22. KAPITEL
Während ein Schwarm scherenflügeliger Miy’tils die vorderen Schilde beharkte und ein Schlachtkreuzer der Nova-Klasse ihrem Heck zusetzte, riss Leia den Steuerknüppel aufs Geratewohl herum, allein auf die Macht und pures Glück vertrauend, um den Falken durch den Sturm gegnerischen Feuers zu manövrieren. Wie Han das vierzig Jahre lang geschafft hatte, ohne dass sie in ihre Atome zerblasen wurden – oder zumindest einen unruhigen Magen zu entwickeln –, überstieg ihre Vorstellungskraft. Sie hoffte bloß, dass sie als Pilotin gut genug war, um ihren Widersachern so lange die Stirn zu bieten, bis die Flotte der Allianz eintraf – und dass sie sich in Bezug darauf, dass sie kam, nicht irrte.
Ein paar Meter voraus wurden goldene Schimmer sich ausbreitender Energie sichtbar, ein Zeichen dafür, dass die Schilde des Falken allmählich überlastet waren. Leia ignorierte den blitzenden Strudel lange genug, um einen Blick auf den Co-Pilotensitz zu werfen, wo Han über die auseinandergebaute Schildjustierungstafel gebeugt war. C-3PO stand neben ihm und versuchte, die Schalttafel ruhig gegen die Kontrollkonsole zu halten, während Han arbeitete.
»Wie geht’s mit den Schildreparaturen voran?«
»Selbst ich bin außerstande, ein bewegliches Ziel zu kleben«, beschwerte sich Han. »Halt still, Dreipeo!«
»Das ist nicht meine Schuld«, entgegnete C-3PO. »Stillzuhalten ist in höchtem Maße unmöglich, solange Prinzessin Leia weiterhin versucht, feindlichem Beschuss auszuweichen. Die Trägheitskompensatoren des Falken sind für diese Art von Flugmanövern schlichtweg ungeeignet.«
Der Falke machte einen Satz nach vorn, als ein Turbolaser die Heckschilde traf, und dann ertönte auf der Kontrollkonsole ein Alarmsignal, um sie über die dringende Notwendigkeit zu unterrichten, die Schildenergie umzuleiten.
»Ich versuch’s ja«, murmelte Han. »Ich versuch’s ja!«
Leia schwang in einem weiten Bogen herum, um einer Schar Erschütterungsraketen auszuweichen. Der Falke erzitterte, als die Noghri, die die Bordgeschütze bedienten, die Vierlingskanonen abfeuerten. Der Miy’til, der den Angriff gestartet hatte, explodierte in einem kochenden Flammenkreis.
C-3PO quäkte beunruhigt. »Das ist meine Hand, Captain Solo!«
»Hör auf zu jammern«, befahl Han. »Es hat sich nicht mal durchgebrannt.«
»Ich werde dennoch eine neue Metakarpalbeschichtung brauchen«, klagte der Droide. »Womöglich wären wir nicht dazu gezwungen, so schwungvoll auszuweichen, wenn Prinzessin Leia in die dem Feind entgegengesetzte Richtung fliegen würde.«
»Das kann ich nicht, Dreipeo!«, sagte Leia. Just in diesem Moment flog sie in rechtem Winkel von den Usurpatoren weg und tat ihr Bestes, um mit dem Falken auf die wachsende gelbe Sichel von Megos zuzuhalten, dem dritten Mond von Hapes. »Dann geraten wir ins Kreuzfeuer!«
»Kreuzfeuer?«, fragte C-3PO. »Zwischen welchen Parteien? Ich kann nicht erkennen, dass hinter uns eine verbündete Flotte den Hyperraum verlässt.«
»Sie wird kommen!«, sagte Leia.
»Klar, jeden Moment«, ergänzte Han.
Leia konnte Han wegen seiner Skepsis schwerlich einen Vorwurf machen. Die Flotte der Allianz hätte eigentlich bereits da sein sollen, und der flüchtige Machtkontakt, den sie zuvor wahrgenommen hatte, taugte nicht unbedingt als Bestätigung dafür, dass sie überhaupt existierte. Doch das war das Einzige, was Sinn ergab: Sie hatte gespürt, wie Jaina und Zekk sie beobachtet hatten, als der Falke aus dem Kiris-Asteroidenhaufen davongeflogen war, und das konnte nur bedeuten, dass die Galaktische Allianz bloß auf die richtige Gelegenheit gewartet hatte, einen Schlag gegen Corellias geheime Angriffsflotte zu führen.
Aber warum schlugen sie dann nicht zu?
Eine Turbolasersalve explodierte nahe an Backbord, warf den Falken auf die Seite und donnerte C-3PO hinten gegen Leias Sitz. Der Droide prallte ab und krachte auf das Deck, um in einer jetzt leeren Buchse der Kontrollkonsole ein Wirrwarr zerrissener, Funken sprühender Drähte zurückzulassen.
