4. KAPITEL

Nach einem langen, missionsbedingten Machtschlaf im kalten, beengten Cockpit des StealthX war das, wünschte sich Jaina zunächst nichts sehnlicher als eine heiße Sanidampfdusche und ein Nerfsteak, so groß wie ihr Teller. Was sie jedoch bekam, als sie an den pingeligen Offizieren auf dem Kommandodeck der Admiral Ackbar vorbeiging, waren missbilligende Blicke und – manchmal – gerümpfte Nasen. Sie trug noch immer denselben schwarzen Flugoverall, in dem sie die vergangene Woche verbracht hatte, und die klimakontrollierte Wärme des Sternenzerstörers tat ein Übriges, um diesen Umstand noch zu unterstreichen.

Jaina blieb an der Wand des Taktischen Besprechungsraums stehen und wartete darauf, dass Admiral Bwua’tu sich loseisen konnte. Nach einem Jahrzehnt, in dem sie mit Unterbrechungen im Rogue- und verschiedenen anderen X-Flügler-Geschwadern Dienst getan hatte, war es schwer, nicht zu salutieren oder ihre Ankunft mit klarer, deutlicher Stimme kundzutun. Aber sie war nicht mehr beim Militär – sie war entlassen worden, weil sie sich geweigert hatte, Jacens Feuerbefehl auf einen fliehenden Blockadebrecher auszuführen –, und Jedi-Ritter mussten sich nur selten selbst ankündigen.

Der taktische Holoschirm im Zentrum des Raums deutete darauf hin, dass sich Corellias Situation während ihrer Woche auf dem Observierungsposten nicht verändert hatte. Flottenverbände der Allianz umzingelten noch immer die Centerpoint-Station und alle fünf bewohnbaren Planeten von Corell, und der Kiris-Asteroidenhaufen glomm nach wie vor in mattem warnendem Gelb. Der Standort von Bwua’tus Angriffsflotte, drei Lichtjahre vom Rand des Systems, wurde von einem schlichten blauen Pfeil und einer Distanzmarkierung angezeigt. Wäre die Situation noch ein Jahr lang unverändert geblieben, hätten die beiden Fraktionen womöglich Zeit gehabt, ihre Differenzen aus der Welt zu räumen.

Aber so viel Glück würde die Galaxis nicht haben. Es waren zu viele Pläne angelaufen, in zu vielen Punkten war man auf Kollisionskurs – und Jaina war drauf und dran, die Dinge noch weiter zu verkomplizieren. Sobald das Oberkommando davon erfuhr, dass die Corellianer in Kontakt mit Hapes standen – einem der Mitgliedsstaaten, die die Allianz am meisten unterstützten –, würde man Spione losschicken, um Nachforschungen anzustellen, und Diplomaten, um auf offiziellem Wege Erkundigungen einzuziehen. Streitkräfte würden mobilisiert und Verbände in Position gebracht werden, und der Krieg würde noch um einiges schwieriger abzuwenden sein.

Jaina wollte nicht einmal darüber nachdenken, was geschehen würde, wenn das Oberkommando hörte, dass ihre Eltern darin involviert waren. Es würde jede Menge unberechtigter Besorgnis geben, vielleicht sogar Panik. Man würde Späher aussenden, um sie aufzuspüren, und eine Spezialeinheit, die die Aufgabe hatte, den Millennium Falken aufzuspüren – und vielleicht sogar zu zerstören. Diese Möglichkeit hatte sie sich auf der langen Rückreise von Kiris-Asteroiden wieder und wieder durch den Kopf gehen lassen, um ihre Ansicht zu bestärken, dass ihr Bericht gewisse Einzelheiten nicht enthalten musste.

