Die »ganz normale Arbeit«: Wöchentliche Arbeitszeit, Nacht- und Wochenendarbeit
Wöchentliche Arbeitszeiten
Die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten in Deutschland liegt, wie oben genannt, bei durchschnittlich 41 bis 43 Stunden122. Einige Beschäftigungsbereiche sind von regelmäßig überlangen wöchentlichen Arbeitszeiten besonders betroffen. An der Spitze liegen – von Selbstständigen und Ärzten/innen abgesehen123 – die Bauern: 42 Prozent der »landwirtschaftlichen Fachkräfte« arbeiten regelmäßig mehr als 48 Stunden in der Woche. Ihnen folgen Leitungs- und Führungskräfte (39 %) und Akademiker (21 %). Hohe tägliche und damit auch wöchentliche Arbeitszeiten sind gesundheitsrelevant: Bei regelmäßig zehn Stunden täglicher Arbeit ist das Depressionsrisiko bereits deutlich erhöht. Wer regelmäßig elf Stunden täglich und mehr arbeitet, erhöht sein Depressionsrisiko um das 2,5-Fache124. Interessant ist allerdings, dass bei Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Großbritannien beobachtet wurde, dass eine durch Überstunden bedingte, gering über die tarifliche tägliche Arbeitszeit hinausgehende Beanspruchung von bis zu neun Stunden das Depressionsrisiko nicht erhöht, sondern eventuell sogar senkt125. Dies ist aus meiner Sicht nicht als Plädoyer für Überstunden zu verstehen, sondern als ein Hinweis darauf, dass es der Gesundheit nicht schadet, sich ein wenig mehr als das geforderte Minimum beruflich zu engagieren.
Nacht- und Wochenendarbeit, Erreichbarkeit außerhalb der Dienstzeit
Nicht nur wie viele Stunden pro Woche gearbeitet wird, auch die Frage, zu welchen Tageszeiten gearbeitet wird und ob die Arbeitszeit das Wochenende mit einbezieht, ist von Belang. Der Anteil derer, die regelmäßig im Zeitfenster zwischen 18 Uhr und 23 Uhr berufstätig sind, hat sich mit 27 Prozent (im Jahre 2011) gegenüber zwanzig Jahren davor fast verdoppelt126. Auch der Anteil der Nachtarbeiter, also jener Menschen, die regelmäßig zwischen 23 Uhr und sechs Uhr arbeiten, hat in den letzten Jahren zugenommen, er liegt derzeit bei neun Prozent. Regelmäßige Arbeit am Wochenende fällt vor allem im landwirtschaftlichen sowie im Dienstleistungssektor an. Regelmäßig am Samstag arbeiten laut »Stressreport Deutschland 2012« derzeit 64 Prozent der abhängig Beschäftigten (oder 27 % aller Erwerbstätigen), regelmäßige Sonn- und Feiertagsarbeit leisten 38 Prozent der abhängig Beschäftigten (oder 14,5 % aller Beschäftigten). 29 Prozent aller Beschäftigten müssen auch außerhalb ihrer Dienstzeit jederzeit erreichbar sein (bei den abhängig Beschäftigten beträgt der Anteil hier »nur« 18 %)127. Bei Selbstständigen sind hier 63 Prozent betroffen, bei Leitenden Angestellten 54 Prozent128.