20. KAPITEL

Außerhalb der Pilotenkanzel des Falken dräute ein wogender Schleier aus blauer und weißer Helligkeit, so intensiv, dass Hans Augen schmerzten wie bei einem ausgewachsenen Nebelsprenger-Krater. Er blieb im hinteren Bereich des Cockpits stehen und versuchte, sich einen Reim auf das zu machen, was er da sah, halb davon überzeugt, dass es der Abgasstrahl irgendeines todessternmäßigen Megaschiffs war.

Falls es sich tatsächlich um eine große, neue Superwaffe handelte, wusste Han, dass er und Leia am Ende versuchen würden, das Ding zu zerstören, bevor es Tenel Kas Thronwelt oder irgendetwas anderes hochjagte – und er hegte keinerlei Zweifel daran, wie die Sache ausgehen würde. Han war älter als Obi-Wan Kenobi, als der an Bord des ersten Todessterns gestorben war, und war es auf wahnwitzigen Missionen wie dieser nicht immer der weise alte Mann, der als Erster getötet wurde? Wenn das geschah, hoffte Han bloß, dass seine Kinder herausfinden würden, dass er und Leia nicht an dem Mordversuch auf Tenel Ka beteiligt gewesen waren. Zu sterben, damit kam er klar – er wollte nur nicht den Löffel abgeben, solange Leute dachten, er sei irgendeine Art von Terrorist.

Gleichwohl, je länger Han das gleißende Leuchten voraus betrachtete, desto mehr wurde ihm bewusst, dass es sich dabei nicht um irgendeine Form von Abgasspur handeln konnte. Tatsächlich waren es sogar zwei helle Strahlen, einer breit und gekrümmt und fächerförmig, der andere dünn und gerade und verwirbelt.

Und schließlich begriff er, was er da sah.

Han blickte missmutig zum Pilotensessel hinüber, der Leia gehören würde, bis seine Schulter hinreichend geheilt war, dass er fliegen konnte, und trat ganz ins Cockpit. »Steuerst du mein Schiff etwa in einen Kometen?«

»Ja, Schatz.« Leia begegnete seinem Blick in der Spiegelung der Kanzel, dann schenkte sie ihm ein flüchtiges Stirnrunzeln – eins, von dem er wusste, dass es ihn daran erinnern sollte, dass sie noch immer eine Menge über Morwan und die Usurpatoren in Erfahrung bringen mussten. »Wir haben uns bereit erklärt, Lady Morwan zu ihrer Ducha zurückzubringen, schon vergessen?«

»Natürlich nicht.« Han sah zu Morwan hinüber, die auf dem Co-Pilotensitz saß, dann ließ er sich in den Sessel des Navigators hinter Leia fallen. »Aber auf einem Kometen lebt niemand.«

»Eigentlich werden Kometen von einer überraschenden Zahl von Lebewesen bewohnt«, verkündete C-3PO von der Kommunikationsstation aus. »Einsiedler, Piraten, Flüchtlinge, politische Exilanten …«

»AlGray ist keine Einsiedlerin«, knurrte Han. »Und selbst, wenn sie es wäre, müssen ihr bereits ein Dutzend menschenleerer Monde gehören.«

»Um ehrlich zu sein, alle Relephon-Monde sind bewohnt«, sagte Morwan. »Aber wir treffen uns nicht in ihrer Residenz mit Ducha AlGray.«

Han schaute auf den Navigationsschirm und sah, dass sie sich nicht einmal in der Nähe von Relephon befanden, sondern sogar weit davon entfernt. »Das Hapan-System?«, fragte er. »Was wollen wir hier?«

»Die Antwort darauf ist offenkundig«, entgegnete Morwan. »Und Sie sollten eigentlich im Saniraum sein. Sie brauchen diesen Hydrationstropf, um Ihre Elektrolyte im Gleichgewicht zu halten. Blasterverbrennungen kosten einen Körper eine Menge Flüssigkeit.«

»Meinen Flüssigkeiten geht es bestens.« Han hatte das ungute Gefühl, dass er genau wusste, wo im Hapes-System sie sich befanden, und er war sich ziemlich sicher, dass Tenel Ka noch nicht bereit sein konnte. Da ein so großer Teil ihrer Königlichen Marine der Galaktischen Allianz unterstellt war, würde sie Unterstützung von den Adeligen benötigen, die nach wie vor treu zu ihr standen – Unterstützung, die einige Zeit brauchen würde, bis sie eintraf. »Und hören Sie auf, ständig das Thema zu wechseln.«

»Schön«, erwiderte Morwan. »Ihre Gesundheit ist nicht mein Problem. Wenn Sie wirklich Schwierigkeiten haben, sich einen Reim auf die Lage zu machen, schauen Sie doch einfach mal aus dem Sichtfenster.«

Han kniff die Augen zusammen und sah zu dem Kometen hinaus. Sobald sich seine Pupillen an das Glühen gewöhnt hatten, sah er am Rande der Kanzel an Steuerbord einen dunklen Halbmond leeren Weltraums, unmittelbar vor der wogenden Helligkeit am Kopf des Kometen. Hinter dem Kopf drängten sich ungefähr siebzig winzige schwarze Ovale zusammen, in dem dreidimensionalen Diamanten angeordnet, der für gewöhnlich als Formation benutzt wurde, um planetare Verteidigungsanlagen anzugreifen.

»Oh, das«, sagte Han und versuchte, die Beunruhigung zu verbergen, die ihn angesichts des Umstands befiel, wie schnell die Usurpatoren vorrückten. »Ich meinte, was machen wir hier? Sie wollen sich doch wohl nicht an dieser Schlacht beteiligen?«

Morwan blickte ihn über ihre Schulter hinweg finster an. »Zweifeln Sie an meiner Aufopferungsbereitschaft?«

»Das habe ich nicht gesagt.« Han hob abwehrend die Hände. »Aber der Falke ist nicht gerade ein Kriegsschiff.«

»Nach unserem Treffen werde ich nicht mehr an Bord des Falken sein«, entgegente Morwan. »Und ich vermute, ihr auch nicht.«

»Ist das eine Drohung?«, forschte Han, und ihm kam der Gedanke, dass sie längst begriffen hatte, dass er und Leia Spione waren.