Jaina blickte von dem Holoschirm zu einer Nische hoch oben an der Rückwand des Raums hinüber, von wo aus eine Larmalsteinbüste des großen Admiral Ackbar über das nach ihm benannte Schiff wachte. Sie wusste genügend über die politischen Grundinstinkte von Bothanern, um zu erkennen, dass Bwua’tu die Statue bloß aufgestellt hatte, um sich bei der neuen Oberbefehlshaberin der Allianz einzuschmeicheln, der Mon Calamari Cha Niathal. Für Jaina wirkte die Plastik wie reine Ironie. Ackbar war ein überzeugter Anhänger des Glaubens an die wohlwollenden Kräfte einer vereinten Galaxis gewesen, und niemand hätte bestürzter darüber sein können, zu sehen, wie die Galaktische Allianz in den Krieg gegen einen ihrer eigenen Mitgliedsstaaten zog.

Das Problem war, dass Jaina einfach nicht wusste, wie Omas das Ganze hätte vermeiden können. Thrackan Sal-Solo und seine Gefolgsleute hatten versucht, die Centerpoint-Station wieder in Betrieb zu nehmen, und sie hatten eine geheime Invasionsflotte im Kiris-Asteroidenhaufen gebaut. Corellia hatte sich eindeutig darauf vorbereitet, jemanden anzugreifen – und ihr Unvermögen, das beabsichtigte Ziel zu identifizieren, entband die Allianz nicht von ihrer Pflicht, dagegen einzuschreiten.

Jaina spürte, wie Bwua’tu näher kam, und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Admiral zu. Mit kleinen, brennenden Augen und ergrauendem Fell am Kinn machte der Bothaner in seiner weißen Uniform eine ernste und überraschend würdevolle Figur.

»Ein Mahnmal«, sagte Bwua’tu mit seiner dunklen Stimme.

Jaina runzelte verwirrt die Stirn. »Sir?«

Bwua’tu deutete auf die Büste von Admiral Ackbar. »Die Statue«, sagte er. »Sie hat nichts mit Admiralin Niathal zu tun, wie Sie glauben. Sie ist hier, damit ich demütig bleibe.«

Jaina war zu überrascht, um Bwua’tu zu fragen, woher er so genau wusste, was sie gedacht hatte. Vielleicht war es das, was alle dachten, wenn sie die Statue sahen – oder vielleicht war er einfach nur sehr gut darin, in Gesichtern zu lesen.

»Demütig?«, fragte sie. »Warum das, Sir?«

Das Fell in Bwua’tus Nacken sträubte sich. »Jedi können unmöglich derart schlecht informiert sein. Nach dem Vorfall im Murgo-Engpass war ich die Lachnummer der gesamten Raumflotte.«

»Nicht der gesamten Raumflotte, Sir«, sagte Jaina. Während der jüngsten Friedensbewahrungsmissionen in den Unbekannten Regionen war die Ackbar von einem Schwarm Killik-Eliteeinheiten gekapert worden – die in Statuen von Admiral Bwua’tu an Bord geschmuggelt wurden. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass Admiral Pellaeon das überhaupt nicht lustig fand.«

Bwua’tus Ohren ruckten vor, dann schien er den Humor in Jainas Tonfall zu erkennen, und er schnaubte zustimmend. »Nein, tat er nicht«, sagte er. »Um ehrlich zu sein, bin ich überrascht, dass der alte Haudegen mir nicht das Kommando entzogen hat.«

»Die Killiks wünschen sich mit Sicherheit, er hätte es getan«, sagte Jaina.

Bwua’tu musterte sie mit zusammengekniffenen Augen; zweifellos fragte er sich, ob genügend von den Killiks in Jaina zurückgeblieben war, dass sie wünschte, dass diese in ihrem Krieg gegen die Chiss gesiegt hätten.

