Frühling, 1987
Wangallon Station
Angus beobachtete die Gestalten, die am hinteren Tor von Wangallon versammelt waren, durch das kleine Fenster des Krankenwagens. Die Gesichter seiner Familie waren durch die Regentropfen auf der Scheibe nur verschwommen zu erkennen. Er wusste, dass ihn zu Hause noch niemand erwartet hatte, aber mit äußerster Willenskraft hatte er seine schweren Verletzungen überwunden. Auf den Arm eines Sanitäters gestützt wartete Angus, bis der Rollstuhl aufgeklappt worden war. Er blickte sich um und atmete tief die frische Luft ein. Der Rollstuhl holperte mühsam über den unebenen Boden, und Angus hob die Hand, um ihn anzuhalten. Er beugte sich herunter und sah deutlich, dass durch das Gras bereits die ersten Kleepflanzen trieben. Wenn sie doch nur noch ein bisschen Regen bekämen! Dann würde es am Ende doch noch eine ganz anständige Saison werden.
»Ich sehe, dass ihr alle überrascht seid!«, sagte er, als er aus dem Rollstuhl aufstand, wobei er insgeheim fluchte, dass er so unsicher auf den Beinen war. »Ich hatte eine stramme Krankenschwester, was viel zu meiner Genesung beigetragen hat.«
»Schön, dass du wieder da bist, Dad.«
»Schön, dich zu sehen, Angus.«
»Hallo, Großvater.«
»So ist es besser.« Er brummte, ließ sich die Hand schütteln und umarmen – demonstrative Zuneigung war nicht so sein Stil – und schätzte dabei rasch ab, wie es seiner Familie ging. Ronald wirkte gebräunt und fit, und sein breites, erleichtertes Lächeln ließ darauf schließen, dass die Gerüchte stimmten: Sue war wohl endlich im Hospiz. Als er das leicht gerötete Gesicht seiner gertenschlanken Enkelin sah, ging es ihm auf der Stelle wesentlich besser. »Ich habe diesen beiden netten Sanitätern Kaffee und Kuchen versprochen. Können wir ihnen das bieten?«
»Absolut.« Sarah strahlte. »Ich gehe voran.«
Angus setzte sich wieder in den Rollstuhl und ließ sich hinter seiner Familie herfahren. Zwei lange Monate waren seit dem Unfall vergangen; Wochen voller Frustration und Schmerzen. Wochen, in denen er sich zwingen musste, etwas zu essen, obwohl sein Körper lieber aufgegeben hätte, aber er hatte sich dagegen zur Wehr gesetzt. Nein, verdammt noch mal, er würde erst sterben, wenn er dazu bereit war, und zwar auf seine Art, in Wangallon.
»Nun.« Angus nickte Anthony und Sarah zu, die an der Hintertür warteten. Er bemerkte, dass Anthonys Hand auf der Schulter seiner Enkelin lag. »Ich sehe, ihr beiden habt euch endlich zusammengerauft, und es ist euch sogar gelungen, es regnen zu lassen.«
Wie auf ein Stichwort fielen dicke Tropfen auf das Blechdach. Der Betonweg begann zu dampfen. Ein schwerer Schauer stand bevor.
»Demnächst gibt es wohl wieder eine Überschwemmung«, sagte Angus.
Anthony dachte an die weiten Ebenen von Wangallon, an die frischen neuen Kräuter und an die Bäche und Flüsse, die immer noch staubtrocken waren. »Ich hoffe es. Eine kleine würde mir schon reichen.« Vor dem Haus grasten junge Kängurus an der Seite ihrer Mütter, Entenküken schnatterten nach Futter und zwei Welpen jagten knurrend vor Vergnügen ihren eigenen Schwänzen nach. Im Westen zogen dunkle Gewitterwolken heran, die mehr Regen versprachen.
»Gehören diese Welpen irgendjemandem?«
»Das sind Shrapnels Kinder, Angus«, sagte Anthony. »Von Petes Hündin, Molly. Sie müssten eigentlich gut sein.« Er nahm die beiden Welpen hoch und legte sie Angus in den Schoß. »Such dir einen aus.«
»Vom alten Shrapnel. Nun, Bullet«, gab Angus dem dicksten der beiden Welpen, die gleich an seinem Hemd knabberten, einen Namen. »Du trittst aber ein schweres Erbe an. Wo ist mein alter Kumpel überhaupt?«
»Er ist auf dem Friedhof begraben, Großvater«, erwiderte Sarah.
