19

ES DURCHFUHR SOLDAT Alwyn Renwar eiskalt, während er das Regiment zu Suhundams Hügel führte. Sein Blick trübte sich, und der Boden unter ihm schien sich zu drehen. Er rammte sein Holzbein bei jedem Schritt fest in die Erde, um besseren Halt zu finden, als er durch die mit Erz angereicherte Schneekruste stapfte.

Weitere Stählerne Elfen waren getötet worden. Die Reihen der Toten erzitterten, und diese Wahrnehmung durchströmte Alwyn wie ein eisiger Strom. Keine lebende Seele sollte so etwas erfahren müssen. Da waren Kälte, Verlust, Hoffnungslosigkeit, und all das zersetzte zunehmend seine Menschlichkeit.

Er versuchte herauszufinden, um wen es sich handelte, gab es jedoch rasch auf. Er wollte es nicht mehr wissen. Schon sehr bald würden die Schatten dieser eben gestorbenen Soldaten auftauchen, und ihre Schreie würden sich in den Chor der Qual und Furcht mischen, der die Existenz aller Gefallenen kennzeichnete. Schlimmer machte es die Erinnerung an die Zeit, die noch gar nicht lange vorbei war, wo diese Männer noch gelebt und gelacht hatten. Sie jetzt nur als Schatten zu kennen, die unendlicher Folter und Verzweiflung ausgesetzt waren, war eine Bürde, die er nicht mehr viel länger tragen konnte.

Der Tod, das jedoch wusste er, wäre keine Erlösung. Für ihn bot nur der Wahnsinn einen Ausweg.

»Und wie geht es Ihnen an diesem alles andere als vollkommenen Abend?«

Alwyn wirbelte herum und sah voller Überraschung Rallie hinter sich stehen und nur wenige Meter hinter ihr die Kolonne der wartenden Soldaten.

»Es sind noch mehr von ihnen gestorben«, antwortete Alwyn und drehte sich wieder um.

»Sie meinten, von uns, hab ich recht?«, erkundigte sich Rallie und trat neben ihn. Trotz des Windes bewegte sich ihr Umhang fast nicht. »Schließlich befinden Sie sich immer noch unter den Lebenden, richtig?«

»Tatsächlich?«

Statt zu antworten, streckte Rallie die Hand aus und stach ihm mit der Spitze ihres Federkiels in die Hand. Er schrie auf, riss seine Hand zurück und schüttelte sie. Ein warmes, tröstliches Gefühl strömte über seine Hand, bevor das Frostfeuer aufflammte und das Gefühl wegbrannte. Nur Kälte blieb zurück, und er fröstelte.

»Entweder haben Sie für einen Toten ganz exzellente Reflexe, oder aber Sie sind immer noch sehr lebendig«, erklärte sie.

Alwyn betrachtete sie mit seinen grauen Augen und prüfte ihre Energie. Eine uralte Macht strahlte von ihr aus … »Autsch!«, stieß er hervor, als er erneut den Stich ihrer Schreibfeder spürte, diesmal in seinem Ohrläppchen. Wie schon zuvor durchströmte ihn ein warmes Gefühl, bevor die Magie des Schwurs sie verzehrte. Alwyn schüttelte sich, als Ärger in ihm aufstieg.

»Der Wind hat sie mir aus der Hand gerissen«, erklärte Rallie und sah ihm direkt in die Augen, als wollte sie ihn zu einem Widerspruch provozieren. Macht durchströmte Alwyn. Er war der Zerstörer von Kaman Rhals Knochendrachen. Er war es, der den Emissär der Schattenherrscherin in Stücke geschlagen hatte. Was bildete Rallie sich also ein? »Aua!«

»Es ist so, als hätte sie ihren eigenen Willen«, sagte Rallie und zog das spitze Ende ihrer Feder aus seiner Schulter. Sie hatte das Tuch seiner Uniformjacke und sein Baumwollhemd durchbohrt, das er darunter trug. Diesmal jedoch durchströmte ihn nicht nur Wärme, sondern Hitze, als die Spitze des Federkiels seine Haut mitten in seiner Eicheltätowierung durchbohrte. Er spürte, wie das Frostfeuer den Rand der Tätowierung und das Motto »Aeri Mekah – Ins Feuer! Und geradewegs der Hölle entstiegen!« umspielte, aber anders als bei den beiden Male zuvor verzehrte es die Macht nicht, die ihr Federkiel in ihm freigesetzt hatte.