»Selbst wenn es eine Drohung wäre, sind Sie schwerlich in dem Zustand, irgendetwas dagegen zu unternehmen«, erwiderte Morwan. »Aber alles, was ich damit sagen wollte, ist, dass ich dann an Bord der Kendall sein werde und Sie höchstwahrscheinlich bei Ihren corellianischen Freunden.«

»Corellia?« Han blickte zu der Kampfformation zurück und erkannte, dass die drei Silhouetten an der Spitze mehrere Male so groß waren wie die anderen. »Ich habe mich schon gefragt, ob das unsere Dreadnaughts sind.«

Als Han das sagte, suchte er Leias Blick in der Spiegelung der Kanzelfenster. Leias Augen zeigten diesen fernen, abwesenden Ausdruck, den sie annahmen, wenn sie sich mit irgendetwas in der Macht auseinandersetzte. Mit etwas Glück steckte sie ihre mentalen Fühler nach Tenel Ka aus, in dem Versuch, die Königinmutter vor den Schwierigkeiten zu warnen, die unterwegs zu ihr waren.

»Dreadnaughts?«, entgegnete Morwan. »Ich weiß wirklich nicht, was das für Schiffe sind, bloß, dass Corellia versprochen hat, eine Flotte zu schicken, die die Verteidigung von Hapes bezwingen kann.«

»Das haben sie«, versicherte Han ihr. »Diese Dreadnaughts werden jedes Hinderniss im Handumdrehen aus der Welt schaffen. Morgen um diese Zeit ist AlGray die neue Königinmutter.«

»Das ist nicht der Grund, aus dem sie den Umsturz arrangiert hat«, sagte Morwan. »Ihre einzige Sorge gilt der Unabhängigkeit des Konsortiums.«

»Wie Sie meinen«, sagte Han. »Für mich spielt das keine Rolle.«

Er schaltete vom Navigations- auf den Taktikschirm um. Keins der Schiffe in der Flotte der Usurpatoren sendete ein Transpondersignal, doch der Kampfcomputer des Falken hatte die Kontakte anhand der Massen- und Energieableitungsmuster als Schlachtdrachen klassifiziert. Die drei eierförmigen Schiffe an der Spitze der Flotte – die corellianischen Dreadnaught-Kreuzer – waren als UNBEKANNT vermerkt; außerdem stufte der Computer das voraussichtliche Bedrohungslevel ungefähr doppelt so hoch ein wie bei Sternenzerstörern der Imperial-Klasse.

Die Dreadnaughts waren von einem Schild leichter Fregatten umgeben, die für den Kampf gegen Jäger ausgelegt waren, und eine Reihe Nova-Kampfkreuzer mischten sich unter die Schlachtdrachen. Nach einem Moment des Studierens fiel Han auf, dass die Schlachtdrachen in Gruppen mit annähernd identischer Masse und ähnlichen Energieableitungssignaturen angeordnet waren. Das ergab durchaus Sinn: Die Adelshäuser würden innerhalb der größeren Formation als Unterstützungseinheiten fungieren, und ihre Schiffe verfügten vermutlich über Standardkonfigurationen.

Han speicherte ein Bild des taktischen Bildschirms im Computer ab – dann fiel ihm auf, dass einer der Nova-Kreuzer die Formation verlassen hatte und kehrtmachte, um sie abzufangen.

»Weiß irgendwer von dieser Flotte, dass wir kommen?«, fragte er. »Sie schicken uns ein Begrüßungskomitee.«

»Ducha AlGray erwartet gewiss nicht, dass ich in einem …« Morwan hielt inne, um ihren Blick durch die Pilotenkanzel schweifen zu lassen. »… einem gewöhnlichen Frachtraumer eintreffe.«

»Dann sollten wir diesen Frachtraumer vielleicht lieber wenden«, sagte Han; die Verachtung in ihrer Stimme brachte ihn zum Kochen. »Weil die nämlich keinen Blick durchs Fenster werfen werden, bevor sie das Feuer eröffnen.«

»Das wird nicht nötig sein, Captain Solo«, entgegente Morwan. »Stellen Sie eine Schiff-zu-Schiff-Verbindung her. Ich bin mir sicher, die Ducha wird Verständnis dafür haben, dass ich die Funkstille breche, um zu verhindern, dass man auf uns feuert.«

»Ja – ich denke auch«, sagte Han, dem durch den Kopf ging, dass ein Kommsignal um einiges weniger auffällig war als eine Turbolasersalve. »Mach schon, Dreipeo.«

C-3PO öffnete den Kanal. »Aktivieren Sie einfach Ihr Mikrofon, Lady Morwan.«

Morwan überprüfte das Kommstatusfeld – zweifellos um sicherzugehen, dass der Kanal bloß in der unmittelbaren Umgebung zu empfangen war –, dann schaltete sie ihr Mikro ein. »Legats-Flotte Nova, hier spricht Lalu Morwan, eine wahre Behüterin der hapanischen Unabhängigkeit, im Anflug an Bord eines unplanmäßigen Transportmittels …« Sie schaute nach unten, um zu sehen, welchen Transpondercode der Falke verwendete. »Longshot. Erbitte Freigabe, sich der Formation anzuschließen und die Kendall anzufliegen.«

»Longshot bestätigt als Mitbehüterin«, erfolgte die Antwort des Kreuzers. »Anflug fortsetzen, bereithalten für weitere Instruktionen.«

Han musterte Morwan mit einer hochgezogenen Augenbraue.

»Sagen Sie es nicht«, warnte sie ihn. »Ich habe bereits jeden einzelnen ›Lalu‹-Witz gehört, den es gibt.«

»Bevor er mich kennengelernt hat, ist Han mit einer Menge Lalus ausgegangen«, sagte Leia und wandte ihre Aufmerksamkeit von dem, was auch immer sie beschäftigt hatte, schließlich wieder ihren Begleitern zu. »Ich glaube, er ist bloß überrascht, dass Sie uns tatsächlich Ihren richtigen Namen genannt haben.«

Morwan zuckte die Schultern. »Ich hatte kaum eine andere Wahl – Aurra Sing hat mich gefunden, schon vergessen?«

»Verzeihung«, sagte C-3PO. »Aber die Kendall nimmt Kontakt zu uns auf. Soll ich durchschalten?«

»Natürlich!«, erwiderte Morwan.

