Tipps für den Ernstfall: Die ersten Schritte nach der Kündigung

Es gibt Schrecklicheres, als gekündigt zu werden. Einerseits. Andererseits ist gekündigt zu werden schon schrecklich genug. Denn es geht dabei um mehr als den Verlust eines Arbeitsplatzes. Gekündigte überwältigt ein Strudel an Emotionen, darunter die Angst um die finanzielle Existenz und die Enttäuschung über den Rausschmiss, der häufig am Selbstwertgefühl kratzt. Zu den größten Herausforderungen bei einer Kündigung gehört es, sich dennoch nicht aus der Bahn werfen zu lassen und einen klaren Kopf zu behalten.

1. Rechtlichen Rat einholen

Das beginnt schon im Kündigungsgespräch. Hier ist die wichtigste Regel: Ruhe bewahren und nichts Unbedachtes tun (und äußern). Oder, um es mit den Worten des jungen Anwalts meines Berufsverbands zu formulieren: »Unterschreiben Sie nichts.«

Eine Kündigung ist ein arbeitsrechtlicher Vorgang und alles, was damit verbunden ist – wie eine mögliche Abfindung oder Freistellung oder eine Kündigungsschutzklage –, wirft Fragen auf, die ein juristischer Laie nicht beantworten kann. Wer zum Beispiel eine Aufhebungsvereinbarung unterschreibt, riskiert eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Es ist unbedingt nötig, rechtlichen Rat einzuholen. Das gilt selbst dann, wenn die Situation klar zu sein scheint, es sei denn, Sie sind selbst Fachanwalt für Arbeitsrecht. Auch wer »nur« Angst hat, seinen Job zu verlieren, profitiert von einer Beratung – es lohnt sich, um für den Fall der Fälle gut informiert zu sein.

Kompetente Ansprechpartner sind Betriebsräte, Gewerkschaften, Berufsverbände und gemeinnützige Beratungsstellen. Eine bundesweite Adresssuche von Beratungsstellen, bei denen man kostenlos Unterstützung erhält, gibt es auf der Webseite www.erwerbslos.de/address.html, die von der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen betrieben wird. Unter der Nummer 030 / 86876700 kann man sogar telefonisch nachfragen. Hilfreich ist auch die Publikation »Erste Hilfe bei (bevorstehender) Arbeitslosigkeit« der Koordinierungsstelle, die für ein paar Euro bestellt werden kann (siehe Literaturempfehlungen).

2. Sich arbeitslos melden

Genauso wichtig wie der Gang zum Anwalt ist es, die Bundesagentur für Arbeit so bald wie möglich aufzusuchen. Wer sich hier nicht rechtzeitig meldet, muss damit rechnen, dass das Arbeitslosengeld erst später gezahlt wird. Alles, worauf Sie achten müssen, steht im »Merkblatt für Arbeitslose«, das auf der Webseite der Bundesagentur für Arbeit als PDF-Datei heruntergeladen werden kann (siehe Links).

»Sie sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor der Beendigung Ihres Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden«, heißt es hier gleich auf der ersten Seite und weiter »Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeits- und Ausbildungsverhältnisses weniger als drei Monate, müssen Sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes melden.« Tun Sie das nicht, so kann die Arbeitsagentur eine Sperrzeit von einer Woche verhängen, das heißt, dass das Arbeitslosengeld so lange nicht gezahlt wird. Das gilt nicht nur im Falle einer Kündigung, sondern auch bei einem befristeten Arbeitsverhältnis.

Für diese erste Meldung reicht es, wenn Sie bei der Arbeitsagentur anrufen und einen Termin vereinbaren. Die Hotline-Nummer ist 01801 / 555111 (von acht bis 18 Uhr zu erreichen).

3. Vorsicht bei den Formularen

Mit dem Anruf ist es nicht getan. In den nächsten Wochen werden Sie mehrmals bei der örtlichen Arbeitsagentur vorbeikommen müssen, zum Beispiel, um sich dort persönlich zu melden und um den Antrag auf Arbeitslosengeld abzugeben. Nehmen Sie sich Zeit, die Antragsformulare sorgfältig auszufüllen, und lassen Sie sich auch hier im Zweifelsfall beraten.

Sobald der Sachbearbeiter Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld geprüft hat, erhalten Sie im günstigsten Fall einen »Bewilligungsbescheid« per Post. Darin wird mitgeteilt, wie lange und in welcher Höhe die staatliche Unterstützung gezahlt wird. Ich empfehle aus eigener Erfahrung, auch mit dem Bescheid einen Anwalt oder eine Beratungsstelle aufzusuchen. Bei Fehlern ist innerhalb von vier Wochen Widerspruch möglich.

