Basal-Blasen und ließen gefrorene Fahnen hinter sich zurück. Wichtige Bestandteile verschlossen sich und flogen wirbelnd in den Raum davon. Die Risse wurden breiter und tiefer, verbanden sich und schufen ein Netzwerk, aus dem Brocken von Yorikkorallen fielen. Dann explodierte Shimrras Bunker, ergab sich wie ein sterbender Planet und löste eine Schockwelle aus.
Schreckliches Schweigen herrschte in der Kommandokammer der Yammkas Reittier. Einen langen Augenblick konnte Nas Choka nur ungläubig ins All starren. Nie in der langen Geschichte waren die Yuuzhan Vong ohne Höchsten Oberlord gewesen − ohne ihre heilige Verbindung. Trotz des Erfolgs bei Zonama Sekot war die Armada nichts ohne Shimrra. Mit Shimrras Tod waren sie vom Göttlichen abgeschnitten, ihnen waren alle Mittel genommen, sich an Yun-Yuuzhan oder Yun-Yammka um Anleitung und Unterstützung zu wenden.
Was die Yuuzhan Vong und ihr Universum erhellt hatte, war erloschen. Die Götter hatten die Yuuzhan Vong wahrlich verlassen und sich mit den Ungläubigen zusammengetan. Die Yuuzhan Vong waren zu Beschämten geworden − abgewiesen, übergangen, eine hoffnungslose, gottlose Spezies.
Besiegt!
Nas Choka konnte die erwartungsvollen Blicke seiner Kommandanten und Subaltern-Offiziere spüren. Er nahm die Frage auf, die in jedem Blick stand − die Frage, die jeder Yuuzhan Vong stellte: Gibt es noch ein Ziel in dem Kampf bis zum Tod, ohne Hoffnung auf Rettung in einem Leben danach?
Nas Choka nahm seinen Stolz zusammen und bewegte sich zu dem Villip-Chor. »Alle Höchsten Kommandanten«, sagte er der Herrin der Villips, und als die Villips das Aussehen seiner wichtigsten Offiziere angenommen hatten, sagte er: »Der Krieg ist zu Ende. Wir sind von den Göttern und von ihren Verbündeten besiegt worden. Obwohl sie uns verlassen haben, werden wir die Niederlage mit Ehre entgegennehmen, denn das würden die Götter erwarten. Aber alle von Ihnen, die dem Höchsten Oberlord folgen und als Krieger sterben möchten, dürfen das tun, genau wie jene, die einen rituellen Tod vorziehen. Die anderen werden sich mir in einer Annahme der Scham der Niederlage anschließen und feststellen, welche Ehre wir in Gefangenschaft und ehrloser Hinrichtung finden.
Rrush’hok ichnar vinim’hok!«
Noch während der Cheftaktiker, der Höchste Kommandant und der Priester des Schiffs sich mit Coufees selbst töteten, kehrte Nas Choka zu der transparenten Blase zurück. Auf dem gesamten Schlachtfeld über Yuuzhan’tar − über Coruscant − stürzten sich Korallenskipper, Begleitschiffe und Kreuzer-Analoge mit Kollisionskurs auf die Allianz-Schiffe.
Die Errant Venture hing über Zonama Sekot wie eine frisch geschmiedete Speerspitze, und ihre brennenden Turbolaser gaben den modifizierten Shuttles, Yachten und Blockadebrechern Deckung, die aus der vorderen Startbucht kamen. Nun hatten sich die Korallenskipper, die bisher den Sternzerstörer gejagt hatten, neu formiert.
Die Lady Luck war als Erste aus der Bucht gekommen, dicht gefolgt von der Wild Karrde. Im Cockpit der SoroSuub-Yacht gingen Lando und Tendra ihren unterschiedlichen Pflichten nach, als Talon sich mit ihnen in Verbindung setzte.
»Zwei Skips an Steuerbord«, warnte er.
»Hab sie«, sagte Lando ins Mikro. Er nickte Tendra zu, die Deflektorschilde der Yacht zu heben.