C-3PO drückte eine Taste, und eine spröde Stimme in mittleren Jahren drang aus den Cockpitlautsprechern. »Sie sind spät dran!«

»Verzeiht mir«, entgegente Morwan. »Hier spricht Lalu, Eure Mitbehüterin.«

»Ja, ja, wir sind beides wahre Behüter der hapanischen Unabhängigkeit«, sagte AlGray, eindeutig verärgert darüber, dass sie die Losung rezitieren musste. »Jetzt sagen Sie mir, warum Sie so spät dran sind – und warum Sie hier in diesem Wrack auftauchen.«

Han blickte finster drein und hätte Widerworte eingelegt, doch er war mit seinem Taktikschirm beschäftigt und ordnete dem Schlachtdrachen, von dem das Kommsignal kam, die Kennung KENDALL zu.

»Genau genommen ist dies der Millennium Falken«, erklärte Morwan. »Ich war gezwungen, meine Yacht unserer … Agentin zu überlassen, und Prinzessin Leia war so freundlich, mir eine Mitfluggelegenheit anzubieten.«

AlGray zögerte, bevor sie antwortete. Han speicherte ein weiteres Bildschirmfoto seiner Taktikanzeige, das die Position der Kendall enthielt und sie als Flaggschiff kennzeichnete. Er konnte beinahe hören, wie sich AlGray fragte, ob man ihren Plänen auf die Schliche gekommen war – die traurige Wahrheit sah jedoch so aus, dass es ihm und Leia bislang herzlich wenig gelungen war, Tenel Ka zu warnen.

Schließlich schien AlGray zu demselben Schluss zu gelangen. »Wie ist es dazu gekommen?«

»Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte Morwan vorsichtig. »Vielleicht dürfte ich Sie ins Bild setzen, sobald ich an Bord bin?«

»Sie kommen nicht an Bord«, entgegnete AlGray. »Die Legats-Flotte bereitet sich auf den Angriffssprung vor. Schließen Sie sich der Formation am Ende an. Sie können mir alles nach der Schlacht erklären.«

»Danach?«, fragte Morwan, eindeutig nicht erfreut über die Aussicht, an Bord des Falken in eine gewaltige Raumschlacht zu ziehen. »Ducha?«

»Ich fürchte, die Kendall hat die Verbindung unterbrochen«, sagte C-3PO. »Soll ich versuchen, den Kontakt wiederherzustellen?«

»Absolut nicht.« Morwan wandte sich an Leia. »Prinzessin, es widerstrebt mir wirklich, Sie darum zu bitten, aber die Befehle der Ducha waren eindeutig.«

»Natürlich kommen wir dem nach.« Leia schob bereits den Schubhebel nach vorn. »Wir haben einige Erfahrung darin, uns in großen Gefechten wie diesem aus Schwierigkeiten rauszuhalten.«

Während Leia noch sprach, piepte der Navigationscomputer, um zu verkünden, dass sie die Sprungkoordinaten empfangen hatten. Einen Moment später beschleunigte die Flotte der Usurpatoren – Han weigerte sich, sie Legats-Flotte zu nennen – unter dem Kopf des Kometen.

Leia setzte der Flotte nach, und Han führte die Sprungberechnungen durch, wobei er sich die Zeit nahm, sich den Rotationszyklus von Hapes anzusehen, damit er exakt bestimmen konnte, wo die Flotte im Verhältnis zum Planeten wieder in den Realraum eintreten würde. Nachdem er seine Resultate zweimal überprüft hatte, kopierte er die Informationen in eine Datendatei, dann hängte er die beiden Bildschirmaufnahmen hinzu, die er gemacht hatte, um die Zusammensetzung der Flotte und ihr Flaggschiff zu identifizieren. Wie es Informationsdossiers aus dem Feldeinsatz so an sich hatten, waren die Unterlagen weder sonderlich umfassend, noch sehr aktuell, aber unter den gegebenen Umständen war es das Beste, das er zustande brachte.

Der Falke flog unter dem Kometen hindurch und schoss vorwärts. Einen Moment später wurde die Schutztönung der Kanzel transparent, um die blauen Kreise von Hunderten von Ionentriebwerken zu enthüllen, die in der Dunkelheit vor ihnen verstreut waren. Die Kreise beschleunigten auf die winzige weiße Kugel der Sonne Hapan zu, wurden aber dennoch zusehends größer, als der Falke die Flotte einholte.

»Verdammt!«, sagte Han. Er brauchte eine Ausrede, damit Leia einige Sekunden zurückbleiben konnte, wenn die Flotte der Usurpatoren in den Hyperraum sprang – und gleichzeitig musste er Morwan ablenken. »Die Sensorschüssel klemmt schon wieder. Lady Morwan, könnten Sie die Sensorstation abschalten, unmittelbar bevor wir springen?«

»Ist das nicht gefährlich, wenn wir wiedereintreten?«, fragte sie. »Wir sind dann außerstande zu bestimmen, wo der Rest der Flotte ist.«

»Nicht, wenn Leia einen Moment wartet, nachdem alle anderen gesprungen sind«, erwiderte Han. »Und wenn Sie die Sensoren wieder hochfahren, gleich nachdem wir gesprungen sind, sind wir nicht mehr als fünfzehn oder zwanzig Sekunden lang blind.«

»Zwanzig Sekunden?«, quakte C-3PO. »Siebenundachtzig Prozent sämtlicher Zwischenfälle bei Flottenmanövern ereignen sich innerhalb der ersten zehn Sekunden nach Verlassen des Hyperraums!«

»Besser das, als den Rest der Schlacht über blind zu sein«, sagte Leia und sprang Han zur Seite. »Ich bekomme das hin, Dreipeo. Ich bin stark in der Macht, schon vergessen?«

»Natürlich – verzeiht, dass ich an Euch gezweifelt habe«, sagte C-3PO. »Es ist unmöglich, der Macht einen Sicherheitskoeffizienten zuzuweisen, doch ich bin überzeugt, dass wir sicherer sind, wenn Ihr blind fliegt, als wenn Captain Solo all seine Instrumente zur Verfügung stehen.«

Han hätte den Droiden gern daran erinnert, dass er sie bislang immerhin noch nicht umgebracht hatte, doch die blauen Kreise voraus wurden allmählich größer, als sich Leia der Geschwindigkeit der Flotte anpasste. Er formatierte sein Informationsdossier rasch für die Übertragung, dann sah er schweigend zu, wie der Falke am hinteren Ende der Formation in Position glitt.