»O du meine Güte«, sagte C-3PO hinter Leia. »Offenbar habe ich die Schildjustierungstafel aus der Kontrollkonsole gerissen. Jetzt wird Captain Solo doppelt so lange für die Reparaturen brauchen!«
»Vergiss es, Dreipeo.« Der Lötstift gab ein leises Schnapp von sich, als Han ihn deaktivierte. »Wir hatten von Anfang an keine Chance.«
Die Resignation in Hans Stimme beunruhigte Leia mehr, als es jedes Maß an Brüllen oder Fluchen getan hätte. Fast hatte es den Anschein, als würde er nicht glauben, dass sie es hier rausschaffen würden – als würde er denken, sie wäre als Pilotin nicht gut genug, um sie zu retten.
»Tut mir leid, dass ich deinen Wink wegen dieser Nachrichtsgeschichte nicht kapiert habe«, sagte er zu Leia. »Dass die Kontrollkonsole zerschossen wurde, wird uns teuer zu stehen kommen.«
»Nein, Han, mir tut es leid«, entgegnete Leia. Angesichts des Umstands, dass die Taktikanzeige noch immer keinen Hinweis auf die Allianz-Flotte zeigte, begann sie sich zu fragen, ob es richtig von ihr gewesen war, Tenel Ka eingangs zu drängen, nicht nachzugeben. »Aber ich gebe nicht auf.« Sie legte die Hand auf die Schubregler. »Kannst du mir irgendeinen Grund dafür nennen, warum ich die Triebwerke nicht ordentlich strapazieren sollte?«
»Du meinst, abgesehen von der leckgeschlagenen Kühlflüssigkeitsleitung und dass Vektorruder Nummer vier klemmt?«
»Ja.« Leia nahm ihre Hand beinahe von den Schubreglern – ihr war nicht aufgefallen, dass das Vektorruder nahezu hinüber war. »Ich meine, abgesehen von diesen beiden Problemen.«
»Na ja, dann … Nein, kann ich nicht.« Jetzt klang Han ein bisschen hoffnungsvoller, als wäre das Erörtern eines verzweifelten Manövers, bei dem ihr Leben auf dem Spiel stand, alles, was nötig war, um ihn aufzuheitern. »Gib Stoff, Schatz.«
Leia richtete die Nase des Falken geradewegs auf den dunklen Innenraum des Sichelmondes aus, dann schob sie die Regler über die Überlastungsstopps hinaus nach vorn und noch weiter, bis es nicht mehr ging. Sie spürte, wie sie in ihren Sitz gedrückt wurde, als die Beschleunigung des Schiffs die überbeanspruchten Trägheitskompensatoren vor eine Belastungsprobe stellte, und sie schossen vor, in den Schwarm der Miy’tils hinein, die ihnen so zugesetzt hatten.
Als der Falke mitten durch sie hindurchjagte, feuerten die Raumjäger auf kurze Distanz, ohne nennenswert zu zielen, und der Weltraum explodierte in einer Wand aus Energieblumen. Die Noghri antworteten darauf mit den Vierlingskanonen, um vier Raumjäger in halb so vielen Sekunden auszuschalten. Dann hatte der Falke die Formation hinter sich gelassen, und auf einmal war das Einzige, das sich vor ihnen in den Fenstern der Pilotenkanzel abzeichnete, die rasch größer werdende, kraterübersäte Sichel von Megos.
Die Miy’tils feuerten eine verzweifelte Salve Erschütterungsraketen ab und machten kehrt, um die Verfolgung aufzunehmen – und sich direkt zwischen dem Falken und dem Nova-Kreuzer zu platzieren, genau wie Leia es sich von ihnen erhofft hatte. Han aktivierte die Lockvogelwerfer, die Noghri ließen die Vierlingskanonen noch immer wummern, und die Raketen verschwanden nach und nach vom Taktikschirm, immer zwei oder drei auf einmal.
Aus Angst, die eigenen Raumjäger zu treffen, stellte der Nova-Kreuzer das Turbolaserfeuer ein, und es folgte ein Moment relativer Ruhe, während sich die Miy’tils bemühten, wieder in Kanonenreichweite zu gelangen und ihr Ziel wieder zu erfassen. Leia hielt den Falken weiter unbeirrt geradeaus, der Gravitationszug steigerte noch die Geschwindigkeit des Schiffs, und die Lücke zwischen dem Falken und Megos schloss sich schneller als die zwischen dem Falken und den Miy’tils.
»Versuchst du’s mit der guten alten Solo-Schleuder?«, fragte Han.
»Jedenfalls mit einer teilweisen«, antwortete Leia. »Scheint ein guter Zeitpunkt zu sein, sie zu lernen.«
»Sicher, warum nicht? Du weißt aber, dass das ein ziemlich kniffliges Manöver unter maximaler Beschleunigung ist, oder?«
Leia nickte. »So was habe ich mir gedacht.«
»Und du weißt auch, dass der Krater, den wir hinterlassen, wenn dieses Vektorruder im falschen Moment klemmt, ungefähr drei Kilometer tief ist?«
»Um ehrlich zu sein, das hatte ich noch nicht durchkalkuliert«, gab Leia zu.