Rallie hielt den Federkiel locker zwischen den Fingern und drehte ihn langsam. Alwyn hob seine Hände zum Zeichen, dass er sich ergab.

»Wer sind Sie?«, erkundigte er sich.

Sie antwortete nicht sofort, sondern ging weiter. Alwyn beobachtete sie eine Weile, bevor er ihr schließlich folgte. Er holte sie ein und ging neben ihr her. Seine Tätowierung brannte weiter, aber jetzt war die Hitze erträglich. Auf eine höchst merkwürdige Weise fand er sie sogar tröstlich, als würde das zeigen, dass noch ein kleiner Teil von ihm er selbst war.

»Der Major wird schon auf uns warten. Deshalb glaube ich, wir sollten lieber weitermarschieren«, sagte sie.

»Gehen Sie nicht zu Ihrem Wagen zurück?«

»Einer der Soldaten hat früher mal einen Brauereikarren gefahren. Ich bin zwar nicht sicher, ob Kamele ebenso einfach zu handhaben sind wie Zugpferde, aber ich glaube, er wird es schon herausfinden. Außerdem ist die Fahrt mit einem kaputten Wagenrad nicht besonders gemütlich. Deshalb habe ich beschlossen, mir ein bisschen die Beine zu vertreten. Zudem gefällt mir die Gesellschaft.«

Alwyn versuchte vergeblich, aus Rallie schlau zu werden. Er suchte nach Furcht oder Spott, aber alles, was er spürte, war aufrichtiges Interesse ihrerseits.

»Manchmal ist das, was man sieht, auch das, was man bekommt«, sagte sie.

Alwyn ging schweigend weiter und hörte nur beiläufig zu, während Rallie irgendwie auf das Thema Schnapsbrennereien kam. Das Regiment folgte ihnen mit einem kleinen Abstand. Ein neues Gefühl umhüllte ihn. Er war zwar nie allein, nicht mehr jedenfalls, aber als er jetzt neben Rallie einherging, empfand er ein gewisses Maß an Frieden und Einsamkeit. Ihre Stimme hatte etwas Beruhigendes.

»Wirken Sie einen Bann über mich?« Der Argwohn überfiel ihn urplötzlich, und seine Stimme klang scharf.

»Früher einmal hat man mich faszinierend genannt«, erwiderte sie, »sogar fesselnd. Aber nein, ich wirke keinen Bann, abgesehen von der einfachen Tat, einem Freund Gesellschaft zu leisten. Darin liegt mehr Macht als alles, was ich jemals erlebt habe.«

Allwyn drehte den Kopf zu ihr herum, um zu überprüfen, ob sie lachte.

»Jedenfalls in einer zutiefst emotionalen Art und Weise«, fügte sie hinzu und legte eine Hand über ihr Herz.

Bevor Alwyn es verhindern konnte, sprudelten die Worte über seine Lippen. »Alles ist Schmerz. Ich verliere meine Freunde, Rallie. Ich verliere meine Verbindung zu dieser Welt. Schon bald wird nichts mehr da sein, was mich noch hier hält.«

»Unsinn. Sie tun sich einfach nur leid.«

Alwyn hatte Mitgefühl erwartet, vielleicht sogar eine schockierte Reaktion angesichts seiner Beichte, aber nicht das. »Sie glauben, das ist es? Ich werde zu einem lebenden Toten, verflucht in alle Ewigkeit, mit gequälten Schatten als Gefährten, und Sie glauben, dass ich in Selbstmitleid bade?«

Rallie nahm ihre Zigarre aus dem Mund und stieß damit in seine Richtung. Er zuckte zurück.