»Was ich zum Ausdruck zu bringen versuche, ist, dass Ihr Vorgehen nach dem Kapern der Ackbar brillant war«, stellte Jaina klar. »Niemand sonst hätte diese Nestschiffe im Murgo-Engpass aufhalten können.«

Bwua’tus Gesichtsausdruck hellte sich auf. »Vermutlich nicht. Kein anderer hätte so schnell gehandelt, um sich die Unsicherheit des Gegners zunutze zu machen, besonders nicht angesichts einer solchen Übermacht …« Der Admiral hielt inne und blickte zu der Büste von Ackbar hinauf, dann legte er vor Verlegenheit die Ohren an. »Nun, ich bin ein beträchtliches Risiko eingegangen. Aber das ist gewiss nicht der Grund dafür, warum Sie mich sehen wollten. Was hat es mit diesem Frachtraumer auf sich, der das System verlassen hat?«

Jaina schluckte, dann trat sie nah genug an ihr heran, um mit gedämpfter Stimme sprechen zu können. »Er ist ins Hapes-Konsortium gesprungen, Sir.«

»Ins Konsortium?« Das Fell von Bwua’tus Augenbrauen schob sich nach vorn. »Sind Sie sicher?«

Sie nickte. »Sehr sicher. Die Genauigkeit der abgefangenen Daten steht außer Zweifel.«

»Nun, wie … alarmierend.« Bwua’tu vermied es, irgendwelche speziellen Fragen über die Abfangmethode zu stellen. Die Abhörtechnologie des StealthX war streng geheim, und es waren zu viele Ohren ohne die erforderliche Sicherheitsfreigabe zugegen, um die Angelegenheit im TakRaum zu besprechen. »Das Hapes-Konsortium ist ein gewaltiger Brocken Weltall. War es Ihnen möglich, den genauen Planeten zu bestimmen?«

Jaina schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, nein. Die Vergänglichen Nebel machen die hapanischen Hyperraumrouten zu uneinsichtig, um das zu sagen, aber das Schiff war definitiv in Richtung Hapes unterwegs.«

»Ich verstehe.« Bwua’tu schwieg einen Moment lang, sein Blick schweifte ab und wurde nachdenklich. »Also hoffen die Corellianer, die Hapaner im Krieg auf ihre Seite ziehen zu können.«

»Das ist schwer zu glauben, Admiral«, sagte Jaina. Es war die offenkundige Schlussfolgerung, aber in Anbetracht dessen, wer darin involviert war, war es unwahrscheinlich. »Wir sollten vielleicht auch alternative Erklärungen in Betracht ziehen.«

»Das habe ich bereits, Jedi Solo.« Bwua’tu musterte Jaina sorgsam, und seine Augen wurden glänzend und argwöhnisch. »Dies hier ist so gut wie gewiss: Der Flottengeheimdienst berichtet, dass sich sowohl Nal Hutta als auch Bothawui – zumindest öffentlich – geweigert haben, sich gegen die Galaktische Allianz zu verbünden, und Corellia weiß, dass es uns nicht allein besiegen kann.«

»Die Corellianer sind vielleicht verzweifelt, Admiral, aber sie sind keine Narren.« Jaina war in einem Haushalt aufgewachsen, in dem Staatsoberhäupter und Oberbefehlshaber alltägliche Gäste gewesen waren, aber in Bwua’tus Blick lag etwas Durchdringendes, das dafür sorgte, dass sie sich entblößt und unbehaglich fühlte. »Die Galaktische Allianz hat Tenel Kas ungeteilte Unterstützung, und die Corellianer wissen das. Sie hat uns zwei komplette Kampfverbände geschickt.«

Der Argwohn in Bwua’tus Blick wandelte sich zu Enttäuschung. »Ich habe nicht gesagt, dass sie vorhaben, sich mit der Königinmutter zu treffen, Jedi Solo.«

Jaina runzelte die Stirn, verdaute seine Bemerkung einen Moment lang und fragte dann: »Glauben Sie, dass Corellia beabsichtigt, Tenel Ka zu stürzen?«

»Ich glaube, dass Corellia beabsichtigt zu helfen«, korrigierte Bwua’tu. »Dass die Königinmutter die Allianz unterstützt, findet nicht das Wohlwollen ihrer Adeligen, daher bin ich mir sicher, dass es unter ihnen ein gewisses Maß an potentiellen Usurpatoren gibt.«

»Nein.« Jainas Magen verknotete sich vor Entrüstung – vor der Weigerung zu glauben, dass ihre Eltern eine so gute Freundin verraten könnten. »Das ergibt einfach keinen Sinn.«

