‚Projekt I1‘ - Mord
Nach dem Telefonat mit Saýosha steckte Daíkín Leventes Slider in die Tasche seines Overalls und beobachtete den Versammlungsplatz, auf dem die Männer nach ihrem Feierabend bei Bier und leckerem Essen beisammensaßen. Der verführerische Duft von gegrilltem Fleisch stieg ihm in die Nase, aber der 51-jährige hatte keinen Appetit. Sein Magen war vor Angst wie zugeschnürt, denn er konnte Levente nicht finden.
Ratlos trat er von einem Bein auf das andere, kratzte sich am Kopf und holte immer wieder den Slider hervor, so, als könne er die Antwort auf dem Display finden.
Das darf nicht wahr sein! Jetzt bin ich den zweiten Tag hier und schon sitze ich in der Scheiße! Was mache ich denn jetzt mit dem Slider?
Wahrscheinlich haben sie Levente verhaftet, aber was, wenn nicht? Er will das Ding doch zurückhaben. Er wird mich erwürgen, wenn ich es nicht mehr habe. Aber behalten kann ich es auch nicht, so ein Mist! Ich müsste es verstecken, aber wo? Ich kenne mich hier überhaupt noch nicht aus.
Es fühlt sich an, als hätte ich glühende Kohlen einstecken. Ich muss das Ding schnellstens loswerden. Was, wenn die Bosse das Gerät orten können und mich erwischen? Ich habe keine Ahnung, was dann passiert! Verdammter Mist! Ich kann nicht einmal Paýríck davon erzählen! Er spioniert, das ist ja prima! Gott sei Dank, dass ich das rechtzeitig erfahren habe!
Ich habe nur eine Chance, ich muss Levente finden oder wenigstens Gewissheit haben, dass er hier nicht mehr auftaucht. Dann kann ich das Gerät verschwinden lassen, die Insel ist ja groß genug.
Er ging hinüber zum Versammlungsplatz, holte sich ein Bier und einen Grillteller mit Gemüse. Da Paýríck anscheinend noch bei Peýo und Vaíth Klíesch im Haupthaus war, setzte er sich zu Baccus und Teetje an den Tisch, die auch gerade ihr Abendessen verspeisten; vielleicht konnten sie ihm weiter helfen. Die beiden waren ihm nicht sehr sympathisch. Das beruhte offensichtlich auf Gegenseitigkeit, denn sie sahen sich vielsagend an, als Daíkín sich zu ihnen gesellte.
Mittlerweile hatte sich herumgesprochen, dass er der Neffe des obersten Chefs, Sýard Sonnaý, war. Deshalb wollte man hier nichts mit ihm zu tun haben.
„Habt ihr Levente gesehen?“, fragte Daíkín. Den Grund dafür verriet er den beiden nicht. Er wollte sich nicht outen, dass er unerlaubterweise mit dem Festland telefoniert hatte.
„Nö, er hat gesagt, er geht mal pinkeln“, antwortete Teetje, ohne von seinem Teller aufzusehen. „Aber das ist jetzt auch schon ewig her.“
Daíkíns Verdacht, dass Levente aufgrund seiner Sabotageaktion abgeholt worden war, verhärtete sich immer mehr. Er richtete seinen Blick auf die Wohnwagen links neben ihm, dahinter befanden sich die mobilen Toiletten. Levente konnte er aber nicht entdecken.
„Hm wo kann er denn sein?“, fragte er seine Kollegen, schnitt ein Stück Fleisch ab und versuchte, sich nichts von seiner Nervosität anmerken zu lassen.
„Tja keine Ahnung“, antwortete Baccus, der gerade den Letzten von fünf Rindfleischspießen verschlang, danach eine halbe Flasche Bier in einem Zug leerte und ungehobelt rülpste und schmatzte. „Wir sind ja nicht seine Babysitter. Er wird schon irgendwann wieder auftauchen!“
Das glaubst aber auch nur du, dachte Daíkín. Nachdem er fertig gegessen hatte, machte er sich auf den Weg zu seinem Bauwagen, in der Hoffnung, Paýríck dort zu treffen. Vielleicht wusste er, wo Levente steckte. Als er dort ankam, war der Wagen leer, anscheinend war Paýríck noch nicht wieder von seinem Besuch beim Chef zurückgekehrt. Er setzte sich auf seine Pritsche und sah sich den kleinen Raum genau an.
Verdammt! Irgendwo muss ich diesen blöden Slider doch verstecken können!