Schließlich drang die Stimme einer Manöveroffizierin aus den Cockpitlautsprechern. »Sprung in drei.«

Leia legte ihre Hand auf den Hyperantriebsaktivator, und Lady Morwan griff nach der Sensorsteuerung.

»Zwei.«

Han drehte sich zu C-3PO um und hielt einen Finger vor seine Lippen, dann fuhr er ihre S-Signaleinheit auf maximale Übertragungsleistung hoch und schaltete auf einen allgemeinen Rufkanal um.

»Los!«

Der Weltraum voraus flackerte blau auf, als die Flotte der Usurpatoren auf Sprunggeschwindigkeit beschleunigte.

»Sensoren deaktivieren!«, befahl Leia.

Morwan benutzte beide Hände, um die Schieberegler der Sensorstation in ihre Aus-Positionen zu ziehen, und der Weltraum wurde wieder dunkel, als die Usurpatoren-Flotte in den Hyperraum eintrat.

Han drückte die Übertragungstaste.

Leia wartete noch eine Sekunde, dann gab sie vollen Schub auf die Triebwerke und aktivierte den Hyperantrieb. Die Sterne verschwammen zu perlmuttfarbenen Schemen.

Han stellte die ursprünglichen Einstellungen der Kommeinheit wieder her, dann ertappte er C-3PO dabei, wie er ihn mit vorgerecktem Kopf ansah.

»Es war nicht notwendig, dass Sie das selbst machen«, sagte der Droide. »Ich bin durchaus in der Lage …«

»Das ist nicht der richtige Zeitpunkt«, unterbrach Han, besorgt darüber, dass der Droide drauf und dran war, die S-Signalbotschaft zu erwähnen. »Und mehr will ich zu dem Thema nicht hören.«

»Aber dies ist genau der richtige Zeitpunkt!«, protestierte C-3PO. »Meine Reaktionsgeschwindigkeit beträgt weniger als zwei Eintausendstel einer Sekunde, was um ein Vielfaches besser ist als Ihre.«

»Han meint, dass das eine Frage des Urteilsvermögens ist«, sagte Leia. »In der verfügbaren Zeit waren zu viele Variablen zu bestimmen.«

»Oh, ich verstehe«, erwiderte C-3PO, und er klang jetzt ruhiger. »Captain Solo hat wieder einmal Schwierigkeiten, sich deutlich auszudrücken.«

»Ich werde gleich deinen Primärschaltkreisunterbrecher aktivieren«, drohte Han. »Ist das deutlich genug?«

»Das wird nicht notwendig sein.« C-3PO wich zur anderen Seite des Cockpits zurück. »Wenn Sie wollen, dass ich darüber Stillschweigen bewahre, brauchen Sie das bloß zu sagen.«

Morwan drehte sich in ihrem Sitz um. »Worüber sollst du Stillschweigen bewahren, Dreipeo?«

C-3PO warf einen flüchtigen Blick in Hans Richtung. »Es ist mir wirklich nicht gestattet, darüber zu sprechen, Lady Morwan.«

»Es ist Dreipeo nicht erlaubt, irgendetwas über die Betriebsweise des Falken preiszugeben«, log Leia. Sie hielt ihren Blick auf den Chronografen an der Steuerkonsole gerichtet und zählte die Sekunden runter, bis sie wieder in den Realraum eintraten. »Das ist ein Standardsicherheitsprotokoll.«

»Das Ganze ist allerdings kein großes Geheimnis«, fügte Han schnell hinzu. »Die Kommantenne wird eingefahren, wenn die Sensorschüssel für den Sprung ausgerichtet wird. Und da die Schüssel geklemmt hat …«

»… mussten Sie sie manuell einfahren«, brachte Morwan den Satz zu Ende. Sie schaute zu C-3PO hinüber, als könne sie im ausdruckslosen Gesicht des Droiden die Wahrheit lesen, dann nickte sie. »Natürlich.«

Morwan wandte sich wieder den Sensorschubreglern zu und überließ es Han, sich zu fragen, wie sehr ihr Argwohn geweckt worden war. Selbst wenn sie zuvor nicht geglaubt hatte, dass er und Leia Spione waren, hatte C-3POs Ausrutscher eindeutig die Saat dafür gelegt.

Der Wiedereintrittsalarm ertönte, und einen Augenblick später explodierte der grau Schleier des Hyperraums zu einer Wand aus karmesinroter Energie. Aufgebrachte Stimmen und Detonationen an Bord anderer Schiffe knisterten aus den Cockpitlautsprechern, dann prallte die unsichtbare Faust einer Turbolasersalve von den oberen Schilden des Falken ab und schüttelte ihn so heftig durch, dass C-3PO mit dem Rücken scheppernd auf dem Boden aufschlug.

»Wir wurden getroffen!«, schrie der Droide. »Soll ich die Alle-Mann-von-Bord-Sirene aktivieren?«

»Nein!«, rief Han. »Das war bloß ein Kratzer. Wir sind in Ordnung.«

Er spähte über Leias Schulter auf die Schadenskontrollanzeige und sah, dass er nur teilweise recht hatte. Der vordere Frachtraum war aufgrund eines Drucklecks automatisch versiegelt worden, und irgendwo im Wartungstunnel achtern war eine Kühlflüssigkeitsleitung geplatzt, doch Han glaubte, dass sie die Schlacht vermutlich trotzdem überstehen würden – solange sie nicht einen weiteren starken Treffer kassierten.

