Winter, 1867

Wangallon Station

Abdul war durch nicht näher erklärte Umstände aufgehalten worden und würde erst in über einem Monat, zu Beginn der Schafsschur, eintreffen. Sein Brief traf gleichzeitig mit einer Schachtel getrockneter Feigen ein, einem schwer beschädigten Klavier, genügend Tapeten, um das gesamte Haus zu dekorieren, und zwei prachtvollen Stoffballen, einer hellblau und einer in der Farbe von Teerosen. Hamish probierte sofort eine Feige, spuckte sie aber angewidert wieder aus.

Rose freute sich darüber, ihre Tage mit Nähen füllen zu können. Seit sie in Wangallon war, bestand ihre tägliche Uniform aus einer weißen oder cremefarbenen Bluse und einem Rock von noch nicht einmal einem Meter Durchmesser. Davon besaß sie vier: einen cremefarbenen, einen grauen, einen braunen und einen hellgrünen. Gelegentlich band sie sich noch ein Halstuch um, als Ergänzung zu ihren anderen Accessoires: einem schmalen Gürtel, flache, braune Schnürschuhe und Strümpfe. Jetzt aber würde sie zwei neue Abendkleider mit Krinolinen von fast zwei Metern Durchmesser besitzen. Passende eng anliegende, hoch geschlossene Blusen mit Puffärmeln mit acht kleinen Knöpfen, die sie von abgelegten Kinderkleidern abgetrennt hatte, komplettierten ihre neuen Kleider. Bei dem Gedanken daran wurde ihr schwindelig vor Aufregung. Unter ihrem Bett holte sie ein paar Schnürstiefelchen hervor. Die Absätze waren kaum abgenutzt von den wenigen Spaziergängen über die Hauptstraße von Ridge Gully, und wenn sie die Schnürsenkel nicht zu fest schnürte, dann passten sie auf ihre ständig geschwollenen Füße. Aus den restlichen blauen und rosa Stofffetzen fertigte sie zwei Halsbänder, die zu ihrer besseren Leinenbluse passten, wenn sie sie abends zu einem ihrer neuen Röcke trug. Sie wurde fast ohnmächtig vor Freude.

Das ganze Haus war in Aufruhr, und Hamish überließ sie nur zu gerne ihren Vorbereitungen beim Kochen, Nähen und dem Kleben der neuen Tapeten. Hamish verbrachte mit Jasperson und Dave lange Tage im Sattel, um die Schafe zu inspizieren, die Boxer mit seinen Leuten hereinbrachte. Von dieser Schur hing viel ab. Siebzig Prozent der Vorauszahlung, die sich auf sechzig Prozent der Gesamtsumme belief, waren bereits ausgegeben. Den Rest behielten sie zurück für die Ausgaben auf der Farm, da sie die letzten vierzig Prozent erst zu sehen bekommen würden, wenn die Wolle in London angekommen war. Und mit diesen vierzig Prozent mussten sie auskommen, bis Hamish im folgenden Jahr wieder nach Sydney reiste, um den Wollpreis für die nächste Saison zu verhandeln.

Hamish ritt zurück zur Farm und wurde von Howard und Luke begrüßt, die kreischend und lachend um die Ecke des Hauses gelaufen kamen. Dicht hinter ihnen ging Boxer mit drei Frauen. Hamish begrüßte seinen Vorarbeiter liebenswürdig. Howard starrte die barbusige ältere Frau und die beiden jüngeren Frauen in ihren formlosen Kleidern an, während Luke unbeeindruckt im Staub hockte und so tat, als kaue er ebenso wie Boxer auf einem Stück Kautabak.

»Ich bringe dir neues Mädchen, Boss. Du suchst aus?«

Hamish zögerte. Sie hatten bereits vier Hausmädchen, und er war sich nicht sicher, ob sie noch eins brauchten. Aber Boxer musste schon wieder mehr Stammesangehörige ernähren, und obwohl sein Stamm monatliche Rationen an Mehl, Zucker und Tabak erhielt, bekamen die Hausangestellten doch ein bisschen mehr zu essen, und außerdem hatten sie eine Uniform.

