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»Ich glaube wirklich, ihr solltet jetzt nach Hause gehen«, sagte Grace um kurz nach sieben, nachdem sie das Baby gebadet und nach einem weiteren Anruf aus Chicago ins Bett gebracht hatte. »Sam ist schon auf dem Weg nach O’Hare. Gegen Mitternacht wird er dann hier sein.«
»Wir bleiben, bis er wieder da ist«, erklärte David.
»Nein, das werdet ihr nicht«, widersprach Grace, denn sie wusste, dass David sich nicht gut fühlte, und Saul musste bis morgen einen Stuhl fertig getischlert haben. Außerdem war Grace unendlich erleichtert, dass Sam und Claudia zwar erschöpft, aber unverletzt waren. »Ihr habt ja die Streifenwagen gesehen. Ich bin in Sicherheit, und um ehrlich zu sein, bin ich auch hundemüde.«
»Deshalb sage ich ja, wir sollten uns etwas zu essen bestellen«, sagte Saul.
»Also gut«, gab Grace nach. »Aber dann geht ihr nach Hause.« Sie legte die Hand auf Davids von Falten zerfurchte Stirn. »Du bist zu warm.«
»Es ist Juni in Miami«, entgegnete David. »Da ist mir immer zu warm.«
»Hier drin ist es kühl«, sagte Grace. »Saul, sprich du mit deinem Vater.«
»Das nützt nichts«, erwiderte Saul. »Das weißt du doch.«
»Was wollt ihr essen?«, fragte David.
»Such du aus.« Grace holte ihre Speisekartensammlung hinter dem Toaster hervor.
»Ich bin nicht besonders hungrig«, sagte David und wechselte das Thema: »Fliegt Claudia jetzt nach Hause?«
»Sobald Frank versorgt ist, nehme ich an.«
»Kommt er denn allein zurecht?«, fragte Saul.
»Ich weiß nicht«, antwortete Grace.
Erneut wartete sie darauf, dass sich irgendetwas in ihr rührte, ein Schuldgefühl vielleicht, das ihr sagte, sie müsse nach Chicago fliegen und sich um ihren alten, kranken Vater kümmern.
Doch da war immer noch nichts.