
KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG
„Ich will“, sagte Dirick laut und deutlich, während er Maris direkt in die Augen sah.
Der Bischof fügte ihre Hände zusammen und sprach die rituellen Worte, „ich erkläre Euch hiermit zu Mann und Frau. Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.“
Diricks Hände schlossen sich fest um Maris’ kleinere, etwas zerkratzte und sie konnte nicht anders als lächelnd zu ihm hochblicken.
„Glückwunsch, Ludingdon“, sagte der König mit lauter Stimme fröhlich von seinem Platz etwas abseits, an der Seite der Kapelle.
„Meinen Dank, Eure Majestät.“ Dirick ließ die Hand von Maris nicht los, als sie hinübergingen, um sich vor ihrem König zu verneigen.
Obwohl sie erst spät nach Westminster zurückgekehrt waren und die beiden anderen Vermählungen bereits vollzogen waren, hatte Dirick sich geweigert noch länger zu warten, bis seine Vermählung mit Maris endlich vonstatten ging, ungeachtet der Tatsache, dass er jetzt eine Entschuldigung dafür gehabt hätte. Seine Mutter würde höchstwahrscheinlich sehr erbost sein, dass er nicht auf die Familie gewartet hatte – und damit Thomas ihr Priester hätte sein können –, aber sie würde sich darüber freuen, dass es nun zumindest vollbracht war.
Als man ihm von den Ereignissen des Tages berichtet hatte, hatte Heinrich sich bereit erklärt der Trauung beizuwohnen und hatte den Bischof aus seinen Gebeten aufgescheucht, auf dass dieser noch eine Trauung vollzog. Daher beschränkte sich die Gruppe der Gäste, die der Vermählung des Barons von Ludingdon und der Lady von Langumont beiwohnten, auf Heinrich, Eleonore, ein paar Soldaten und Ritter von Langumont, Madelyne und Gavin de Mal Verne sowie Gavins Cousine Judith. Maris’ Mutter Allegra hatte man nicht rechtzeitig für die Zeremonie finden können.
Maris presste sich dicht an ihren frischgebackenen Ehemann, nachdem sie vor dem königlichen Paar ihren Knicks gemacht hatte, und genoss seine Wärme und Stärke. Obschon sie die Zeit gefunden hatte, noch ein Bad zu nehmen und sich für die Zeremonie umzukleiden, während Dirick sich um alles Nötige kümmerte, war es ihr noch nicht ganz gelungen, den Schrecken von dem grausigen Anblick dort im Wald ganz abzuschütteln ... und dann noch zu wissen, dass man Michael nicht gefunden hatte. Darin, so begriff sie jetzt, lag der Grund, warum Dirick auf ihrer sofortigen Vermählung bestand.
Sie absolvierte wie in einem Taumel von Glückseligkeit das wenig außergewöhnliche Mahl im Anschluss, von kaltem Fasan, Käse und Brot in der großen Halle und sie trank reichlich von dem Wein, mehr als gewöhnlich. Er machte, dass ihr warm und kribbelig wurde, ganz besonders, wenn sie daran dachte, mit Dirick das eheliche Lager zu teilen. Sie hatte zwar erwartet, dass eine Vermählung zwischen zwei so einflussreichen Adelsfamilien eine große Feier sein würde, mit üppiger Tafel, Tanz und Zerstreuung, aber Maris war nicht ganz unglücklich darüber, wie es dann letztendlich gekommen war.
Während sie noch einen Schluck von dem schweren Bordeaux aus Aquitanien nahm, dachte sie darüber nach, dass es vielleicht ganz gut war, dass sie nicht an einer ausgelassenen Feier teilnehmen musste, inmitten einer riesigen Menge von Gästen und Anteilnehmenden, bis es Zeit war sich zurückzuziehen, sonst würde sie das Warten sicher in den Wahnsinn treiben.
Ihr Herz machte jedes Mal einen kleinen Hüpfer, wenn Dirick sie heimlich mit graublauen Augen anschaute, aus denen man seine Ungeduld auf das Ende des Abends ablesen konnte. Er bot ihr ein kleines Stück Käse an und streichelte sanft die Mitte ihrer Unterlippe, als sie den Mund öffnete, um es anzunehmen. Die Lider seiner Augen senkten sich und er blickte sie von darunter an. Das Aufflammen seiner Begierde war deutlich zu sehen.
