Menschliche Arbeit aus der Perspektive Ernst Jüngers, Ernst Blochs und Hannah Arendts

Von den vielen Autoren des 20. Jahrhunderts, die sich zur Frage der menschlichen Arbeit geäußert haben, seien an dieser Stelle hier abschließend nur drei erwähnt. Sie haben das zeitgenössische Denken über die Arbeit bis heute besonders nachhaltig beeinflusst. Im politisch rechten Lager war dies Ernst Jünger (1895–1998) mit seinem 1932 veröffentlichten Text »Der Arbeiter«, auf der eher links-intellektuellen Seite Ernst Bloch (1885–1977) mit »Prinzip Hoffnung«, und schließlich die keinem politischen »Lager« zuzuordnende Hannah Arendt (1906–1975) mit ihrem Hauptwerk »Vita activa oder Vom tätigen Leben«.

Jünger entwarf die Welt als einen Ort totaler Arbeit: »Der Arbeitsraum ist unbegrenzt, ebenso wie der Arbeitstag 24 Stunden umfasst … Es gibt … keinen Gesichtswinkel, der nicht als Arbeit begriffen wird.« In Anlehnung an Nietzsches »Wille zur Macht« stellte Jünger den »Aufbereitungs-, Zerstörungs- und Bemächtigungscharakter« der Arbeit in den Mittelpunkt, wie es Severin Müller in seiner sehr lesenswerten »Phänomenologie und philosophischen Theorie der Arbeit« ausdrückte, wohingegen »Rationalität und Vernunft [bei Jünger] sekundär« blieben45. Den Arbeiter, den er als eine durch nichts aufzuhaltende, die bürgerliche Gesellschaft zerstörende menschliche Maschine beschrieb, glorifizierte Jünger als eine Art Übermenschen nietzscheanischer Prägung. Jüngers Vorstellung der totalen Arbeit antizipierte den »totalen Krieg« der Nationalsozialisten, mit denen er zeitweise stark sympathisierte. Jünger entwarf die Arbeit als »Vorgang unbeschränkt fiktionaler, und fantastisch entwerfender Imagination«46. Sie war für ihn das Mittel zur Verwirklichung einer alle natürlichen Dimensionen sprengenden, megalomanen und martialischen neuen Welt.

Ernst Bloch sah – darin Karl Marx und Friedrich Engels folgend – die »Arbeit als Mittel der Menschwerdung«. Er hatte die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Arbeit und die sich daraus für den Menschen ergebenden Chancen der Selbstverwirklichung im Auge: »[Der Mensch] wird in seiner Arbeit und durch sie immer wieder umgebildet«47. Bloch sah in der Arbeit des Menschen Merkmale »eines nie entsagenden Traums nach vorwärts«48.

Hannah Arendts Blick auf die Arbeit orientiert sich – im Gegensatz zu Nietzsche, Jünger und Bloch – weniger an deren testosteronaffinen utopischen Perspektiven der Arbeit, sondern an der biologischen und psychologischen Situation des Menschen. »Die Arbeit entspricht dem biologischen Prozess des menschlichen Körpers, der … sich von Naturdingen nährt … um sie als die Lebensnotwendigkeit dem menschlichen Organismus zuzuführen.« Arendts Feststellung, dass »die Grundbedingung, unter der die Tätigkeit des Arbeitens steht, … das Lebens selbst [ist]«49, macht deutlich, dass sie die Arbeit als Ausdruck sowohl des Mangels bzw. der Bedürftigkeit als auch der Potenziale des Menschen sah (auf ihre Unterscheidung zwischen »Arbeit« und »Herstellung« wird in Kapitel 6 Bezug genommen werden). Arendts weibliches, biologisch geerdetes Konzept steht der Perspektive des Autors dieses Buches, der die Arbeit als Neurobiologe, Mediziner und Psychotherapeut beleuchten möchte, verständlicherweise besonders nahe50.