23. KAPITEL
Auf dem Holoschirm des Befehlsstandes sah alles so akkurat und geordnet aus. Im Hintergrund der Projektion zeichnete sich der Planet Hapes ab, eine gewölbte blaue Wand aus Licht mit mattgrünen Inseln, die über den ruhigen blauen Ozean verstreut waren. Die Schlacht bestand aus pfeilförmigen blauen Symbolen, die für verbündete Kräfte standen, und aus roten Feindmarkierungen. Die Verbündeten versuchten, zu einer formlosen, ebenfalls blauen Masse zu gelangen, die als die KÖNIGLICHE HAPANISCHE FLOTTE identifiziert war und von ein paar eiförmigen Symbolen umschwärmt wurde, die mit UNBEKANNT gekennzeichnet waren. Zudem eilte vom Rand des hapanischen Schwerkraftzentrums eine Flotte mit dem Vermerk GALNEY heran, deren Farbe von verbündetem Blau zu feindlichem Rot wechselte, während sie näher kam.
Doch Jacen wusste, wie es in der Schlacht tatsächlich zuging. Er konnte es anhand der Hunderten von Lebenspräsenzen fühlen, die jede Sekunde erloschen, in den Wogen des Schmerzes, die stärker als je zuvor durch die Macht rollten. Am meisten konnte er diesen Schmerz in Tenel Ka spüren, in der sorgsam kontrollierten Wut, die er wahrnahm, wenn er seine mentalen Fühler nach ihr ausstreckte, in der Furcht und der Traurigkeit, die sie im Angesicht des Gefechts erfüllte. Hatte er sein ganzes Leben lang gekämpft, um das zu beschützen, eine Zivilisation, die sich selbst zerstörte? War dies das übergeordnete Wohl, dem zu dienen Vergere ihm eingeschärft hatte – eine Gesellschaft, die Attentäter aussandte, um Kinder zu ermorden?
Ein unmerklicher Druck in der Macht lenkte Jacens Aufmerksamkeit auf seinen Adjutanten Orlopp. Er drehte sich gerade in dem Moment um, in dem der Jenet von dem Datenpad in seinen Händen aufsah.
»Ja?«, fragte Jacen.
Orlopps große Schnauze zuckte unruhig. Es verwirrte ihn stets, wenn Jacen ihn bereits ansprach, noch bevor Orlopp selbst sich bemerkbar gemacht hatte. Er behielt mittels seines Datenpads zwei wichtige Örtlichkeiten im Auge, und er hatte den Befehl, unverzüglich Bericht zu erstatten, falls sich bei einer davon irgendetwas tat.
Als Orlopp mit seiner Antwort zu lange zögerte, schnappte ihm Jacen das Datenpad aus den Händen. »Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, Leutnant.«
Jacens Blick glitt als Erstes in die linke Hälfte des Schirms, die ein Bild seiner Kabine zeigte, wo Allana auf dem Fußboden saß und mit ein paar einfachen Stoffpuppen spielte. Rings um sie verteilt stand ein GGA-Spezialeinsatzkommando mit dem Befehl, jeden zu töten, der versuchte, den Raum zu betreten. Die andere Hälfte des Schirms zeigte Aurra Sing, die bewusstlos auf dem Boden einer Durastahlzelle lag, an den Handgelenken und Fersen mit Elektroschellen gesichert und an drei Stellen mit schweren Ketten an der Wand befestigt.
Erst dann, als er sicher war, dass seine Tochter in Sicherheit und ihre Angreiferin noch immer außer Gefecht war, las Jacen die Mitteilung im unteren Bereich des Schirms.
»Was hat es mit diesen Allianz-Notsignalen auf sich, Leutnant?«
»Das Signaldeck fängt sie auf, seit wir wieder in den Realraum eingetreten sind, Sir. Sie kommen von ungefähr hier.«
Orlopp streckte einen Finger in Richtung Holoschirm aus, um auf eine Position hinter Galneys Flotte zu deuten. Jacens Verstand war jedoch bereits wieder auf Wanderschaft, sein Blick glitt zu der Schlacht über Hapes zurück. Nach dem Anschlag auf seine Tochter und in Anbetracht der Tatsache, dass nun ihre Mutter in Gefahr war, fiel es ihm schwer, sich auf seine Pflichten als Befehlshaber zu konzentrieren. Gern wäre er in einem Raumjäger gewesen, um Allana auf irgendeinem anonymen Planeten in Sicherheit zu bringen, wo sie nie wieder einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde.
Doch das würde Tenel Ka nicht retten. Sie war dort unten in der Schlacht, vermutlich an Bord eines der fünf Schlachtdrachen, die sich im hinteren Teil der königlichen Flotte in einer schier ausweglosen Lage befanden.
»Colonel?«, sagte Orlopp, um Jacens Aufmersamkeit wieder auf die Frage zu lenken, wie mit den Notsignalen zu verfahren sei, dessen Ursprung sich von der Anakin Solo aus direkt auf der anderen Seite von Galneys Flotte befanden. »Ich habe überlegt, ob es überhaupt sinnvoll ist, Sie damit zu behelligen, da jedes Rettungsschiff, das wir aussenden, vermutlich zerstört werden wird. Um die evakuierten Mannschaftsmitglieder aufzunehmen, müssten wir die gesamte Flotte einsetzen.«
»Offensichtlich.« Jacen studierte weiterhin das Hologramm und fragte sich, was eine Allianz-Besatzung dazu gebracht haben könnte, so weit von der Hauptschlacht entfernt von Bord zu gehen. »Irgendeine Ahnung, wer …«
»Colonel Solo.« Die Unterbrechnung kam von Major Espara, der blasshäutigen Frau, die Tenel Ka ihm mitgegeben hatte, damit sie in seiner Kampfgruppe als Verbindungsoffizierin zu den Königlichen Schlachtdrachen fungierte. »Ich hoffe, Sie ziehen nicht einmal in Erwägung, den Kurs dieser Flotte zu ändern, um eine Handvoll Ihrer Leute zu retten. Die Königinmutter ist bereits in Gefahr, und wenn Sie zulassen, dass Ducha Galneys Flotte …«
»Ich versichere Ihnen, ich bin mir der Gefahr, in der die Königinmutter schwebt, wesentlich bewusster, als Sie es sind«, entgegnete Jacen ziemlich scharf. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Orlopp zu. »Veranlassen Sie, dass das Signaldeck die Funkfeuer weiter verfolgt. Wir werden uns um sie kümmern, sobald die Königinmutter in Sicherheit ist.«
Orlopp drückte eine Taste auf seinem Datenpad, um einen Befehl zu senden, den er in Erwartung von Jacens Entscheidung offensichtlich bereits vorbereitet hatte.