»Gut. Wenn meine Zeit gekommen ist, legt ihr mich neben ihn.« Angus setzte die beiden jungen Hunde wieder zu Boden. »Man hat mir gesagt, Sarah, dass deine Aufnahmen in Sydney ausgestellt werden.«
Sarah strahlte. »Ja, das ist so aufregend. Es ist ein Foto von Wangallon Creek, und es wird tatsächlich in der Kunstgalerie hängen. Kannst du das glauben?«
»Ja, das kann ich schon. Und, was ist jetzt mit dem Kaffee?«
Sie hoben ihn die Treppe hinauf ins Haus und rollten ihn zu seinem Platz am Küchentisch. Endlich war er zu Hause.
Unter dem durchdringenden Blick von Hamish Gordon und dem lieblicheren Porträt seiner Frau Claire saßen Sarah, Anthony und Ronald am Esstisch und warteten, bis Angus die Papiere, die vor ihm lagen, durchgesehen hatte. Angus hatte keine Zeit verloren und sich sofort wieder als Boss auf Wangallon eingesetzt, auch wenn er seit seiner Rückkehr aus dem Krankenhaus vor zwei Wochen bei zwei Gelegenheiten gnädig Aufgaben an Anthony und Ronald delegiert hatte. Sarah spürte, dass ihr Großvater sowohl körperlich als auch mental abgebaut hatte. Mit Entsetzen stellte sie fest, dass er manchmal Dinge nicht mitbekam oder auch selbst das Bedürfnis verspürte, sich zurückzuhalten. Umso wichtiger war es, dass er möglichst bald von Jim erfuhr, fand sie. Sie warf Anthony einen Blick zu. Sie hatten am Abend zuvor darüber diskutiert, wann Jims Existenz enthüllt werden sollte. Leicht würde es nicht werden. Ihr Vater hatte keine Ahnung, dass Sarah von Jim wusste, und ihr Großvater wusste von überhaupt nichts. Als Anthony nickte, holte Sarah tief Luft und öffnete den Mund. Am besten war es wahrscheinlich, es direkt auszusprechen.
»Der Letzte Wille und das Testament von Angus Gordon«, las Angus gerade laut vor. Dann hielt er inne und blickte über seine Schildpattbrille.
»Hey, Dad«, sagte Ronald. »Das ist aber ein bisschen ungewöhnlich, oder?«
»Na ja, warum sollte ich das dem Notar überlassen? Er kriegt schon noch seine Chance, und dann müsst ihr euch das Ganze eben noch mal anhören. Aber es handelt sich immerhin um meinen Letzten Willen, und deshalb kann ich ihn auch vorlesen, wann ich will. Außerdem glaube ich nicht an Überraschungen, jedenfalls nicht, wenn es um Wangallon geht. Mir ist es lieber, jeder weiß, wo er steht.«
»Aber, Großvater«, unterbrach Sarah ihn. »Es gibt noch etwas, was du wissen musst. Und Dad auch. Etwas wirklich Wichtiges.« Hilfesuchend blickte sie Anthony an.
»Ja, du solltest sie anhören, Sir, es könnte das Testament verändern.«
»Das bezweifle ich. Als ich im Krankenhaus lag, hatte ich ein äußerst erhellendes Gespräch mit einer Schottin namens Mrs Catherine Jamieson.«
»Was?«, fragten Sarah und ihr Vater gleichzeitig.
»Oh, das ist interessant.« Angus schmunzelte und setzte seine Lesebrille ab. »Ich hatte gedacht, du hättest deinen Vater schon darauf angesprochen, Sarah, aber anscheinend hast du ja geschwiegen.«
»Nun, ich …«
»Du weißt von Catherine Jamieson?«, fragte Ronald leise.
»Und von Maggie Macken und deiner Zeit in Tongue.« Angus zog eine Augenbraue hoch. »Du warst ganz schön beschäftigt damals, was?«
Sarah ergriff die Hand ihres Vaters. »Ich weiß von meinem Halbbruder Jim.«
Ronald wurde blass.