»Das sollten wir nicht wiederholen«, sagte er in Leias Ohr. »Wir wollen doch dem Droiden keine Angst machen.«

Hundert Meter unter dem Rumpf des Falken detonierte eine Turbolasersalve, schleuderte Han gegen seine Sicherheitsgurte und löste eine neue Abfolge von Alarmen aus.

C-3PO stieß einen überraschten Schrei aus und schlang seine Arme um den Sessel des Kommoffiziers, dann zog Leia das Schiff in eine enge Spirale, und selbst Han keuchte beunruhigt. Er kämpfte mit sich, den Steuerknüppel zu übernehmen – aber mit nur einer Hand, um ihn festzuhalten, war das eine dumme Idee, selbst für seine Verhältnisse. Voraus explodierte der blutrote Zorn von konzentriertem Sperrfeuer und jagte auf den Falken zu.

»Abtauchen!« Han drängte sich gegen den Sicherheitsgurt und brüllte über Leias Schulter. »Geh ruuuuuunter!«

Leia hatte den Knüpel so weit nach vorn geschoben, wie es nur ging. »Ich versuch’s ja!«

Das Sperrfeuer zuckte über ihr Heck hinweg, warf das Schiff so heftig herum, dass C-3PO erneut zu Boden krachte – und ein Blitz der Pein jagte durch Hans verletzte Schulter.

Weiter vorn tauchte eine glühende rote Scheibe auf, die sich dann rasch in einen Bogen halb geschmolzenen Metalls verwandelte, bei dem es sich gerade eben noch um die Aufbauten eines hapanischen Schlachtdrachen gehandelt hatte. Rettungskapseln schossen von dem Schiff weg wie Sternschnuppen, und kurzlebige Flammenfäuste schlugen durch Risse in der Außenhülle nach draußen.

»Hochziehen!«, rief Han.

Leia war bereits dabei, ihre Nase hochzubringen, und der Schlachtdrache scherte unter dem Falken aus. »Ich versuch’s!«

Sie gingen unmittelbar oberhalb des Schlachtdrachen wieder in den Horizontalflug über, so dicht an der halb geschmolzenen Hülle, dass die Temperatur im Innern des Falken zu steigen begann.

»Gib mehr Schub!«, forderte Han. »Bring uns hier raus!«

Leia hatte die Schubregler bereits über die Überlastungsmarkierungen nach oben geschoben. Der Falke ließ den Schlachtdrachen mit einem Satz hinter sich – bloß, um einen schmalen Nova-Kreuzer direkt vor sich zu haben, der auseinanderbrach, um dunkle Dampfwolken und Treibgut in den Weltraum zu ergießen.

»Nach links!«, rief Han eine halbe Sekunde, bevor die Brücke des Nova-Kreuzers in einem Hagel aus glühendem Schrapnell explodierte. »Warte, geh runter!«

Die Waffenbatterien des Nova-Kreuzers schossen aufs Geratewohl, um den Weltraum unter ihnen mit tödlichen Lanzen aus Farbe und Feuer zu punktieren.

»Nein, nach …«

»Captain Solo!«, rief Morwan. Sie hielt die Armelehnen ihres Sessels mit beiden Händen umklammert. »Würden Sie bitte die Klappe halten und sie fliegen lassen? Sie werden uns noch alle umbringen!«

Morwans Tonfall gefiel Han ganz und gar nicht – dann jedoch wurde ihm klar, wie recht sie hatte, und er schämte sich ein wenig. »Solange Leia am Knüppel ist?«, sagte er. »Keine Chance! Dazu habe ich ihr zu viel beigebracht!«

»Prahl … hier nicht rum.« Leia sprach durch zusammengebissene Zähne. »Und beschrei es nicht.«

Sie drehte den Falken auf die Seite und flog in die einzige Richtung weiter, in die sie konnte, geradewegs zwischen den beiden Hälften des Nova-Kreuzers hindurch. Der Spalt verschwand hinter einer Wolke aus gefrorener Atmosphäre. Dunkle Schemen begannen vorbeizuzucken, zu schnell, um sie identifizieren zu können, und der Aufprallalarm tönte in einem fort, als sie sich ihren Weg durch das Treibgut pflügten.

»Ich hoffe sehr, dass die Partikelschilde uns jetzt nicht im Stich lassen«, sagte C-3PO, dessen Knie vor Besorgnis zusammenschlugen. »Eine dieser gefrorenen Leichen könnte einen katastrophalen Hüllenbruch verursachen!«

Aus der Dunstwolke gelangten sie in einen relativ ruhigen Bereich hinter zwei zerstörten Schlachtdrachen. Das Hauptkontingent der Flotte war weiter voraus kaum zu erkennen, ein Areal blauer Abgaskreise, die farbige Salven mit einer feindlichen Flotte austauschten, die zu weit entfernt war, um sie mit bloßem Auge auszumachen.

Han stieß ein erleuchtertes Seufzen aus. »Sehen Sie? Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste.«

»Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste?« Morwan ließ die Lehnen ihres Sessels los und starrte Han halb anklagend an. »Wir sind in einen Hinterhalt geraten! Die Königliche Marine hat uns bereits erwartet.«

Han hielt ihrem Blick mit seiner besten Sabacc-Miene stand. »Ja, es ist fast, als hätte sie die Eintrittskoordinaten gekannt. Ich frage mich, wie das passieren konnte?«

Morwans Augen wurden zu Schlitzen. »Ich mich auch, Captain Solo.«

Sie passierten die zerstörten Schlachtdrachen, und die Kanzelfenster des Falken dunkelten ab, als in der Nähe neue Explosionen von Turbolaserfeuer erblühten.