»Wenn du mir die Ehre gestattest …«
»Es ist nicht notwendig, sich an Regeln zu halten, Talon.«
Lando schob den Steuerknüppel nach vorn und ließ die Lady Luck in die Schwerkraft von Zonama Sekot fallen. Das Schiff begann zu vibrieren, und die Atmosphäre verdichtete sich. Tendra rief den Steuerbordausblick auf die Konsolenbildschirme, um zu sehen, wie Laserfeuer von den Dreifachgeschützen des corellianischen Transporters ausging. Getroffen von den Strahlen, brach der erste Korallenskipper, der am weitesten von der Lady Luck entfernt war, auseinander. Das zweite Skip drehte hart bei, aber die folgenden Schüsse der Wild Karrde trafen es, und es löste sich ebenfalls auf.
»Wir sind dir was schuldig«, sagte Lando.
»Genauer gesagt zwei«, erwiderte Talon. »Aber wer zählt schon mit?«
Tendra reduzierte den Abstiegswinkel der Yacht und legte einen Kurs nach Mittelferne fest. Indem sie sich von Osten näherten, konnten sie dem Hagel von Plasmageschossen ausweichen. Der angepasste Kurs brachte die Lady Luck, die Wild Karrde und einige der anderen Rettungsschiffe direkt unterhalb der Jadeschatten. Maras Schiff blieb zwar im festen Orbit, hatte aber schweren Schaden genommen. Unter ihnen stiegen junge Berge aus durchsichtigen weißen Wolken auf, ihre Flanken und Ausläufer von Boras bedeckt. Im Westen wurde der Wald unterbrochen von weitem Grasland. Dahinter lag die Hauptschlucht, aus der Wolken von dichtem Rauch aufstiegen.
Der Alarm sagte Lando und Tendra, dass die Lady Luck die Aufmerksamkeit einiger Korallenskipper erregt hatte, die die Schlucht und das umgebende Waldland beschossen. Vier Skips kletterten bereits aus dem Rauch, um die Yacht im Kampf willkommen zu heißen.
»Talon, wir brauchen dich hier vielleicht«, setzte Lando an zu sagen, als zwei Korallenskipper aufgerissen und aus dem Himmel geschleudert wurden. Das verfolgende Paar setzte Schwerkraftanomalien ein, wurde aber von Protonentorpedos zerrissen.
Einen Augenblick später schossen zwei rote X-Flügler an der Lady Luck vorbei und zogen nach Süden, bevor sie wendeten, um dem gleichen Kurs wie die Schmuggler zu folgen. Lando öffnete einen Kanal zu den Sternjägern.
»Dank von der Lady Luck, dass Sie den Himmel freigeräumt haben.«
»Rot Zwei zu Diensten«, sagte eine vertraute Stimme. »Wedge!«, sagte Lando mit einem breiten Grinsen. »Wie viel Schmierfett hat es gebraucht, um dich wieder in einen Sternjäger zu kriegen?«
»Weniger als halb so viel wie zu Anfang des Kriegs.«
»Ja, ich nehme an, wir sind alle wieder in Form.« Tendra streckte die linke Hand aus und tätschelte Landos leichten Bauch. »Er meint, die meisten von uns«, sagte sie in sein Mikro.
Lando zog eine Braue hoch, dann sagte er: »Wo ist dieses vergiftete Schiff, Wedge?«
»Sag deinen Scannern, sie sollen nach Nordnordwesten schauen.«
Tendra richtete die Instrumente aus, und sie erhielten einen Blick aus der Nähe. Verteidigt von einem Ring aus acht Korallenskippern war das mit sechs Kanonen bestückte Schiff der Schlächter langsam zum Südrand der Schlucht unterwegs. Viele X-Flügler der Rot-Staffel verfolgten es und beharkten den Feind mit Lasern und Torpedos. Aber statt mit Plasmageschossen zu antworten, beschränkten sich die Skips darauf, Schwerkraftanomalien zu erzeugen, um das vergiftete Schiff zu schützen.
