7. Kapitel

Die Entourage setzte sich in Bewegung. Jane stand im Säulengang und winkte, bis die Kutschen nur noch als verschwommene Umrisse zu erkennen waren. Obwohl sie wusste, warum ihre Familie abreiste, fühlte sie sich ein wenig verlassen.

Für weinerliche Gedanken war jetzt jedoch keine Zeit. Sie musste Kraft und Ideen sammeln, damit sie Constantine Black für sich gewinnen konnte.

Sie hatte es mit Vernunft versucht und auch mit Freundlichkeit -das allerdings nicht mit voller Inbrunst, wie sie zugeben musste. Cecilys Vorschlag, Jane solle sich von Constantine kompromittieren lassen, damit er sich gezwungen sah, sie zu heiraten, hatte sich durch Montfords Enthüllungen erübrigt. Der neue Lord Roxdale legte offenbar keinen Wert auf die Meinung anderer. Selbst wenn Jane sich dazu durchringen könnte, die Verführerin zu spielen, wäre die ganze Mühe umsonst, wenn Constantine Black sie anschließend doch nicht zur Frau nahm.

Jane dachte über Cecilys zweiten Vorschlag nach. Sollte sie Constantine Black vielleicht wirklich so umgarnen, dass er sie von sich aus heiratete? Er würde sie zwar nie lieben, aber wenn er sie nett und hübsch genug fand, könnte er sich vielleicht zu einer Ehe entschließen, bevor er versuchte, sein Erbe auf andere Weise zu retten.

Es wäre Janes Aufgabe, ihn zu fesseln. Sie seufzte. Es hatte noch nie zu ihren Stärken gezählt, Gentlemen für sich zu gewinnen. Deshalb war sie damals auch so froh gewesen, als sie mit siebzehn Jahren das Debüt in London umgehen und Frederick heiraten konnte.

Jane wandte sich um, um hineinzugehen. Sie sah Constantine oben auf der Treppe stehen, von wo aus er sie beobachtete. Sie begegnete seinem Blick und wieder durchfuhr sie dieser heiße leidenschaftliche Blitz.

Ihre Wangen wurden warm und rot und sein Gesicht wirkte auf einmal weich vor Anerkennung. Lässig kam er die Treppe herunter und ließ sie dabei nicht aus den Augen.

Ein dummes panisches Flattern breitete sich in ihrer Brust aus.

Verzweifelt zermarterte sie sich den Kopf nach etwas Nettem, das sie zu ihm sagen konnte, doch sein selbstgefälliger Auftritt ärgerte sie. Am liebsten hätte sie ihm eine eiskalte Abfuhr erteilt, doch das würde sie ihrem Ziel nicht näherbringen.

Denk an den Plan. Denk an Luke. Vergiss deinen Stolz.

Constantine neigte den Kopf, als wollte er sie genauer mustern. „Es muss an Ihrer durchscheinenden Haut liegen, dass Sie so entzückend leicht erröten. Darf ich Sie berühren?“

Ihre Wangen glühten nur noch mehr. „Nein! Das dürfen Sie nicht! “ Sie sah sich um, aber es war niemand in der Nähe, der diesen peinlichen Wortwechsel hätte hören können.

In Constantines Blick blitzte Triumph auf. Offenbar hatte er die Absicht gehabt, sie aus der Fassung zu bringen. Nun genoss er seinen Erfolg.

Sie dachte an die Ermahnungen ihrer Cousine und verkniff sich eine scharfe Antwort. Mit spitzen Lippen sagte sie: „Es ist ein schöner Tag. Möchten Sie vielleicht, dass ich Ihnen den Park zeige?“

Er erhob keine Einwände und sah davon ab, ihr zu erklären, wie gut er Haus und Garten kannte.

Stattdessen zuckte er die breiten Schultern. „Warum nicht?“

Constantine schickte sich an, ihren Arm zu ergreifen, doch sie rauschte an ihm vorbei und schritt energisch zum Weg. „Hier entlang.“

Jane führte ihn in den unteren Garten. Es war ein geometrisch angelegtes Relikt aus einer früheren Zeit. Während sie gingen, wies sie ihn beständig auf all die seltenen Pflanzen und andere Besonderheiten des Gartens hin. Ihr war bewusst, dass er sie keine Sekunde aus den Augen ließ.

