KAPITEL 55

Donnerstag, 22. Februar, 23:00 Uhr

Genau sechzehn Tage nach der Entführung des kleinen Giovanni zeigte das Abhören des Telefons und der Wohnung der Simonellas erste Ergebnisse.

Vielleicht lag es nur an einer kurzen Schwäche eines Mannes, der seit zu langer Zeit unter grauenhaftem psychischem Druck stand, oder an seinem Bedürfnis, seine Frau zumindest ein wenig zu beruhigen. Sie war nach der extremen Kühle, die sie direkt nach der Entführung an den Tag gelegt hatte, unter dem Schmerz vollkommen zusammengebrochen, wie dem auch war, jedenfalls fing der Beamte eines Abends mit dem im Schlafzimmer verborgenen Mikrofon Nummer zwölf folgende Unterhaltung auf:

Ingegnere Simonellas Stimme: Trink wenigstens ein Glas Milch, Laura.

Schweigen. Rascheln von Stoff. Anzeichen dafür, dass sie im Bett lag.

Wieder Simonella: Du kannst doch nicht so weitermachen, Laura. Wenigstens ein Glas Milch. Die hast du doch immer so gern vor dem Schlafengehen getrunken. Tu es für Giovanni.

Laura Simonellas Stimme klang gedämpft durch den Stoff. Anscheinend hatte sie die Decke über den Kopf gezogen: Giovanni wird nicht … mehr … Jetzt … sterben … Es war …

Der Beamte regelte die Lautstärke und bemühte sich, das Rascheln herauszufiltern. Die Techniker würden später den Sinn der fragmentarischen Sätze zum Vorschein bringen.

Simonella: Hör mir zu, Laura. Giovanni kommt zurück. Ich werde etwas tun, dann wird er zurückkommen.

Laura Simonella: Neeein! Hör auf, hör auf, hör aaauf!!

Ihr Schrei ließ die Anzeige auf dem Display hochschnellen. Wieder raschelte etwas, das unverwechselbare Rauschen von Seide, aber da waren noch andere, gedämpfte Geräusche einer stummen Auseinandersetzung.

Offensichtlich wusste Simonella, dass er abgehört wurde, oder er hatte zumindest den Verdacht.

Hör mir zu, Laura, ich kann dir jetzt nicht mehr … Je weniger du weißt … in Sicherheit … gut. Es geht ihm … weit … gut. Verstehst du? … nick einmal … Psst!

Das zischende Geräusch war so klar erkennbar, dass es dem Beamten so vorkam, als bildeten die grünen und roten Wellen auf dem Bildschirm einen an den Mund gelegten Finger. Offensichtlich wollte die Ehefrau etwas sagen, und ihr Mann forderte sie auf zu schweigen, weil er fürchtete, dass es in der Wohnung Mikrofone gab. Doch etwas hatten sie endlich herausbekommen. Er hatte sich gehen lassen und dabei war ihm etwas entschlüpft.

Der Beamte machte einen Anruf, dann wartete er auf seine Ablösung. Es würde in dieser Nacht keine weiteren Neuigkeiten geben.