»Dad, es ist okay, wirklich.«
»Ja, nun, in dieser Familie gibt es wirklich mehr Halbbrüder als in anderen Familien«, erklärte Angus und runzelte die Stirn. Sie sollten jetzt bloß nicht alle in Tränen ausbrechen.
»Du hast ihn kennengelernt?« Roland war ganz grün im Gesicht.
»Natürlich.« Sarah drückte ihrem Vater die Hand.
Angus räusperte sich. »Zurück zum geschäftlichen Teil. Ich habe ein beachtliches Aktienpaket und einiges an Bargeld, das hinterlasse ich dir, Sarah, und deinem Vater zu gleichen Teilen. Und jetzt zum Wesentlichen«, sagte er mit einer Leichtigkeit, die dem Ernst des Testaments nicht angemessen zu sein schien. »Ich musste es zwar noch beurkunden lassen, aber jetzt ist es absolut abgesichert. Nirgendwo mehr ein Schlupfloch.«
»Ich glaube nicht, dass ihr mit einem Lächeln auf dem Gesicht dasitzt. Wenn ihr dies hier hört, bin ich gegangen, ich habe das bekommen, was mir zusteht, und ihr müsst endlich anfangen zu arbeiten.«
»Das habe ich doch für den Anfang nett formuliert, oder?
»Sarah, ich hinterlasse dir dreißig Prozent von Wangallon, unter der Bedingung, dass du auf dem Besitz bleibst und arbeitest. Wenn du gehst, bekommst du gar nichts. Auch Anthony hinterlasse ich dreißig Prozent, unter den gleichen Bedingungen. Er ist für mich ebenfalls ein Familienmitglied, und wenn ihr beide euren Stolz herunterschluckt, dann wird die Partnerschaft durch die Ehe besiegelt.«
»Es freut mich zu sehen, dass ihr beide in dieser Hinsicht zur Vernunft gekommen seid. Wenn du dein Erbe verschleudert hättest, hätte ich für den Rest deines Lebens bei dir gespukt, Sarah.«
»Ronald, du solltest dorthin zurückkehren, wo du geboren und aufgewachsen bist. Ich setze dich als Berater der beiden auf Wangallon ein und hinterlasse dir zehn Prozent am Besitz. Sieh zu, dass du hart arbeitest, ich werde dich beobachten. Übrigens habe ich verfügt, dass Wangallon fünfzig Jahre lang nicht verkauft werden kann. Bis dahin sollte eine neue Generation so weit sein, euch unter Kontrolle zu halten.«
»So.« Angus blickte in die ausdruckslosen Gesichter am Tisch. »Bis dahin gibt es ja wohl keine Einwände. Nun, ich wette, ihr fragt euch alle, wer die restlichen dreißig Prozent bekommt, oder? Blut ist dicker als Wasser. Klatsch beiseite, manche Dinge muss man einfach tun. Ich muss sagen, Ronald, es hat mich traurig gemacht, dass du mir nichts von meinem Enkel in Schottland erzählt hast. Andererseits habe ich dir wohl immer die Schuld daran gegeben, Wangallons Zukunft aufs Spiel zu setzen, seit Sue aufgetaucht ist und dann sofort ihre Affäre hatte. Ich will also fair sein. Du hast vermutlich geglaubt, ich würde Jim nur als ein weiteres von dir verursachtes Problem sehen. Nun, du irrst dich. Ich könnte nicht stolzer sein. Wenn er das Erbe annimmt, hinterlasse ich ihm die restlichen dreißig Prozent.«
»Was?«, sagten Sarah und Anthony unisono.
»Er ist durch Geburtsrecht ein Gordon und schottischer als wir alle zusammen. Wenn ihr ihn also nicht zum Bleiben überreden könnt, nun, dann müsst ihr eben verdammt hart arbeiten, um ihn auszubezahlen. Diese Option hat er als Einziger, denkt daran. Das war es.«
Ronald blickte zögernd von seiner Tochter zu seinem Vater. Seine Augen wurden feucht vor Dankbarkeit und Erleichterung. Jetzt brauchte er Jim nicht mehr zu verschweigen.