Bwua’tu musterte sie einen Moment lang mit geneigtem Kopf, dann fragte er: »Was genau ergibt daran keinen Sinn, Jedi Solo? Es gibt da etwas, das Sie mir nicht erzählen.«

»Warum sagen Sie das, Sir?« In dem Augenblick, als die Worte über ihre Lippen kamen, wusste Jaina bereits, dass sie die falsche Frage gestellt hatte. Die Bothaner waren in der ganzen Galaxis als Meister des Verrats bekannt – und das bedeutete, dass sie ebenso gut darin waren, Lügen zu durchschauen wie sie zu erzählen. »Ich meine, ich habe guten Grund zu glauben, dass dies nicht das ist, was die Corellianer beabsichtigen.«

Bwua’tu sah sie erwartungsvoll an.

»Ich bedaure nur, dass es mir nicht erlaubt ist, Näheres preiszugeben«, sagte sie. »Es ist, ähm, ein Geheimnis des Ordens.«

»Ich verstehe.« Bwua’tu zupfte an seinem ergrauenden Fell, dann wandte er sich ab und bedeutete Jaina, ihm zu folgen. »Kommen Sie mit mir, junge Frau.«

Jaina schluckte schwer und tat, wie ihr befohlen.

Bwua’tu führte sie in sein Privatbüro an der Rückseite des Taktischen Besprechungsraums. Wie alles andere an Bord seines Sternenzerstörers war auch die Kabine nüchtern und ordentlich, mit einer weiteren Büste von Admiral Ackbar, die auf einer Ecke seines Schreibtischs stand. Vor dem Tisch befanden sich ein halbes Dutzend robuster Plastoidstühle und zwei graue Sofas in einer Ecke, aber Bwua’tu bot Jaina keinen Platz an. Stattdessen dunkelte er die Transparistahlwand ab, die die Kammer vom Taktikraum trennte, ehe er sich umdrehte, um sie anzusehen.

»Der Frachtraumer war der Millennium Falken.« Der Admiral formulierte das als Fakt, nicht als Frage. »Technisch gesehen stehen Jedi nicht unter meinem Kommando, daher werde ich mir nicht die Mühe machen, Ihnen zu befehlen, mir zu antworten. Aber Sie sollten wissen, dass ich genau das annehme.«

Jainas Herz sackte nach unten. »Die genaue Identität des Schiffs schien zu dem Zeitpunkt nicht relevant zu sein.«

Bwua’tus Stimme wurde scharf. »Offensichtlich war sie es doch. Sie glauben also nicht, dass Han und Leia Solo Ihre Freundin hintergehen würden.«

»Ich weiß, dass sie das nicht tun werden«, beharrte Jaina.

»Darüber zu urteilen steht Ihnen natürlich viel mehr zu als mir.« Bwua’tus Reaktion fiel überraschend milde aus. »Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass sie auf dem Weg ins Hapes-Konsortium sind, und das zu einem sehr entscheidenden Zeitpunkt für Corellia. Wir müssen diese Möglichkeit zumindest in Betracht ziehen.«

Er legte eine pelzige Hand auf Jainas Schulter, ehe er mit einer Stimme fortfuhr, die gleichermaßen sanft wie kratzig war: »Ich will, dass Sie sich einen Moment lang Zeit nehmen und sehr sorgfältig darüber nachdenken. Ich glaube Ihnen, was immer Sie mir sagen. Aber bitte vergessen Sie nicht, dass die Leben Ihrer Eltern nur zwei von den vielen Milliarden sind, die möglicherweise von Ihrem Urteilsvermögen abhängen.«

»Darüber bin ich mir im Klaren, Admiral«, sagte Jaina. »Aber vielen Dank für die Erinnerung.«

Sosehr Jaina erneut für ihre Eltern in die Bresche springen und sie verteidigen wollte, zwang sie sich doch zu tun, worum Bwua’tu sie gebeten hatte. Die Wahrheit war, dass Jaina keine Ahnung hatte, wie ihre Mutter und ihr Vater auf die Veränderung reagierten, die Jacen durchmachte. Einst hatte ihre Mutter geschworen, niemals eigene Kinder zu haben, weil einer von ihnen zu einem neuen Darth Vader heranwachsen könnte. Angesichts der Holonachrichten, die berichteten, dass Jacen Hunderttausende Corellianer eingesperrt hatte, waren ihre Eltern womöglich zu dem Schluss gelangt, dass Leias damalige Befürchtungen berechtigt gewesen waren.