Sie beschloss, den Stier bei den Hörnern zu packen. „Sie wirken abgelenkt, Mylord.“

Er blickte kurz in die Ferne und sah dann wieder zu ihr. „Könnten wir mit diesen albernen und völlig unnötigen Förmlichkeiten aufhören? Schließlich sind wir durch Frederick miteinander verwandt. Jane.“

Sie hatte ihren Namen immer ziemlich prosaisch gefunden, aber aus seinem Munde klang er plötzlich ganz warm und intim, fast wie eine Liebkosung. Die Erregung, die diese eine Silbe in ihr auslöste, erschütterte sie.

Sie sollte einem Mann von seinem Ruf derartige Vertraulichkeiten nicht gestatten. Unter normalen Umständen hätte sie sich diese auch verbeten.

Aber sie hatte sich zum Ziel gesetzt, eine freundschaftliche Atmosphäre zu schaffen! Jane schluckte. Solange die Freundschaft nicht zu weit ging, musste sie diese Intimität wohl zulassen.

Sie wich aus. „Ich gebe zu, es ist ein wenig verwirrend, Sie nun nach Fredericks Tod Lord Roxdale zu nennen. Und wie Sie sagen, sind wir durch Frederick miteinander verwandt.“ Sie nickte energisch. „Also gut.“

Er hielt sie auf, indem er ihr eine Hand auf den Arm legte. „Und noch immer haben Sie meinen Vornamen nicht ausgesprochen.“ Natürlich wollte er sie nicht so leicht davonkommen lassen. Jane starrte ihn einen Moment lang an. Dann sagte sie mit klarer emotionsloser Stimme: „Constantine.“

Sie fragte sich, ob ihn ein ähnlicher Schauer der Erregung überlief wie sie. Sie meinte in seinem Gesicht zu lesen, dass es so war. Vielleicht verriet der Ausdruck aber auch Befriedigung darüber, dass er sich durchgesetzt hatte. Was hatte er mit ihr vor?

Plötzlich wurde ihr bewusst, wie allein sie beide im Garten waren. Janes Blut rauschte im Einklang mit dem Brunnen hinter ihnen. Ihr Atem stockte. Ihr wurde heiß und kalt.

Bevor sie wusste, wie ihr geschah, hatte er seine rechte Hand ausgestreckt und strich mit einem Finger sanft über ihre brennende Wange.

„Sie erröten ja schon wieder“, sagte er. „Leider muss ich mich heute Morgen um diverse Geschäfte kümmern, sonst fände ich gewiss noch tausend interessante Argumente, sie zu diesem entzückenden Erröten zu bringen.“

Seine Worte waren unmissverständlich. Eine Welle panischer Erregung überrollte Jane. Wie um alles in der Welt sollte sie Constantine fesseln, ohne selbst verführt zu werden? Beinahe hätte sie über ihre Naivität gelacht. Wer dem neuen Lord Roxdale den Hof machen wollte, ließ sich mit dem Löwen ein. Man lief Gefahr, verschlungen zu werden.

Dann wurde ihr bewusst, was er gesagt hatte. „Geschäfte?“, wiederholte sie. „Betrifft es Lazenby?“

„Ja.“ Er beugte sich herunter, um ein frühes Gänseblümchen zu pflücken. „Sie brauchen gar nicht so ungläubig zu gucken“, murmelte er und reichte ihr das Blümchen. „In Sachen Gutsverwaltung bin ich nämlich nicht ganz ahnungslos.“

In seinem Ton lag ein gewisser Hochmut, der nicht recht zu der unbekümmerten Lässigkeit passen wollte, die sie bisher an ihm beobachtet hatte. Es rief sie zur Räson.

Nach kurzem Zögern nahm Jane das Gänseblümchen entgegen. Sie erhob keine Einwände, als er ihren Arm ergriff und sie vom Brunnen wegführte.

„Ich erinnere mich“, sagte sie. „Sie besitzen in Derbyshire ein Landgut, nicht wahr?“

Sein Blick verdüsterte sich. „Das stimmt. Broadmere.“

Sie fragte sich, warum er plötzlich so finster dreinsah. „Möchten Sie denn nicht dort leben?“

Er schüttelte den Kopf. „Ich war nicht mehr dort, seit ich den Besitz geerbt habe.“

Jane starrte ihn an. Kein Wunder, dass Frederick geschimpft hatte, Constantine vernachlässige seine Pflichten als Gutsherr.