»Ich lasse euch drei jetzt allein, damit ihr über alles sprechen könnt.« Angus erhob sich mühsam.
»Danke.« Anthony schüttelte Angus die Hand. Er war sich der Verantwortung, die Angus ihm übertrug, bewusst. »Ich werde dich nicht enttäuschen.«
»Das weiß ich, mein Junge, das weiß ich. Pass ein bisschen auf sie auf.«
Er nickte zu Ronald und Sarah. »Vor allem aber …«
»Ich werde sie beschützen, Angus.«
»Die Farm ist eine schwierige Geliebte. Sie stellt dich auf den Prüfstand, bis sie dir fast den Hals bricht. Aber wenn du sie vorsichtig und konservativ behandelst, belohnt sie dich am Ende. Wir sehen uns später.« Er lächelte leise.
»Danke, Großvater«, rief Sarah, als er den Raum verließ.
Anthony legte Sarah die Hand auf die Schulter. »Ich lasse euch zwei allein.«
»Gute Idee«, stimmte Ronald zu.
»Schlechte Idee«, widersprach Sarah. »Setz dich, Anthony. Wenn wir die Farm alle zusammen leiten wollen«, sie lächelte Anthony und ihren Vater an, »dann wird es langsam Zeit, dass wir aufrichtig zueinander sind.« Anthony setzte sich neben sie und ergriff ihre Hand. »Ich habe Jim kennengelernt. Er ist ein guter Mann.«
»Weiß er, wer du bist?«
»Noch nicht, Dad, aber er wird es erfahren. Wenn der richtige Zeitpunkt kommt.«
»Wäre er denn an Wangallon interessiert?«, fragte Anthony.
»Vielleicht. Das Land liebt er jedenfalls«, erwiderte Sarah. »In Nord-Schottland gibt es nur kleine Höfe, und es ist ziemlich karg da.«
Ronald kratzte sich am Kopf. »Eines Tages wird Jim von seinem Anteil an Wangallon erfahren müssen.«
Sarah blickte ihn an. »Meinst du nicht, Dad, dass er zuerst einmal seinen wirklichen Vater kennenlernen sollte?«
»Damit dieser Jim ein Teil von Wangallon wird, muss Angus gehen«, unterbrach Anthony sie. »Ich würde sagen, wir sollten uns das nicht zu bald wünschen.« Es war ihm ein wenig unbehaglich, bei diesem emotionalen Vater-Tochter-Gespräch dabei zu sein.
»Ja, das finde ich auch«, erwiderte Ronald. Außerdem wussten sie ja gar nicht, was Jim wollte. Vielleicht wollte er gar keine neue Familie. Allerdings würde er den Anteil an Wangallon wohl kaum ausschlagen.
»Dad, du solltest Mum dort oben lassen und nach Hause kommen. Hilf uns, Wangallon zu führen, wie Großvater es von uns erwartet.«
Ronald blickte auf seine Hände, die auf dem Tisch lagen. Seine Großeltern hatten hier gegessen, ihre Kinder großgezogen. Er selbst hatte hier unter den wachsamen Blicken seiner Mutter lesen und schreiben gelernt. Ein Tintenfleck, der nicht mehr zu entfernen war, war der Beweis, ebenso wie ein tiefer Kratzer, den er aus Langeweile und Rebellion mit seinem Taschenmesser in die Tischplatte geritzt hatte. Er fuhr mit den Fingern über das Holz.