Gleichwohl, Jaina hatte keine Spur von Schuld gefühlt, als ihre Mutter sie durch die Macht berührt hatte – und hätten die Solos die Absicht gehabt, Tenel Ka zu hintergehen, wäre dies sicherlich anders gewesen. Abgesehen davon waren ihre Eltern ihren Freunden gegenüber stets loyal gewesen – besonders bei Freunden, die loyal zu ihnen standen –, und sie sah keinen Grund, aus dem sich daran irgendetwas geändert haben könnte.

Schließlich seufzte Jaina und schüttelte den Kopf. »Ich weiß, wie das alles aussieht, aber ich glaube einfach nicht, dass sie so etwas tun würden.«

Bwua’tu blickte ihr fest in die Augen. »Sind Sie sicher?«

»Ich sagte doch, ich glaube, Admiral.« Jaina schaute weg. »In Anbetracht des Monsters, in das sich mein Bruder verwandelt, bin ich mir bei niemandem mehr irgendetwas sicher.«

Bei der Erwähnung ihres Bruders krausten sich Bwua’tus Lippen. »Ja, Ihr Bruder treibt Dissidenten sogar noch schneller ins feindliche Lager, als er sie umbringt.«

Jaina hob überrascht die Augenbrauen.

Der Admiral zuckte sichtlich zusammen, dann tat er die Bemerkung mit einer wegwerfenden Geste ab. »Zerbrechen Sie sich über meine Loyalität nicht den Kopf«, sagte er. »An dem Tag, als ich Flottenadmiral wurde, habe ich den Krevi-Schwur geleistet. Selbst wenn Bothawui schließlich in den Krieg eintreten sollte, werde ich weiterhin der Galaktischen Allianz dienen.«

»Wenn Bothawui in den Krieg eintritt?«, fragte Jaina. »Nicht falls

»Wenn«, bestätigte Bwua’tu. »Mein Volk zieht Verrat dem Krieg vor, aber gelegentlich zwingt man uns auch zur Gewalt.«

Jaina runzelte die Stirn. »Wovon reden Sie da?«

Ein Glitzern des Begreifens trat in Bwua’tus Augen. »Es tut mir leid – Sie können noch nichts davon gehört haben. Ihr Bruder hat angefangen, Bothaner zu ermorden.«

»Bothaner zu ermorden …«, keuchte Jaina. »So dumm ist Jacen nicht!«

»Nein, aber er schützt seine Aktivposten«, sagte Bwua’tu. »Das Weltenhirn ist nach einem kürzlichen Angriff dem Tode nah, und es ist Jacens bestes Hilfsmittel, um corellianische Terroristen in der Unterstadt aufzuspüren.«

Jaina runzelte die Stirn. Sie war nicht sonderlich überrascht zu erfahren, dass ihr Bruder das Weltenhirn als Spion einsetzte, doch sie war entsetzt, Bwua’tu so darüber reden zu hören, als hätten sie die Sache persönlich miteinander besprochen. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jacen dem Militär diese Information mitgeteilt hat.«

»Das hat er nicht«, sagte Bwua’tu.