»Ich glaube, Captain Solo hat das auch nicht«, meldete sich C-3PO vom Deck hinter ihr. »Ausgehend von unserer gegenwärtigen Beschleunigung und Masse wird der Krater wahrscheinlich eher fünf Kilometer tief. Vorausgesetzt natürlich, unser Rumpf überhitzt vorher nicht, sodass wir vaporisiert werden.«
Leia war immer noch damit beschäftigt, diesen ermutigenden Gedanken zu verdauen, als ein kaltes Kribbeln ihr Rückgrat hinablief. Sie warf einen Blick auf den Taktikschirm und sah, dass die Miy’tils hart nach Backbord abdrehten, um für den Nova-Kreuzer freies Schussfeld zu schaffen. Sie zog den Steuerknüppel in dieselbe Richtung, versuchte, die Raumjäger hinter sich zu behalten, und scherte auf das Zentrum des Mondes zu – in die falsche Richtung für ein Schleudermanöver.
»Ähm, Schatz?« Hans Stimme war nervös und hoch. »Das ist …«
An Steuerbord explodierte eine brodelnde Wolke gleißender Helligkeit, die die Position umschloss, die sie soeben hinter sich gelassen hatten.
»… eine gelungene Parade«, gab Han zu. »Wahrscheinlich hätte ich selbst nichts anderes gemacht.«
»Wenn du das sagst, Liebling.«
Leia schaute auf den Taktikschirm und sah, dass der Nova-Kreuzer längsseits des Falken eine Wand aus Turbolaserfeuer schufen, sodass sie ihnen den Weg abschnitten, den sie nehmen mussten, um das Manöver zu beenden. Die Miy’tils waren noch immer dicht hinter ihnen und verringerten die Entfernung kontinuierlich. Leia verfluchte das Können des gegnerischen Kommandanten und zog den Steuerknüppel nach hinten. Vektorruder Nummer vier reagierte nicht, was das gesamte Schiff in gefährliche, schweißnahtbrechende Vibrationen versetzte.
Leia streckte die Hand aus, um den Schub zurückzunehmen.
»Zu spät!«, warnte Han. »Du darfst sie nicht zu nah rankommen lassen. Wir müssen eine umgekehrte Teilschleuder hinlegen.«
»Eine umgekehrte Teilschleuder?«, fragte Leia. Die helle Seite des Mondes glitt außer Sicht, und dann war voraus nur noch die Schwärze von Megos’ dunkler Seite. »Nie davon gehört.«
»Natürlich nicht«, antwortete Han. »Das ist etwas ganz Neues.«
»Etwas Neues?« Leia hatte ein verdammt ungutes Gefühl. »Han, dieses Vektorruder klemmt schon wieder. Kannst du die Vibrationen nicht spüren?«
»Halt einfach die Nase oben. Du machst das großartig.«
Leia wusste, dass es keine Überlebensgarantie war, etwas großartig zu machen, aber zu hören, wie Han es sagte, sorgte dafür, dass sie sich schon bedeutend besser fühlte. Sie hielt den Steuerknüppel weiter nach hinten gezogen, während sie in ihrem Sitz so durchgeschüttelt wurde, dass sie nicht einmal die Rumpftemperatur ablesen konnte – was angesichts des Kühlfüssigkeitslecks und der langen Dauer, die sie mit maximaler Beschleunigung flogen, vielleicht auch ganz gut war.
Zu groß und schwerfällig, um dem Falken zu folgen, musste der Nova-Kreuzer beidrehen und Kurs in die entgegengesetzte Richtung nehmen. Die Miy’tils indes schlossen weiter zu ihnen auf, und kurz darauf begannen sie von neuem, die Heckschilde zu beharken. Leia konnte wenig tun, um sie aufzuhalten. Da der Falke zitterte wie ein Neimoidianer beim Verhör und die dunkle Oberfläche des Mondes rasant näher kam, musste sie ihre gesamten Bemühungen allein darauf konzentrieren, das Schiff unter Kontrolle zu behalten.
Schließlich erschien längs der Oberseite der Kanzel des Falken ein Splitter sternengesprenkeltes Samt. Leia hielt den Steuerknüppel weiter nach hinten gezogen, und ihre Erleichterung wuchs, als der Splitter langsam zu einem zwanzig Zentimeter breiten Streifen offenen Weltalls wurde, der über einem dunklen und wogenden Horizont hing.
»Hätte ich selbst nicht besser machen können!«, rief Han, und er klang sogar noch erleichterter als Leia. »Okay, jetzt kannst du den Falken stabilisieren.«
Ein stakkatoartiges Gepolter ertönte tief im Innern des Schiffs, als die Miy’til-Laserkanonen schließlich die Schilde durchbrachen und gegen die Panzerung der Außenhülle hämmerten, wann wurde der Horizont von Megos mit einem Mal zerklüftet und dehnte sich von neuem zur Oberseite der Kanzel des Falken hin aus.