»Nach Camerons Tod war Wangallon kein Zuhause mehr. Es war lediglich ein Ort, der meiner Familie das Leben genommen hatte. Vielleicht hat ja das Wissen, dass in Schottland noch ein Junge lebte, zu meinem Jammer beigetragen. Mein Sohn, meine Mutter Angie, selbst Sue, Wangallon hat sie mir alle genommen. Ich konnte einfach nicht mehr hierbleiben, und die Überschwemmung bot mir schließlich den Vorwand, zu gehen.« Ronald blickte seine Tochter an. »Ich wollte auch dich schützen, denn für mich war der Traum, Wangallon fortzuführen, mit deinem Bruder gestorben.«
Sarah berührte die Hand ihres Vaters. »Dad, für diese Tode ist niemand verantwortlich. Komm nach Hause, Dad. Wir brauchen dich. Komm nach Hause.«
»Ich glaube nicht, dass deine Mutter mitkommt. Sie ist mittlerweile zu krank. Es wäre sicher schwierig.«
»Ich weiß, dass es hart ist, Dad, aber es ist das Beste so. Das Hospiz ist sehr, sehr gut.«
»Vielleicht könnten wir ja etwas für sie finden, das näher am Wasser liegt. Sie liebt das Wasser, Sarah.«
Sarah ergriff die Hand ihres Vaters und hielt sie fest. Neben sich spürte sie Anthonys Wärme. Sie dachte an das Land und wie lange sie gebraucht hatte, um zu begreifen, dass es ihre Heimat war.
Angus schmunzelte. Auf Zehenspitzen schlich er den Flur entlang, bis er außer Hörweite war. Dann schenkte er sich einen guten Schluck Whiskey ein. In Sarahs Zimmer öffnete er die Schublade an der alten Truhe seines Vaters und legte einen seidenen Beutel hinein. Darin befand sich eine goldene Taschenuhr mit Kette, die er im Nachlass seines Vaters gefunden hatte. In den Deckel der wunderschönen Uhr war der Name Abishara eingraviert. Der afghanische Händler hatte die Uhr wahrscheinlich beim Kartenspiel an seinen Vater verloren. Sarah würde sie jedenfalls in Ehren halten.
Er blickte über die Veranda auf die Vögel, die durch den leisen Regen schossen. Der Rasen, der seit Monaten trocken gewesen war, war jetzt üppig und grün. Es war alles erledigt, dachte er und setzte sich auf einen der alten Stühle. Sarah und Anthony würden heiraten, und Wangallon würde einen Erben haben. Natürlich fehlte ihm der Junge. Cameron war ein feiner Kerl gewesen, aber vermutlich geschah nichts ohne tieferen Sinn.
Er trank einen Schluck Whiskey und ließ ihn langsam über seine Zunge gleiten. Der nächste Schluck bekam seinem leeren Magen nicht so gut, und er schüttete das Glas durch das Fliegengitter aus. Die Tropfen glitzerten in der Sonne. Er bereute nur, dass er Tom Conroy, Camerons wahren Vater, hatte ermorden lassen. Tom war ein guter Kumpel gewesen. Ja, er hatte ihn zwar immer ein bisschen zu geleckt für den Busch gefunden, aber er war ein ausgezeichneter Wolleinkäufer gewesen, so ehrenhaft, wie der Tag lang war. Das war das Problem. Wenn Tom erfahren hätte, dass er einen Sohn gezeugt hatte, hätte er sich bestimmt öffentlich dazu bekannt, und Angus konnte den Gedanken nicht ertragen, dass es öffentlich bekannt geworden wäre, dass Sue seinem Sohn Hörner aufgesetzt hatte. Außerdem hatte er ja damals schon Pläne für die Nachfolge auf Wangallon, und es hätte die Gefahr bestanden, dass Tom sich eingemischt hätte. Nein, wenn bekannt geworden wäre, dass ein Bastard die Farm erbte, hätte das ihren Ruf zerstört. Also hatte er dafür gesorgt, dass er ums Leben kam: Er wurde erstochen, Motiv Diebstahl. Damit war das Problem gelöst. Sue schien jedoch nie darüber hinweggekommen zu sein.
Je weiter der Nachmittag voranschritt, desto stärker wurde der Regen. Die Luft duftete nach Eukalyptus. Hinten im Garten kauten Wallabys an den zarten Gräsern. Ein Flughund flog vorbei und landete, als ein Fuchs über den nassen Rasen lief. Zwischen den Bäumen und Blumen bewegten sich zwei Frauengestalten. Rose, rief er, Angie, kommt herein, ihr werdet ja nass.
Schwerer Regen fiel, und Angus spürte, wie er davontrieb. Es war ein seltsam losgelöstes Gefühl, als ob er im Zwielicht über sich selbst schweben würde. Der Körper unter ihm atmete ein letztes Mal aus, und in diesem letzten Atemzug hörte er das Herz von Wangallon seufzen.