19. Kapitel

 

2009, Moose Lake, Cedar Creek Lodge

 

Kannibalismus? Das musste Ondragon erst einmal verdauen. Es war in der Tat Dr. Arthurs Spezialgebiet. Er hatte es, bevor er in die CC Lodge kam, sogar selbst recherchiert. Seit seiner Studienzeit beschäftigte sich Dr. Arthur mit der Therapierbarkeit von Menschen mit kannibalistischen Neigungen und hatte darüber eine Reihe von Artikeln in Fachzeitschriften veröffentlicht.

Ondragon setzte sich in seinem Bett auf. Nachdem er sich von Hatchet verabschiedet hatte, war er in sein Zimmer gegangen, wo er sich zum Nachdenken hingelegt hatte.

Konnte das wirklich sein? Behandelte Dr. Arthur hier in der Cedar Creek Lodge Kannibalen? Hier unter einem Dach mit all den anderen Pflegefällen? Und war Kateri Wolfe eine Kannibalin, obwohl sie ihm erklärt hatte, dass sie Vegetarierin sei, weil sie den Geschmack von Fleisch nicht ertrug? Diese Vorstellung war … erregend und beängstigend zugleich.

Ondragon kam erneut die Geschichte von Vernon in den Sinn. Bates soll einen Arm im Wald gefunden haben. Und dann dieses Wendigo-Gequatsche, das Waldmonster, das Menschfleisch fraß!

Unruhig geworden erhob Ondragon sich. Er konnte hier nicht so tatenlos herumliegen, wenn da draußen, oder besser hier drinnen ein, nein, schon wieder falsch, womöglich mehrere Verrückte herumliefen, die es auf Menschenfleisch abgesehen hatten. Er holte sein iPhone hervor und sah auf das Display. Keine Mail von Rudee! Ungeduldig wählte er eine Nummer.

„Chef?“, meldete sich seine Assistentin im fernen Los Angeles. Ihre Stimme zu hören, verursachte Ondragon Sehnsucht nach der Großstadt. Die Freiheit, mit dem Auto zu fahren, wohin man wollte - einfach auf den Freeway und weg; der Geruch nach heißem Asphalt, überquellenden Mülleimern, Sonnencreme und zu viel Menschen, Bars, Cafés und klimatisierten Supermärkten. Einfach herrlich!

„Charlize, könntest du einen Auftrag für mich erledigen?“

„Der wäre?“

„Es sind zwei Dinge, die aber beide mit einem Ort zu tun haben.“

„Ja?“

„Schreibst du mit?“

Hai, Paul-san!“

„Gut, es geht um den Ort Orr hier in Minnesota, kleines Kaff, lebt von der Holzindustrie. Das erste, was ich wissen möchte, ist, ob es im März 2009 oder davor einen Mord gegeben hat, ob jemand als vermisst gemeldet wurde oder ob eine Leiche aufgetaucht ist. Das zweite betrifft eine Familie namens Parker. Sie wohnte in der Nähe dieses Ortes und hatte zwei Söhne, Peter und Mortimer. Vater und Mutter sind 1996 tot in ihrer Hütte aufgefunden worden. Ich möchte wissen, was die Todesursache war und ob man den Mörder gefunden hat, naja, eben alles, was du darüber finden kannst. Dann bräuchte ich noch sämtliche medizinischen Artikel von Dr. Jonathan Aaron Arthur über Kannibalismus. Ach ja, und finde doch mal heraus, ob in Orr noch einen Mann namens Jeremy Bates wohnt.“

„Chef?“

„Ja?“

„Ist alles in Ordnung?“

Ondragon stutzte. „Wieso?“

„Hört sich an, als ob du mit Hannibal Lecter die Zelle teilst. Nein, mal ehrlich, du klingst aufgekratzt, so kenne ich dich gar nicht.“

„Es wäre schön, wenn du die Informationen so schnell wie möglich beschaffen könntest, hörst du? Es ist sehr dringend! Und wenn du kurz nach Orr fliegen musst, ist mir egal. Ich kann hier jedenfalls nicht weg!“

Kurzes Schweigen am anderen Ende. „Gut. Bin schon dabei!“ Sie schien seine Unfreundlichkeit einfach zu ignorieren. War auch besser so, schließlich waren seine Launen nicht immer ganz einfach. Wenn Paul Eckbert Ondragon etwas als dringend einstufte, dann war es ein physikalisch geltendes Gesetz! Strecke geteilt durch Zeit gleich Geschwindigkeit, oder so etwas in der Art.