Als der Jenet nicht wegsah, fragte Jacen: »Ist sonst noch etwas, Leutnant?«
»In der Tat«, erwiderte Orlopp. »Das Nachrichten-Dingi, das Sie zum Roqoo-Depot entsandt haben, wartete darauf, an Bord genommen zu werden, als wir den Hyperraum verließen.«
Jacen runzelte die Stirn. »Und?«
»Und dem Hangar-Chief ist die Sache suspekt, Colonel. Die Pilotin erbittet umgehend eine Audienz mit Ihnen, und es stellt sich die Frage, woher sie unsere Widereintrittskoordinaten wissen konnte.«
»Loben Sie den Chief für seine Vorsicht«, sagte Jacen. »Und sagen Sie ihm, er soll diese Pilotin sofort hier hochschicken!«
Jemanden wie Lumiya kostete es lediglich ein paar Spekulationen und etwas Machtmeditation, um die Wiedereintrittskoordinaten der Anakin vorherzusehen. Jacen war viel überraschter, dass sie überhaupt zurückgekehrt war, da er in der Macht nichts gespürt hatte, das darauf hinwies, dass Luke oder Mara getötet worden waren.
Ihm kam in den Sinn, dass Lumiya seine Falle möglicherweise vorausgesehen und der Konfrontation komplett aus dem Weg gegangen war. Er fragte sich flüchtig, ob ihre Rückkehr ihm Sorge bereiten sollte, aber einmal abgesehen von ihren unlängst geäußerten Bedenken, dass er die notwendigen Opfer zu bringen fähig war, um der Galaxis Ordnung zu bringen, war er davon überzeugt, dass Lumiya ihn mehr brauchte als er sie.
Auf dem Holoschirm begann die Galney-Flotte heller zu leuchten, als die Anakin Solo bis auf Reichweite ihrer neuen Langstrecken-Turbolaser an sie herankam. Die Verstärkung der Usurpatoren hielt weiter mit maximaler Beschleunigung auf Hapes zu, eindeutig überzeugt davon, dass sie die Schlacht erreichen und Tenel Ka töten konnten, bevor Jacens Kampfgruppe sie einzuholen vermochte.
Jacen nutzte die Macht, um einen Knopf an der Wand zu drücken und das Mikrofon der Sprechanlage zu aktivieren. »Commander Twizzl, es ist Zeit, ihre Aufmerksamkeit auf uns zu lenken. Angriff nach Ihrem Ermessen.«
Twizzls Stimme drang aus dem Lautsprecher. »Sehr wohl, Colonel.«
Ein paar Sekunden später feuerten die Langstrecken-Turbolaser-Batterien der Anakin eine Salve ab, was die Lichter flackern und die Ventilationsfächer langsamer werden ließ. In weniger wichtigen Bereichen des Schiffs waren die Auswirkungen noch deutlicher zu spüren: Korridore wurden vorübergehend in Dunkelheit getaucht, und elektronische Systeme mussten auf Batterie umschalten. Die neuen Turbolaser entsprachen dem neuesten Stand der Technik, doch sie benötigten so viel Energie, dass es unwahrscheinlich war, dass sie irgendwann in nächster Zeit zur Standardbewaffnung gehören würden.
Einen Moment nach der ersten Salve leuchtete einer der Galney-Schlachtdrachen getroffen und schwer beschädigt auf. Die Lichter auf dem Befehlsstand flackerten wieder, und dann verschwand das Schiff vom Holoschirm. Offensichtlich hatte die Anakin das Ziel erwischt, als die Schilde des Schiffs noch nach vorn ausgerichtet gewesen waren.
»Gut gemacht«, sagte Jacen. Er wandte sich an Espara. »Erteilen Sie den Schlachtdrachen der Königinmutter Feuerfreigabe, sobald sie in Reichweite sind.«
»Natürlich, Colonel.«
Während Espara in ihr Kommlink sprach, nutzte Jacen die Gelegenheit, einen Blick über Orlopps Schulter zu werfen und sich zu vergewissern, dass Sing noch immer in ihrer Zelle war. Ihre Tür war zugeschweißt, man hatte ihr das Gegenmittel für Allanas Lähmdroge nicht verabreicht, und ein konstanter Strom schlafauslösenden Komagases wurde in ihre Zelle gepumpt. Aber Jacen musste sichergehen. Sie hatte bereits demonstriert, dass sie wusste, wie wichtig der richtige Zeitpunkt für einen Angriff war. Wenn sie also vorhatte, einen Fluchtversuch zu unternehmen, dann würde es bald so weit sein.
»Sir?«, fragte Orlopp.
»Bloß zur Kontrolle.« Jacen betrachtete das Bild seiner Kabine und stellte fest, dass Allana immer noch auf dem Fußboden spielte. »Man kann nicht vorsichtig genug sein.«
»Nein, Sir, kann man nicht.« Orlopps Tonfall klang routiniert, doch er ließ Besorgnis in die Macht strömen. »Ich behalte die Situation sehr eingehend im Auge, Colonel … Darüber brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen.«
»Gut«, sagte Jacen, als ihm bewusst wurde, dass er in mehr Leuten in der Kabine Besorgnis auslöste als nur in Orlopp. »Vielen Dank.«
Er wandte seinen Blick wieder dem Holoschirm zu. Mehrere Galney-Schlachtdrachen leuchteten auf, und dort, wo zwei weitere bereits vernichtet waren, klafften Löcher in der Formation. Der Schaden war wesentlich größer, als die Anakin allein mit drei Langstrecken-Turbolaser-Batterien anrichten konnte.