»Wie ich Ihnen bereits erklärt habe, sind Sie nicht tot, noch lange nicht.« Sie schob die Zigarre wieder in den Mund und hielt sie mit den Zähnen fest, als ein Windstoß über die Wüste fegte und Sand und Schnee aufwirbelte. »Ihre Überlebensinstinkte funktionieren noch. Es ist Ihr Gehirn, das Ihnen Probleme macht. Sie denken zu viel über die Dinge nach. Genau genommen wälzen Sie sich in einem Meer des Leids. Ich kann den Toten nicht helfen, aber den Verwirrten und Verzagten schon … vorausgesetzt, sie sind bereit, sich selbst zu helfen. Ich habe Ihrem Major etwas ganz Ähnliches erzählt. Beginne mit der Hoffnung und baue darauf auf.«

Alwyn dachte darüber nach. Gab es noch Hoffnung?

»Ich weiß nicht, ob mir klar ist, wie das geht, Rallie. Was bedeutet den Schatten schon Hoffnung? Oder mir? Wir alle sind durch ihre Magie gebunden.«

»Magie kann auch wieder rückgängig gemacht werden. Deshalb werden wir sie auf ihrem Berg stellen. Und aus genau diesem Grund marschieren wir gerade durch diese Wüste. Sie verheddern sich in Gedankenknoten über gewaltige, schreckliche Dinge, wo Sie doch nur einfach Ihre Aufmerksamkeit auf die Gegenwart richten müssten.«

»Aber die Schatten …«

»Werden bleiben, was sie sind, bis Sie und der Rest der Lebenden etwas dagegen unternehmen«, fiel sie ihm ins Wort. Ihre Stimme wurde weicher, als sie weitersprach. »Ich weiß, dass sie leiden, genauso wie Sie. Im Augenblick jedoch kann man nichts dagegen tun. Sie sind jetzt ihr Emissär, und sie kommen zu Ihnen, um Antworten zu bekommen, also geben Sie ihnen etwas zu tun.«

»Was meinen Sie damit?«

Rallie deutete mit einer schwungvollen Bewegung in die Dunkelheit. »Geben Sie diesen Mistkerlen etwas zu tun. Sie sind zwar tot, aber das ist keine Entschuldigung, dass sie nur stöhnend und lamentierend in diesem Zustand auf der faulen Haut liegen. Sie brauchen ein Ziel, und das können Sie ihnen geben. Sie wissen ja, was auf dem Spiel steht. Sie wissen, was getan werden muss, um das Regiment von ihrem Fluch zu befreien. Also, Brust raus und Kinn hoch! Setzen Sie Ihren Hintern in Bewegung.«

»So einfach ist das leider nicht, Rallie«, antwortete Alwyn.

»Das ist der menschliche Geist in Ihnen, der immer versucht zu zeigen, wie kompliziert die Dinge sein können. Denken Sie einfach nicht darüber nach, sondern versuchen Sie es zu fühlen. Es ist besser, etwas zu tun und zu scheitern, als nichts zu tun und sich zu wundern.«

Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte er das Gefühl, als würde ein dunkler, erstickender Schleier von seinem Gesicht gehoben. Wenn er über seine Lage nachgrübelte, machte er alles nur schlimmer. Vielleicht hatte Rallie recht. Hör auf zu denken und handle. Alwyn holte tief Luft und stemmte seine Beine fest in den Schnee. Rallie blieb stehen und drehte sich zu ihm herum. Ein Lächeln tauchte hinter dem glühenden Ende ihrer Zigarre auf.

Gefühle strömten durch sein Herz, Gefühle, die nicht alle traurig waren. Der Weg ging weiter. Wie das alles enden würde, wusste er zwar nicht, aber in diesem Moment spielte das keine Rolle. Jetzt war wichtig, dass er am Leben war, das genügte.

»Ich vermisse Yimt«, sagte er schließlich, weil er nicht wusste, was er sonst hätte sagen sollen.

»Ich vermisse diesen Racker auch«, antwortete sie. »Aber ich möchte mir nicht vorstellen, was er Ihnen sagen würde, wenn er an meiner statt hier stehen würde. Ich bin nicht sicher, ob so zarte Ohren wie die Ihren solch verbalen Misshandlungen ausgesetzt werden sollten.«

Alwyn lächelte tatsächlich.

Sie ging weiter. Er hielt mit und überlegte staunend, wie schnell sich seine Sicht auf die Welt geändert hatte.