„Lasst uns jetzt nach oben gehen“, sprach er zu ihr.
„Ja“, hauchte sie, fiebrige Hitze rauschte ihr durch den Körper.
Sie erhoben sich und die Unterhaltungen ihrer Tischgenossen verstummten abrupt. „Wohin treibt es Euch denn, Lord Dirick?“, grinste der König.
„Ich bin sicher, Ihr seid klug genug, um zu wissen, wohin mein Weg mich führt, Eure Majestät“, knurrte Dirick.
„In der Tat, nun denn, fort mit Euch.“ Heinrich winkte sie weg.
Maris schaute Dirick überrascht an, als sie rückwärts vom König und den anderen Gratulanten wegschritten. Es sollte keine Beschreitung des Ehebettes geben?
„Kommt“, zischte Dirick und nahm ihre Hand, an der er sie rasch aus der Halle zerrte, „bevor es ihnen in den Sinn kommt, uns zu folgen!“
Sie stolperte hinterher, so rasch ihre langen Röcke es ihr gestatteten, dankbar dafür, dass sie sich nicht vor einem Haufen kichernder Frauen und gaffender Männer auskleiden musste, bevor man sie mit ihrem Gemahl in ein Bett drängte.
Sie erreichten das Gemach, das man für sie vorbereitet hatte, ohne Zwischenfall und ohne Begleiter.
Dirick führte Maris hinein und schloss die Tür mit entschlossener Geste hinter sich. Agnes hatte sich darum gekümmert, dass ein kleines Feuer dort vor sich hin glühte, um die Kühle der Nacht aus dem kalten Zimmer zu vertreiben, und jetzt döste sie da auf dem Boden neben ihrem Ehebett.
Maris schüttelte Agnes leicht und entließ sie. „Heute Nacht braucht Ihr Euch nicht um mich zu kümmern“, sagte sie zu Agnes, während sie zusah, wie Dirick sich setzte, um sich die Stiefel auszuziehen. „Mein Gemahl wird mir helfen.“ Sie empfand diese Worte – mein Gemahl – als aufregend und auch als höchst willkommen, wie sie ihr über die Lippen kamen.
Sie verriegelte die schwere Tür hinter Agnes und drehte sich dann langsam um, um ihren Gemahl anzuschauen. Er hatte sich den Waffenrock und die Tunika ausgezogen und war von den Hüften aufwärts nackt: eine goldene Statue aus Muskeln und funkelnden Augen und unbändigem dunklen Haar im Widerschein des Feuers.
Er saß auf einem Schemel neben dem Feuer und beobachtete sie, wie er es in jener Nacht getan hatte, als sie sich um seine Wunde gekümmert hatte.
Maris erschauerte vor Vorfreude. Diese Nacht würde ganz anders enden.
„Maris, Liebste, kommt her zu mir.“ Seine Stimme war leise und zutraulich und seine Augen wichen nicht von ihr.
Nervös, aufgeregt und erregt, was kommen würde, ging sie rasch zu ihm und ließ sich von ihm auf seinen Schoß ziehen. Er zog ihr den durchsichtigen Schleier vom Kopf und vergrub seine Finger in der dichten Länge ihres Haars, kämmte sachte durch die Zöpfe und dröselte die Verflechtungen dieser Masse von Wellen und Locken auf. „Euer Haar ist so wunderschön“, sagte er ihr, als er das Ende einer langen Locke zart küsste.
Er streichelte sie am Kinn entlang, seine Berührung hinterließ winzige Erregungen der Lust, dann legten sich seine Lippen fest auf ihren Mund, mit einem feuchten, sinnlichen Kuss, der ihr den Atem raubte. Seine langen, gebräunten Finger lösten den goldenen Gürtel, der ihr um die Hüften lag, und zogen ihr sachte die schwere Tunika über den Kopf, um sie dann einfach auf den Boden zu werfen. Und als er sich zu ihr beugte, um sie noch einmal zu küssen, war es ein langer, ausgiebiger und ganz sachter Kuss, wie um sie zu erinnern, dass sie die ganze Nacht Zeit hatten, um einander zu schmecken.
Er legte seine Hände auf ihre Brüste, die immer noch von der hauchdünnen Untertunika bedeckt waren, und streichelte mit seinen Daumen ihre Brustwarzen. Sie wurden hart, wurden zu zwei winzigen Erektionen und dann schob er den Stoff darüber hinweg. Als das weiche Material über diese zwei erregten Punkte glitt, verspürte Maris einen köstlichen Stachel der Lust bis in ihr Innerstes stoßen.