»Eine Bergkette!«, rief C-3PO. »Das wird unsere Flucht mit Sicherheit verkomplizieren.«
»Verkomplizieren?« Han drehte sich um, um den Droiden anzusehen. »Würde ich am Steuerknüppel sitzen, würdest du dort hinten schreien: Wir sind verloren, wir sind verloren!«
»Sehr wahrscheinlich«, gab C-3PO zu. »Allerdings ist Prinzessin Leia eine Jedi.«
Leia hätte dem Droiden für die Vorschusslorbeeren gedankt, wäre sie sich nicht sicher gewesen, dass diese sich in spätenstens drei Sekunden als falsch erweisen würden. Sie hielt den Steuerknüppel weiterhin nach hinten gezogen, versuchte den Falken schneller hochzuziehen – dann bemerkte sie eine gezackte Kerbe aus Sternenlicht, die sich in den Bergen voraus abzeichnete. Sie drückte den Knüppel auf die Zentralstellung. Das Vektorruder kam frei, und endlich hörte das Schiff auf zu vibrieren.
»Äh, Leia?«, sagte Han. »Den Teil mit dem Stabilisieren eben, den kannst du vergessen …«
»Zu spät!« Leia schwang den Falken auf die Kerbe zu und flog in einem Winkel darauf zu, dass die Nase des Schiffs auf den Berg auf der anderen Seite wies. »Raketen abfeuern!«
»Raketen?« Han sah nach vorn und sah die klaffende Öffnung vor ihnen, dann streckte er die Hand aus und legte einen Sicherungsschalter um. »Warum nicht?«
Er drückte zwei FIRE-Knöpfe, und zwei blaue Kreise tauchten vor dem Cockpit auf, um dann zusehends zu schrumpfen, als die Raketen davonrasten. Leia zog den Falken in einer Spirale nach oben und drehte in die Kerbe ab, während ihnen ihre Verfolger nach wie vor dicht auf den Fersen waren. Sie war zu sehr mit Fliegen beschäftigt, um zu sehen, was als Nächstes geschah, doch als der Falke schließlich den sternerfüllten Keil auf der anderen Seite der Schlucht erreichte, hatte der hämmernde Beschuss auf das Heck des Schiffs aufgehört.
Als sie aus der Schlucht hervorschossen, sank die Oberfläche des Mondes unter ihnen weg, und Leia hatte endlich Zeit, einen Blick auf die Taktikanzeige zu riskieren. Die My’tils waren verschwunden; entweder waren sie zerstört worden, als die Raketen die Einmündung der Schlucht mit Trümmern gefüllt hatten, oder sie hatten sie vorübergehend ausmanövriert. Leia blieb für ein paar Sekunden in einem Abstand von weniger als einem Kilometer zur Oberfläche, um sicherzugehen, dass keine überlebenden Miy’tils hinter dem Gebirgszug auftauchen würden, dann zog sie den Knüppel nach hinten und richtete das Schiff neu aus, fort von dem Mond.
Sie hatten gerade zu steigen begonnen, als der Weltraum voraus in gekrümmte, schillernde Schlangen zerbarst. Der Annäherungsalarm erwachte plärrend zum Leben, und im Sichtfenster wimmelte es auf einmal vor blauen Halonen – die allesamt zusehends größer wurden.
»Was, zum Geier …?«, keuchte Leia.
»Ich glaube, deine Flotte ist aufgetaucht«, sagte Han. »Und zwar an der falschen Stelle!«
Leia sah nach unten und stellte fest, dass ihr Taktikschirm mit jedem Moment dichter bevölkert war. Fregatten, Kreuzer und Sternenzerstörer verließen den Hyperraum, immer zwei oder drei pro Sekunde, und alle ließen Raumjäger ins All strömen und beschleunigten mit voller Energie auf Megos zu. Der Name ADMIRAL ACKBAR erschien unter einem Sternenzerstörer am Ende des Verbands, und mit einem Mal verstand Leia, warum es solange gedauert hatte, bis die Allianz endlich aktiv geworden war.
»Das ist Bwua’tu!«
»Typisch«, knurrte Han. »Welcher Bothaner greift schon geradeheraus an, wenn er irgendwie herumtricksen kann, wie zum Beispiel hinter einem Mond hervorzukommen?«
»Nun, zumindest haben sie sich die Mühe gemacht, die Besten zu schicken.« Leia drückte den Falken nach unten und nahm wieder Kurs auf den Mond. Den Anflug auf eine eintretende Flotte bei dieser Geschwindigkeit fortzusetzen, kam nicht infrage. Selbst wenn Bwua’tu erkannte, dass sie kein Angriffsmanöver flogen, würde ihn das Risiko eines Frontalzusammenstoßes mit einem seiner Hauptschiffe dennoch dazu zwingen, sie zu Atomen zu zerblasen. »Was glaubst du? Sollen wir uns einen Krater suchen, um uns zu verstecken?«
»Bei dieser Geschwindigkeit würden wir einen Krater schaffen«, sagte Han. »Uns bleibt keine Zeit abzubremsen.«
»Du meinst …«
»Ja«, sagte Han. »Wir müssen die komplette Schleuder machen.«
»Wieder zurück durch die Schlacht?«, fragte Leia. »Ohne Heckschilde?«
»Entspann dich. Bei diesem Tempo sind wir auf der anderen Seite des Kampfgetümmels, bevor die Schützen uns ins Visier nehmen können.«
»Was bedeutet, dass Sie auf unser Heck feuern werden«, merkte Leia an. »Wo wir über keinerlei Schilde verfügen!«
»Nun ja … Hast du irgendeine bessere Idee?«
Leia musste zugeben, dass dem nicht so war. Sie befanden sich in einer schlechten Position. Natürlich hatten sie sich zuvor schon hunderte Male in schlechten Positionen befunden. Aber diesmal saß sie anstelle von Han hinter dem Steuerknüppel.