»Sie haben meine Frage nicht beantworten«, sagte er. »Wer sind Sie?«

»Ich habe deshalb nicht geantwortet, weil ich das nicht will«, erwiderte sie und paffte fröhlich an ihrer Zigarre. »Eine Frau hat das Recht auf ihre Geheimnisse, vor allem dann, wenn sie sich an einige davon gar nicht erinnern kann.«

Alwyn glaubte ihr kein Wort.

»Irgendwann werden Sie es uns sagen müssen«, meinte er und hielt kurz inne. »Oder nicht?«

»Wissen Sie, was eine Katze das Leben kostet?«, erkundigte sich Rallie.

»Neugier?«, ging Alwyn auf das Spiel ein.

»Eigentlich nicht. Normalerweise sind es das Pferd und die Kutsche, die sie überfahren, weil sie geglaubt hat, dass sie einen Haufen Mäuse über die Straße hätte huschen sehen.«

»Ich bin mir zwar nicht sicher, aber ich glaube, das bedeutet, ich soll das Thema wechseln«, sagte Alwyn.

Sie blieb wieder stehen. Furcht überkam Alwyn. Die Schatten der Toten materialisierten sich um ihn herum. Er erschauerte, riss sich aber zusammen. Er mochte ihr Sprecher sein, aber er war nicht tot. Noch nicht.

»Es wurde gerade ohne Ihr Zutun gewechselt. Da oben ist das Fort«, sagte Rallie.

Alwyn folgte ihrem ausgestreckten Arm. Der Hügel ragte wie ein zerbrochener Knochen aus der Wüste empor. Auf dem zerklüfteten Gipfel sah er die Zinnen des Forts. Er ließ seinen Blick sinken zum Fuß des Flügels und suchte in den verschneiten Trümmern nach Lebenszeichen.

»Sind das Rakkes?«, fragte er, als er die Leichen sah, die am Fuß des Hügels verstreut lagen.

»Es waren jedenfalls mal welche«, antwortete Rallie.

Er riss seinen Blick von dem Hügel los und konzentrierte sich stattdessen auf die Schatten der Gefallenen. Sie streckten die Hände aus, um nach ihm zu greifen, und der kalte, unaufhörliche Druck ihrer Qual begann ihn von innen heraus zu zerfressen. Seine Stimmung verfinsterte sich, und das warme Gefühl, das ihm die Plauderei mit Rallie eingeflößt hatte, begann abzuebben. Doch in dem Moment spürte er, wie die Tätowierung auf seinem Arm heißer brannte, als wäre ein Feuer darunter angefacht worden. Es war zwar kaum mehr als ein einzelnes Streichholz in einem Schneesturm, aber es genügte, um ihn daran zu erinnern, dass er immer noch selbst die Entscheidung treffen konnte.

Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf, und die rußigen, schwarzen Zweige seines Holzbeins knackten bei der Anstrengung. »Geht los! Spürt unsere Feinde auf. Sofort!«

Die Schatten rührten sich nicht.

»Versuchen Sie es noch einmal«, meinte Rallie.

Alwyn sah die Schatten an. Er spürte, wie Ärger in ihm aufstieg. Sie waren Soldaten, verdammt, und sie hatten eine Pflicht zu erfüllen. »Das Regiment braucht euch. Ihr seid immer noch ein Teil davon, denkt daran!«, erklärte Alwyn.

Die Schatten bewegten sich immer noch nicht. Regimentssergeant Lorian ritt auf Zwindarra nach vorne, bis er nur einen Meter von Alwyn entfernt war. »Unsere Schmerzen auf dieser Ebene der Existenz wachsen, und doch scheinen wir unserem Ziel nicht näher gekommen zu sein.«

Rallie wollte vortreten, aber Alwyn hob die Hand, um sie aufzuhalten. Diesmal ließ er seinem Ärger freien Lauf.