Jacen wandte sich an Espara. »Ich wusste nicht, dass die Schlachtdrachen der Königinmutter mit Langstrecken-Turbolasern ausgerüstet sind.«
Espara schenkte ihm ein seltenes Lächeln. »Tut mir leid, Colonel. Admiral Pellaeon war so freundlich, uns die Technik zur Verfügung zu stellen, nachdem die Königinmutter der Galaktischen Allianz zwei Flotten unterstellt hat. Der Königliche Oberbefehlshaber hat mich angewiesen, nur diejenigen von dieser Modifizierung zu unterrichten, die davon wissen müssen.«
»Ich verstehe.« Jacen war irritiert, aber nicht überrascht. Selbst unter Verbündeten wurden Geheimnise nicht leichtfertig enthüllt. »Und wie weit verbreitet ist diese Technologie im Konsortium?«
»Überhaupt nicht. Bislang gehören die einzigen Schlachtdrachen, die mit den neuen Turbolasern ausstattet sind, zu unserem Kampfverband.« Espara wandte sich wieder dem Holoschirm zu, wo weitere Schiffe der Usurpatoren aufleuchteten. »Möglicherweise ändert sich das, nachdem die Königinmutter gesehen hat, wie wirkungsvoll sie sind.«
»Verlassen Sie sich darauf lieber nicht.« Jacen nickte in Richtung des Holoschirms. Die hinteren Einheiten von Galneys Flotte lösten sich vom Hauptkontingent, um auf die Anakin und ihren Kampfverband zuzuhalten. »Jetzt, da das Überraschungselement vorüber ist, werden die neuen Turbolaser rasch an Effektivität verlieren.«
Galneys Schiffe ließen bereits Wolken von Raumjägern ins All strömen, in dem Versuch, einen Verteidigungsschirm zu errichten, sodass die vorderen Einheiten der Verräterflotte den Angriff auf Tenel Ka weiter fortsetzen konnten. Jacens Kampfverband bremsten ab und schwärmten aus, während sie sich darauf vorbereiteten, ihre eigenen Raumjäger zu starten und den größtmöglichen Nutzen aus ihren Langstrecken-Turbolasern zu ziehen, indem sie den Feind weichklopften, ehe sie sich mit allem, was sie hatten, in die Schlacht stürzten.
»Colonel Solo, wir dürfen nicht aufhören zu kämpfen«, sagte Espara. Sie wies auf Tenel Kas kleine Flotille. »Sie werden die Königinmutter bei den Planetenschilden festnageln.«
»Das ist mir klar, Major.« Jacen wusste es besser, als dass er vorgeschlagen hätte, Tenel Ka solle sich in Richtung des Planeten zurückziehen. Es waren zu viele feindliche Schiffe in der Nähe. Wenn sie die Planetenschilde deaktivieren ließ, würden die Gegner ihr einfach hindurchfolgen und die Generatorstationen ausschalten. »Würden Sie einen Durchbruchsversuch wagen?«
Espara nickte. »Wir haben keine Wahl.«
Espara hatte recht, und Jacen wusste es. Selbst wenn sich die Hälfte der Galney-Flotte zurückfallen ließ, um seinem Kampfverband die Stirn zu bieten, war die Flotille der Königinmutter dennoch drei zu eins in der Unterzahl. Was Espara nicht wusste, war, dass jeder Durchbruchsversuch das Leben von Allana, der Chume’da des Konsortiums, ebenfalls aufs Spiel setzte – und Jacen war sich sicher, dass Tenel Ka das ebenso wenig wollte wie er selbst.
Espara runzelte die Stirn. »Colonel Solo, Sie verschwenden kostbare …«
Jacen brachte sie mit erhobener Hand zum Schweigen. »Nachzudenken ist keine Zeitverschwendung.« Er aktivierte erneut das Mikro der Sprechanlage. »Commander Twizzl, wie viele Schlachtdrachen wären nötig, um eine realistische Chance zu haben, diesen Schirm zu durchbrechen? Und behalten Sie dabei im Hinterkopf, dass sie anschließend immer noch über genügend Energie verfügen müssen, um die Verfolgung fortsetzen zu können.«
Twizzls Antwort erfolgte augenblicklich. »Es wäre ratsamer, alle zu schicken. Das ist unsere beste Chance.«
»Nach unserer besten Chance habe ich nicht gefragt«, konterte Jacen. »Ich will wissen, wie viele für eine realistische Chance notwendig sind.«
Twizzl schwieg einen Moment, dann sagte er: »Achtzehn, Sir. Berda glaubt, dass diese Feldstärke dem Kampfverband eine dreiundsechzigprozentige Chance verschaffen würde, Galneys Angriff auf die Königinmutter zu unterbinden.«
»Dann werden wir genau das tun, Captain«, sagte Jacen. Berda war der Taktikcomputer der Anakin, ein leistungsstarker Großrechner, der von einer Gruppe Bith-Programmierer bedient wurde. »Lassen Sie die anderen beiden Schlachtdrachen zusammen mit der Anakin Abstand wahren.«
»Abstand wahren?«, echote Espara. »Colonel Solo, eine dreiundsechzigprozentige Chance, das Leben der Königinmutter zu retten, genügt nicht. Vielleicht sind Sie einfach nur ein Feigling, sonst würden Sie die Anakin reinschicken. Ich kann Ihnen versichern, dass jeder Hapaner …«
»Das genügt jetzt, Major!«
Jacen hob die Hand und krümmte die Finger, und mit einem Mal war Espara zu sehr damit beschäftigt, nach Atem zu ringen, um weitersprechen zu können. Ihr Vorwurf wurmte ihn mehr, als er zuzugeben bereit war, teilweise, weil er so zutreffend war – zumindest sofern es um Allana ging. Er hatte zu große Angst davor, seine Tochter zu verlieren, als dass er gewillt war, ihr Leben inmitten einer hitzigen Raumschiffschlacht zu riskieren, und es spielte wirklich keine Rolle, ob Tenel Ka wollte, dass er diese Entscheidung traf. Die schlichte Wahrheit war, dass es Dinge gab, die er niemals opfern würde – nicht einmal, wenn das bedeutete, die Galaxis zum Untergang zu verdammen.