Boxer grinste. »Du suchst aus.«

Die Mädchen waren die Töchter der älteren Frau neben Boxer. Sie und die neuen Stammesmitglieder in Boxers Lager waren aus dem Süden hierhergewandert. Sie waren von den Weißen ausgepeitscht worden und fast verhungert. Die beiden Mädchen waren gleich groß, mit flacher Nase und niedriger Stirn. Die Kleider ließen nichts von ihrer Figur erkennen, aber die eine hatte schmalere Knöchel als die andere, und ihre Brüste unter dem Sackkleid sahen größer aus. Hamish deutete auf sie, nickte Boxer zu und ging. Seine Jungen folgten ihm. Howard ging gemessen wie sein Vater, während Luke zum Haus rannte, um den Hausmädchen mitzuteilen, dass eine neue käme. Heute Abend würde das Mädchen in seinem Zimmer sein, dachte Hamish. Dafür würde er sorgen.

Das Mädchen wartete schweigend auf ihn in der Dunkelheit. Als er ihren leisen Atem hörte, schaute Hamish zum Zimmer seiner Frau. Kein Licht drang unter der Tür durch. Er schloss die Tür und hängte sein Abendjackett in den Schrank. Eine kleine Lampe auf seiner Kommode leuchtete auf die weiße Leinenbettwäsche und die dunklere Überdecke auf dem Bett. Wie ein Schatten hockte das Mädchen in der hinteren Ecke des Zimmers, halb versteckt hinter den schweren Vorhängen und der großen Packkiste mit den Baumwollgriffen, die ihm als Schreibtisch diente. Er sah nur das Weiße ihrer Augen, als sie ihm mit ihren Blicken folgte.

Hamish winkte sie zu sich. Ruhig und vorsichtig trat sie auf ihn zu, als ob sie instinktiv wüsste, dass die Dielenbretter knarrten. Er bedeutete ihr, ihr Kleid auszuziehen, und es sank zu Boden. Er leuchtete mit der Lampe über ihren nackten Körper, um ihn auf Narben oder Geschwüre zu untersuchen. Das Mädchen machte einen sauberen Eindruck. Er fuhr mit dem Finger von ihrem Hals zu einer Brust und rieb fest über den Nippel. Sofort wurde er steif. Flüchtig fragte er sich, was wohl aus den Kindern würde, die aus solchen Verbindungen entstanden.

Geistesabwesend suchte er nach einem Namen. Manchmal konnte ein Name ganz nützlich sein, wenn man jemandem Vorwürfe machen wollte, aber oft war er auch einfach irrelevant. Nein, sie brauchte keinen Namen. Sorgfältig zog er sich aus. Die Augen des Mädchens folgten jeder seiner Bewegungen. Sie stand ganz ruhig da. Die Gewohnheit, sich ein Aborigine-Mädchen zu nehmen, hatte er aus Verlangen angenommen. Er bezahlte sie mit Extra-Rationen. Auf sein rotierendes System war er stolz: Er schlief mit allen, damit er keine Probleme mit Favoritinnen bekam. Allerdings mochte er Milly am liebsten.

Er schlüpfte aus seinem Hemd und faltete es ebenso sorgfältig wie seine anderen Kleidungsstücke, dann trat er auf das Mädchen zu. Ihr Atem ging jetzt schneller, und er spürte ihn warm auf seinem Gesicht. Mit einer Hand schob er ihr Gesicht zur Seite und ließ dann beide Hände über ihren Körper gleiten. Er vermisste Milly. Dieses Mädchen hier war still, während Milly die ganze Zeit leise redete, ihn liebkoste und streichelte, bis ihn die Lust überwältigte. Das Mädchen rührte sich nicht. Grob drückte Hamish sie gegen den geschnitzten Holzpfosten des Bettes und zog ihr die Beine auseinander.

Danach löste er sich langsam von ihr. Es war mühsam gewesen, in sie einzudringen, weil sie so eng war, und jetzt war er müde. Die Dielen knarrten. Milly betrat den Raum, als das Mädchen zu Boden glitt. Millys Miene war ausdruckslos, als sie zu dem Mädchen trat, ihren Kopf an den Haaren hochzerrte und heftig auf sie einflüsterte. Das Mädchen bewegte sich zuerst langsam, und dann, als ob es wieder zum Leben erwachen würde, griff es nach seinem Kleid.