Leia blickte aus dem Sichtfenster und sah, dass sie bereits auf der hellen Seite von Megos anlangten. »Wie macht sich unsere Rumpftemperatur?«, fragte sie.
»Nicht übel. Wir sind bloß siebenunddreißig Prozent über der Norm.«
»Und du bist dir sicher, dass wir auf vierzig gehen können?«
»Klar«, sagte Han. »Ich weiß bloß nicht, wie lange wir die beibehalten können.«
Leia dachte daran, den Schub zurückzunehmen, doch inzwischen flogen sie bereits zwischen Megos und Hapes hindurch, und ein Blick auf die Schlacht überzeugte sie davon, dass sie alle Geschwindigkeit brauchten, die sie aufbringen konnten. Der Weltraum weiter vorn war eine einzige gewaltige Fläche aus Turbolaserfeuer, punktiert von karmesinroten Energieknoten und den Trümmern zerborstener Schiffe, die Flammen, Dampf und Leben ausstießen.
Als der Falke den Mond hinter sich ließ, tauchte inmitten des Feuersturms eine dicht gedrängte Schar von Schlachtdrachen auf, die auf diese Distanz wie aufeinandergeschichtete Striche wirkten. Sie drängten sich vor zwei daumengroßen Eiern, fielen langsam in Richtung Hapes zurück und erzeugten dabei eine so gewaltige Feuerwand, dass die corellianischen Dreadnauhts gezwungen waren, ihre Durchbruchtaktik aufzugeben, und einfach bloß versuchten, es auf kurze Entfernung auszufechten.
»Sieht so aus, als würde Tenel Ka uns glauben.«
»Ja – ich hoffe bloß, dass sie das nicht umbringt«, sagte Han. »Bwua’tu hat zu lange gebraucht, um hierher zu gelangen. Da draußen treiben jede Menge zerstörter Schiffe umher.«
Leia war zu sehr mit Fliegen beschäftigt, um die Anzeige zu überprüfen, aber sie war sich ziemlich sicher, dass der Bothaner Hans Einschätzung der Lage widersprechen würde. Vom strategischen Blickwinkel aus betrachtet war es wichtiger, die corellianische Flotte zu zerstören, als Tenel Ka zu retten, da es gut möglich war, dass die Revolte damit ihr Ende fand. Allerdings brachte Leia das Han gegenüber nicht zur Sprache, denn er hätte sich nur wütend und betrogen gefühlt – und sie war bereits wütend genug für sie beide.
Als sie erkannte, dass es unmöglich sein würde, außerhalb der Reichweite der Turbolaser an der Schlacht vorbeizuschlüpfen, schwang Leia den Falken hinter der Usurpatoren-Flotte herum und verfolgte entsetzt und fasziniert zugleich das Kampfgeschehen. Innerhalb von Sekunden füllte das Inferno Hans Seite der Kanzel zur Gänze aus, ein so grelles Blitzen und Brodeln, dass es nicht möglich war, den Planeten dahinter auszumachen.
Die Helligkeit glitt auf die Rückseite der Kanzel zu, und noch immer feuerte niemand auf den Falken. Leia hoffte bereits, dass die Usurpatoren schlichtweg zu beschäftigt waren, einen kleinen Raumtransporter zu bemerken, der sich hinter ihnen hindurchmogelte – bis ihr Gespür für Gefahr ihr gesamtes Rückgrat kribbeln ließ und sie wusste, dass sie nicht so viel Glück hatten.
»Versiegel die Schotts!«, befahl sie.
Leia rollte den Falken auf die Seite, und das Schiff begann heftig zu vibrieren, als sich das defekte Vektorruder erneut verklemmte. Ein meterbreiter Schaft aus blauem Feuer zuckte unter dem Bauch des Falken, dann zischte ein weiterer Schuss nur eine Armlänge entfernt über die Kanzel.
Sie schob den Knüppel nach vorn und spürte, wie er auf halbem Weg blockierte. Der Falke begann zu bocken – bis ein Turbolaserbolzen mit einem ohrenbetäubenden Krachen das Heck traf.
Leia nahm ihren – wie sie fürchtete – womöglich letzten Atemzug und drehte sich um, um Han Lebewohl zu sagen – dann spürte sie, wie der Knüppel freikam, und sie sah, wie vor ihnen die Sterne herumwirbelten. Ein Schauer Turbolasersalven zischte harmlos vorbei, und der Lärm der Schadenssignale erfüllte das Cockpit – was bedeutete, dass sie immer noch Luft hatten.
Leia riss den Steuerknüppel wieder nach hinten. Er reagierte ein bisschen schwerfällig, aber der Falke hatte aufgehört zu vibrieren, und sie brachte das Schiff rasch wieder unter Kontrolle.
