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Über der Hecke stiegen kleine Rauchwölkchen auf. Hanschke saß an einem der hinteren Tische. Die Kellnerin erkannte mich und kurz darauf stand vor jedem ein frisches, kaltes Bier. Ich überließ, wie schon so häufig, Mader die Zusammenfassung. Als sie fertig war, erzählte ich noch von dem ungewöhnlichen Geruch in meiner Wohnung, dann studierte ich das Auf und Ab der Falten auf Hanschkes Stirn.
„Morgen wollen Sie also ins Erzgebirge?“
„Wenn Sie mir den Durchsuchungsbefehl besorgen?“
„Kein Problem, können Sie auf dem zuständigen Revier abholen.“
Für Prosa hatte der Mann nicht viel übrig.
„Die Dame nimmt sich einen Mietwagen! Allein.“ Der Ton ließ keinen Widerspruch zu.
Mader sah mich fragend an: „Warum?“
Ich wusste keine Antwort und wollte auch nicht glauben, was langsam als unbestimmte Ahnung durch meine Gehirnwindungen kroch. Vermutete Hanschke dasselbe, wusste er vielleicht mehr, als er zugab? Doch für Fragen war er gerade nicht erreichbar. Hanschke schien weit, weit weg zu sein, bis er unüberhörbar vor sich hinmurmelte: „Irish Moos, ja?“
Ich brummte nur zustimmend. Mit einem Ruck richtete er sich auf, nahm die Brille ab und blinzelte Mader an: „Sie wollen wissen, warum er ihren Wagen nimmt? Na, weil er keinen eigenen hat und wenn er irgendwohin muss, dann fahren Sie ihn für gewöhnlich. Und deshalb nimmt er auch morgen ihr Auto. Das werden sie heute Abend ausführlich in Gallerts Wohnung besprechen.“
Er grinste mich an und beugte sich zu Mader: „Er lädt sie bestimmt gern zu einem Glas Wein ein. Aber keine Namen. Ja, meine Liebe, dann fahren Sie morgen mal schön hinter ihrem Chef her. Und immer auf den Abstand achten.“
Dann verstummte er für einen kurzen Moment, kratzte sich ausführlich die haarlose Stelle am Hinterkopf, inspizierte anschließend die Fingernägel und fuhr dann fort: „Und denken sie heute Abend ruhig laut darüber nach, ob der Rest des Tagebuchs ihnen weiterhelfen wird.“
Ich hielt ihm mein Handy hin. Die Antwort war ein unentschlossenes Kopfschütteln: „Kann sein, wäre aber heikel. Aber, um sicherzugehen, wäre ein neues Prepaid aus dem Discounter nicht übel. Nur für den Ernstfall.“
Zwanzig Minuten später machten wir uns auf den Weg, stoppten noch bei einem Elektronikmarkt und saßen kurz vor neun auf meinem Balkon.
Hanschkes Reaktion war so eindeutig ausgefallen, dass es nicht lohnte, darüber zu diskutieren, auch wenn Mader hin und wieder grimassierend mit den Augen rollte. So richtig glaubten wir beide nicht an das Szenario, das sich hinter seinen Anweisungen verbarg.
Martens Telefon war bereits abgestellt und so hinterließ ich eine knappe Nachricht auf der „Voicemail Box Martens“. Dann begann der Showteil, untermalt von Lyonel Ritchie. Eine Jugendsünde, von der es inzwischen hieß, man sollte sie nicht einmal Koma-Patienten zumuten. Auf der Straße wurde es ruhiger. Mader blätterte immer wieder genussvoll leise vor sich hin stöhnend im Autoatlas und tüftelte die Route aus.