Hamish sank müde auf sein kühles Bett. Rose würde doch bestimmt etwas Passendes für Abdul und seine Leute spielen können, jetzt, wo das Klavier da war. Ja, mehr als eine Woche Übung brauchte sie bestimmt nicht. Hamish hörte Wasser spritzen, als der Waschlappen in die Waschschüssel aus Porzellan ausgewrungen wurde. Die Matratze gab nach, als Milly zu ihm kroch und ihn zu waschen begann. Augen, Wangen, Schnurrbart, Lippen, Hals. Sie lächelte, summte. Hamish verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Im Zimmer wurde es kühler, die Nacht begann. Langsam senkte Milly sich auf ihn, entblößte ihre Brüste und rieb mit ihren Brustwarzen über sein Gesicht. Und die ganze Zeit über summte sie. Ihre Stimme erinnerte ihn entfernt an seine Mutter.

Luke hatte einen schlechten Morgen. Die Hausmädchen waren unfreundlich zu ihm, Mrs Cudlow sagte ihm wiederholt, er solle sie in Ruhe lassen, und Howard las William etwas vor. Sogar seine Mutter hatte ihn weggeschickt. Da es ihn langweilte, in der Küche mit Fröschen nach den schreienden Hausmädchen zu werfen, machte Luke sich auf zu Lees Gemüsebeet. Über Nacht hatte es geregnet, und seine Zehen sanken tief in der feuchten Erde ein, als er sich bückte, um an einer Karotte zu ziehen. Heute war kein guter Tag. Er war dabei erwischt worden, wie er Lees Tabak gestohlen hatte, und sein chinesischer Freund redete nicht mit ihm. Luke steckte die schmutzige Hand in die Hosentasche. Darin befanden sich neben seinem Frosch ein paar kleine Stücke Tabak und eine glänzende Münze. Natürlich hatte er seinem Bruder erzählt, dass Rauchen großartig sei, aber in Wirklichkeit fand er, dass Tabak, eingewickelt in ein Blatt und angezündet nicht nur in Nase und Hals brannte wie Feuer, sondern auch schmeckte wie Lebertran. Bei dem Gedanken daran spuckte Luke aus. Er studierte die Münze in seiner Hand, bevor er aufstand und langsam zu Lees Rindenhütte ging. Ein alter Hund, den Lee aufgenommen hatte, döste davor in der Sonne. Der Chinese war nirgendwo zu sehen. Luke riss ein Stück Stoff von seinem Hemd, legte es mitten auf den Tisch und legte die Münze darauf. Ein Mann brauchte gute, treue Freunde, hatte sein Vater ihm gesagt, und Luke wusste, dass er Lee als Freund wollte. Jetzt schuldete er seinem Bruder für die Münze eine Woche Pflichten.

Draußen schwatzten die Hausmädchen. Sie lehnten an der Holzwand der Küche. Milly, die dünne, rauchte, ließ aber die beiden anderen Mädchen nicht ziehen. Sie stolzierte im Kreis herum, eine Hand an der Hüfte, die Zigarette hoch in die Luft gereckt, als ob sie zu einer ganzen Menschenmenge reden würde. Luke ließ sich auf alle viere nieder und krabbelte von der Hütte zu einem Baum, um sich hinter dem Stamm zu verstecken. Er beobachtete die Mädchen, die kicherten und redeten. Milly hob ihren langen grauen Rock bis zu den Schenkeln und setzte sich barfuß und mit gekreuzten Beinen in den Staub. Luke hob vorsichtig seinen Fuß, um die schwarzen Ameisen abzuwischen, die an seinem Bein entlangkrabbelten. Vorsicht streifte er eine nach der anderen ab, bevor er von ihrem Bau am Stamm wegrutschte.