In ihrer Magengrube wuchs eine Art von Schwere heran und sie fühlte sich, als ob sie an ihrem privaten Ort voll würde, wie ein Anschwellen. Feuchte Hitze raste ihr dorthin und blieb dort, und Maris wurde gewahr, dass sie allmählich eine Art von gierigem, hungrigem Gefühl in ihrer Magengrube verspürte.
Diricks Muskeln spannten sich an und zitterten, als sie mit ihren Handflächen über die breiten Muskeln an seiner Brust strich, und dann herab an seinen Rippen und seinem Bauch. Sachte, sachte ließ sie ihre rauen Fingernägel hinten über seine Schultern wandern, dann hinab und wieder nach vorne über die Muskeln an seinem Bauch. Gänsehaut folgte ihren Fingerspuren und er erschauerte, sein Atem wurde rau und kam stoßweise.
Plötzlich stand Dirick auf und bugsierte sie zu dem großen Bett, wo man die Vorhänge zurückgezogen hatte. Zweige von Rosmarin und Veilchen lagen auf ihren Kopfkissen und er wischte sie mit dem Arm beiseite, bevor er Maris dort auf das weiche Bett gleiten ließ. Sie schaute ohne Furcht zu, wie er seine Beinkleider über die schmalen Hüften abstreifte, runter über gut gebaute und kraftvolle Beine. Ein Seufzen blieb ihr im Hals hinten stecken, als er sich dann neben sie legte und sie an die starke, warme Länge seines Körpers zog.
Ihre Brust hob und senkte sich und er legte die Hand auf die Rundung einer ihrer Brüste und ließ beide dort gemeinsam aufsteigen und niedersinken.
„Maris“, sagte er und schaute ihr dabei in die Augen. „Wisst Ihr, was jetzt geschehen wird?“ Die Zärtlichkeit in seinen grauen Augen berührte sie unendlich tief und sie streckte sich nach oben, um ihm spielerisch einen schmatzenden Kuss auf die Lippen zu drücken.
„Das weiß ich, Dirick, es ist kein Geheimnis, was ein Mann und eine Frau tun, wenn sie sich vereinigen. Und ... ich habe keine Angst“, sprach sie zu ihm. „Ich habe keine Angst vor Euch. Ich möchte Euch bei mir haben.“ Ihre Finger drängten sich in das dichte Haar, das ihm in die Stirn fiel, dann wanderten ihre Hände tiefer, glitten an seiner Brust herab und kühn zu dem harten Etwas zwischen seinen Beinen. Als sie an der heißen, berstenden Haut entlang strich, erstarrte er und hielt mit einem abgehackten, fast schmerzhaften Stöhnen die Luft an. Maris konnte sich ein selbstzufriedenes Lächeln da nicht verkneifen und verzückt angesichts seiner offenkundigen Erregung, schloss sie ihre Finger um die harte Erektion, mit ihrer Haut wie Samt. Diesmal war das Stöhnen, das sich seiner Kehle entrang, Ausdruck von Trieb und höchster Lust zugleich.
Sie begann die warme Länge zu erkunden, war sich gar nicht sicher, ob sie hier das Richtige tat ... aber daran auf und ab zu gleiten, schien ihr eine gute Idee zu sein.
„Ihr seid kühn. Mylady“, sagte Dirick und schenkte ihr ein kurzes, angespanntes Grinsen. Er rückte von ihr ab, entzog sich ihrem gierigen Griff mit einer raschen, sehr gewandten Bewegung. „Und ich sehe mich hier ungerechterweise klar im Nachteil – denn ich bin Euch ausgeliefert und Ihr seid immer noch hinter einer Art Rüstung aus Tuch versteckt. Lasst mich Euch von Eurem Schutz hier befreien.“
Mit einer schnellen Bewegung riss er an dem zarten Stoff, zerriss ihn der Länge nach an ihrem Körper, so dass ihre Kurven, wie aus Elfenbein, sich jetzt ungeschützt seinem Blick darboten. Maris keuchte überrascht und auch etwas verärgert auf. „Dirick“, warf sie ihm lachend vor, „Ihr habt soeben das teuerste Stück Tuch zerrissen, das ich je gekauft habe.“
„Das ist mir gleichgültig“, murmelte er, während er seine Hände mit ihren Brüsten füllte. „Ich werde Euch ein anderes als Ersatz kaufen. Oder zwei, wenn es sein muss.“
Dann glitt seine Hand über ihren Bauch, hinab zu jener warmen, feuchten Stelle, an der sich all ihre Sinne versammelt zu haben schienen. Sie pochte und wurde nass bei seiner Berührung, wie er den kleinen angeschwollenen Knopf mit den Fingern liebkoste, ihn neckte und sanft massierte. Maris spürte, dass ein ihr völlig unbekanntes, unerklärliches Gefühl, das in ihr drinnen anstieg und anschwoll, zu etwas Heißem und Drängendem erblühte, und die Welt um sie herum versank restlos, bis auf das Gefühl von seinen Fingern, die sie dort streichelten und in ihre Nässe hineinglitten.