Während er Espara weiterhin mit der Macht würgte, verwandelte sich ihr Keuchen in ein verzweifeltes Gurgeln, und sie hob die Hände an ihre Kehle. Ihre beiden Adjutanten starrten sie alarmiert an, und dann traten sie vor, um sie abzuschirmen, während sie instinktiv nach Handfeuerwaffen griffen, die an Bord der Anakin eigentlich nicht getragen werden durften.
Jacen ließ sie mit einem Blick erstarren, dann drehte er sich wieder zu Espara um. »Ihr Einsatz ist lobenswert, Major. Über einige Aspekte der Situation sind Sie allerdings nicht unterrichtet, und ich tue genau das, was im Sinn der Königinmutter ist. Ist das klar?«
Espara nickte und stützte sich mit einer Hand am Arm eines ihrer Adjutanten ab.
»Ich bin froh, dass wir einander verstehen.« Jacen löste seinen Machtgriff und erlaubte ihr einen langen Atemzug, dann streckte er seine Hand aus. »Es wird nicht nötig sein, dass Sie vor dem Ende der Schlacht mit den Schlachtdrachen Ihrer Majestät in Kontakt treten. Darum hätte ich gern Ihre Kommlinks.«
Espara reichte ihm widerwillig ihr Gerät und nickte ihren beiden Adjutanten zu, damit sie dasselbe taten.
»Vielen Dank.« Jacen schob die Geräte in seine Uniformtasche, dann wandte er sich wieder dem Holoschirm zu. Er war besorgt und fühlte sich nutzlos. Die achtzehn Schlachtdrachen, die er ausgesandt hatte, um Tenel Ka zu retten, näherten sich bereits Galneys Verteidigungsschirm. Wolken von Raumjägern strömten zwischen ihnen ins Weltall, und auf beiden Seiten blinkten bereits getroffene Schiffe auf und brachen aus der Formation aus.
Die Informationen, die seine Eltern geliefert hatten, hatten sich bislang mehr als Fluch denn als Segen erwiesen. Sie hatten Aurra Sings Angriff auf Allana nicht verhindert und ihn stattdessen mit einem beträchtlichen Teil der Königlichen Flotte genau zur falschen Zeit nach Relephon geführt. Ein Fehler, der Hapes am Ende womöglich seine Königin kosten würde – und Allana ihre Mutter.
Die Anakin und ihre beiden Begleitschiffe konzentrierten ihr Feuer auf eine Flanke, versuchten dabei zu helfen, eine Lücke durch den Schirm zu öffnen. Gleichwohl, die Usurpatoren reagierten rasch und brachten jedes Mal ein neues Schiff in Position, wenn das alte zerstört wurde, während sie ihre Formation zusammenzogen, als ihre Angreifer näher kamen. Die Verfolgerschar war bereits bis auf vierzehn Schlachtdrachen reduziert, von denen ein Drittel in verschiedenen Schadensstufen blinkten.
Jacen spürte Orlopps Aufmerksamkeit. Er sah hinüber und wartete, bis der Jenet ihn tatsächlich anschaute, dann warf er einen bedeutungsvollen Blick auf das Datenpad.
»Immer noch alles in Ordnung?«
»Alles unverändert.« Orlopps Stimme barg einen Anflug von Besorgnis angesichts Jacens offenkundiger Besessenheit hinsichtlich der Attentäterin und des Mädchens in seiner Kabine. »Die Pilotin, die Sie sehen wollten, ist eingetroffen.«
»Wir werden einige ungestörte Minuten brauchen.«
Froh, Jacens Gegenwart zu entkommen, gingen Espara und ihre Adjutanten unverzüglich hinaus, dicht gefolgt von seinem eigenen Stab. Lediglich Orlopp zögerte.
»Gibt es sonst noch etwas, Leutnant?«
»In der Tat«, gestand Orlopp. »Vielleicht ist das momentan nicht weiter von Interesse, aber wir müssen wahrscheinlich niemanden ausschicken, um den Notsignalen nachzugehen, die wir aufgefangen haben. Das Signaldeck berichtet, dass ein privater Frachtraumer Kurs auf sie nimmt.«
»Gut. Lassen Sie das Schiff verfolgen, und nach der Schlacht nehmen wir Kontakt zu ihnen auf.«
»Sehr wohl, Sir.« Orlopp schob das Datenpad unter seinen Arm und wandte sich dem Ausgang zu. »Ich schicke die Pilotin jetzt rein.«
»Vielen Dank.« Jacen streckte die Hand aus. »Aber lassen Sie das Datenpad hier.«
Orlopp rümpfte unbehaglich die Schnauze, doch er überließ Jacen das Datenpad und ging hinaus. Jacen überprüfte den Schirm, um sicherzustellen, dass seine Tochter tatsächlich in Ordnung war, wie Orlopp berichtet hatte, dann legte er das Gerät auf den Tisch und schaltete den Schirm aus. Seine Unterhaltung mit Lumiya würde auch so schon schwierig genug werden, ohne ihr seine Besorgnis um Allanas Sicherheit erklären zu müssen.