»Dann sind Ihre Quellen …«

»Zuverlässig«, versicherte Bwua’tu. »Das ist alles, was Sie wissen müssen.«

»In Ordnung«, sagte Jaina langsam. »Und diese Quellen glauben, dass es die Bothaner waren, die das Weltenhirn angegriffen haben? Die Partei des Wahren Sieges?«

»Nein.« Bwua’tu zögerte, dann sagte er: »Meinen Quellen zufolge kann die Fraktion das Weltenhirn nicht einmal finden. Aber Jacen glaubt, dass Reh’mwa den Angriff befohlen hat, mit der Folge, dass meine Rasse auf Coruscant zu einer gefährdeten Spezies geworden ist.«

Jainas Magen fühlte sich leer und mulmig an. Das war noch ein weiterer Faktor, der die Galaxis dem Krieg näher brachte, und wie gewöhnlich steckte ihr Bruder mittendrin.

»Mir ist nicht klar, woher Ihre Informanten wissen wollen, was Jacen glaubt«, sagte Jaina, noch immer nach dem Ursprung seiner Informationen suchend. »Ich verfüge über die Macht und bin seine Zwillingsschwester, und selbst ich könnte Ihnen nicht sagen, was er glaubt und was nicht.«

»Sie sind keine Bothanerin, Jedi Solo.«

Jaina hob ihre Brauen. »Also haben Sie Ihre Quellen innerhalb der Partei des Wahren Sieges?«

Bwua’tu sah einen Moment lang weg; offensichtlich grübelte er darüber nach, wie viel er ihr erzählen konnte.

»Sie haben mich um eine ehrliche Antwort gebeten.« Jaina gab ihm in der Macht einen kleinen Stups. »Und ich habe sie Ihnen gegeben.«

Bwua’tu nickte. »Nun gut. Unsere Loyalität gilt in diesem Fall anderen Seiten, deshalb werden wir einander einfach vertrauen müssen.« Er wartete auf ein zustimmendes Nicken von ihr, das er auch erhielt, dann fuhr er fort: »Schon seit einiger Zeit bittet mich die bothanische Regierung, meinen Dienst zu quittieren und nach Hause zurückzukehren. Die Geheimdienstinformationen über die Ermordungen sind ihr jüngster Versuch, mich zu überreden.«

»Die haben eine Quelle in der GGA?«, keuchte Jaina.

»Ich weiß nicht, woher ihre Informationen stammen«, entgegnete Bwua’tu mit Bedacht. »Bloß, dass sie sich bislang als zutreffend erwiesen haben.«

»Das bedeutet nicht, dass Sie ihrem Dementi Glauben schenken sollten«, sagte Jaina. »Ich meine, die bothanische Regierung hat ein berechtigtes Interesse daran, Sie davon zu überzeugen, dass der Angriff auf das Weltenhirn nicht von Bothanern verübt wurde.«

»Stimmt, aber es gibt noch andere Beweise«, erwiderte Bwua’tu. »Würde die Partei des Wahren Sieges hinter dem Anschlag stecken, wäre er nicht fehlgeschlagen.«

Jaina beschloss, die Arroganz seiner Spezies für den Augenblick zu ignorieren und die Aussage als gegeben hinzunehmen. »In Ordnung. Aber wenn die Bothaner nicht dafür verantwortlich sind, wer dann?«

»Ich tippe auf corellianische Terroristen. Wenn das Weltenhirn Jacen dabei geholfen hat, sie aufzuspüren, dann sind sie diejenigen, die am meisten davon profitieren, wenn es stirbt.« Bwua’tu zog sich zu seinem Schreibtisch zurück, dann verschränkte er die Hände hinter seinem Rücken und starrte die galaktische Vidkarte an, die dahinter an der Wand hing. »Aber das ist im Moment unsere geringste Sorge. Was auch immer Ihre Eltern im hapanischen Raum treiben, ihre Reise hat irgendetwas mit einem Putschversuch zu tun. Vielleicht wollen sie Tenel Ka vor den Konsequenzen warnen, die es haben könnte, die Allianz zu unterstützen.«

»Ihr drohen?«

»Eine Drohung ist eine Warnung«, entgegnete Bwua’tu. »Im Moment müssen wir jedenfalls davon ausgehen. Das ist wirklich Corellias einzige Hoffnung.«