„Liebste, ich will Euch nicht wehtun, aber ich kann es nicht verhindern ... und ich muss Euch haben ... jetzt.“
„Ja“, flüsterte sie, war sich kaum bewusst, was sie da sagte. Mit einer geschmeidigen Bewegung, legte Dirick sich zwischen ihre Beine, stützte sich mit einem Ellbogen ab, während er sich mit der anderen Hand zu ihrer Öffnung hin führte. Und dann, auf einmal, spürte sie, wie er sie füllte, voll, oh ... voll ... und dann überrumpelte sie ein stechender Schmerz und sie keuchte leise auf.
„Liebste“, flüsterte er, während er über ihr ganz still hielt, sie so restlos ausfüllte. „Vergebt mir.“ Sein Atem war alles, was man in dem Zimmer hören konnte, und sie fühlte, wie er wartete. Unsicher und verzweifelt.
Der Schmerz war abgeklungen und auf einmal war Maris sich bewusst – so überaus bewusst –, wie er sie füllte, wie sie auf etwas wartete, wie die Lust wieder einsetzte. Sie machte eine winzige Bewegung, ein kleines Zucken, und Diricks Atem entlud sich ungestüm und er begann sich in ihr zu bewegen.
Jedes unangenehme Gefühl, das da noch vielleicht hätte sein können, schmolz dahin, als er sich bewegte, hineinglitt und wieder heraus, in einem sanften, langsamen Rhythmus, der machte, dass sie sich durchbog und nach ihm streckte, sich hochschob und sich anspannte, bis etwas in ihr explodierte. Eine wahrer Schauer von Zittern und Flattern erfüllte sie da, floss ihr aus der Mitte bis in die äußersten Spitzen ihres Körpers, zu einem scharfen, hitzigen Knall.
Maris hatte vielleicht aufgekeucht, vielleicht hatte sie ihre Nägel in die Haut ihres Ehemannes gepresst, aber sie war sich nicht sicher, denn er bewegte sich jetzt schneller, schneller und noch drängender. Unter ihren Fingern spannten sich seine Muskeln immer mehr an, seine Haut an ihrer war hitzig und feucht.
Sie wusste, wie in einem Nebel der Lust, dass er seine Lust gesättigt hatte, als er seinen Kopf nach hinten warf und mit einem tiefen Stöhnen noch einmal tief in sie hineinstieß. In diesem Augenblick der Verwundbarkeit und Ekstase glich er – über ihr erstarrt – dem Abbild eines wunderschönen Gottes.
Dann lächelte er und öffnete die Augen, um auf sie herabzuschauen. „Geliebte“, murmelte er und rollte sich auf eine Seite, wobei er ihren feuchten Körper an sich zog. „Wie gesegnet ich doch bin, fürwahr.“
Und dann fielen ihm die Augen zu und er kam neben ihr zur Ruhe.
~*~
Als Dirick in jener Nacht viel später erwachte ... oder vielleicht war es auch schon bald Morgen ... war das Erste, was er sah, die wilde Masse von dichtem, nach Zitrone duftendem Haar, die seiner Frau gehörte.
In ihm stieg Freude auf und er strich ihr eine breite Locke aus dem Gesicht, um die zarte Haut und die rosigen Lippen von Maris darunter freizulegen. Seiner Frau.
Sie rührte sich und rollte sich im Schlaf zu ihm. Ihre Augenlider flatterten und riesengroße Augen öffneten sich dann, als wäre sie überrascht ihn zu sehen. Dann schlossen sie sich wieder und ein Lächeln zog ihr die Mundwinkel nach oben, bevor sie sie erneut öffnete, jetzt ganz wach.