„Zumindest ist es keine Strafe, an einem Tag wie diesem innen zu sitzen.“ Constantine blickte zum Himmel hinauf, wo bereits die dunklen Regenwolken dräuten. „Sicher ist es eine eher langweilige Aufgabe, aber ich brauche einen besseren Einblick in Fredericks Hinterlassenschaft, bevor ich mich entscheide, wie ich weiter vorgehe.“ Jane sah ihn an. „Sie mögen mir vielleicht nicht glauben, aber es tut mir wirklich leid, wie Frederick die Dinge geregelt hat. Es kommt mir so unverantwortlich vor und so untypisch für ihn, uns einem solchen Durcheinander auszusetzen.“

Constantine hob seine Schultern. „Vielleicht dachte er, er hätte noch genügend Zeit, alles zu regeln, bevor er stirbt.“ Er schwieg einen Augenblick. „Vielleicht wollte er mich aber auch bestrafen. Wir sind vor vielen Jahren im Streit auseinandergegangen.“

„Ja?“ Hatten sie sich vielleicht wegen der Dame entzweit, die Constantine entehrt und verlassen hatte?

Er atmete tief ein. „Sie wollen sicher wissen, warum.“

„Nur wenn Sie es mir erzählen wollen“, schwindelte sie.

Er sah einen Augenblick auf sie hinunter. „Ich bin mir nicht sicher.“

Jane stand wie gebannt vor ihm. Seine grünen Augen wurden weicher und tiefer. Sie wirkten auf Jane voller Schatten und Geheimnisse, fast wie ein verwunschener Zauberwald. Die Gefühle, die sich darin spiegelten, konnte sie nicht einordnen. War es ein Bedauern? Reue?

Hatte er vielleicht doch etwas für die Dame empfunden, die er entehrt hatte? Dachte er nach all den Jahren noch an sie? Seit damals hatte er gewiss Dutzende, wenn nicht Hunderte Frauen in seinem Bett gehabt.

Vor ihrem inneren Auge sah sie ihn plötzlich nackt mit seinen kräftigen Gliedern und seiner glänzenden olivbraunen Haut auf zerknitterten Laken liegen. Sie senkte schnell den Blick und hoffte, er hatte sie nicht verraten.

Constantines Nähe brachte sie völlig durcheinander. Die Luft zwischen ihnen knisterte. Mit jedem Atemzug wartete sie auf seine nächste Berührung.

Wie um alles in der Welt sollte sie ihn umwerben und gleichzeitig seine Avancen abwehren? Ihre behütete Existenz hatte ihr keinerlei Erfahrung mit den geheimnisvollen Tricks wendiger Charmeure ermöglicht. Sie war ja noch nicht einmal zur Ballsaison nach London gefahren. Jemand wie Constantine Black war ihr noch nie begegnet.

Mit einer Fingerspitze hob er ihr Kinn. Sie sah, dass sich seine Stimmung verändert hatte. Sein Blick wurde intensiv.

Angespannt sagte Jane: „Sie nehmen sich Freiheiten heraus, auf die Sie keinerlei Anrecht haben, Mylord.“

Seine Stimme wurde heiser. „Aber geraubte Freuden schmecken so viel süßer, finden Sie nicht?“

Mit einem erstickten Laut schüttelte Jane den Kopf und wich vor ihm zurück.

Er folgte ihr ganz langsam, bis sie mit dem Rücken gegen eine hohe Hecke stieß. Sie wusste, dass sie in einen abgelegenen Teil der Gärten gelangt waren, der durch eine hohe Eibenhecke vom Haus getrennt war. Hier würde sie niemand sehen. Wieso war ihr das nicht vorher aufgefallen? Vermutlich, weil Constantine ihre ganze Aufmerksamkeit für sich beansprucht hatte.

Er stand ganz nah bei ihr. Sie spürte die Wärme seines Körpers, roch seinen Duft und bemerkte, wie ihr eigener Körper sich plötzlich vor Erregung anspannte.