Einen Moment später erschien eine schlanke Frau in einem schwarzen Flugoverall in der Türöffnung, das Gesicht hinter einem geschlossenen Helmvisier verborgen. Jacen hatte augenblicklich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte – es war nichts Gefährliches, aber auch nichts, das er erwartet hatte. Einen Moment lang dachte er, dass der Grund dafür womöglich er selbst war. Vielleicht war er bloß nervös, Lumiya zu treffen, nachdem er versucht hatte, sie beim Roqoo-Depot in eine Falle zu locken. Oder vielleicht hatte er in Wahrheit Angst davor, dass sie am Ende doch obsiegt hatte – dass Luke und Mara tot waren.
Dann fiel Jacen auf, wie viel größer und schlanker als Lumiya diese Pilotin war, wie unförmig der hintere Bereich ihres Helms, wie eine Schulter nach unten hing, und er ließ seine Hand auf sein Lichtschwert fallen.
»Das ist nah genug, solange ich Euer Gesicht nicht sehe.«
Die Pilotin blieb stehen, und ein düsteres, unbeständiges Aufflackern von Belustigung durchrieselte die Macht. Während eine Hand weiter nutzlos an ihrer Seite hing, griff sie mit der anderen nach oben und öffnete die Versiegelung des Helms.
»Ihr dürft uns nicht töten.« Selbst verzerrt durch den Helmlautsprecher klang ihre Stimme einschmeichelnd und halb vertraut – und es war definitiv nicht die von Lumiya. »Wir bringen Kunde von Eurer Meisterin.«
»Meiner Meisterin?«
»Eurer Sith-Meisterin … Lumiya.« Der Helm hob sich, um ein einstmals betörend schönes Gesicht zu enthüllen, das verhärmt und unnachgiebig geworden war. »Zweifellos seid Ihr neugierig zu erfahren, was ihr beim Roqoo-Depot widerfahren ist.«
In Jacens Innerem loderte eine Feuersäule empor. Alema Rar war eine Gorog-Neunisterin gewesen, ein Mitglied des Killik-Nests, das versucht hatte, seine Tochter zu ermorden, kurz nach deren Geburt – und sie war hier, an Bord desselben Schiffs wie Allana. Bevor er sich dessen bewusst war, hatte Jacen sein Lichtschwert eingeschaltet und sie mit der Macht gepackt.
Alema ließ zu, dass er sie näher heranzog, und ihre Augen glänzten vor Vergnügen. »Ihr würdet es tun«, kicherte sie. »Ihr würdet uns ohne Bedenken töten!«
Aufgeschreckt von der Wahrheit in ihren Worten, ließ Jacen sie los.
»Ohne zu zögern«, korrigierte er. Wie viele Male hatte Lumiya ihm gesagt, dass er kein Diener seiner Emotionen sein durfte? Wenn er die Ordnung wiederherstellen wollte, mussten seine Emotionen ihm dienen. »Aber ich habe darüber nachgedacht. Ich habe sehr oft darüber nachgedacht.«
»Das ist gut zu wissen, Jacen.« Alemas Lippen verzogen sich zu einem sonderbaren Hohngrinsen. Es war wohl als kokettes Lächeln gedacht, das ihr verhärmtes Gesicht jedoch nicht mehr zustande brachte. »Wir haben auch über Euch nachgedacht.«
»Und das jagt mir nach wie vor einen Schauer über den Rücken«, spottete Jacen. »Also, da ich bezweifle, dass du hergekommen bist, damit ich dir deinen Todeswunsch erfülle, warum erzählst du mir nicht von Lumiya?«
Alema hob eine schmale Augenbraue. »Ihr leugnet nicht, dass sie Eure Meisterin ist?«
Jacen zuckte mit den Schultern. »Ich glaube nicht, dass das sonderlich viel Sinn haben würde.« Er warf einen Blick auf den Holoschirm, wo die Symbole seiner Einheiten gerade in den Schild von Galneys Schiffen krachten, dann fügte er hinzu: »Und wie du siehst, bin ich momentan ziemlich beschäftigt.«
Alemas Blick glitt vom Holoschirm zu seinem Lichtschwert, und sie wich einen Schritt zurück. »Dann fahrt damit fort und tötet auch uns. Denn wir sind die Einzigen, die um Lumiyas Vermächtnis wissen – abgesehen von Euch und Tenel Ka, natürlich.«
Wieder schwoll der Hass in Jacen an – oder vielleicht war es diesmal auch Beunruhigung. Er war stets besorgt gewesen darüber, dass die Gorog um das Geheimnis seiner Tochter wussten, seit man versucht hatte, sie zu ermorden. Jetzt hatte Alema seine ärgsten Ängste bestätigt, und alles in ihm drängte danach, das Leben in ihrem verkrüppelten Körper erlöschen zu lassen.
Doch es musste eine Falle sein – die Twi’lek hätte ihn niemals in Versuchung geführt, wenn er dieses Geheimnis einfach dadurch hätte schützen können, indem er sie tötete.
»Ich habe noch nie Gefallen an Drohungen gefunden«, warnte Jacen. »Und heutzutage toleriere ich sie auch nicht mehr.«
»Dann ist es ja gut, dass wir Euch nicht drohen«, erwiderte Alema gelassen. »Wir haben einen Vorschlag gemacht. Gorog hat versucht, Eure Tochter zu töten. Wir sind alles, was von Gorog geblieben ist. Ihr solltet uns töten.«
»Und so dafür sorgen, dass überall im Konsortium Tratschvideos auftauchen, die behaupten, dass ich Allanas Vater bin?«
»Haben wir gesagt, dass so etwas passieren würde?«, fragte Alema unschuldig. »Wir sind höheren Zwecken verpflichtet, Jacen. Wir dienen dem Gleichgewicht.«
Jacen war nicht so dumm, ihr zu glauben. Alema Rar hätte sich niemals bis auf ein Lichtjahr in seine Nähe gewagt, ohne irgendwelche Sicherheitsvorkehrungen getroffen zu haben, und die wahrscheinlichste Möglichkeit hierfür war ebenjene Drohung, sie unverblümt zu äußern sie so geschickt vermieden hatte. Sollte es Alema nicht gelingen, die Anakin lebend zu verlassen, zweifelte er nicht daran, dass das Geheimnis um die Vaterschaft seiner Tochter sehr bald an die Öffentlichkeit gelangen würde.