»Ich hasse es, euch unterbrechen zu müssen«, sagte Leia mit ihrem wie üblich perfekten Timing. »Aber ich brauche eine Taktikschirmaktualisierung. Selbst Jedi verlieren bei so viel Gefechtsfeuer den Überblick.«

Der Argwohn in Morwans Augen wandelte sich zu Furcht, und sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Sensortafel zu. »Ich versuche es. Aber alles, was ich reinbekomme, ist ein Bildschirm voller Schnee.«

»Das liegt nur an diesem Turbolaserfeuer«, sagte C-3PO hinter ihr. »Sie müssen die Filter aktivieren.«

»Filter?« Morwan klang verwirrt. »Wie mache ich das?«

»Und Sie schimpfen sich eine Pilotin?«, knurrte Han. »Wie haben Sie bloß die Telkur-Station gefunden?«

»Ich bin ein Batag-Skiff geflogen«, antwortete Morwan, als würde die Bezeichnung alles erklären. »Die Sensoren haben automatische Filter.«

»Automatische Filter?« Han schüttelte den Kopf. »Was bauen die als Nächstes in Raumschiffe ein? Beheizte Sitze und Kaffspender im Cockpit?«

Er löste seine Sicherheitsgurte und trat in die Lücke zwischen dem Piloten- und dem Co-Pilotensessel, dann lehnte er sich an Morwan vorbei, um die elektromagnetischen Entladungsfilter zu aktivieren. »Die Filter bedient man über die Schieberegler hier, angefangen bei Funkwellen und dann bis hin zu Röntgenstrahlen.«

Während Han das erklärte, schob er die Schieberegler nach oben, um die Statik zu verringern. Nach und nach erschien ein klares Bild auf dem Taktikschirm. Die Flotte der Usurpatoren war sogar noch schlechter dran, als er angenommen hatte: In der Angriffsformation klafften große Lücken, und ein Viertel der hapanischen Königlichen Marine pumpte Salve um Salve in die Kendall.

»Sieht so aus, als könnten Sie von Glück sagen, dass Sie bei uns geblieben sind«, sagte Han und zog seine Hand von den Filterreglern zurück. »AlGrays Flaggschiff kriegt eine ziemliche Abreibung.«

»Ja.« Morwan packte Hans Arm und hielt ihn vor sich fest. »Ich glaube, wir beide kennen den Grund dafür.«

Etwas Kleines stieß in Hans Seite, und er blickte nach unten, um zu sehen, wie sie ihm einen Miniblaster in die Rippen drückte.

»Sie glauben, ich hatte damit irgendetwas zu tun?« Die Verärgerung in Hans Stimme war echt – und galt größtenteils ihm selbst, weil er zugelassen hatte, dass Morwan ihn überrumpeln konnte. »Von allen undankbaren Huttinen …«

»Sparen Sie sich das, Solo!«, blaffte Morwan. »Sie sollten mich besser nicht noch mehr in Rage bringen, als Sie es bereits getan haben. Ich bin wirklich wütend auf mich selbst, weil ich euch beide nicht von Anfang an durchschaut habe.«

»Was meinen Sie damit?«, fragte Leia. Der Falke bremste ab und drehte bei. »Und ich an Ihrer Stelle wäre sehr vorsichtig mit dem Blaster. Ich bin berüchtigt dafür, bei Leuten, die auf meinen Ehemann schießen, die Beherrschung zu verlieren.«

»Und Sie wollen wirklich nicht miterleben, wie Leia die Beherrschung verliert«, sagte Han, der sein Bestes tat, seinen Körper vor Morwans Gesicht zu halten. Sobald Leia schießen gesagt hatte, war C-3PO auf die Rückseite des Cockpits zugeschlichen, wahrscheinlich in der Absicht, den Zugangskorridor hinunterzupirschen, um Cakhmaim und Meewalh zu holen. »Seit sie eine Jedi geworden ist, kommen plötzlich Sachen aus allen Richtungen angeflogen, wenn sie sauer wird.«

»Das dürfte kein Problem sein, Captain Solo. Ihr Schicksal liegt allein in den Händen der Prinzessin.« Morwan sprach unter Hans Arm hervor, da sie ihn weiterhin vor sich hielt. »Ich werde Sie nicht erschießen, wenn sie wieder Kurs auf die Schlacht nimmt.«

»Weshalb?«, fragte Leia nur.

»Weil sie nicht will, dass es Verdacht erregt, wenn wir Tenel Ka noch eine Nachricht schicken«, sagte Han und schaute auf den Taktikschirm hinunter. Geschützt von ihren kraftvollen Schilden und mehrschichtigen Außenhüllen setzten zwei corellianische Dreadnaughts den Angriff weiter fort, dicht gefolgt von dem, was von der Flotte der Usurpatoren noch übrig war. »Sie will Tenel Ka sagen, dass sie ihre Schiffe zusammenziehen und ihre Position halten soll.«

Leia schwieg einen Moment lang, vermutlich, um ihren eigenen Bildschirm zu studieren, und die Verärgerung, die Han empfunden hatte, weil er als Geisel genommen worden war, begann, anderen Gefühlen Platz zu machen. In dem Wissen, dass Leia die Veränderung durch die Macht spüren würde, hoffte er, dass die Furcht, die er empfand, allein Tenel Ka galt. Das Letzte, was er wollte, war, dass Leia dachte, so eine Kleinigkeit wie ein gegen seine Rippen gepresster Blaster würde ihm auch nur das Geringste ausmachen.

Einen Moment später fragte ihn Leia: »Glaubst du, die Dreadnaughts könnten tatsächlich durchbrechen?«

Han nickte. »Dafür wurden sie entworfen – um in den Verband einer feindlichen Flotte vorzustoßen und ihn von innen heraus zu zerreißen. Und falls diese Strategie aufgeht …«

»… werden sie sich als Nächstes Tenel Ka vornehmen«, brachte Leia den Satz zu Ende. »Und dabei spielt es keine Rolle, ob sie das folgende Schiff-gegen-Schiff-Gemetzel für sich entscheiden oder nicht. Wenn sie Tenel Ka töten, liegt die Monachie in Trümmern.«

»Und das Legats-Gremium ist dann in der Lage, das Konsortium wieder auf Spur zu bringen«, sagte Morwan. »Sehr scharfsinnig, Prinzessin.«

C-3PO hatte die Rückseite des Cockpits erreicht und stakste klappernd den Zugangskorridor hinunter.