„Ja“, murmelte Constantine, als wüsste er genau, was seine Nähe in ihr auslöste. „Es wäre klüger gewesen, wenn Sie Ihre Cousinen nach London begleitet hätten, Lady Roxdale. Ich kann der Versuchung nur selten widerstehen, müssen Sie wissen.“

„Wie nett von Ihnen, mich zu warnen“, sagte sie giftig. „Andernfalls wäre ich Ihnen tatsächlich auf den Leim gegangen.“

Sein entschlossener Blick verschwand. Er lachte auf und trat zurück. „Sie sind eine kleine Ziege! Aber kommen Sie, jetzt verstehen wir einander.“ Er ließ den Blick über sie gleiten und sie spürte ihn wie eine Berührung an verbotenen Stellen. „Es ist kein Verbrechen, Lady Roxdale“, murmelte er. „Was schadet es schon, wenn wir uns in unserer Lage Vergnügen bereiten?“

„Aber ich will Ihnen kein Vergnügen bereiten“, sagte Jane. „Ich will Sie heiraten, Mylord.“

Sie hatte die zweifelhafte Freude zu sehen, wie er die Brauen zusammenzog. Doch bevor sie weiter ausführen konnte, richtete sich Constantines Aufmerksamkeit auf etwas hinter ihr.

Seine Lippen verzogen sich zu einem humorlosen Lächeln und sein Blick wurde plötzlich hart und spöttisch. „Ah. Unser aufrechter Nachbar kommt uns besuchen. Wie immer genau zum rechten Zeitpunkt.“

Jane drehte sich um und entdeckte Adam Trent, der, den Hut in der Hand, über den Rasen auf sie zukam. „Sie kennen ihn?“

„Leider! Seit meiner Kindheit.“

Auf seinem Gesicht zeichnete sich der gleiche leicht verächtliche Ausdruck ab, den sie schon bei der Abreise des Dukes an ihm beobachtet hatte.

Das Objekt seiner Betrachtungen war ein großer, athletischer Mann in einem adretten braunen Anzug. Er galt als der attraktivste Mann in den Cotswolds. Bis jetzt hatte Jane diese Meinung geteilt. Neben Constantine Blacks lebhafter dunkler Schönheit jedoch erinnerte Mr Trent sie nun ein wenig an ihren einheitsbraunen Frühstücksporridge.

Er wirkte fade, so nichtssagend. Es war hässlich von ihr, so zu denken, immerhin war er Fredericks bester Freund gewesen.

„Guten Morgen, Mr Trent. Wie geht es Ihnen?“ Jane knickste.

„Lady Roxdale.“ Trent ergriff ihre Hand und beugte sich darüber. „Ich hatte gestern keine rechte Gelegenheit, Ihnen mein Beileid auszusprechen, aber glauben Sie mir, Ihr Verlust bekümmert mich zutiefst.“

„Vielen Dank“, murmelte sie. „Ich weiß, dass Ihnen Fredericks Tod sehr nahegeht, Sir.“

„Allerdings. Er war ein guter Mensch. Ein prima Kerl.“

Jane drehte sich um, um mit einer flüchtigen Geste auf Constantine aufmerksam zu machen. „Ich glaube, Sie kennen den neuen Lord Roxdale.“

Constantine nickte zum Gruß. „Trent.“

Eine lange Pause trat ein, in deren Verlauf nur das Rauschen des Brunnens zu hören war. Ein einsamer Vogel füllte das Schweigen mit seinem süßen durchdringenden Gesang. Adam Trent reagierte nicht. Er sagte nichts. Er stand einfach nur da, den Blick auf Janes Gesicht gerichtet.

So, als wäre Constantine Black gar nicht anwesend.

Vor Entrüstung liefen Janes Wangen tiefrot an. Sie drehte sich zu Constantine um, bereit, diese Unhöflichkeit zurechtzurücken, doch es war schon zu spät.

Kies knirschte, als Constantine auf dem Absatz kehrtmachte und ging.

Stirnrunzelnd wandte sich Jane zu ihrem Nachbarn um, beherrschte sich aber, ehe sie den Tadel aussprach, der ihr auf der Zunge lag. Warum sollte sie Constantine Black verteidigen?

Adam Trent sah Constantine nach. Er verzog das Gesicht. „Ich wusste gar nicht, dass er hier ist.“

„Wenn Sie es gewusst hätten, hätten Sie sein Land wohl nicht betreten, nehme ich an“, sagte Jane. Sie verachtete Frömmelei, aber noch weniger gefiel ihr ungezogenes Benehmen. Es gehörte sich einfach nicht, einen Mann in seinem eigenen Haus zu schneiden, ganz egal, was für ein Schuft er war.