Als sie feststellte, dass sie Han noch immer ansah, fragte sie: »Was ist passiert?«
»Sieht aus wie ein Streifschuss achtern an Steuerbord.« Seine Stimme war ruhig, aber bestimmt, und sein Blick war auf die Kontrolltafel gerichtet. »Ich glaube nicht, dass wir die Vektorruder drei und vier mittlerweile überhaupt noch haben – und vielleicht solltest du die Triebwerke ein bisschen zurückfahren. Wir haben eine weitere Kühlflüssigkeitsleitung verloren.«
Leia nahm gehorsam Schub weg, dann bemerkte sie, dass die Turbolaserangriffe aufgehört hatten. »Han, das meinte ich nicht. Ich meinte, wir sind noch am Leben.«
Endlich schaute Han auf, grinsend ob der Überraschung in ihrer Stimme. »Sicher sind wir das«, sagte er. »Du bist eine Jedi – vergessen?«
»Sehr witzig«, entgegnete Leia. Sie überprüfte die Taktikanzeige und erkannte den Grund dafür, warum niemand mehr auf sie schoss. Bwua’tus Flotte hatte Megos inzwischen umrundet und das Feuer eröffnet, um ein so gewaltiges Loch in die Flanke der Usurpatoren-Flotte zu reißen, dass über den letztendlichen Ausgang der Schlacht kein Zweifel bestand. »Aber du hast recht. Vielleicht überleben wir diese Sache ja tatsächlich.«
Das war der Moment, in dem der Annäherungsalarm erneut zu plärren begann. Bunte Lichtstrahlen tanzten durch den Weltraum vor ihnen, dann erwachten blitzartig blaue Lichtkreise zum Leben und wuchsen rasch zu den von hinten beleuchteten Umrissen einer herannahenden Flotte an.
»Noch eine?«, keuchte Han. »Was ist das hier – ein Krieg?«
Die Vagabund befand sich auf der Rückreise von Terephon. Es war ihr gelungen, vor der Ducha nach Hapes zu gelangen, indem sie die Sicherheitsabstände zwischen den Sprüngen reduziert und in dieser Zeit massiv Schub gegeben hatten. Trotzdem war Ben noch damit beschäftigt, die Kommsysteme wieder hochzufahren, als die Galney-Flotte neben ihnen aus dem Hyperraum glitt und in Richtung der Schlacht beschleunigte. Auf diese Entfernung war das Gefecht kaum mehr als ein leuchtender Klecks, der vor der juwelenfarbenen Oberfläche des Planeten flackerte, doch Ben konnte spüren, wie es an seinem Inneren zerrte, konnte fühlen, wie all diese Leben erloschen. Das erinnerte ihn daran, warum er versucht hatte, sich der Macht zu verweigern, als er jünger gewesen war – an das beharrliche Gefühl von Leid, das alles war, woran er sich aus dem Krieg gegen die Yuuzhan Vong entsann.
Doch Ben war inzwischen älter. Er wusste, dass es nicht die Macht war, die all dieses Leid verursachte. Es waren Lebewesen. Er wusste, dass die Leute egoistisch und verängstigt und großzügig und mutig sein konnten, und wenn all diese Dinge miteinander vermischt wurden, brachen Kriege aus. Das war der Grund, warum die Galaxis jemanden wie Jacen brauchte – um alles wieder ins rechte Lot zu rücken, damit es künftig nicht mehr so viel Kummer gab.
Endlich hatte das Kommsystem seine Nachsprungdiagnose beendet, und Ben stellte es auf Tenel Kas Kommandokanal ein.
»Jedi Skywalker!«, schnappte Ioli. Sie wandte Ben ihr nasenloses Antlitz zu. »Was machst du da?«
Seine Hand schwebte über dem Eingabefeld. »Falls Tenel Ka zulässt, dass die Ducha hinter sie gelangt …«
»Der Lieutnant weiß, was dann passiert, Sohn«, sagte Tanogo, der leitende Unteroffizier, der die »Schnüffelstation« hinter Ben bediente. »Sie hat dich gefragt, was du machst.«
Ben warf einen Blick über seine Schulter auf den großköpfigen Bith. »Einen Kommkanal öffnen?«
»Wo der Feind so nah ist, dass wir die Namen auf den Seiten ihrer Schiffe lesen können?« Tanogo sträubte seine Wangenfalten. »Wir würden keine zehn Sekunden überstehen.«
»Aber wir müssen Tenel Ka warnen!« Ben wandte sich wieder an Ioli. »Und wir werden sie nicht vor der Ducha erreichen.«
»Kannst du nicht irgendwas mit der Macht anstellen?«, fragte Ioli.