Er verabschiedete sich, legte auf und sah noch einmal in seine Mailbox. Immer noch nichts von Rudee. Dafür eine Anfrage von seinem Mitarbeiter Dietmar Hegenbarth aus Dubai. Er wollte wissen, ob er als Bezahlung für seine Beratung eine Beteiligung an einer Ölquelle in Abu Dhabi akzeptiere? Verdammt, er hatte diese Mails doch auf Charlizes Account umgeleitet. Genervt sendete er eine Antwort an Dietmar, seinen ältesten Angestellten, mit der Aufforderung, er solle es gefälligst selbst entscheiden, und schaltete das Telefon aus.

Wenig später verließ Ondragon sein Zimmer und ging nach unten. Er wollte mit Kateri sprechen. Er musste wissen, warum sie hier war. Vielleicht hatte Hatchet sich auch nur einen Scherz mit ihm erlaubt, und die „Braut aus der Hölle“ hatte ein ganz anderes Problem als die Lust auf Menschenfleisch!

Er fand sie in der Lounge in einem Sessel am Terrassenfenster sitzen. Draußen war es noch immer ungemütlich regnerisch, und es sah aus, als ob sich das heute wohl auch nicht mehr ändern würde. Von hinten trat er an Kateri heran und wollte sie gerade ansprechen, als er sah, was sie tat.

Sie las in einem Buch!

Erschrocken trat er zurück. Ekel regte sich in seiner Kehle, und sofort waren seine Hände schweißnass. Seine Augen klebten an dem Gegenstand, der für ihn Horror schlechthin bedeutete, und als sie eine Buchseite umblätterte, verursachte das Rascheln des bedruckten Papieres ihm ein Zittern am ganzen Leib. Schnell wich er noch weiter zurück und bekam sich erst wieder unter Kontrolle, als er draußen auf dem Flur stand. Hatte die Hypnose diese ungewohnt heftige Reaktion ausgelöst? Oder war es die Kombination dieser Frau mit einem Buch? Warum tat sie das? Sie wusste doch, dass er Probleme damit hatte. Ondragon wandte sich von der Tür zur Lounge ab. Beim Abendessen in einer Stunde würde er mit ihr sprechen können, so lange musste er sich die Zeit mit etwas anderem vertreiben. Er steckte sich ein Kaugummi in den Mund und begann durch das Gebäude zu wandern. Zum zweiten Mal, seit er hier logierte, sondierte er das Terrain und teilte die Räume in zwei Kategorien ein: solche, zu denen die Gäste unbeschränkten Zutritt hatten - wie beinahe der gesamte untere Bereich, mit Ausnahme des Büros hinter dem Empfangstresen und der Küche mitsamt der Kühl-und Lagerräume und solche Räume, die eine bestimmte Autorisierung erforderten oder ganz gesperrt waren für den Zutritt Unbefugter. Dazu gehörten die Sprech-und Therapieräume, die Verwaltungs-und Arbeitszimmer der Ärzte im obersten Stockwerk und natürlich Dr. Arthurs Wohnräume im „Turm“. In Ondragon kam die Frage auf. Wie hielt man es hier unter einem Dach mit all den Verrückten bloß aus? Man musste schon verdammt idealistisch veranlagt sein … oder bestenfalls auch verrückt.

Er beendete seinen Rundgang im Wohntrakt vor der Zimmertür mit der Nummer 20. Er hatte dort bereits einmal erfolglos gelauscht, und schon da war ihm aufgefallen, dass an dieser Tür ein anderes Schloss angebracht war als bei den restlichen Gästezimmern, nämlich ein elektronisches Zahlenschloss. Das würde er nicht so leicht aufbekommen wie das unten vom Büro. Aber Rudee hatte ihm einige nützliche Apps für sein iPhone geschrieben, mit denen man selbst mehrfach gesicherte Zahlenkombinationen ausspionieren oder sich in bestimmte Systeme einhacken konnte, wie zum Beispiel Alarmanlagen. Alles, was er dafür brauchte, war ein ungestörter Moment und sein Telefon, auf das sogar Steve Jobs neidisch gewesen wäre! Doch dazu später. Zuerst der Hardwaretest. Ondragon hob eine Hand und klopfte laut an die Tür. Nichts.