Trent schien die Kritik nicht zu bemerken. „Lady Roxdale, es gibt da etwas ..." Er drehte den Hut in seinen Händen und runzelte die Stirn. „Jane, ich muss Sie vor diesem Kerl warnen.“

Sie lachte. „Glauben Sie mir, Mr Trent, mir ist Constantine Blacks Ruf wohlbekannt. Es ist unnötig, sich um meine Ehre zu sorgen. Mir droht keine Gefahr.“

Oh, Jane, was für ein Schwindel!

Trent kniff die Augen zusammen, als wollte er sie genauer betrachten. „Also schön, lassen wir das Thema. Die Geschichte ist ohnehin nicht für Ihre Ohren geeignet.“

Montford war nicht davor zurückgeschreckt, sie ihr zu erzählen. Unwillkürlich wurde Jane neugierig. Der Duke hatte ihr nur die Fakten erzählt, doch sie wollte erfahren, was genau vorgefallen war. Adam Trent wusste offenbar Bescheid.

Sie biss sich auf die Lippe. Suchte sie etwa nach mildernden Umständen für Constantine? Für eine derartige Ehrverletzung konnte es keine geben.

Jane schüttelte sich innerlich. Sie sollte nicht einmal in Erwägung ziehen, sich Klatschgeschichten über den Erben ihres Mannes anzuhören. Sie brauchte nicht zu hören, was Adam Trent zu Constantine Blacks Herabsetzung zu sagen hatte. Es ging sie auch nichts an.

„Nun, ich bleibe nicht“, sagte Trent und sah so zum Haus hinüber, als wäre er trotz allem gern geblieben. Er konnte doch unmöglich erwarten, dass sie ihn nach seinem rüden Benehmen dem neuen Hausherrn gegenüber zum Bleiben aufforderte? „Ich bin nur gekommen, um mich nach Ihrem Befinden zu erkundigen.“

„Wie reizend“, sagte Jane ein wenig steif. „Wie Sie sehen, geht es mir gut, Sir.“

„Ja, mir ist schon aufgefallen, dass Ihre Wangen heute besonders rosig sind. Das ist hervorragend.“ Er bot ihr den Arm. „Möchten Sie mit mir ein Stück zurückgehen?“

Was blieb ihr übrig, als einzuwilligen? Sie hängte sich bei ihm ein. In Trents Nähe fühlte sie nichts von der Erregung, die sie bei Constantine Black so beunruhigte.

Nach kurzem Schweigen sagte er: „Was haben Sie jetzt für Pläne, Lady Roxdale?“

Sie gab ihm dieselbe Antwort wie Montford: „Ich bleibe hier, bis ich den Haushalt übergeben kann.“ Bis Constantine Black sich bereit erklärt, mich zu heiraten, korrigierte sie sich im Stillen.

Er hob die Brauen. „Ich nehme an, Sie haben eine zuverlässige Anstandsdame?“

„Lady Endicott ist so freundlich.“ Die Countess hatte ihr Schlafzimmer nach ihrem hysterischen Anfall am Vorabend noch nicht wieder verlassen, aber das würde sie Trent gegenüber nicht erwähnen.

„Wie schade, dass Sie Lazenby verlassen müssen“, sagte er. „Sie haben hier so viel Gutes bewirkt.“

Ja, sie würde Lazenby vermissen, wenn sie fortmusste. Sie sog die regenfrische Luft tief ein und blickte auf den terrassenförmigen Garten mit den Brunnen, dem See und der romantischen, von Trauerweiden umrahmten Steinbrücke.

Ein Windstoß blähte ihre Röcke auf und kräuselte die Oberfläche des Sees. Plötzlich kam die Sonne durch die eisengrauen Wolken und tanzte wie ein goldener 'Glitzerregen über die Wellen. Das tiefe Grün der Hügel schien leise wispernd nach Jane zu rufen.

Sie musste unbedingt wieder ausreiten. Nach einer Woche Dauerregen war es Zeit, den Kopf freizubekommen und den Staub der Trauerfeier abzuschütteln.