»Regimentssergeant! Sie wissen es besser! Ihr alle wisst es besser. Wir sind Soldaten! Wir kämpfen, bis die Schlacht gewonnen ist, und diese Schlacht ist noch lange nicht vorbei.« Er trat vor und stemmte die Hände in seine Hüften. »Ihr wart keine Feiglinge, als ihr gelebt habt. Dass ihr jetzt tot seid, ändert nicht das Geringste. Erinnert euch an das, was ihr seid!« Alwyn deutete auf einzelne Soldaten. »Du, du und auch du … ihr seid Stählerne Elfen. Werdet diesem Namen gerecht!«

Die Luft um sie herum knisterte, als die Temperatur fiel. Alwyns Atem bildete Wolken vor seinem Mund, und seine Lungen brannten vor Kälte. Die Schatten der Stählernen Elfen wurden vor seinen Augen größer. Er blinzelte. Sie nahmen Haltung an. Und einen Augenblick später waren sie verschwunden. Alwyn wartete etliche Sekunden, bevor er ausatmete.

»Na, darauf wäre Yimt sicherlich verdammt stolz gewesen«, meinte Rallie und stieß einen leisen Pfiff aus.

»Ich dachte, ich wäre zu weit gegangen«, meinte Alwyn.

»Das habe ich auch gedacht, mein Junge, ich auch. Erinnern Sie mich bitte daran, dass ich nie mit Ihnen Poker spiele.«

Das Geräusch von knirschendem Schnee verkündete das Nahen des amtierenden Regimentssergeanten Aguom, der ein paar Schritte von ihm entfernt stehen blieb. Alwyn erinnerte sich daran, dass er immer noch ein Mitglied der bewaffneten Streitkräfte der Imperialen Armee Ihrer Majestät war, drehte sich um und nahm Haltung an.

»Rühren«, meinte Aguom, der sich nervös umsah. Dann deutete er auf den Hügel. »Hat es hier eine Schlacht gegeben?«, erkundigte er sich, während er das Massaker betrachtete.

»Etwas in der Art«, antwortete Rallie.

Aguom schien gerne eine etwas ausführlichere Erklärung erhalten zu wollen, aber er ließ es dabei bewenden.

»Lieutenant Imba möchte gerne einen Lagebericht. Er bereitet das Regiment darauf vor, in einer Schlachtreihe vorzurücken. Sollten sie Ihre Bajonette aufpflanzen?«

»Ja«, antwortete Alwyn.

»Spürst du etwas?«, fragte Aguom.

Alwyn schloss die Augen und legte das Kinn gegen seine Brust. Der Wind spielte mit dem Saum seiner Caerna, aber er bemerkte das scharfe Brennen des eisigen Schnees auf seinem gesunden Bein kaum. Etwas Dunkleres, Kälteres nahm seine Aufmerksamkeit gefangen.

»Worum handelt es sich?«, erkundigte sich Rallie. Alwyn hörte das Rascheln von Papier und wusste, dass sie einen Bogen in der einen und ihren Federkiel in der anderen Hand hatte.

»Die Schatten haben unseren Feind gefunden«, erwiderte er, öffnete die Augen und hob den Kopf. »Hunderte und Aberhunderte von Rakkes, in einem einzigen, riesigen Haufen.«

»Was denn, wo?«, erkundigte sich Aguom. »Wir haben Hunderte von ihnen in der Schlucht abgeschlachtet. Der Rest hat sich in alle vier Winde verstreut. Wie können sie so schnell eine solch große Streitmacht versammelt haben?«

»Sie werden von ihrem Emissär angetrieben. Seine Macht wurde nicht vernichtet.«

»Aber du hast ihn getötet. Wir haben gesehen, wie du ihn in Stücke gerissen hast«, erklärte Aguom. »Wie kann irgendetwas Lebendiges das überstanden haben?«

»Wahnsinn«, gab Alwyn zurück, der den Pfad sah, den er eines Tages möglicherweise selbst betreten würde.

Regimentssergeant Aguom erholte sich schnell. »Dann haben wir keine Zeit zu verlieren. Wir werden im Laufschritt zum Fort marschierten und dort unsere Verteidigung einrichten. Sobald wir in der Festung sind, können wir sie in Schach halten.«

»Ich fürchte, wir werden nicht bis zum Fort kommen«, meinte Alwyn.

Irgendwo aus dem Westen trug der Wind ein Heulen zu ihnen herüber. Ihm antwortete ein ganz ähnliches Geräusch weiter im Osten.

»Wir sind bereits umzingelt.«