Milly griff nach dem Wassersack, der an einem Haken vor der Küche hing. Luke hielt den Atem an. Sie trank immer als Erste. Sie zog ein letztes Mal an ihrer Zigarette und drückte sie dann mit bloßen Füßen auf dem Boden aus. Dann trank sie gierig, so viel sie konnte. Sie ließ nie genug für die anderen übrig. Aber dann fing sie an zu würgen und ließ den Sack fallen. Hustend spuckte sie das Wasser wieder aus. Luke grinste. Kaulquappen! Mit einem wilden Schrei blickte sich Milly im Hof um und rief seinen Namen. So schnell ihn seine kleinen Beine trugen, rannte Luke um die Ecke des Hauses und direkt in das neue Mädchen, Grace, hinein. Sie schaute ihn mit leerem Gesichtsausdruck an und ging an ihm vorbei. Sekunden später hörte er streitende Frauenstimmen.

»Was soll das heißen, man kann nicht darauf spielen?« Hamish zog ärgerlich an seiner Pfeife und trampelte mit seinen Stiefeln auf dem indischen Webteppich herum. Rose trat ans Klavier und hob den Deckel. Sie schlug ein paar Tasten an. Misstönender Lärm erfüllte das Zimmer, und sie schloss rasch den Deckel wieder. Rose schob sich eine Haarsträhne hinter das Ohr, die sich aus ihrem Knoten gelöst hatte. »Es muss gestimmt werden. Bis dahin ist es lediglich ein dekoratives Möbelstück.« Sie setzte sich wieder auf das Sofa, nahm ihre Näharbeiten zur Hand, seufzte dramatisch und ergriff ihre Stopfnadel.

»Lediglich ein dekoratives Möbelstück?«, wiederholte Hamish und klopfte seine Pfeife am Kamin aus. »Dieses Klavier hat viel Geld gekostet, und dann kommen noch die Transportkosten hinzu.« Die Adern an seinem Hals traten hervor. Dunkel hoben sie sich von seinem weißen Hemd ab. »Ich dulde nicht, dass du …«

Rose hielt die Stopfnadel fest zwischen den Fingern. Seit drei Nächten schon hatte sie auf das Knarren von Tür und Bett gelauscht, auf das Plätschern von Wasser, das leise Geräusch schwarzer Füße auf den Dielenböden.

»Ich bitte um Entschuldigung, wenn meine Antwort dir nicht gefällt, Hamish.« Rasch stopfte sie das kleine Loch an den Wollschühchen des Babys zu.

»Genug!« Sein vor Wut verzerrtes Gesicht wurde tiefrot.

Einen Moment lang fragte Rose sich, ob er wohl einen Herzanfall bekommen und tot umfallen würde. Dann würde sie alles verkaufen und zurückkehren nach Ridge Gully. Sie würde ihre Tochter zu sich nehmen und neu anfangen.

»Mister Hamish, komm, komm schnell!« Lee kam mit fliegenden Rockschößen ins Wohnzimmer gerannt. Sofort wandte er sich wieder um, lief durch das Esszimmer, den schmalen Gang zur Küche entlang. Töpfe und Pfannen schimmerten im Herdfeuer, und eines der schwarzen Hausmädchen rührte nervös in einem Kessel. Howard und William saßen vor ihren unberührten Tellern, und vor ihnen stand Mrs Cudlow, die drohend einen Holzlöffel erhoben hatte, damit sie sich nicht bewegten. Die Amme saß auf einem Schaukelstuhl in der Ecke und stillte Samuel. Sie grinste wissend und zeigte ihre gelben, abgebrochenen Zähne.

Draußen, in Lees Gemüsebeet, kauerte Milly am Körper eines jungen Mädchens, das bäuchlings auf der Erde lag. Zu ihren Füßen lag ein blutiges Holzscheit. Heulend beklagte sie ihr Opfer. Hamish sah, dass ihr Kleid am Hals zerrissen war und eine dünne Blutspur auf den Stoff tröpfelte.

Hamish bückte sich, um den Körper umzudrehen. Er zuckte zusammen, als er die warme Haut berührte, die sich unter dem dünnen Schweißfilm beinahe samtig anfühlte. Grace lag tot vor ihm, das Gesicht blutig und zerschlagen. Geronnenes Blut bedeckte die verfilzten Haare und die gesamte linke Gesichtshälfte. Hamish räusperte sich.

»Sehr schlimm«, murmelte Lee.

»Ja, Lee«, stimmte Hamish zu. Seine Frau stand am Hintereingang zur Küche und beobachtete die Szene entsetzt. »Sehr schlimm.«

»Mr Boss, Mr Boss!«, schrie Milly, als Boxer und Jasperson auf sie zutraten.