„Einen guten Morgen, Dirick“, sagte sie zu ihm und streckte die Hand aus, um sein Gesicht zu berühren.
„Auch Euch einen guten Morgen, Geliebte.“ Seine Stimme war heiser vor Lust und Schlaf. „Wie fühlt Ihr Euch?“
„Wundervoll“, sagte sie ihm und streckte sich wie eine Katze. „Und Ihr allein seid Schuld daran.“
Er grinste auf sie hinunter. „Das ist ein Anschuldigung, die ich gerne auf mir sitzen lasse, Mylady.“ Er blinzelte in den Sonnenschein, der durch einen dünnen Wandteppich ins Zimmer gelangte und sagte, „es ist Morgen. Man wird sicherlich gleich kommen, um zu prüfen, ob Blut auf den Laken ist.“
„In der Tat.“ Maris zog eifrig die Laken von ihren nackten Körpern weg, um das weiße Tuch darunter mit den dunkelroten Flecken von Blut darauf freizulegen.
Dirick erhob sich aus dem Bett, um den Nachttopf zu benutzen, und Maris tat es ihm nach. Sie umarmten sich, als sie aneinander vorbeigingen, ein großer, schlanker, behaarter Körper, der sich gegen einen kleineren, weicheren, rundlicheren presste.
Obwohl er spürte, wie er in Erwiderung auf ihre Nähe steif wurde, löste sich Dirick widerwillig von ihr. Schon bald würde ein Gesandter in ihr Gemach eindringen, der sicherstellte, ob die Ehe auch wirklich vollzogen worden war und dass die Braut auch wirklich Jungfer gewesen war ... und der Gedanke, so unterbrochen zu werden, war ihm abhold.
„Wir verlassen heute noch London“, sprach er zu ihr, als er sich wieder auf dem Bett niederließ. Er fühlte, wie ihr Blick ihn streichelte, und spürte da wie ein Rausch von Entzücken und Siegesgewissheit, dass sie wirklich und wahrhaftig die Seine war. „Michael d’Arcy ist noch nicht gefunden und Ihr werdet nicht wirklich in Sicherheit sein, bis man ihn aufgespürt hat.“
Maris wickelte sich einen leichten Stoff um die Schultern und rollte sich auf dem Rand des Bettes zusammen. „Er ist mein Vater“, sagte sie mit Zittern in der Stimme zu ihm.
Dirick zog sie an sich, so dass ihr Kopf an seiner Brust ruhte. „Ich habe das erst gestern erfahren. Ich bedaure, dass ich es nicht früher wusste.“
„Er hat meinen Vater – Merle – getötet.“
„Das weiß ich ebenfalls ... oder habe es vermutet. Er ist der Mann, der meinen Vater getötet hat – der eine, von dem ich Euch erzählte.“ Dirick kniff die Lippen zusammen. „Ich werde nicht ruhen, bis er gefunden ist.“
Maris löste sich von ihm und setzte sich auf, so dass sie auf ihn runterschauen konnte. „Ihr werdet Acht geben, Dirick. Ihr werdet Euch nicht in Gefahr begeben. Michael hat so viele getöt–“
„Ich kann ihn nicht ungestraft entkommen lassen.“ Er suchte ihr Gesicht mit seinen Augen ab und erkannte darin die Liebe und die Achtung, die in ihren grünen und goldenen Augen funkelte. „Ihr müsst mittlerweile wissen, dass ich Euch liebe, Maris. Ich habe nie geglaubt, dass ich je einmal so etwas für irgendeine Frau empfinden könnte, aber Ihr habt mich derart in den Wahnsinn getrieben, dass ich begriffen habe, ich kann ohne Euch nicht leben ... und ich muss dafür sorgen, dass der eine, der Euch tot sehen möchte, nie wiederkehrt. Und erst dann muss ich keine Furcht haben, dass Ihr mir von einem verrückten Irrsinnigen genommen werdet.“
Ihre Finger strichen ihm das Haar aus der Stirn. „Wie glücklich muss ich mich schätzen, dass mein Vater beschloss, die Verlobung mit Victor aufzulösen ... sonst wäre ich am heutigen Morgen sicher schon zur Mörderin geworden.“
Dirick lächelte. „Wenn das geschehen wäre, hätte ich Euch verschwinden lassen, bevor die Zeremonie stattgefunden hätte, die Euch an ihn kettet ... oder ich wäre, nachdem Ihr die Tat vollbracht hättet, Euer Fluchtweg gewesen.“ Er runzelte die Stirn. „Aber selbst wenn ich das getan hätte, hätte es doch keine Gewissheit gegeben, ob Ihr meine Hilfe angenommen hättet – da Ihr sie schon einmal abgelehnt habt. Ich muss jetzt wissen – wie konntet Ihr nur denken, ich hätte Anteil gehabt an Eurer Entführung durch Bon?“
„Was hätte ich denn sonst denken sollen, als ich dort auf den Boden fiel und hochschaute, nur um Euch zu sehen, wie Ihr auf mich herabstarrt?“, fragte Maris empört.
