Am nächsten Morgen saß Kaatje im Personalraum und wartete auf ihren Kollegen Darrýl. Sie sah auf die große Uhr, die über dem Sideboard angebracht war. Gleich halb neun, wo bleibt er denn? Sie stand auf und blickte auf den Dienstplan. Tríne und Sevín würden heute erst um zehn Uhr ihren Dienst antreten. Darrýls Schreie würde also niemand hören.
Kaatjes Zorn auf den Stationsleiter steigerte sich von Sekunde zu Sekunde. Sie trommelte nervös mit den Fingern auf dem Tisch, während sie ihren Kaffee trank. Ihr Slider meldete sich mit einer Kurznachricht von Patrízío, ihrem Ehemann. Er bat um ihre Zustimmung für die Anschaffung eines neuen Trainingsgerätes. Erfreut teilte sie ihm ihr Einverständnis mit und konnte kaum ihren Feierabend erwarten, um die neue Kraftstation testen zu können, denn das Training mit dem Box-Dummy ging ihr inzwischen gehörig auf die Nerven. Seit zwei Wochen übte sie täglich zwei Stunden, um im Ernstfall punktgenau bestimmte Körperregionen ihres Gegners treffen zu können.
Endlich öffnete sich die Tür und Darrýl Peddenpol kam gut gelaunt herein. Die 37-jährige hatte keine Ahnung, dass für ihn der Morgen wieder einmal sehr gut begonnen hatte. Er war befriedigt und auf dem Höhenflug.
Sofort stand Kaatje auf. „Ich muss mit dir reden, Kollege!“, sagte sie ernst.
Darrýl schmunzelte. „Heheee kannst du nicht einmal Guten Morgen sagen?“
Als Kaatje sein unverschämtes Grinsen sah, kam ihr die Galle hoch. Sie ignorierte die Bemerkung ihres Kollegen und steuerte, entschlossen und ohne Umwege, auf ihr Ziel zu. „Was hast du mit Naýka gemacht?“
„Was soll ich denn gemacht haben? Ich verstehe die Frage nicht!“, erwiderte Peddenpol gleichgültig und ging hinüber zum Kaffeeautomaten.
Du Arschloch! Du wagst es, hier den Ahnungslosen zu spielen, na warte!, dachte sie und spürte, wie ihr Herz in ihrer Brust zu hämmern begann. „Du hattest Dienst, während sie entbunden hat. Warum hast du sie verbluten lassen, obwohl die Hebamme dich gewarnt hat? Wie konntest du sie einfach auf ihr Zimmer schicken?“
Kaatje hatte alle Mühe, einigermaßen ruhig zu bleiben. Sie war derart aufgebracht, dass ihre Stimme bebte und sich unweigerlich ihre durchtrainierten Muskeln in ihrem Körper anspannten. „Jetzt tu nicht so unschuldig Darrýl! Sie hätte untersucht und genäht werden müssen. Bei der Geburt wurde sie innerlich aufgerissen!“, sagte sie und versuchte, ihre Stimme auf einem normalen Lautstärkepegel zu halten. Peddenpol schenkte ihr keine Beachtung. Er goss sich seelenruhig schmunzelnd und schweigend seinen Kaffee ein. Kaatje trat langsam einige Schritte auf ihn zu. Sie roch seinen ekelhaften Schweiß, sah seine fettigen Haare und den massigen Bauch. Ihr wurde übel. „Antworte!“, rief sie laut, als sie beinahe neben ihm stand.
„Was willst du denn, du blöde Tussi! Geh dich schminken und lass mich gefälligst in Ruhe!“
WUUMMM! Der erste Schlag von Kaatjes Faust landete direkt in der Magengegend des Stationsleiters. Die Kaffeetasse, die er in der Hand gehalten hatte, fiel laut scheppernd auf den frisch gewischten Steinboden und die Scherben verteilten sich überall im Raum. Das heiße Getränk lief an Darrýls Uniform herunter. Mit einem dumpfen Geräusch fiel er wie ein Sack Reis auf den Fußboden und landete unsanft inmitten von zersprungenem Porzellan. Entgeistert starrte er sie an.