„Werden Sie nur den Besitz vermissen?“, drängte sich Trents tiefe Stimme in ihre Gedanken. „Ich werde Sie jedenfalls vermissen, Jane.“ Ihr Blick huschte zu ihm herüber, doch seine Miene war nur freundlich und nicht amourös. „Natürlich. Das versteht sich hoffentlich von selbst.“

Sie streckte die Hand aus, um ihn freundlich, aber entschieden zu verabschieden. „Danke für den Spaziergang, Mr Trent. Ich habe heute Morgen sehr viel zu tun. Bestimmt können Sie mich entschuldigen.“

Er ergriff ihre Hand und hielt sie warm in seiner. „Lassen Sie mich wissen, wenn ich etwas für Sie tun kann“, er biss die Zähne zusammen, „und wenn dieser Schurke Sie auch nur im Geringsten beleidigt. Ich weiß, was ich dann zu tun habe.“

Jane entzog ihm die Hand und knickste. „Danke, Mr Trent, aber ich bin sicher, dass das nicht nötig sein wird.“

Als Jane ins Haus zurückkehrte, stieß sie dort auf geschäftiges Treiben. Diener marschierten in einem endlosen Strom von jagdgrünem Samt und Silberschnürung hoch beladen mit Gepäck durch die Eingangshalle und die Treppe hinauf. Hatte der neue Lord schon Gäste eingeladen?

„Da sind Sie ja, meine Liebe!“ Mühelos drang eine klare, energische Stimme durch die Halle.

Gütiger Gott, was erwartete sie jetzt? Langsam drehte Jane sich um. „Lady Arden! Welch eine Überraschung.“

Jane hätte ihre Ankunft erwarten sollen. Lady Arden war eine unermüdliche Ehestifterin. Gewiss war sie gekommen, um dafür zu sorgen, dass Jane ihre Pflicht tat und Constantine Black heiratete. Das kam Jane hervorragend zupass. Sie brauchte all die Hilfe, die sie bekommen konnte.

Die ältere Dame kam mit ausgebreiteten Armen auf sie zugeeilt, wobei die kostbaren Spitzen von den Ärmeln ihres Kleides wie lose Spinnweben flatterten. Lady Arden wirkte stets kühl und elegant. Jede einzelne Strähne ihres honigbraunen Haars saß genau dort, wo sie hingehörte. Jane beneidete sie zutiefst um dieses Auftreten.

Statt ihre Hände zu ergreifen, schloss Lady Arden Jane in eine innige Umarmung.

Als sie sie freigab, tätschelte Lady Arden ihre Wangen. „Sie Ärmste. Wie rücksichtslos von Frederick, hinzugehen und einfach zu sterben.“ Sie schluckte und blinzelte angestrengt. „Der gute Mann hat nie gewusst, was sich schickt.“

Ein leises Beben in Lady Ardens Stimme nahm ihren Worten die Herzlosigkeit. Ihre Augen glänzten feucht und Jane wurde bewusst, dass sie die grande dame der Blacks noch nie so menschlich gesehen hatte.

„Es kam ganz plötzlich“, sagte Jane leise. „Es war keine Zeit, irgendjemanden darauf vorzubereiten, obwohl wir schon seit einem Jahr wussten, dass es nur eine Frage der Zeit war.“

Lady Arden nickte verständnisvoll. „Die Beerdigung war gestern, nicht wahr? Ja, das dachte ich mir.“

„Es tut mir leid“, meinte Jane. „Ich habe geschrieben.“

„Sie können nichts dafür, meine Liebe. Der Brief hat mich nicht rechtzeitig erreicht. Ich war auf unserem schottischen Besitz unterwegs.“ Lady Arden streckte sich, als wollte sie alle Melancholie entschlossen abschütteln. „Wollen wir es uns gemütlich machen?

Ich gäbe alles für eine schöne Tasse Tee.“

„Gehen wir in meinen Salon.“ Jane lächelte und führte die Besucherin nach oben.

Sie klingelte, um Tee zu bestellen, und bot Lady Arden Platz an. Ein Lächeln spielte um Lady Ardens Mund. „Wie ich höre, ist dieser Spitzbube Constantine hier.“

„Ja. Ich glaube, er bespricht sich gerade mit unserem Verwalter und dem Anwalt. Der Besitz ist in einem schrecklichen Durcheinander hinterlassen worden.“

„Wirklich?“, sage Lady Arden. „Wie ärgerlich für ihn.“

„Nicht nur für ihn“, murmelte Jane.

„Ach, es gibt nichts Langweiligeres als Geschäfte. Reden wir lieber von etwas Interessanterem.“ Lady Arden tat die finanzielle Krise ihres Verwandten mit einer eleganten Handbewegung ab.

„Also!“, fuhr sie mit blitzenden Augen fort. „Nun haben Sie den schlimmsten Black getroffen.“ Lady Arden stützte das Kinn in die Hand. „Meine liebe Jane. Erzählen Sie mir alles.“