Jacen dachte daran, die Twi’lek trotzdem zu töten, weil es womöglich besser war, dass das Geheimnis um Allanas Vater zu einem Zeitpunkt herauskam, da das Konsortium ohnehin in heftiger Unordnung war. Doch es war nicht an ihm, diese Entscheidung zu treffen – zumindest nicht, solange Tenel Ka noch am Leben war.
Er warf einen Blick auf den Holoschirm und sah, dass die Antwort auf die Frage, ob die Königinmutter überleben würde, nach wie vor in der Schwebe hing. Obwohl die Flotille, die er ausgesandt hatte, um sie zu retten, auf zehn Schiffe reduziert worden war, waren drei Schlachtdrachen tief in den Verteidigungsschirm vorgestoßen und standen dicht davor, ihn zu durchbrechen. Vorausgesetzt, sie nahmen nicht mehr viel Schaden, denn ihre Markierungen blinkten bereits hektisch.
Jacen deaktivierte sein Lichtschwert und wandte sich wieder Alema zu. »So verlockend ich dein Angebot auch finde, ziehe ich es doch vor, dich fürs Erste am Leben zu lassen. Sag mir, was auf Roqoo passiert ist.
Alemas Gesicht entspannte sich, und sie sagte schlicht: »Wir haben versagt.«
»Wir?«, fragte Jacen. »Wer sind wir? Du? Du und die Killiks? Du und …?«
»Lumiya«, sagte Alema. »Wir haben seit einer Weile mit ihr zusammengearbeitet.«
Die Twi’lek riskierte es, einen Schritt näher zu kommen, dann berichtete sie, wie sie auf dem Gemeinschaftsplatz über Tresina Lobi gestolpert war, die Ben nachspionierte, und wie sie Lumiya dabei geholfen hatte, sie zu töten. Anschließend hätte Lumiya zugestimmt, dass sie gemeinsame Sache machten. Alema hatte es übernommen, mehrere Mitglieder der bothanischen Partei des Wahren Sieges zu ermorden, dann war sie gemeinsam mit Lumiya an Bord der Anakin Solo gelangt und hatte sie zum Roqoo-Depot begleitet, um die Skywalkers anzugreifen.
»Warte«, sagte Jacen. »Lumiya wusste, dass sie dort sein würden?«
»Natürlich – sie wusste, dass der beste Weg für Euch, die Verdächtigungen der Skywalkers zu zerstreuen, darin bestand, sie – Lumiya – zu verraten und sie loszuschicken, um gegen die Skywalkers zu kämpfen.« Alema streckte die Hand nach seinem Unterarm aus – um dann vorzugeben, dass es ihr nichts ausmachte, als er ihn wegriss. »Eure Meisterin war sehr stolz auf Euch, Jacen. Indem Ihr sie verraten habt, habt Ihr bewiesen, dass Ihr die Stärke habt, Euer Schicksal zu erfüllen.«
»Ich weiß nicht, was ich schwerer glauben kann«, spottete Jacen. »Dass Lumiya mit dir zusammengearbeitet hat oder dass sie stolz auf mich gewesen sein soll, weil ich sie in eine Falle geschickt habe.«
»Glaubt ruhig beides«, entgegnete Alema. »Wir waren beide in Sorge, dass Eure Hingabe mehr Eurer Familie als Eurer Mission gelten könnte, aber Eure Reaktion auf Lukes Verdacht hat uns davon überzeugt, dass wir uns irrten. Ihr habt alle brillant manipuliert und Euch sowohl gegen Lumiya als auch gegen Eure Tante und Euren Onkel entschieden. Das war der Beweis dafür, dass Ihr zu allem fähig seid.«
»Danke«, sagte Jacen, mehr überrascht als aufrichtig. Er konnte die Einzelheiten nicht länger ignorieren, die Alema über seine Beziehung zu Lumiya wusste, aber etwas fügte sich immer noch nicht recht ins Bild. »Du sagtest, Lumiya wusste, dass ich sie in eine Falle schickte, damit sie gegen die Skywalkers kämpft?«
»Natürlich«, sagte Alema. »Schließlich war Lumiya eine Sith.«
»Und dennoch ging sie? Und wurde trotzdem getötet?«
Alema nickte. »Sie wusste, dass der beste Weg, Euren Erfolg zu gewährleisten, darin bestand, Euren Onkel umzubringen, doch sie war sich nicht sicher, ob ihr das gelingen würde. Deshalb trug sie einen Protonendetonator auf der Brust. Als ihr Herz aufhörte zu schlagen, explodierte der Sprengsatz. Es tut uns leid.«
»Sahst du sie sterben?«
Alema schüttelte den Kopf. »Wir leben noch, oder? Aber Lumiya kann das nicht überlebt haben. Die gesamte Cantina wurde zerstört. Selbst Eure Tante und Euer Onkel sind der Explosion bloß um zwei Minuten entkommen.« Die Twi’lek hielt einen Moment lang inne, dann fügte sie hinzu: »Deshalb sind wir zurückgekommen – um Euch davor zu warnen, dass sie nach Hapes zurückkehren werden, sobald sie die Reparatur abgeschlossen haben.«
»Die Reparatur?«
Alemas Augen funkelten schelmisch. »Die Jadeschatten hat mit dem mysteriösen Bruch einer Sicherheitsleitung zu kämpfen«, sagte sie. »Die Reparatur wird nicht einfach sein.«
»Und das hast du arrangiert, weil …?«
»Weil Ihr Zeit braucht, um Eure Vorkehrungen zu treffen«, sagte Alema. »Die Skywalkers wissen, dass Ihr sie ebenfalls in die Falle gelockt habt.«
Jacen blickte finster drein. Alemas Geschichte beunruhigte ihn zunehmend mehr, wenn auch bloß, weil er spürte, dass sie die Wahrheit sagte – zumindest soweit sie diese kannte. Sein Plan war gewesen, die Ängste der Skywalkers gegen sie einzusetzen, indem er es so aussehen ließ, als habe Lumiya Ben nachgestellt. Offensichtlich war irgendetwas schiefgegangen.