4. Sich ums Zeugnis kümmern

Wichtig für Ihre Jobsuche ist ein Arbeitszeugnis, das Erfahrungen und Leistungen in der letzten Position nachweist. Normalerweise ist das Zeugnis Thema beim Kündigungsgespräch. Falls nicht: Fragen Sie nach. Je früher Sie es für Ihre Bewerbungen zur Verfügung haben, desto besser.

Nehmen Sie sich dennoch unbedingt die Zeit, das Zeugnis prüfen zu lassen. Arbeitnehmer haben Anspruch auf ein wohlwollendes Zeugnis, der Arbeitgeber darf seinem scheidenden Mitarbeiter keine Steine in den Weg legen. Für Laien ist es schwierig zu beurteilen, wie gut oder schlecht ein Zeugnis ist. Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, auch hier fachlichen Rat einzuholen. Sie können sich zum Beispiel an eine Gewerkschaft wenden oder eine professionelle Zeugnisberatung in Anspruch nehmen, die das Zeugnis gegen Geld beurteilt.

Die Gewerkschaft ver.di bietet beispielsweise Zeugnisberatung: – www. verdi-arbeitszeugnisberatung.de –, ein professioneller Anbieter ist zum Beispiel die Firma Personalmanagement Service GmbH, zu erreichen unter www.arbeitszeugnis.de.

5. Regeln der Arbeitsagentur kennen

Während des Bezugs von Arbeitslosengeld müssen Sie sich an einige Regeln halten. Diese stehen alle im bereits erwähnten »Merkblatt für Arbeitslose«, das als Anhang ein ausführliches Stichwortverzeichnis hat.

Zum Beispiel können Sie nicht einfach wegfahren, weil jetzt endlich einmal Zeit dazu ist. »Sie müssen für Ihre Agentur für Arbeit immer erreichbar sein. Erreichbar im Sinne der gesetzlichen Vorschriften bedeutet, dass Sie an jedem Werktag von Briefsendungen der Agentur für Arbeit in Ihrer Wohnung Kenntnis nehmen können«, heißt es im Merkblatt. Genau genommen müssen Sie sogar dann, wenn Sie an einem Werktag ganztags nicht da sind, der Arbeitsagentur Bescheid geben. Wer einfach wegfährt, ohne sich zuvor die Zustimmung der Arbeitsagentur zu holen, riskiert, dass ihm als Strafe eine Sperrzeit verpasst wird.

Eine weitere Regel, die jeder Gekündigte für eine Selbstverständlichkeit hält (was die Arbeitsagentur nicht davon abhält, im Merkheft und im Antrag auf Arbeitslosengeld darauf hinzuweisen): Kunden der Arbeitsagentur sind »verpflichtet, eigenverantwortlich nach einer Beschäftigung zu suchen« und »eine zumutbare Beschäftigung aufzunehmen«. (Was darunter zu verstehen ist, lesen Sie im Glossar unter dem Stichpunkt Zumutbarkeit.)

6. Sich ums Geld kümmern

Das Arbeitslosengeld bedeutet einen herben Einkommensverlust. Es beträgt nur 60 Prozent, bei Arbeitslosen mit Familie 67 Prozent des früheren Nettoverdienstes.

Was viele nicht wissen, ist: Bezieher von Arbeitslosengeld dürfen etwas dazuverdienen, solange der zeitliche Aufwand dafür nicht mehr als 15 Stunden wöchentlich beträgt. Unabhängig von der Höhe des Arbeitslosengelds gibt es einen monatlichen Freibetrag von 165 Euro, was darüber hinaus verdient wird, wird auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Zu diesem Thema gibt die Bundesagentur für Arbeit ein eigenes Faltblatt heraus: »Wissenswertes zum Thema Nebeneinkommen«, das als PDF-Datei von der Webseite www.arbeitsagentur.de heruntergeladen werden kann. (Gehen Sie auf den Menüpunkt »Bürgerinnen & Bürger«, dann auf »Arbeitslosigkeit«, »Arbeitslosengeld« und »Nebenverdienst«.)

Außerdem gibt es die Möglichkeit, zusätzlich zum Arbeitslosengeld weitere staatliche Hilfen zu beantragen: den Kinderzuschlag, Wohngeld und Arbeitslosengeld II. Am besten, Sie informieren sich bei einer der Beratungsstellen, die Sie über die Adressliste auf der Webseite www.erwerbslos.de finden (siehe auch Punkt 1).