»Was bedeutet, dass die Corellianer die Kiris-Flotte nicht gegen unsere Blockade ausschicken werden«, sagte Jaina, in der Annahme, dass Bwua’tu das ebenfalls bereits erkannt hatte. »Sie werden sie zur Unterstützung des Hapan-Putsches einsetzen.«

»Exakt«, bestätigte Bwua’tu. »Meine Flotte befindet sich an der vollkommen falschen Position.«

»Also werden Sie sich neu positionieren?«

»Ich werde es Admiralin Niathal mit Sicherheit vorschlagen«, sagte Bwu’tu. »Aber sie ist ziemlich herrisch. Sie hat den Corellianern eine Falle gestellt, und von ihrem Plan wird sie sich nicht so leicht abbringen lassen.«

»Und wenn schon«, sagte Jaina. »Sie werden trotzdem den Kurs ändern, oder?«

»Und damit meinen Krevi brechen?« Bwua’tu bedachte sie mit einem spöttischen Lächeln, als hätte sie vorgeschlagen, beim Dejarik zu schummeln. »Was glauben Sie, wer ich bin – Ihr Vater?«

»T-tut mir leid«, sagte Jaina, bestürzt über seinen schroffen Ton. »Ich habe es nicht so gemeint. Aber es gibt da noch etwas anderes, das Sie wissen sollten. Als der Falke abflog, hat meine Mutter meine Präsenz gespürt. Sie muss wissen, dass die Jedi die Kiris-Asteroiden beobachten.«

»Ich verstehe.« Bwua’tu versank in Gedanken. »Glauben Sie, sie würde Ihrem Vater davon erzählen?«

»Davon müssen wir ausgehen.«

»Und wir müssen ebenfalls davon ausgehen, dass er den Corellianern erzählen wird, dass wir über ihre geheime Flotte Bescheid wissen.« Bwua’tus Miene wurde ernst. »Und doch können wir uns dessen nicht sicher sein. Das macht das Problem noch ein bisschen komplizierter.«

»Das ist eine Untertreibung«, sagte Jaina. »Aber Sie müssen die Flotte verlegen.«

Bwua’tu sah sie mit düsterer Miene an. »Haben Sie mir nicht zugehört? Admiralin Niathals Entschluss steht fest.«

»Aber wenn sie hört …«

»Sie wird ihre Pläne nicht aufgrund irgendwelcher Gefühle zwischen Mutter und Tochter ändern«, sagte Bwua’tu. »Sie wird diese Informationen als nicht stichhaltig abtun.«

»Und was wollen Sie dann unternehmen?«

»Ich weiß es noch nicht.« Bwua’tu rümpfte seine Schnauze und wandte seinen Blick wieder der galaktischen Vidkarte an der Wand zu. Seine Stimme nahm einen gedankenverlorenen Klang an. »Wie interessant.«

Als er keine weiteren Ausführungen machte, trat Jaina an seine Seite und schaute zu der Vidkarte empor. Es war eine gewöhnliche Galaxisprojektion, mit der phosphoreszierenden weißen Wolke des Tiefenkerns nahe der Mitte des oberen Rahmens, und die Unbekannten Regionen wurden überhaupt nicht angezeigt. Von Coruscant aus betrachtet war Corellia ein kleiner Fleck auf der gegenüberliegenden Seite des Tiefenkerns und bildete ein großes Raumdreieck mit Bothawui und Nal Hutta.

»Für mich sieht es eher beängstigend als interessant aus«, stellte Jaina fest. »Wenn Sie recht damit haben, dass sich Bothawui den Corellianern anschließt, wird es nicht lange dauern, bis Nal Hutta nachzieht. Dann werden die Rebellen ein Viertel der Galaxis kontrollieren.«

»Das meine ich nicht.« Bwua’tu deutete mit dem Finger auf Duro, das sich im corellianischen Handelsrücken unmittelbar hinter Corellia befand. »Es scheint, als wären Staatschef Omas’ Befürchtungen mehr als berechtigt.«

