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12. Juni
Der Donnerstag war zehn Minuten alt, als Cal in der Kabine der Baby das Klingeln seines Handys hörte.
Auch ohne aufs Display zu schauen, wusste er, dass es Jewel war, denn außer ihr rief niemand ihn an.
Allein die Vorstellung, ihre Stimme zu hören, ließ ihn schaudern.
Andererseits sehnte er sich danach, mit ihr zu sprechen.
»Hallo, Mutter.«
»Was hast du gemacht, Jerome?«, fragte Roxanne Lucca.
Cal spürte, wie ihm das Blut zu Eis gefror, denn sie war wirklich eine Hexe. Wie sonst hätte sie das wissen können? Und dann überkam ihn das überwältigende Verlangen zu beichten, das Verlangen nach ihrer Hilfe, denn nun erkannte er, dass es zu viel für ihn war, was er getan hatte. Er wusste nicht, was er als Nächstes tun sollte. Bis jetzt hatte er vielleicht geglaubt, es sei ihm egal, ob er erwischt wurde oder nicht, aber das stimmte nicht, ganz und gar nicht. Denn was er getan hatte, war unvorstellbar schrecklich, und nun hatte er mehr Angst vor dem, was sie im Todestrakt mit ihm anstellen würden, als vor Jewel und ihrer Art der Bestrafung.
»Wie kann man nur so dämlich sein und die Familie eines Cops erpressen?«, fuhr sie fort.
Was Cal erkennen ließ, dass sie noch nicht einmal die Hälfte wusste.
»Ich brauche dich, Mom«, sagte er und zitterte am ganzen Körper. Dabei war er keineswegs sicher, dass er sie wirklich brauchte. Sie war Gift, die Wurzel allen Übels. Aber jetzt hatte er es gesagt und konnte es nicht mehr zurücknehmen.
»Sag mir, wo du bist«, forderte sie ihn auf. »Dann komme ich zu dir.«
Sag es ihr nicht.
»Ich bin in Miami«, sagte er.
»Ich auch«, erwiderte Roxanne. »Und jetzt sag mir wo.«
Sie befand sich noch immer an diesem verdammten Flughafen und stand in der heißen, feuchten Nachtluft Schlange für ein Taxi.
Um ihren dämlichen Sohn zu sprechen.
Und das auf der Flucht.
Scheiße!