Die Bundesagentur für Arbeit gibt zwei Broschüren über sämtliche finanzielle Hilfen heraus. Eine richtet sich nur an Arbeitslosengeld-I-Empfänger, die andere informiert auch über Arbeitslosengeld II. Sie nennen sich »Was? Wie viel? Wer? Finanzielle Hilfen auf einen Blick« und sind auf der Webseite unter dem Menüpunkt »Bürgerinnen & Bürger«, »Finanzielle Hilfen« zu erreichen.

Auch für Bewerbungskosten kann es finanzielle Unterstützung geben. Der richtige Ansprechpartner dafür ist Ihr zuständiger Arbeitsvermittler.

Bei mir hat es Sinn gemacht, unsere Haushaltskosten auf den Prüfstand zu stellen. Durch Tarifwechsel und die Kündigung oder das Ruhenlassen von Versicherungsverträgen konnte ich einen deutlichen Spareffekt erreichen. Anregungen und Tipps dazu gibt es zum Beispiel von den Verbraucherzentralen. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen veröffentlicht unter anderem den Ratgeber »Das Haushaltsbuch«, der 5,90 Euro kostet (siehe Literaturempfehlungen).

7. Bewerbungen vorbereiten

Für die Jobsuche gibt es auf der Webseite www.arbeitsagentur.de mehrere kostenfreie Ratgeber-Broschüren für verschiedene Zielgruppen. Gehen Sie auf »Bürgerinnen & Bürger«, dann auf »Arbeit und Beruf«, dann auf »Arbeits-/Jobsuche«. Unter der Adresse www.berufe.tv/BA gibt es sogar Bewerbungstrainings in Form von Filmen.

Wenn Sie sich für ein Bewerbungsseminar interessieren, sprechen Sie Ihren Arbeitsvermittler darauf an. Er kann eine entsprechende Weiterbildung genehmigen.

Worauf es bei den Bewerbungsunterlagen zu achten gilt, erfahren Sie in den oben genannten Ratgebern. Vielleicht helfen Ihnen dennoch einige persönliche Erfahrungen aus meiner Bewerbungszeit: Bei mir hat es sich ausgezahlt, eine Standardbewerbung anzufertigen. Dafür habe ich nicht nur ein teures Foto machen lassen, auch beim Layout habe ich mir von einem Profi, einer Grafikerin, helfen lassen.

Für jede neue Stelle, auf die ich mich beworben habe, habe ich zwar darauf zurückgegriffen, sie dann aber individuell angepasst. Das heißt: Das Anschreiben neu formulieren, sodass es exakt auf die Positionsbeschreibung der Stellenanzeige passte, dasselbe gilt für den Lebenslauf, auch die anderen Unterlagen wie Arbeitsproben habe ich neu zusammengestellt. Das war jedes Mal viel Mühe, die sich aber gelohnt hat: Ich wurde bei vielen Bewerbungen auch zum Vorstellen eingeladen.

Für mich war das Wichtigste beim Auswahlgespräch die Vorbereitung. Es mag Menschen geben, die so einen Termin spontan bravourös meistern, aber ich war schon allein dadurch weniger nervös, dass ich wusste, alles für ein gutes Gelingen getan zu haben. Ich habe Tage vorher begonnen, mich über das Unternehmen und die Branche zu informieren. So konnte ich mitreden, wenn das Gespräch auf aktuelle Entwicklungen kam und wenn meine Einschätzung zu bestimmten fachlichen Fragen gewünscht war. Ich habe sogar die Organisationsstruktur und Mitarbeiter, die ich im Bewerbungsgespräch hätte treffen können, über die Unternehmenswebseite im Internet recherchiert. Das hat mir bei der Vorstellungsrunde geholfen. Es fiel mir dadurch leichter, mir die Namen der Gesprächspartner zu merken.

Wenn Sie dieses Buch bis zum Ende gelesen haben, wissen Sie, dass ich dennoch keine Jobzusage bekam. Natürlich habe ich mich jedes Mal gefragt, woran es wohl gelegen hat. Teilweise habe ich darüber auch mit den Entscheidern gesprochen. Die Gründe, die mir genannt wurden, waren stets fachlicher Art. Der andere Bewerber hatte Erfahrungen vorzuweisen, die ich selbst nicht hatte. Aber war das wirklich der Grund? Vielleicht hatte ich mich auch nicht gut genug verkauft oder der andere Kandidat war sympathischer oder schien besser zu passen? Das wird nie zu erfahren sein. Im Grunde will ich Ihnen damit nur eines sagen: Absagen zu erhalten, ist normal. Als Bewerber muss man wohl oder übel lernen, das wegzustecken.