»Was ist mit Ben?«, fragte Jacen.
Zum ersten Mal sah Alema verwirrt aus. »Ben?«
»Hat er die Explosion überlebt?«
Alema runzelte die Stirn. »Ben war überhaupt nicht dort«, sagte sie. »Aus diesem Grund wissen die Skywalkers, dass Ihr sie betrogen habt.«
Jacens Magen sackte nach unten. Wenn Ben gar nicht zu dem Treffen erschienen war, mussten die Skywalkers natürlich annehmen, dass das Roqoo-Depot eine Falle gewesen war. Aber wo war Ben dann? Das ungute Gefühl in Jacens Magengrube wurde eiskalt, und er wandte sich wieder dem Holoschirm zu.
Seine Flotille – oder besser: die acht Schlachtdrachen-Markierungen, die noch auf dem Holoschirm blinkten – war endlich durchgebrochen. In Kürze würden sie mit Höchstgeschwindigkeit die Verfolgung der Galney-Streitmacht aufnehmen, die gegen Tenel Ka zog. Jacens Blick jedoch glitt zu einer Position auf der anderen Seite des umkämpften Verteidigungsschirms, wo ein blinkendes Frachtraumersymbol mit der Kennung LONGSHOT auf die winzigen blauen Leuchtimpulse von vier Notfunksignalen der Allianz zuglitt.
»Was ist daran so interessant?«, fragte Alema, die seinem Blick folgte.
Statt zu antworten konzentrierte sich Jacen auf die echten, physischen Rettungsleuchtfeuer, dann streckte er seine Machtfühler aus und spürte vier Präsenzen – drei davon vertraut. Sie schienen wohlauf, wenn auch vielleicht ein wenig ungeduldig, angsterfüllt und – zumindest in Jainas Fall – wütend. Jacen machte sich nicht die Mühe, auch nur darüber zu spekulieren, warum die drei Jedi mit der Vagabund nach Hapes zurückgekehrt waren, anstatt ihre Befehle zu befolgen, um ihn beim Roqoo-Depot zu treffen – oder warum sie nicht mehr im Skiff waren. Stattdessen überflutete er seine Machtpräsenz mit Zuversicht und versuchte, sie zu ihnen zu projizieren, damit sie wussten, dass Hilfe unterwegs war.
Zekk und Ben reagierten, indem sie ihm Gefühle von Dankbarkeit übermittelten. Jaina hingegen verschloss sich einfach.
»Ist Longshot nicht einer der falschen Transpondercodes des Falken?«, fragte Alema.
Jacen drehte sich um und stellte fest, dass sie stirnrunzelnd das entsprechende Markierungssymbol betrachtete. »Schon möglich.«
Falls Alema den Argwohn und die Feindseligkeit in seinem Tonfall bemerkte, ignorierte sie es. »Glaubt Ihr, das ist eine gute Idee?«
»Glaube ich, dass was eine gute Idee ist?«
»Euren Eltern zu erlauben, dass sie Euren Schüler als Geisel nehmen.«
»Versuch das nicht bei mir, Alema«, sagte Jacen und blickte finster drein. »Ich weiß, wie das Dunkle Nest funktioniert hat – erinnerst du dich?«
»Wie könnten wir das je vergessen?« Alema wandte sich ihm zu, der Hass in ihren Augen auf einmal offen und aufrichtig. »Wir würden niemals versuchen, unsere Kräfte bei Euch einzusetzen, Jacen. Ihr habt bereits bewiesen, dass Ihr zu mächtig und gerissen für uns seid.«
»Dann verstehen wir einander ja.« Jacen winkte sie mit einer Geste in Richtung der Tür. »Im Übrigen haben meine Eltern vor, Ben und den anderen zu helfen, nicht sie als Geiseln zu nehmen.«
»Wenn es das ist, was Ihr glaubt, dann sind wir sicher, dass wir uns irren«, entgegnete Alema. »Wir sind schwerlich so gut informiert wie Ihr.«
»Was soll das?«, fragte Jacen. Er wusste, dass das die Art und Weise des Dunklen Nests gewesen war – indem es die Zweifel eines Gegners gegen ihn einsetzte –, aber Jacen hätte gewusst, wenn Alema die Macht benutzt hätte. »Du erwartest doch wohl nicht, dass ich glaube, meine Eltern würden Jaina oder Ben schaden.«
»Das würden sie niemals tun«, stimmte Alema zu. »Wir dachten bloß, sie hätten sich in diesem Krieg auf die Seite von Corellia geschlagen.«
»Das haben sie«, gab Jacen zu. »Das heißt aber nicht, dass sie Terroristen sind.«
»Dann müssen wir etwas Falsches gehört haben«, sagte Alema. »Wir dachten, sie wären an dem Attentatsversuch auf Eure Tochter beteiligt gewesen.«
»Das waren sie nicht«, sagte Jacen kurz und knapp. »Das war ein Missverständnis.«
»Zweifellos«, sagte Alema. »Nach Eurer Falle beim Roqoo-Depot wissen wir, dass Ihr Euch niemals von persönlichen Gefühlen davon abbringen lassen würdet, ein notwendiges Opfer zu bringen.«
»Nein, das würde ich nicht«, sagte Jacen.