Morwan drehte sich nicht einmal um, um hinzusehen. »Es hört sich so an, als würde uns die Zeit davonlaufen, Prinzessin. Machen Sie jetzt wieder kehrt – oder soll ich Ihren Gatten erschießen?«

»Hmmm«, sagte Leia. »Das ist eine schwierige Entscheidung. Einerseits würde ich dann diesen alten Frachtraumer erben …«

»Diesen klassischen Frachtraumer«, korrigierte Han. »Der YT-1300 ist einer der zuverlässigsten …«

»Hören Sie auf, mich hinzuhalten!«, blaffte Morwan. »Kehren Sie jetzt um oder ich ziehe den Abzug!«

Leia seufzte, und die Nase des Falken drehte sich wieder in Richtung Schlacht.

»Leia!« Hans Furcht hatte sich in Verwirrung verwandelt. Glaubte sie wirklich, dass er Tenel Kas Leben aufs Spiel setzen wollte, um sich zu retten? »Die Verräter haben einen Spion!«

»Ist schon in Ordnung, Han«, sagte Leia. »Ich habe das Gefühl, dass das keine Rolle spielt.«

»Natürlich spielt das eine Rolle!«, widersprach Han. »Denn sie wissen, auf welchem Schiff Tenel Ka ist …«

»Das genügt, Captain Solo.« Morwan rammte ihm den Blaster fester zwischen die Rippen. »Mit einer Jedi und zwei Noghri an Bord gehe ich ohnehin nicht davon aus, dass ich das hier überlebe. Wenn ich schon abtrete, werde ich nicht zögern, die Galaxis von einem weiteren Allianz-Weichhirn zu befreien.«

»Allianz-Weichhirn?« Han schob seinen verletzten Arm in der Schlinge vor. »Für Beleidigungen besteht kein Anlass!«

Und dann umklammerte er Morwans Miniblaster mit beiden Händen. Als er die winzige Waffe von seinem Körper wegdrückte, betätigte sie den Abzug, und ein Wirrwarr brennender Laserbolzen zuckte über Hans Handflächen und schlug in die Steuerkonsole ein.

»Han, nein!«, schrie Leia.

Aber Han hatte Morwan bereits den Ellbogen seines gesunden Arms gegen die Nase gedonnert. Er spürte, wie der Knorpel zertrümmert wurde, und hörte sie schreien.

Morwan ließ den Miniblaster los und griff nach oben, um ihre Nase zu schützen. Han trat zurück, wechselte die Waffe in seine gesunden Hand – und brüllte vor Pein, als ihm schließlich bewusst wurde, wie sehr seine versengten Handflächen schmerzten.

»Han!« Leia schob Han behutsam nach hinten, sodass sich kein Hindernis mehr zwischen dem Lichtschwert in ihrer Hand und Morwans Kopf befand. »Was treibst du da?«

»Mir mein Schiff zurückholen.« Han richtete die Waffe auf Morwan, die ihr Gesicht mit beiden Händen hielt. Blut floss zwischen ihren Fingern hervor, und sie stöhnte vor Schmerz. »Was glaubst du denn?«

»Ich glaube, du hast dich mal wieder vollkommen grundlos anschießen lassen.« Leia legte ihr Lichtschwert in ihren Schoß, dann wies sie ihn an: »Setz dich hin, und halte sie in Schach, bis die Noghri hier sind.«

Han ließ sich in den Navigationssessel fallen. »Was meinst du damit, grundlos?« Eine graue Rauchwolke hing über der Steuerkonsole, stieg von einem halben Dutzend Löchern auf, die Morwan durch den Durastahl gebrannt hatte. »Sie hatte vor, mich umzubringen!«

»Das glaube ich nicht«, sagte Leia. »Dazu hatte sie überhaupt keinen Grund.«

Han bemerkte, dass sie weiterhin auf die Schlacht zuhielten. »Sag mir nicht, dass du immer noch die Absicht hast, diese Nachricht zu senden!«

»Um ehrlich zu sein, doch«, sagte Leia.

Selbst Morwan war überrascht. »Tatsächlich?« Ihre Stimme klang gedämpft und nasal. »Warum?«

»Das tut nichts zur Sache«, sagte Leia. Sie reckte den Kopf, sah in die Spiegelung in den Kanzelfenstern und hob dann die Stimme, sodass sie den Zugangskorridor hinunterdrang. »Ist schon in Ordnung, Cakhmaim. Wir haben die Situation unter Kontrolle.«

Die Worte waren ihr kaum über die Lippen gekommen, als Cakhmaim und Meewalh ins Cockpit stürmten; Cakhmaim hielt eine tödliche Kampfsichel in Händen und Meewalh ein Fangnetz. Als sie sahen, dass Han mit dem Blaster im Navigationssessel saß und sich Morwan mit dem Gesicht in den Händen vornüberbeugte, wirkten ihre Echsengesichter beinahe enttäuscht.

»Ist okay, Jungs – ihr könnt sie wegsperren«, sagte Han. »Und legt ihr die elektrischen Handschellen an.«

»Aber erst, nachdem ihr euch um ihre Nase gekümmert habt«, ergänzte Leia. »Wir wollen doch nicht, dass sie an ihrem eigenen Blut erstickt.«

Han blickte auf die verkohlten Furchen hinab, die sich quer über seine verletzte Handfläche zogen. »Das ist deine Meinung.«

»Han!«

Er zuckte mit den Schultern. »Du bist doch diejenige, die mir andauernd sagt, dass ich zu meinen Gefühlen stehen soll.« Er wartete, bis die Noghri die Gefangene weggebracht hatten, dann fragte er: »Das mit dieser Nachricht ist nicht dein Ernst, oder?«

»Doch, ist es – und wir müssen es jetzt machen.« Leia nickte in Richtung des Taktikschirms, der zeigte, dass sich Tenel Kas Verband zurückfallen ließ, um sich auf eine gewaltige Massenschlacht Schiff gegen Schiff vorzubereiten. »Öffne einen Kanal.«

Han studierte seinen Bildschirm und versuchte zu begreifen, wovon Leia sprach. Leider wurde er von unregelmäßigem Flackern und Blinken daran gehindert.