8. Netzwerke nutzen

Arbeitslosengruppen sowie gemeinnützige Initiativen (siehe die Adress-Empfehlungen unter Punkt 1), bieten meist nicht nur rechtliche Beratung, sondern auch die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. So ein Netzwerk kann viel bringen. Zum einen hilft es, das eigene Gekündigtenschicksal zu relativieren: Es ist eben nicht so, dass man der oder die Einzige ohne Job ist (selbst wenn es im Freundeskreis so sein mag). Zum anderen kann der Austausch von Erfahrungen und Tipps zu neuen Impulsen und Ideen führen.

9. Alternativen überlegen: Beispiel Selbstständigkeit

Nach einer Kündigung ist es sehr wichtig, alle Optionen in Betracht zu ziehen und sich zu fragen: Was will ich machen? Wo will ich hin? So kann in der Kündigung tatsächlich die Chance liegen, beruflich weiterzukommen – wenn vielleicht auch auf andere Art als bislang gedacht.

Die Alternative der Selbstständigkeit zum Beispiel wird von der Bundesagentur für Arbeit gefördert. Wie eine Studie des Deutschen Wirtschaftsinstituts Köln und des Instituts zur Zukunft der Arbeit zeigt, ist der Großteil dieser geförderten Existenzgründungen erfolgreich. Die Wissenschaftler befragten Gründer fünf Jahre nach dem Start in die Selbstständigkeit: Zwei Drittel waren immer noch selbstständig, 20 Prozent hatten inzwischen eine sozialversicherungspflichtige Stelle angenommen, zehn Prozent hatten sich erneut arbeitslos gemeldet.

Wer sein eigener Chef werden will, kann bei der Arbeitsagentur einen Gründungszuschuss beantragen. Die Arbeitsagentur informiert über die Voraussetzungen, zu denen auch der Nachweis der fachlichen Kenntnisse und ein Tragfähigkeitskonzept gehören, in Broschüren, die auf der Webseite www.arbeitsagentur zum Download angeboten werden. Gehen Sie auf den Link »Bürgerinnen & Bürger«, dann auf »Arbeitslosigkeit« und »Existenzgründung«. Siehe auch Literaturempfehlungen.

10. Beim neuen Job aufpassen

Wenn Sie es geschafft haben und eine Zusage für einen neuen Job erhalten, nehmen Sie sich Zeit, den Arbeitsvertrag durchzulesen. Am besten, Sie suchen eine fachkundige Stelle auf, um sich beraten zu lassen. Wie meine Geschichte zeigt, kommt es im Ernstfall auf die Details an. Wenn ich etwas aus den vergangenen Monaten gelernt habe, dann: in beruflichen Dingen nicht mehr so leicht zu vertrauen. In Zukunft werde ich lieber einmal zu viel um Rat fragen als zu wenig.

11. Das Internet richtig nutzen

Das Internet kann eine große Hilfe bei der Jobsuche sein, aber auch eine Falle. Denn Personalabteilungen sind längst dazu übergegangen, Informationen über Bewerber im Netz zu suchen. Nach einer Studie im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums ziehen 28 Prozent der Unternehmen das Internet bei der Vorauswahl von Bewerbern zurate. Bei größeren Firmen ist es sogar fast jede zweite. Vor allem Hobbys und soziales Engagement interessieren die Personalentscheider. Wer bei der Internetrecherche negativ auffällt, wird gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch eingeladen.

Zur Jobsuche gehört daher inzwischen, nicht nur das Internet nach Stellenangeboten zu durchforsten, sondern auch Online-Reputation-Management zu betreiben. Das bedeutet: die Informationen über sich im Internet zu kontrollieren. Am besten ist es, wenn Sie hin und wieder Ihren Namen in eine Suchmaschine eingeben. Sobald Sie Einträge finden, die negativ auf Sie zurückfallen können, nehmen Sie Kontakt mit der jeweiligen Webseite auf und bitten darum, diese zu löschen. Das Einfachste ist natürlich vorzubeugen. Es ist verständlicherweise denkbar ungünstig, sich unter vollem Namen online über den Chef zu mokieren, feuchtfröhliche Partybilder ins Netz zu stellen oder Beiträge in Foren für Hypochonder oder andere auffällige Zeitgenossen zu posten. Achten Sie auch bei sozialen Netzwerken darauf, welche Informationen über sich Sie aller Welt zur Verfügung stellen.