»Entschuldigung, Boss. Entschuldigung.« Boxer schüttelte das Mädchen grob. Er packte sie an den Haaren und zerrte sie hinter sich über den Hof. Jasperson wies mit dem Kinn auf das tote Mädchen und blickte Hamish fragend an. Als dieser nickte, trat er zu der Leiche, um sie wegzubringen.

Boxer übergab die schluchzende Milly an zwei seiner Stammesgenossen, die sie wortlos hinter sich herzogen. Traurig schüttelte er den Kopf, schob sich das fettige Haar aus der Stirn und setzte seinen breitkrempigen Hut wieder auf. Das hatte Boxer für seinen Stamm, für sich nicht gewollt. Er hielt den Boss zwar für einen guten Mann, aber wie alle Weißen glaubte er, das Land leicht in Besitz nehmen zu können, indem er sein Volk eroberte. Aber es würde ihm nie gehören. Das Land würde ihn besitzen, für immer.

Vielleicht, so dachte Boxer, wäre er doch besser mit dem Rest seines Stammes gegangen, anstatt sie zu überreden, bei ihm zu bleiben, als Hamish Gordon als neuer Besitzer des Landes aufgetaucht war. Boxer war früh aufgewacht, und als er aus seiner Hütte gekrochen war, hatte er gesehen, wie die anderen ihre Habseligkeiten gepackt hatten. Der Boss hatte Boxers Leuten Kleider und Essen angeboten, damit sie blieben und für ihn arbeiteten, aber viele hatten abgelehnt. Sie hatten die Kleider des weißen Mannes zerrissen, um Kopfbänder und Beutel daraus zu machen, die sie dann an Stöcke banden, um sie über der Schulter tragen zu können. Die Männer wickelten sich Stoff um die Taille, um dort Jagdstöcke und Messer hineinzustecken. Manche der Frauen trugen Röcke, aber die meisten waren nackt. Kinder wurden in die Stoffe gewickelt, damit man sie so auf dem Rücken tragen konnte. In einer langen Reihe wanderten seine Leute weg, und Boxer bezweifelte, dass er viele von ihnen wiedersehen würde. Er verstand jetzt, dass sie Dinge vorhergesehen hatten, die er sich nicht hatte vorstellen können.

In jener Nacht träumte Hamish vom Tod. Milly und Grace waren beide schon auf Wangallon begraben, aber in seinem Traum kreisten fette Krähen über den schwarzen Frauen. Das schreckliche Ausmaß des Todes überwältigte ihn. Er hatte das Gefühl, die Nacht würde ihn langsam verschlingen, bis nichts mehr von ihm übrig war, nur noch Leere und Nichts. Milly war mit dem Speer getötet worden.

Er erwachte spät am Abend, als ein Wind über die trockenen Ebenen ging und die stickige Luft in seinem Zimmer vertrieb. Er stellte sich vor, er und Charlie würden wie Eulen über Wangallon Station fliegen. Im Mondschein flogen sie wie Schatten über das Lager der Schwarzen zum Fluss, wo Dave in seiner Rindenhütte zwischen Mutter und Tochter schlief, über den Wollschuppen und die Gehege, die schon für den nächsten Tag gefüllt waren. Am Zaun ruhten sie sich aus. Charlie lächelte ermutigend, und dann war er verschwunden. Es war schon Morgen, aber draußen war es noch dunkel. Hamish zündete die Lampe auf seinem Nachttisch an und hob sie hoch. Ihr Licht fiel auf das Zimmer, aber er suchte vergeblich nach den Gestalten, die an seiner Seite gewesen waren. Und auch der intensive Geruch der schottischen Landschaft war verschwunden.

»Ich werde nie mehr in die Nähe der Schwarzen gehen«, murmelte er. »Ich habe falsch gehandelt.« Aber er konnte auch nicht mehr so weiterleben wie in der Vergangenheit. Er brauchte einen Grund, um Hoffnung für die Zukunft zu haben, denn auch er hatte doch ein bisschen Glück verdient. Gleich heute Morgen würde er an die Abishari-Brüder schreiben, beschloss er. Er würde dann in ihrer Schuld stehen, aber das wäre es wert.