»Wir glauben Euch.« Alema nutzte die Macht, um ihren Helm wieder zu sich schweben zu lassen, dann wandte sie sich der Tür zu. »Vielleicht sollten wir jetzt besser gehen – sofern Ihr uns dies gestattet.«
Jacen nickte. »Leutnant Orlopp wird eine Eskorte für dich arrangieren.« Seine Hände verlangten danach, die Twi’lek zu töten, doch das wagte er nicht – nicht solange er annehmen musste, dass dadurch das Geheimnis um Allanas Vater enthüllt wurde. »Du kannst das Nachrichten-Dingi als Geschenk der Galaktischen Allianz betrachten.«
Alema hob überrascht die Augenbrauen. »Vielen Dank.«
»Sollte meine Beziehung zu Allana allerdings jemals aufgedeckt werden, bringe ich dich persönlich zur Strecke.«
»Habt keine Angst, Colonel Solo. Euer Geheimnis ist bei uns sicher. Wir wissen, dass das der einzige Grund ist, dass wir dieses Schiff lebend wieder verlassen.«
Jacen nickte. »Es freut mich, dass wir einander verstehen.« Er wartete, bis sie die Tür erreichte, dann fügte er hinzu: »Bloß eine Sache noch, Alema. Solltest du dich meiner Familie jemals wieder bis auf ein Lichtjahr nähern, werde ich nicht so nachsichtig mit dir sein.«
Alema lächelte und nickte. »Natürlich nicht – wir haben verstanden.« Sie benutzte eine Hand und die Macht, um den Helm auf ihren Kopf zu heben. »Das Gleichgewicht muss gewahrt bleiben.«
Die Twi’lek senkte das Visier und ging zur Tür hinaus. Jacen aktivierte die Sprechanlage und bat Orlopp, eine Eskorte für sie bereitzustellen, dann nahm er sein Datenpad und vergewisserte sich, dass seine Tochter nach wie vor in Sicherheit war – und die Attentäterin noch immer eingesperrt.
Orlopps Stimme drang von der Tür herüber. »Ich habe die Eskorte arrangiert, Colonel. Möchten Sie, dass wir uns jetzt wieder zu Ihnen gesellen?«
»In einer Minute, Leutnant. Ich muss nachdenken.«
Jacen ging zum Holoschirm, wo die sechs verbliebenen Schlachtdrachen seiner Flotille den Galney-Angreifern mit voller Geschwindigkeit hinterherjagten. Die Überreste des Verteidigungsschirms – sieben hektisch blinkende Schlachtdrachen und ungefähr die gleiche Anzahl von Nova-Kreuzern – sammelten sich, um die Verfolgung aufzunehmen, doch Jacen hatte diese Möglichkeit im Vorfeld bedacht und einen Plan ersonnen, sie aufzuhalten. Tenel Kas kleine Streitmacht nahm die vorderen Einheiten der Galney-Flotte bereits unter Beschuss, und daraufhin war die Wahrscheinlichkeit, dass die Königinmutter überleben würde, um einiges größer als zuvor.
Jacens Blick schweifte zu den winzigen blauen Echozeichen, die für die Notsignale von Ben und Jaina und Zekk standen. Die Markierung der Longshot war bloß noch ein paar Zentimeter von ihnen entfernt. Er wusste, dass Alema versucht hatte, in ihm Zweifel über die Absichten seiner Eltern zu schüren, aber obwohl sie fort war, waren diese Zweifel geblieben. Es gab zu viele unbeantwortete Fragen über die Rolle seiner Eltern beim Anschlag auf Tenel Kas Leben – und die Informationen, die sie geliefert hatten, hatten mehr geschadet als geholfen.
Tatsache war, dass Jacen die Motive seiner Eltern bereits infrage gestellt hatte, bevor Alema an Bord der Anakin gekommen war – nämlich als er von Relephon zurückgekehrt war und festgestellt hatte, dass Tenel Ka bereits angegriffen wurde. Da war ihm klar geworden, dass Han und Leia Solo durchaus Doppelagenten sein konnten.
Lumiya hatte recht gehabt. Jacen hatte die Loyalität zu seiner Familie über seine Mission gestellt. Er hatte gezögert, das notwendige Opfer zu bringen. Und dieses Zögern hatte Allana beinahe ihre Mutter und Hapes eine Königinmutter gekostet, hätte die Allianz fast einen ihrer wichtigsten Mitgliedsstaaten gekostet – und womöglich sogar dafür gesorgt, dass sie diesen Krieg verlor.
Jacen befahl Orlopp und die anderen wieder in den Raum, dann aktivierte er die Sprechanlage. »Commander Twizzl, die Zeit ist gekommen, die Usurpatoren zu zerschmettern. Weisen Sie die Anakin und ihre Begleitschiffe an, vorzurücken und anzugreifen – wir müssen unserer Rettungsflotille diese Galney-Schlachtdrachen vom Hals schaffen.«
»Sehr wohl, Sir.« Twizzls Stimme klang zufrieden. »Und – gut gemacht, falls ich das sagen darf.«
»Sie dürfen, Commander«, sagte Jacen. »Und ich habe noch einen weiteren Befehl. Lassen Sie eine unserer Langstreckenbattieren die Longshot ins Visier nehmen.«
Es folgte ein Moment des Schweigens, dann sagte Twizzl: »Aber, Colonel, die Longshot fliegt unter einem falschen Transpondercode. Tatsächlich handelt es ich bei diesem Frachtraumer um …«
»Hören Sie auf, Zeit zu vergeuden«, schnitt Jacen ihm das Wort ab. »Ich will, dass das Schiff zerstört wird, bevor es diese Rettungssignale erreicht.«
Es folgte ein Moment bestürzten Schweigens, dann sagte Twizzl: »Colonel Solo … Die Longshot ist schon fast bei ihnen.«
»Ich bin mir über die Risiken im Klaren, Commander.« Jacen überprüfte ein weiteres Mal das Datenpad und stellte fest, dass Allana hoch in die Kamera lächelte. Ihre Augen funkelten vor Vertrauen und Zuversicht, und er wusste, dass er das Richtige für sie tat – und für alle anderen Kinder der Galaxis. »Setzen Sie unsere beste Geschützmannschaft ein und eröffnen Sie das Feuer.«