Alle Leichtigkeit hatte Wedges Stimme verlassen, als er sagte: »Jetzt kann sie nichts mehr aufhalten.«
Der Alarm auf der Lady Luck begann wieder zu ertönen. Lando sah zu dem Freund-oder-Feind-Identifikator, dann warf er einen Blick auf den Himmel. »Wedge, unsere Scanner zeigen feindliche Einheiten, aber sie registrieren sie nicht als Skips.«
»Das liegt daran, dass es keine sind«, sagte Wedge tonlos. »Was immer sie sein mögen, sie steigen aus den Wäldern auf − Hunderte von ihnen!«
Lando beugte sich auf die vordere Sichtluke zu. Ein Schwarm insektoider Schiffe mit grünen Flügeln und roten Panzern flog den Schiffen der Schmugglerallianz entgegen. Als sie näher kamen, bildeten sich Schwerkraftanomalien zu beiden Seiten der Lady Luck. Die Yacht kippte wild nach backbord und begann, auf die Oberfläche zuzusegeln. Lando nahm die Hände vom Steuerknüppel und wandte sich voller Verwirrung seiner Frau zu.
»Das bin nicht ich!« Er rief Wedge. »Wir sind in einer Art Traktorstrahl gefangen. Er zieht uns nach unten!«
»Ich wünschte, ich könnte helfen«, sagte Wedge einen Augenblick später. »Aber sie haben mich ebenfalls erwischt!«
Corran war der Erste, der die Schiffe − oder die Geschöpfe − entdeckte, die aus der Schlucht aufstiegen. Er, Kyp, Lowbacca, Cilghal und der Rest der Jedi-Piloten versammelten sich jetzt auf der Landeplattform und beobachteten die rot-grünen Schiffe, die wie Jungfernfliegen durch den Himmel schossen, ihre Greifklauen und Dovin-Basal-ähnliche Anomalien benutzten, um die Rote Staffel und die Schiffe der Schmugglerallianz nach unten zu bringen.
Ein paar Kilometer östlich von den Jedi kamen die Lady Luck, die Wild Karrde und zwei X-Flügler herunter.
»Wir wissen nicht, was sie sind, Lando«, sagte Corran in sein Kom. »Wir haben sie nie zuvor gesehen.«
»Eine weitere von Sekots Überraschungen«, fügte Talon dem Gespräch hinzu.
»Die guten Nachrichten lauten«, unterbrach Kyp, der den südlichen Himmel beobachtete, »dass Sekot auch die Skips jagt.«
Der Himmel im Süden war ein Durcheinander aus Insektenschiffen. Aber anders als die Schiffe der Allianz gingen die Korallenskipper nicht zu Boden, und viele der rasch hin und her schießenden Schiffe wurden von Plasmageschossen ausgelöscht. Ein plötzliches Knurren von Lowbacca ließ alle herumfahren; Danni Quee und Magistra Jabitha näherten sich der Landeplattform, gefolgt von einer Gruppe von vielleicht hundert Ferroanern, die aus den Zufluchten gekommen war.
Kyp ging den beiden Frauen auf halbem Weg entgegen. »Du hast mit Sekot gesprochen?«, fragte er Danni.
Ihr »Ja« kam atemlos vor Ehrfurcht, aber dann schwieg sie wieder.
Corran sah Jabitha an. »Wer fliegt die Insektenschiffe?«
»Sekot«, sagte die Magistra.
Corran schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich dachte, die Idee bestünde darin, den Kampf von der Oberfläche fernzuhalten.«
»Nur, bis Sekot bereit war, die Greiferschiffe loszulassen«, erklärte Danni schließlich. »Sekots Versprechen an Jacen lautete, dass der Planet nur kämpfen würde, ohne zu kämpfen.« Sie sah an den Blicken, die sie trafen, dass sie einer Flut von Fragen die Tore geöffnet hatte. »Sekot hat nur Interesse daran, die Yuuzhan Vong zu Hause willkommen zu heißen.«
»Zu Hause?«, fragten Corran und Kyp gleichzeitig.
Es gab keine Zeit für weitere Erklärungen. Dutzende von Korallenskippern wurden von Greiferschiffen in die Boras herabgeholt − alle bis auf das Giftschiff, das sechs unbemannte Insektenschiffe wieder nach oben zogen.