Ben schüttelte den Kopf. »Das wäre nicht spezifisch genug. Sie würde wissen, dass Gefahr droht, und sie spürt vielleicht sogar, dass ich glaube, dass sie verraten wurde. Aber es wäre immer noch nur ein Gefühl, und inmitten einer Schlacht …«
»… wird sie derlei Bedenken ohnehin haben.« Ioli stieß zischend den Atem aus, dann sagte sie: »Na gut, wir erledigen das hier mit einer Stimmaufzeichnung. Und behalte dabei im Hinterkopf, dass wir sie über den allgemeinen Rufkanal schicken müssen.«
Ben runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht.«
»Wir müssen sicher sein, dass sie die Nachricht erreicht«, sagte Tanogo hinter Ben. »Und weil die Verräter womöglich noch immer jemanden im direkten Umfeld der Königinmutter haben, der Botschaften abfangen könnte …«
»… wollen wir, dass jeder die Warnung hört«, sagte Ben und nickte. »Aber das mit der Aufzeichnung kapiere ich nicht. Warum kann ich nicht einfach …«
»Jedi Skywalker, erwartest du wirklich von mir, dass ich dir meine Befehle erkläre?«, grollte Ioli. »Tenel Ka läuft die Zeit davon, also sorg dafür, dass dein Bericht kurz und prägnant ist.«
Ben schreckte zurück – mehr vor der Verärgerung in ihrer Machtpräsenz als vor der Schärfe in ihrer Stimme.
»Okay – tut mir leid.« Er öffnete eine Aufnahmedatei, dann sprach er in das Kommmikro. »Hier spricht Jedi Ben Skywalker mit einer dringenden Warnung für die Königliche Hapanische Flotte. Ducha Galney ist bewiesenermaßen eine Verräterin, die gekommen ist, um einen heimtückischen Angriff auf die Königinmutter zu führen. Wiederhole, eine dringende Warnung: Ducha Galney ist eine Verräterin. Ergreifen Sie sämtliche Vorsichtsmaßnahmen!«
Ben beendete die Nachricht und schaute zu Ioli hinüber, um ihre Zustimmung einzuholen. Stattdessen sah er, wie sie das Mikro der Sprechanlage auf eine Halterung zurücksteckte.
Sie krümmte einen Daumen in Richtung des Hecks des Skiffs. »Die anderen bereiten sich darauf vor, von Bord zu gehen. Schließ dich ihnen an.«
»Verstanden.« Da er Iolis Befehle nicht noch einmal infrage stellen wollte, löste Ben seinen Sicherheitsgurt und stand auf – dann wurde ihm klar, was sie zu tun beabsichtigte, und blieb zwischen ihren Sitzen stehen. »Warten Sie mal – wir sind sechs Leute und haben bloß vier Anzüge.«
»Glaubst du, das wüsste ich nicht?«, fragte sie.
»Doch. Ich meine, nein«, sagte er. »Ich weiß, dass Sie das wissen. Aber es muss noch einen anderen Weg geben.«
Sie schaute ihn mit einem Gesichtsausdruck an, der eher ungeduldig als hoffnungsvoll schien, während sie fragte: »Fällt dir einer ein?«
Außerstande zu denken, während er ihr in die Augen sah, senkte Ben den Blick zu Boden. Sowohl sie als auch der Chief wirkten ruhig und konzentriert, doch er konnte die Furcht, die sie empfanden, in seinem eigenen Magen spüren, eine zuckende Kugel aus Machtenergie, die in ihm den Wunsch weckte, sich zu übergeben.
Als Ben nicht sofort antwortete, sagte Ioli: »Ich glaube nicht.« Sie überprüfte den Chronometer an der Kontrolltafel. »Der Chief sagt, ich muss deine Nachricht in zwei Minuten und zwölf Sekunden senden, um der Königinmutter eine Chance zu verschaffen, sich zu verteidigen. Du wirst drei brauchen, um diesen Anzug anzulegen.«
»Was ist mit einem Nachrichten-Signalfeuer?«
»Großartige Idee«, sagte Tanogo. »Dummerweise haben Aufklärungsskiffs keine Nachrichtenfeuer an Bord.«
»Geh, Ben.« Ioli deutete nach achtern. »Das ist ein Befehl.«
»Ich kann euch nicht einfach hier zurücklassen, um zu sterben«, sagte Ben und blieb, wo er war. »Ich bin ein Jedi.«
»Du wirst bald ein toter Jedi sein, denn ich werde diesen Bericht senden, und zwar in exakt …« Ioli sah erneut auf den Chronometer. »… einer Minute und zweiundfünfzig Sekunden.«
Tanogo ergriff Bens Arm. »Wir sind Späher, Sohn. Die Möglichkeit, dass so etwas passiert, kommt zusammen mit der Schulterklappe.« Er zog Ben aus dem Cockpit und schob ihn nach achtern. »Geh jetzt. Wir machen kehrt und sammeln euch wieder ein, falls wir nicht vaporisiert werden.«
Ben taumelte nach hinten. Er fühlte sich schuldig und verwirrt und dachte, dass eigentlich er und Jaina diejenigen sein sollten, die zurückblieben, während der Rest der Mannschaft von Bord ging. Doch nach so vielen Tagen, die er neben Ioli im Cockpit gesessen hatte, wusste er ohne nachzufragen, dass sie jedes derartige Angebot als Affront gegen sich und ihre Besatzung werten würde. Selbst mithilfe der Macht wären er und Jaina nicht in der Lage, das ungewohnte Skiff so gut zu handhaben, wie Tanogo und Ioli es konnten. Abgesehen davon war die Vagabund ihr Schiff, deshalb war es ihre Pflicht, den Bericht zu senden – und in Admiralin Niathals neuem Militär überließ eine Offizierin es schlichtweg niemand anderem, ihre Pflicht zu erfüllen.