Jaina verstand noch immer nicht. »Es freut mich, das zu hören, aber …«

»Die Minen.« Bwua’tu drückte eine Kontrolltaste unter dem Bildschirm, und die Karte zoomte heran, bis sie bloß noch das corellianische System zeigte. Er wies auf eine winzige gelbe Markierung dicht beim Außenrand des Systems. »In einigen Wochen werden sich die Kiris-Asteroiden in direkter Linie zwischen Duro und dem Stern von Corellia befinden. Mit all den elektromagnetischen Entladungen im Hintergrund wäre es für die Duros unmöglich, den Start der Kiris-Flotte zu registrieren.«

Jaina klappte der Kiefer nach unten. »Sal-Solo hatte vor, Duro anzugreifen?«

»Das Timing spricht in jedem Fall dafür«, sagte Bwua’tu. »Und Duro verfügt noch immer über große Vorkommen an Baradium und Cortosis.«

Jaina wusste nicht, ob sie besorgt oder erleichtert sein sollte. Baradium, der Hauptbestandteil von Sprengstoffen, die von Thermaldetonatoren bis hin zu Protonenbomben reichten, war zum Lieblingsrohstoff der stetig wachsenden Zahl von Waffenschmugglern in der gesamten Galaxis geworden. Und gewebte Cortosisfasern konnten dazu benutzt werden, Lichtschwertklingen kurzzuschließen.

»Nun, zumindest können Staatschef Omas und Onkel Luke aufhören, sich Gedanken über die Rechtmäßigkeit der Blockade zu machen«, murmelte Jaina. »Das Letzte, was die Galaxis braucht, ist jemand, der Millionen Tonnen Baradium auf den Schwarzmarkt bringt.«

»Oder lichtschwertsichere Rüstungen verkauft«, fügte Bwua’tu hinzu. »Aber das ist im Moment nicht unser Problem. Jemand muss die Königinmutter über die Situation unterrichten – und das können wir keiner Holonachricht anvertrauen. Selbst wenn das Signal nicht abgefangen wird, können wir nicht sicher sein, dass die Nachricht Tenel Ka erreicht, ohne von den falschen Ohren aufgeschnappt zu werden. Das Konsortium ist ein wahres Floogernest an Intrigen.«

»Ich kann durch die Macht mit ihr in Verbindung treten«, sagte Jaina. »Das wird ihr eine gewisse Warnung sein. Sie wird wissen, dass Gefahr droht, aber nicht, woher.«

»Dann muss jemand sie persönlich aufsuchen«, sagte Bwua’tu.

»Also schicken Sie mich?«, fragte Jaina.

»Ich bitte Sie darum«, korrigierte Bwua’tu. »Sie sind eine Jedi, erinnern Sie sich?«

»Natürlich«, sagte Jaina. »Ich meine, ich würde gern gehen.«

»Gut.« Bwua’tu warf einen Blick auf seinen Chrono, dann sagte er: »Und ich finde, unterwegs sollten Sie Zekk einsammeln. Das ist keine Angelegenheit, bei der wir irgendein Risiko eingehen sollten. Ich werde Lowbacca und Tesar bitten, frühzeitig aufzubrechen und den Observationsposten zu übernehmen.«

»Sehr gut.« Jaina würde einiges an zusätzlichem Treibstoff für Zekks StealthX mitnehmen müssen, aber das war machbar – und es würde ihr die Chance verschaffen herauszufinden, was ihre Welten da trieben. »Ich danke Ihnen.«

»Nein, ich danke Ihnen«, sagte Bwua’tu. »Ich werde auch eine Mitteilung über die Befehlskette rausgeben, aber auf diese Weise geht es schneller – und vielleicht finden Sie eine Möglichkeit, den Namen ihrer Familie aus diesem Schlamassel rauszuhalten. Ich bezweifle, dass irgendjemand auf Coruscant Gefallen an HoloNetz-Nachrichten fände, in denen Han und Leia Solo beschuldigt werden, durch die Galaxis zu fliegen und Staatsstreiche zu arrangieren.«