„Aber ... ich dachte, dass Ihr mich da schon besser kennt ... und, Maris, wie hätte ich Euch denn für einen anderen stehlen können, wo ich Euch doch für mich selber wollte? Habt Ihr denn nicht gewusst, dass ich Euch begehrte? Das war der Grund, warum ich Langumont so plötzlich verlassen musste – ich ertrug es nicht zu sehen, wie man Euch einem anderen gibt.“
Sie blickte ihn mit erstaunten Augen an. „Ich wusste davon nichts, das müsst Ihr mir glauben. Zu der Zeit dachte ich nur, dass Ihr mich an Eure Seite gelockt hättet, so dass die Entführung von mir leichter vonstatten ginge. Ich dachte, Ihr wärt es gewesen, der mich in jenes Tuch eingewickelt und mich nach Breakston verschleppt hat.“
„Oh nein, Maris. Schon in der ersten Nacht, in der wir uns begegnet sind, begehrte ich Euch ... und dieses Begehren wurde stärker und ebenso wurde die Verzweiflung größer, dass ich Euch nie besitzen könnte. Ich konnte mein Glück gar nicht fassen, als Heinrich uns einander versprach ... und dann zeigte er mir das Schreiben Eures Vaters“, er hielt kurz inne.
„In dem Schreiben hat er nicht nur Eure Verlobung mit Victor widerrufen“, sagte Dirick, außerstande sich das Grinsen zu verkneifen, „sondern er hat auch darum gebeten, dass – sollte der König zustimmen – ich Euer Gemahl und Herr von Langumont werden solle.“
Sie starrte ihn mit offenem Mund an. „Es war der Wunsch meines Vaters, dass wir uns vermählen?“
„So ist es, Mylady, und es war auch der Wunsch meines Vaters, dass einer seiner Söhne sich mit Euch vermähle.“
„In der Tat, ich erinnere mich an diesen Plan. Ich traf Euren Bruder Bernard und obwohl er sehr freundlich war...“ Maris schien hier ihre Gedanken zu ordnen. „...Ich denke nicht, dass wir füreinander geschaffen waren.“
„Das Schicksal sei gepriesen, dass Ihr es nicht wart“, sagte Dirick heftig. Dann lächelte er. „Er und Joanna sind wie Mondkälber, alle beide miteinander und immerzu. Einander restlos verfallen.“
„Das mag sein“, entgegnete sie mit ebenso viel Nachdruck. „Aber es versteht sich, dass wir einander niemals mit solch idiotisch verliebten Augen anglotzen werden.“
Dirick konnte ein reumütiges Lachen nicht zurückhalten. „Vielleicht trifft das auf Euch zu, meine Geliebte, aber ich fürchte, für mich kommt alle Hilfe zu spät. Die Königin hat schon mein Mondkalbgesicht gesehen und es ist wegen ihres Intrigenspiels, glaube ich, dass wir hier dieses Bett miteinander teilen.“
Ihre Wangen wurden ganz rosig und sie schaute fast verschämt zu ihm auf. Dann funkelten ihre Augen aber wieder entschlossen. „Unsere Väter haben sich also auf gewisse Weise an Michael d’Arcy gerächt.“
„Das haben sie. Dennoch, ich muss die Sache bis zum bitteren Ende bringen“, sprach er mit entschlossener Stimme zu ihr.
„Dirick, Ihr müsst auf Euch Acht geben ... bitte“, und sie blickte so ernst und köstlich süß zu ihm auf, ihre Augen füllten sich mit Tränen, dass ihm das Herz schmerzte bei all den Gefühlen darin.