„Los, rede jetzt!“, Kaatje stand kampfbereit neben ihm, sah ihm in die Augen, stemmte die Hände in die Hüften und wartete auf eine Antwort.
„Hör auf … bitte …“, stammelte der Getroffene und blickte die Aufseherin entsetzt an. Er lag breitbeinig auf dem Boden und Kaatje wusste, dass sich sein Magen jetzt anfühlen musste, wie nach einem Schleudergang in der Waschmaschine. „Ich habe dich etwas gefragt Darrýl!“ Sie war hoch konzentriert, fixiert auf ihr Opfer und unbedingt darauf bedacht, keine sichtbaren Spuren zu hinterlassen. „Hast du noch nicht genug?“, fragte sie ihn und versetzte ihm gezielt einen heftigen Tritt zwischen die Beine. Laut und erbärmlich jaulte er auf und erweckte den Eindruck einer getretenen Katze. Darrýl musste das Gefühl haben, als würde sein Unterleib zerbersten. Er verdrehte die Augen und Kaatje war klar, dass vor seinen Augen die Sterne tanzten. Offenbar war der Schmerz so heftig, dass er nicht zum Sprechen fähig war. „Ich habe nichts gemacht!“, röchelte er mit verzerrtem Gesicht. Noch immer lag er wie ein geprügelter Hund in der Kaffeelache auf den Boden.
Kaatjes nächster Tritt traf zielgerecht die linke Niere. Darrýls Augenlider zitterten und er fing erbärmlich zu wimmern an. „Auuuuuuaaaah … nein … nein …!“
Kaatje legte ihm absichtlich die Worte in den Mund, wohl wissend, dass der wimmernde Darrýl vor Schmerzen kaum sprechen konnte. „Hör auf zu heulen, du jämmerliches Schwein, du hast Naýka einfach verbluten lassen! Hab ich recht?“
Darrýls Augen schienen grotesk aus ihren Höhlen gekrochen zu sein. Zwischen seinen Beinen bildete sich ein nasser Fleck und Urin vermischte sich mit dem Kaffee auf dem Fußboden. „Ja … ja … hör … auf … bitte ... ich … flehe … dich … an! ... Ich … tue … was ... du ... willst ...“ Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, der in seine Augen lief. „Alles, wirklich alles, glaub mir. Bitte, bitte!“
Kaatje lachte. Es war ein befreiendes Lachen. „Du armseliges Weichei, ich warne dich! Noch eine solche Aktion und ich vergesse mich.“
Darrýl, der inzwischen zusammengekauert auf der Seite in der Kaffeelache lag und mit seinen Armen seinen Bauch umklammerte, nickte. „Nein … nein … so etwas passiert nicht wieder … ich verspreche es, wenn du nur aufhörst, es tut so weh!“ Mit einer Hand hielt er seine Weichteile, mit der anderen zog er eine Scherbe unter seinem Hintern hervor.
Kaatje war zufrieden. „Und damit wir uns richtig verstehen Kollege! Ich muss dir wohl nicht sagen, was dir blüht, wenn du mich beim Chef verpfeifst oder?“
Er schüttelte heftig den Kopf und seine Schweißtropfen, die durch sein klebriges Haar liefen, flogen wie Nieselregen umher. Er heulte jämmerlich und flüsterte schwer verständliche Worte: „Papa … kann nicht mehr … scheiß Weiber … tot …„
Kaatje holte ihn mit einem Fußtritt gegen sein Knie in die Realität zurück. Darrýl zuckte zusammen und wimmerte erneut wie ein getretener Hund.
„Und jetzt mach die Sauerei hier weg und zieh dich um! Oder willst du, dass die anderen dich so sehen?“ Kaatje verließ den Raum und steuerte die Hygieneräume an, um sich Hände und Gesicht zu waschen. Dass eventuell auch nur ein Tropfen von Darrýls Schweiß auf ihrer Haut gelandet war … das hätte sie nicht ertragen können.