Die Jedi, Danni, Jabitha und einige von den Ferroanern gingen in den Wald, um vor Ort zu sein, wenn die Korallenskipper landeten. Zwei Kilometer weiter schlossen sich der Gruppe auch Lando, Tendra, Talon, Shada, Wedge und mehrere Piloten der Rot-Staffel und der Schmugglerallianz an.
Kyp und Corran an der Spitze der Gruppe zündeten ihre Lichtschwerter, sobald die Korallenskipper und Greiferschiffe zwischen den massiven Stämmen der ballonblättrigen Boras niedergingen. Die ersten Korallenskipper ließen sich in dem Schatten wie Skulpturen in einem Garten nieder. Dovin Basale in den stumpfen Nasen der Schiffe schickten schlanke blauadrige Fresser in den weichen Boden. Zur Antwort hoben sich Ranken und Kräuter zur Berührung der rauen Hüllen der Skips. Einige wanden sich unter die Ränder der Mica-Kuppeln und öffneten sie.
Die Yuuzhan Vong legten ihre Kontrollhauben ab und sprangen aus den Cockpit-Öffnungen, wobei sie mit kurzen Amphistäben fuchtelten. Die Jedi wollten sie abfangen, aber dann blieben sie stehen, als die Amphistäbe aus den Händen der feindlichen Piloten fielen und in das umliegende Waldland davonglitten. Atemmasken und an den Schultern getragene taktische Villips sanken von den Piloten wie reife Samenkapseln. Zwei Dutzend Knallkäfer brachen aus dem Waffengurt eines Piloten und flogen in die Baumwipfel.
Die Yuuzhan Vong starrten die Jedi wie verwirrte Kinder an. Nicht gewohnt an eine Niederlage, taten sie, was sie bei ihren Gefangenen gesehen hatten, und fielen auf die Knie, die Köpfe in Schande gesenkt und die Fäuste an die jeweils gegenüberliegenden Schultern gepresst.
Kyp war der Erste, der sein Lichtschwert deaktivierte, die anderen folgten seinem Beispiel.
Cilghal atmete erfreut aus und legte den Arm um Dannis Taille. »Diese Krieger sind die ersten Konvertierten. Dieser Ort wird ein heiliger Ort sein.«
Erschüttert von der Szene legte Kyp den Arm um Corrans Schulter und murmelte: »Eine Welt wurde vor der Zerstörung bewahrt.«
Das Yorik-Trema beschleunigte nicht mehr durch den Raum, es starb und taumelte nur noch. Welche Flora auch immer für eine atembare Atmosphäre verantwortlich war, sie wurde schwächer, und die Innenwände hatten ihre Leuchtflechten bereits verloren.
»Es will nicht auf mich reagieren«, sagte Jaina an den Kontrollen. Die transparente Kuppel der Hülle wurde von einer dichten Schicht überzogen, aber Han und Leia konnten immer noch die Form des Millennium Falken in der Nähe erkennen, eskortiert von zwei beschädigten X-Flüglern.
»Komm schon, Mara«, sagte Han durch zusammengebissene Zahne. »Nutze den Traktorstrahl.«
»Das wird nicht helfen«, sagte Jaina und nahm die jämmerliche Kontrollhaube vom Kopf. »Unsere einzige Chance besteht darin, an Bord des Falken zu gelangen.« Ihre Augen huschten über die unregelmäßig pulsierende Steuerkonsole. »Es ist gerade noch genug Leben in diesem Schiff, um einen Schlauch auszustrecken.«
»O nein«, sagte Han. »Nicht noch einmal.« Jaina drückte einen der organiformen Kontrollarme, der aus der Konsole wuchs. Begleitet von nassen, quietschenden Geräuschen senkte sich das Mittelteil des engen Dachs des Schiffes ab, und eine osmotische Membran begann sich zu bilden. Han warf einen verzweifelnden Blick darauf und stellte sich vor, wie der darmähnliche Verbindungsschlauch durch den Raum schlenkerte und versuchte, ein Vakuumsiegel am Andockring oder an der Heckluke des Falken zu erreichen.