Er vergewisserte sich, dass außer ihm niemand auf dem Flur war und sprach dann mit gedämpfter Stimme gegen die Tür: „Hallo, Mr. Orchid? Sind sie da drinnen?“

Stille.

„Mr. Orchid, ich bin von der Polizei und würde gerne mit Ihnen über die Leiche im Wald reden!“

War da ein Laut gewesen? Ein sanftes Poltern, so als stünde jemand von einem Stuhl auf?

„Mr. Orchid? Bitte geben Sie mir ein Zeichen, ob Sie da drinnen sind.“

Wieder Stille wie in einem Grab.

Ondragon gab es auf. Er würde sich entweder einen ganzen Tag auf die Lauer legen müssen, um den Typen zu erwischen, oder er brach nachts in Nr. 20 ein. Bevor er nach unten zum Abendessen ging, sah er in seinem Zimmer noch einmal in seiner Mailbox nach. Leider war sie noch immer leer. Rudee ließ sich verdammt viel Zeit!

 

Im Restaurant war es voll. Das schlechte Wetter hatte alle Gäste wohl aus Langeweile zur gleichen Zeit zum Abendessen getrieben. Hoffnungsvoll schaute Ondragon sich um, doch leider keine Kateri. Seltsam, wo steckte sie nur? In Ihrem Zimmer? Einen Moment überlegte er, noch einmal hinaufzugehen und bei ihr zu klopfen, doch dann besann er sich und setzte sich an seinen Tisch, wo Carlos ihn mit einem schelmischen Lächeln bediente.

Nicht ohne eine gewisse Neugier sah sich Ondragon unter den Gästen um. War einer von ihnen ein Kannibale? Er bemerkte, dass Charlie Bloom wieder getrennt von den Models saß, finstere Mienen auf beiden Seiten. Nanu, Krach? Nicht sein Problem. Dafür hatten sich Enrique Souza und der bisher unauffällige Staranwalt Steven Myller zueinandergesellt. Ungewöhnlich. Noch eine weitere ungewohnte Paarung stellten Thomasz Viktory, der Tennisspieler, und der Chirurg Petrowsk dar. Gemeinsam saßen sie an einem Tisch und diskutierten heftig - soweit er das hören konnte, auf Russisch. War es nicht so, dass Russen und Osteuropäer verstärkt zum Kannibalismus neigten - von wegen bitter kalte Winter und so? Ondragon ließ seinen Blick weiterschweifen. Die Filmdiva? Nein. Der Politiker? Vielleicht. Harvey Lyme, der Makler? Der saß stocksteif da wie die Personifizierung des kontaktunfähigen, sexuell gehemmten Junggesellen in den Vierzigern und aß mit nur wenig Appetit. Nein, der war viel zu verkrampft für solch ein extravagantes „Hobby“, aber bekanntlich waren stille Wasser tief und sumpfig.

Und der britische Investmentbanker? Terry Stuart starrte mit säuerlicher Miene in die Gegend, als gehe er im Kopf sämtliche Börsenkurse durch und ärgere sich dabei, dass er sein Handy hatte abgeben müssen und nun keine Geschäfte mehr machen konnte. Der Typ hatte etwas Manisches an sich, aber ob er deswegen gleich ein Kannibale war? Ondragon wandte sich wieder seinem Essen zu: Eine halbe Ente ohne Knochen, aber mit Rotkohl und Orangensoße. Wenn er so weiter aß, würde er nach seinem Aufenthalt hier Werbung für Michelin-Autoreifen machen können.