»Verfluchtes Weib!«, sagte er. »Sie hat irgendwas an der Kontrollkonsole getroffen.«

»Was umso mehr ein Grund dafür ist, die Nachricht jetzt zu schicken, Han«, drängte Leia. »Tenel Ka darf diese Schlacht nicht zu einem Schiffsmassaker verkommen lassen, da die Allianz sonst nicht in der Lage ist, ihre Falle zuschnappen zu lassen.«

»Falle?«

Irgendetwas in der Kontrolltafel knallte, und Rauch stieg aus einem Loch an der Vorderseite der Co-Pilotenstation auf. Er fluchte und glitt auf den Co-Pilotensessel, ohne auf das Blut zu achten, das aus Morwans gebrochener Nase überallhin gesprüht war. Dieser Taktikschirm funktionierte kaum besser als der bei der Navigationsstation, aber zumindest konnte Han genügend darauf erkennen, um sicher zu sein, dass er keine Allianz-Flotte anzeigte.

»Ich sehe keine Falle.«

Leia schwieg einen Moment lang, dann sagte sie: »Hör zu, Han, wenn du das hier nicht durchziehen kannst, dann sag’s einfach.«

Han wurde allmählich richtig verwirrt. »Was durchziehen?«

»Ist schon in Ordnung«, sagte Leia. »Ich verstehe das.«

»Gut«, entgegnete Han. »Wenigstens einer von uns.«

Leia klappte das Kinn nach unten, und sie sah zu ihm herüber, um ihm einen ihrer patentierten Ich-weiß-dass-du-flunkerst-Blicke zuzuwerfen.

»Leia, wovon redest du eigentlich?«

»Sobald wir die Nachricht abgeschickt haben, wissen wir beide, dass unsere Namen auf Corellia bloß noch Huttenschleim wert sind«, erklärte sie. »Gejjen wird wissen, dass wir in dieser Angelegenheit gegen sie gearbeitet haben, und man wird dich als Hochverräter brandmarken.«

Leias Worte trafen Han schwer, beinahe direkt ins Herz, und ihm wurde klar, dass sie recht hatte. Wenn sie Tenel Ka halfen, konnten sie das bloß in aller Offenheit tun, und das corellianische Oberkommando – Wedge, Gejjen, sie alle – würden wissen, dass er Hapes den Vorzug vor seinem Heimatplaneten gegeben hatte.

Aber wie konnte Han sich nicht für Tenel Ka entscheiden? Corellia war in dieser Sache im Unrecht, hatte versucht, eine unabhängige Herrscherin zu ermorden und den Krieg weiter auszudehnen, bloß um sich eine vorteilhaftere Verhandlungsposition zu verschaffen. Corellia hatte versuchte, dreiundsechzig Welten in einen Bürgerkrieg hineinzuziehen, der den Konflikt zwischen Corellia und der Allianz wie ein Pingpongmatch aussehen lassen würde.

»Leia, mein Ruf ist mir egal«, sagte er, »mein Gewissen nicht.«

Leia lächelte erleichtert. »Und darüber bin ich sehr froh. Genau das habe ich mir auch gedacht, aber ich wollte die Entscheidung nicht für dich treffen.«

»Klasse, ich weiß das zu schätzen. Aber ich habe immer noch keine Ahnung, wovon du da eigentlich redest.«

»Ich habe dir doch erzählt, dass ich so ein Gefühl hatte«, sagte Leia. »Und dann hast du nach Morwans Blaster gegriffen.«

Han runzelte die Stirn, als er sich daran erinnerte, dass Leia irgendetwas über ein Gefühl gesagt hatte. »Oh, so ein Gefühl. Warum hast du mir denn nicht gesagt, dass du das meintest?«

Leia rollte mit den Augen. »Was hätte ich denn sagen sollen? Vertrau mir?«

»Ich schätze, nein«, gab Han zu. Er kam sich ein bisschen dämlich vor, dass er den Wink nicht mitbekommen hatte, aber andererseits konnte man nicht von ihm erwarten, dass er ständig Leias Gedanken las – schließlich war er kein Jedi. »Aber, sieh mal, ich kann nicht einfach eine Verbindung zu Tenel Ka herstellen und sagen: Halte durch, Mädchen – die Solos sind schon unterwegs. Was für eine Falle hast du gespürt?«

Leia schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht genau. Vorhin bei dem Kometen habe ich das Gefühl gehabt, dass uns jemand beobachtet.«

Han erinnerte sich an Leias abwesenden Gesichtsausdruck, als er gedacht hatte, sie würde Tenel Ka zu warnen versuchen. »Ein Jedi?«

Leia nickte. »Ich glaube, es war Tesar, aber er war sich über meine Motive nicht im Klaren und hat sich ziemlich hastig zurückgezogen.«

Han runzelte die Stirn. »Und weil du damals beim Kiris-Asteroidenhaufen gefühlt hast, dass Jaina uns beobachtet …«

»Genau«, sagte Leia. »Es besteht die Möglichkeit, dass derjenige, wer auch immer die Kiris-Flotte dort beobachtet hat …«

»… ihr hierher gefolgt ist.« Han schaltete die Kommeinheit auf den allgemeinen Rufkanal um, den sie würden benutzen müssen, weil sie die Codes oder Frequenzen von Tenel Kas Flotte nicht kannten. Ein weiterer Rauchfaden stieg von der Schildfeldsteuerung auf, und als er versuchte, die Schieberegler zu justieren, blieb die Anzeige unverändert.

»Ähm, bevor ich diese Nachricht losschicke, solltest du dich vielleicht lieber in eine Jedi-Flugtrance oder so was versetzen.«

»Han, ich bin wirklich empfänglich für die Macht«, sagte Leia. »Aber so etwas wie eine Jedi-Flugtrance gibt es nicht.«

»Zu schade – weil ich glaube, dass unsere Schilde im Eimer sind.« Han sah zu Leia hinüber und hauchte ihr einen Kuss zu, dann aktivierte er sein Mikro und begann, auf dem allgemeinen Rufkanal zu senden. »Dies ist eine Nachricht von Han Solo für Königinmutter Tenel Ka. Hör zu, Mädchen – ich muss dir was Wichtiges sagen …«