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Sam war wieder daheim auf der Insel.

Beide Elternteile unter einem Dach, kurz vor dem Durchdrehen.

Draußen waren Mond und Sterne erneut hinter den Wolken eines sich zusammenbrauenden frühsommerlichen Unwetters verschwunden, doch inzwischen waren fast alle Anwohner ihrer kleinen Straße wach und auf den Beinen. Entsetzte, schockierte und hilfsbereite Leute schauten in ihren Hinterhöfen und Garagen nach und erlaubten der Polizei, ihre Häuser und Grundstücke zu durchsuchen.

Sam ging mit Grace auf die Terrasse hinaus und versuchte, sie nicht merken zu lassen, dass er das dunkle Wasser hinter ihrem Garten absuchte.

»Glaubst du, das hätte ich nicht schon fünfzig Mal getan?«, sagte sie gereizt.

Sie hielten sich kurz in den Armen und lösten sich dann wieder voneinander.

»Wenn ihm irgendetwas passiert ...«

»Pssst.« Sam legte zwei Finger auf ihre Lippen.

Grace starrte ihm in die Augen und wartete, bis er die Hand herunternahm.

»Wenn Joshua etwas passiert«, fuhr sie fort, »Schlimmeres als das hier, nehme ich es dir nicht übel, wenn du mich umbringst.«

»Du bist eingeschlafen«, sagte Sam. »Du hast geglaubt, mit Joshua sei alles in Ordnung, und bist eingeschlafen.«

»Wie konnte ich das nur tun?«, fragte Grace verwirrt.

»Du bist aufgewacht und hast nach ihm gesehen. Das ist nicht anders als wie mit dem Streifenwagen. Sie sind auch ständig hier vorbeigefahren, und trotzdem ist dieser Mistkerl ins Haus gekommen.« Er schüttelte den Kopf. »Sollen wir auch die beiden Officer umbringen?«

»Die beiden Officer sind nicht seine Mutter.«

»Aber ich bin sein Vater«, sagte Sam. »Ich habe die verdammte Hundeklappe eingebaut.« Er dachte wieder an den ersten Sohn, den er verloren hatte, Sampson. Er dachte ständig an ihn, seit er Grace’ ersten Schrei gehört hatte, doch er biss die Zähne zusammen und schob das Bild rasch beiseite. »Ich bin sein Vater«, sagte er, »und ich war nicht da.«

»Wegen meiner Familie«, sagte Grace.

Sam nahm ihre Hände, drückte sie und spürte, wie kalt sie waren. »Sollen wir uns weiter selbst bestrafen, oder sollen wir helfen, unseren Sohn wieder nach Hause zu holen?«

»Du hast schon einmal einen Sohn verloren.« Grace schien einfach nicht aufhören zu können.

»Genau deshalb werde ich den zweiten nicht verlieren«, sagte Sam.

»Du hast mir mit Joshua vertraut.«

Sams Griff war fester denn je, seine Augen dunkler, entschlossener.

»Und das werde ich auch in Zukunft tun«, sagte er.