Nach dem Essen - Miss Wolfe war die ganze Zeit über nicht aufgetaucht - schlenderte er hinüber in die Lounge, holte sich einen Virgin Caipirinha und ging nach vorne in den nur spärlich beleuchteten Eingangsbereich. Der Empfangstresen war verwaist, Sheila hatte schon Feierabend. Ondragon trat an die Glastür und sah nach draußen. So als verschlucke er jegliches Licht, stand sein Mustang wie ein düsterer Veteran der Straße zwischen den anderen Autos. Er wirkte fast zornig, weil er, der mit seinen 41 Jahren schon alle Straßen gesehen hatte, neben einem roten Prius stehen musste. Ondragon fiel auf, dass an der Anordnung der Autos etwas anders war. Ein Geländewagen fehlte, der Chrysler. Wem der gehörte, hatte er noch gar nicht herausgefunden. Außerdem, so stellte er fest, war ein Auto dazugekommen, eine weiße Lexus Limousine. Wahrscheinlich gehörte sie einem der Angestellten oder Ärzte. Die Wagen der Polizei waren schon längst nicht mehr da. Ob Deputy Hase nochmal wiederkam, um weiter Leute zu befragen?

Ondragon setzte sich auf das gemütliche Ledersofa, nippte an seinem Caipi und schaute in die Gasflammen des Kamins. Die waren zwar nicht so schön wie ein echtes Feuer und knisterten auch nicht, aber sie halfen beim Nachdenken. Heute Nacht wollte er sich mit Zimmer Nr. 20 beschäftigen. Wenn er erst einen Blick hinein geworfen hätte, wäre er vielleicht schlauer. Ondragon leerte sein Glas und lehnte sich zurück. Es war erstaunlich, wie sehr ihn diese fremde Umgebung aus dem Konzept brachte. Es war nicht sein gewohntes Feld, nicht seine Homezone. Er brauchte das vertraute Chaos der Stadt. In der Stadt konnten die Menschen noch so verrückt sein, sie bot jedem eine Nische, aber hier in der gottverlassenen Wildnis wirkte schon der kleinste Tick bedrohlich. Der Mangel an Alternativen machte ihn verletzbar - ausgerechnet ihn! Ondragon stand auf und ging in die Lounge, um noch einmal nach Kateri zu sehen. Keine Spur von ihr. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch stieg er die Treppe hinauf. Vor Kateri Wolfes Tür blieb er stehen. Nur wenige Atemzüge vergingen, bevor er klopfte. Keine Antwort. Er beließ es dabei. Wenn sie ihre Ruhe haben wollte, dann musste er dies akzeptieren. Leise ging er in sein Zimmer und verbrachte den Rest des Abends damit, im Internet zu recherchieren.

 

Um zwei Uhr nachts klingelte sein Wecker. Die Luft im Zimmer war stickig. Ondragon stand auf und öffnete die Balkontür. Eine frische Brise wehte ihm entgegen. Die Regenwolken hatten sich verzogen und der abnehmende Mond spiegelte sich zusammen mit den schwarzen Schemen der Bäume auf dem See. Langsam atmete er ein. Die Würze von feuchten Tannennadeln und harziger Baumrinde drang in seine Nase und kitzelte seinen von der Stadtluft verkümmerten Riechsinn.

Bevor Ondragon das Zimmer verließ, vergewisserte er sich, ob sein iPhone genug Saft hatte, dann öffnete er die Tür und spähte in den dunklen Flur hinaus. Er war leer. Auf leisen Sohlen ging er zu Nr. 20. Kurz lauschte er an der Tür und holte dann das Telefon hervor, um damit den Zahlencode des Schlosses zu knacken. Plötzlich hörte er ein Geräusch. Rasch versteckte er sich hinter der Sitzgruppe am Ende des Flures und lugte um den Sessel herum. Im Dunkeln gewahrte er eine Bewegung. Aber nicht vor Orchids oder Hatchets Zimmer, sondern vor Kateri Wolfes. Ihr Schatten verharrte kurz und ging dann in Richtung Treppe. Auch wenn Kateri nicht seine Zielperson war, nahm Ondragon die Verfolgung auf. Leise schlich er ihr hinterher, folgte ihr bis zum Eingangsbereich, ohne dass sie ihn bemerkte. An der Tür hielt Kateri inne, holte etwas aus der Hosentasche - sie war vollkommen angekleidet - und betätigte sich am Türschloss. Sie hatte doch tatsächlich einen Schlüssel für die Eingangstür! Als einzige von den Gästen. Welch ein Privileg. Vielleicht lag es daran, dass sie so eine Art Mündel von Dr. Arthur war. Nachdem Kateri aus der Tür geschlüpft war, schloss sie sie hinter sich ab. Zu dumm, jetzt konnte er ihr nicht weiter folgen. Ondragon lief an die Tür und spähte durch die Glasscheibe hinaus. Was wollte Kateri da draußen, mitten in der Nacht?