Abrupt fing der Frachter das Yorik-Trema ein und hielt es von weiterem Trudeln ab. Die Deckmembran öffnete sich, und ein Übelkeit erregender Duft durchdrang den Kabinenraum.
Han legte die rechte Hand über den Mund. »Wie wissen wir, dass der Verbindungsschlauch entsprechend an der Luke versiegelt ist?«
»Es ist nicht besonders dicht, Dad«, sagte Jaina, »aber wir werden es überleben.«
Jacen spähte in die enge, pulsierende Röhre. »Sieht aus, als müssten wir kriechen.«
Hans Miene wurde endgültig schwermütig. »Ah. Das ist einfach zu viel − sogar für mich.«
Leia warf ihm einen Blick zu. »Ich gehe als Erste, wenn du dich dann besser fühlst.«
»Das Einzige, was es für mich besser machen wird, ist ein Schutzanzug.«
Leia strich ihm über das bärtige Gesicht. »Sei mutig, mein Schatz.«
Sie kniete sich aufs Deck und wand sich durch die Membran, dann begann sie mit den Ellbogen voran durch die Röhre zu kriechen. Han holte tief Luft und folgte ihr, und seine Hände verschwanden in dem Schleim, der den Boden bedeckte. Zwei Minuten später verschwand Leia außer Sicht, und Hans Hände berührten die vertraute Sicherheit der Luftschleuse des Falken.
Einer nach dem anderen, überzogen von Schleim und stinkend, quetschten sich die vier in den Backbord-Andockarm des Frachters, wo Kenth, Harrar, C-3PO und R2-D2 warteten.
»Oje«, sagte der Protokolldroide. »Ich werde sofort die sonische Dusche aktivieren.«
R2-D2 rollte hin und her, pfiff und dudelte.
Kaum hatte Kenth die Luke geschlossen, als auch schon Mara durch die vordere Kabine stürzte und über die Schulter Tahiri und den Noghri zurief, dass alle sicher an Bord waren.
»Wo ist Onkel Luke?«, fragte Jacen.
Mara packte ihn am Arm und zog ihn in die Heckkabine, wo Luke auf einer der kleinen Schlafplattformen lag. Han, Leia und Jaina drängten sich hinterher.
Jacen kniete sich ans Bett und zupfte vorsichtig die Verbände zurecht, die Kenth auf die tiefe Wunde in der linken Seite von Lukes Brust gelegt hatte. Lukes Gesicht und Hände waren weiß, seine Lippen und die Fingerspitzen ein wenig blau. Seine Augen waren geschlossen, und sein Atem ging flach.
»Shimrras Amphistab«, sagte Mara nervös.
Jacen sah sie an und nickte. »Ich sah, wie er erwischt wurde.«
Mara drückte die Hände auf die Augen und begann zu weinen. Jacen nahm ihre tränenfeuchten Hände in seine und brachte sie an Lukes Brust. Er hielt sie dort lange fest und nahm die Hände nur einen Augenblick weg, um seine eigenen Tränen hinzuzufügen.
Lukes Brust hob sich, als er scharf Luft holte, und seine Augenlider gingen auf. Mara, die nun offen schluchzte, legte den Kopf an seine Brust, und langsam hob sich Lukes Hand, um ihr rotgoldenes Haar zu streicheln.
»Ich werde überleben, meine Liebste«, sagte er schwach.
Leia kniete sich nieder, um die Arme um ihren Sohn und Mara zu schlingen und mit ihnen zu weinen. Han schluckte gegen den Kloß in seinem Hals an, legte den Arm um Jainas Schultern, und dann umarmten die beiden Han und Leia.
C-3PO und R2-D2 erschienen rechtzeitig in der Luke, um die Skywalkers und Solos als weinendes Knäuel vorzufinden. Der Astromech gab ein flötendes Geräusch von sich, das gleichzeitig erfreut und irgendwie verloren klang.
»Ich weiß, R2«, sagte C-3PO leise. »Es gibt wenige Gelegenheiten, um die ich die Menschen beneide, aber das ist sicherlich eine von ihnen.«