Ben erreichte die Rückseite der Kabine, wo Gim Sorzo, der Twi’lek-Bordschütze der Vagabund, gerade seinen Raumhelm einrasten ließ. Jaina und Zekk – die in den Evakuierungsanzügen bereits zuvor einen Machtschlaf gehalten hatten, um zu vermeiden, dass die eingeschränkten Lebenserhaltungssysteme der Vagabund überansprucht wurden – waren schon komplett angezogen und warteten außerhalb der Evakuierungskammer, wo der letzte Anzug hing, offen und einsatzbereit.
Ben kletterte in die Beine und schob seine Arme in die Ärmel, und Jaina rückte die Energietaste an der Schulter hinein. Als sich der Anzug von selbst versiegelte, stülpte Zekk den Helm über Bens Kopf und schloss den Halsring. Weniger als eine Minute später piepste der Helmlautsprecher, um die Weltraumtauglichkeit des Anzugs zu bestätigen, und die drei Jedi drängten sich zusammen mit Sorzo in die Luftschleuse.
Ben hatte die Innenluke gerade geschlossen, als seine eigene Stimme über den Helmlautsprecher drang. »Hier spricht Jedi Ben Skywalker mit einer dringenden Warnung …«
»In einer Reihe aufstellen«, fiel Jaina der Stimme ins Wort. »Öffne die Luke, weg in drei … zwei …«
Während sie zählte, hakten sie ihre Halteleinen aneinander und gingen für einen Notausstieg in Position, mit Jaina vorn vor der Luke und Sorzo hinter ihr, seine Arme um ihre Taille geschlungen. Ben stand neben dem Twi’lek und hielt sich mit einer Hand an einem Haltegriff fest. Zekk stand in der Ecke neben ihm und umklammerte den Griff mit beiden Händen.
»Eins.«
Jaina betätigte den Notausstiegsschalter, und die Außenluke schoss in einer Wolke aus Rauch und entweichender Atmosphäre davon. Jaina und Sorzo wurden direkt dahinter aus der Schleuse gezogen. Dass sich Ben am Haltegriff festhielt, verschaffte ihm die Verzögerung von einer halben Sekunde, die es brauchte, damit Jaina und Sorzo den Ausgang frei machten, dann löste sich seine Hand, und er wurde aus der Öffnung katapultiert. Sofort beschlug sein Visier, und er spürte, wie sich die Sicherungsleine spannte, als Zekk hinter ihm in die Leere gerissen wurde.
Sein Magen begann Purzelbäume zu schlagen, als sie die künstliche Schwerkraft der Vagabund hinter sich ließen, doch jedes Gefühl von Bewegung verging. Ben hört seine eigene Stimme weiterhin aus dem Helmlautsprecher dröhnen und Tenel Ka drängen, »sämtliche Vorsichtsmaßnahmen« zu ergreifen. Dann ertönte ein leises Klicken, als der Kommempfänger des Anzugs automatisch auf die Gegensprechanlage der Vagabund umschaltete.
»Haltet die Augen offen«, warnte Iolis Stimme. »Die Vagabund fliegt ab.«
»Danke«, sagte Jaina. »Und möge die Macht mit euch sein.«
»Mit euch auch«, entgegnete Ioli. »Vagabund Ende.«
Die Ionentriebwerke des Skiffs erwachten flackernd zum Leben, um das All so intensiv zu erhellen, dass Bens Augen selbst durch das getönte Visier und die geschlossenen Lider hindurch schmerzten.
Ein paar Sekunden später wurde das Glühen schwächer, und Ben öffnete die Augen, um festzustellen, dass sich sein beschlagenes Visier geklärt hatte. Die sternengesprenkelte Leere wirbelte mit Schwindel erregender Geschwindigkeit vorbei, und hin und wieder erhaschte er flüchtige Blicke auf das Kampfgeschehen oder seine Gefährten, die an ihren Sicherungsleinen wilde Pirouetten drehten.
Ben aktivierte die Schubdüsen seines Anzugs und brachte sein Trudeln unter Kontrolle, dann drehte er sich in Richtung Hapes. Die Flotte der Ducha hatte bereits das Feuer auf Ioli und Tanogo eröffnet, um den Planeten hinter einer Wand umherzischender Energie zu verbergen. Er konnte die Vagabund kaum erkennen, ein fingerlanger Splitter der Dunkelheit, der eine Abgasspur hinter sich herzog, als Ioli versuchte, sich mit einer Spirale ihren Weg zur Rettung zu erfliegen.
Eine Lanze Turbolaserfeuer berührte die Spitze der Spirale und erblühte zu einem brodelnden Flammenball. Ben vermochte nicht zu sagen, ob der Kummer, den er verspürte, in der Macht war – oder in ihm selbst.