Nur wenig später bekam er die Antwort, denn der Prius rollte rückwärts und völlig lautlos aus seiner Parklücke. Diese Elektroautos gaben wirklich nicht das leiseste Geräusch von sich! Als Fußgänger musste man da verdammt aufpassen, dass man nicht überrollt wurde, wenn man sich beim Straßenüberqueren nur auf sein Gehör verließ. Als der Prius vom Parkplatz fuhr, ging das Standlicht an. Ondragon überlegte. Er hatte doch Kateris Autoschlüssel im Tresor gesehen. Warum hatte sie ihn jetzt? Für eine Spritztour konnte man ihn sich bei Sheila bestimmt nicht ausborgen. Oder besaß sie auch hier Sonderrechte? Stirnrunzelnd blickte er in die Nacht hinaus. Diese Frau war wahrhaftig ein Rätsel. Dann erinnerte er sich an sein eigentliches Vorhaben, schlich zurück in den ersten Stock und zog das iPhone aus der Tasche, doch kaum hatte er das Display eingeschaltet, drang schon wieder ein Geräusch an sein Ohr. Das ging ja hier zu wie in einem Taubenschlag! Erneut flüchtete er hinter die Sitzgruppe. Er sah, wie Hatchet den Flur entlangkam. In der Küche wartete bestimmt schon seine Portion Pommes. Ondragon spürte einen gewissen Futterneid. Aber dafür war er nicht aufgestanden. Er blickte zu der Tür von Nr. 20. Sollte er noch einen Versuch wagen? Oder sollte er erstmal abwarten, ob noch etwas passierte. Womöglich kam Kateri gleich zurück. Oder Hatchet. Ondragon spürte, wie die Müdigkeit in seine Gedanken gluckerte und gab „Mission Orchid“ für diese Nacht auf. Es hatte keinen Sinn. Zu viel los auf dem Flur. Ungewöhnlich erschöpft begab er sich in sein Zimmer. Ein kühler Luftzug empfing ihn. Hatte er etwa die Balkontür offen gelassen?

Er wollte die Tür schließen, da fiel sein Blick auf einen Gegenstand so groß wie ein Fußball, der vorher noch nicht auf den Holzdielen seines Balkons gelegen hatte. Im Zwielicht der weichenden Nacht machte es einen zotteligen Eindruck und weckte in ihm die Assoziation eines Kuscheltieres. Doch das konnte es nicht sein. In der Lodge gab es keine Kinder. Er bemerkte eine dunkle Flüssigkeit, die sich unter der haarigen Kugel ausbreitete. War das Blut? Ist ein Tier auf seinem Balkon verendet? Langsam ging Ondragon hinaus, um es näher zu betrachten. Vielleicht lebte das Tier noch. Doch je näher er kam, desto deutlicher wurde ihm klar, was da lag. Übelkeit stieg in seiner Kehle auf. Zögernd stieß er den dunklen Fellball mit der Fußspitze an. Das Ding rollte lautlos herum und gab den Blick frei auf schwarze Lefzen, eine blutige Zunge und gebleckte, weiße Zähne. Die Augen waren von den dichten Fellbüscheln verdeckt, doch es war eindeutig: Das war Rumsfeld - der Hund von Frank, dem Gärtner.

Jemand oder etwas hatte ihm den Kopf abgerissen und auf seinen Balkon geworfen.

 

 

Anette Strohmeyer - Ondragon 01 - Menschenhunger
titlepage.xhtml
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_000.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_001.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_002.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_003.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_004.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_005.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_006.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_007.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_008.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_009.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_010.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_011.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_012.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_013.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_014.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_015.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_016.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_017.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_018.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_019.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_020.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_021.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_022.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_023.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_024.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_025.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_026.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_027.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_028.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_029.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_030.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_031.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_032.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_033.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_034.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_035.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_036.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_037.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_038.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_039.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_040.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_041.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_042.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_043.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_044.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_045.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_046.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_047.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_048.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_049.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_050.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_051.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_052.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_053.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_054.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_055.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_056.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_057.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_058.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_059.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_060.html
Ondragon_01_-_Menschenhunger_split_061.html