21. KAPITEL
Draußen vor dem Sichtfenster der Depot-Cantina zeichnete sich eine prächtige Morgenröte ab, eine leuchtende Explosion aus Grün und Purpur und Scharlachrot, die sich – aus Richtung des Sterns Roqoo kommend – wie ein Fächer über die Stirnseite der Vergänglichen Nebel breitete. Das Schauspiel war ein Beleg für die gewaltige Ausdehnung des Nebels und die wilde Kraft der Sonnenwinde eines blauen Riesen, aber an diesem Tag fand Mara das Ganze mehr gespenstisch als Ehrfurcht einflößend. An diesem Tag war die tanzende Schönheit des Spektakels lediglich die Barriere, die verhinderte, dass sie und Luke Kommkontakt zu ihrem Sohn herstellen konnten.
Mara wandte sich von dem Sichtfenster ab und sah über den Tisch, wo Luke saß und seine dritte heiße Schocklade an diesem Nachmittag schlürfte. »Wir sollten den Tatsachen ins Auge sehen: Ben kommt nicht.«
Luke blickte weiterhin auf den schimmernden Lichtvorhang hinaus.
»Er ist längst überfällig«, fuhr Mara fort. »Und wenn ich mich in der Macht auf ihn konzentrierte, fühlt es sich nicht an, als wäre er irgendwo in der Nähe. Entweder hat Jacen ihm die Nachricht nicht geschickt, sich hier mit uns zu treffen, oder Ben hat sie nicht erhalten. Aber irgendetwas ist schiefgelaufen.«
Luke nickte und nahm einen weiteren Schluck aus seinem Becher. »Und es ist Ärger im Anmarsch«, ergänzte er. »Fühlst du es nicht?«
Nun, da Luke es erwähnte, konnte Mara tatsächlich etwas fühlen. Es war nicht viel – lediglich ein leichtes Kribbeln, das man leicht als Frösteln fehldeuten konnte –, aber es war da.
Mara wandte sich wieder dem Sichtfenster zu, doch diesmal musterte sie die Spiegelbilder in den Ecken der Scheibe, statt das Schauspiel draußen. Die meisten der Gäste, die sie in der düsteren Cantina ausmachte, waren gut aussehende Humanoiden – typische Hapaner –, und ohne Ausnahme schienen sie wesentlich mehr Interesse an ihren Mahlzeiten oder der Falleen-Glimmiksängerin auf der Bühne zu haben, als an den Skywalkers. Die Fremdweltler – ein Dutzend blauhäutige Duros, einige ambossköpfige Arcona und ein paar Mon-Calamari – wirkten wie gebannt von der Morgenröte jenseits des Fensters. Und die Twi’lek-Familie, die das Etablissement führte, war viel zu beschäftigt, um irgendwem ihre Aufmerksamkeit zu schenken, der nicht irgendetwas bestellte.
Mara sah wieder Luke an. »Glaubst du, Jacen hat uns reingelegt?«
»Ja.« Lukes Stimme war ruhig, doch ihre Machtverbundenheit war von Traurigkeit durchdrungen – und von einem Gefühl von Fassungslosigkeit und Versagen. »Hätte Tenel Ka es nicht bestätigt, würde ich nicht einmal glauben, dass er Ben losgeschickt hat, um Jaina und Zekk zu finden.«
Mara seufzte. »Ich muss zugeben, dass ich mich allmählich ein bisschen wie eine Närrin fühle, weil ich mein Vertrauen in Jacen gesetzt habe.«
»Das musst du nicht«, sagte Luke. »Wir haben ihm beide vertraut – und ich bin mir immer noch nicht sicher, dass wir uns wirklich getäuscht haben. Jacen hat Ben dabei geholfen, seine Angst vor der Macht zu überwinden. Das dürfen wir nicht vergessen.«
»Wie könnte ich das?«, fragte Mara. »Aber falls er uns reingelegt hat – falls er Ben auf die Dunkle Seite führt …«
»Wer zieht jetzt voreilige Schlüsse?« Luke lehnte sich über den Tisch und ergriff ihre Hände. Mit leiser Stimme fügte er hinzu: »Sieh mal, selbst wenn Jacen mit Lumiya gemeinsame Sache macht, glaube ich nicht, dass er das schon lange tut. Und es bedeutet nicht, dass er dabei ist, ein Sith zu werden.«
»Es bedeutet aber auch nicht, dass er das nicht tut«, konterte Mara. »Wir wissen nicht, was zwischen ihm und Lumiya vorgeht.«
»Ich kenne Jacen«, sagte Luke rasch. »Was auch immer er tut, er tut es, weil er glaubt, es sei das Richtige für die Galaxis. Sobald er erkennt, dass er sich irrt, wird es ein Leichtes sein, ihn wieder zurückzuholen.«
Mara dachte darüber nach, versuchte sich daran zu erinnern, wann sie je gesehen hatte, dass Jacen irgendetwas Eigennütziges tat, versuchte sich an irgendetwas zu entsinnen – selbst nachdem man ihm das Kommando über die GGA übertragen hatte –, das Jacen aus reinem Eigeninteresse getan hatte.
Nach ein paar Sekunden nickte sie. Ihre Angst um Ben – und ihre Verärgerung darüber, von Jacen hinters Licht geführt worden zu sein – beeinflusste ihr Urteilsvermögen.
»Du hast recht«, sagte sie. »Aber wir sollten uns lieber beeilen. Jacen ist bereits zu mächtig, und wenn Lumiya ihn in ihren Fängen hat, wird es nicht lange dauern, bis er den Punkt erreicht, ab dem es kein Zurück mehr gibt. Das dürfen wir nicht zulassen, Luke. Wir können nicht zulassen, dass er die Galaxis mit sich in den Abgrund reißt.«
»Das werden wir auch nicht«, versicherte Luke. »Wir haben Raynar aufgehalten, oder nicht?«
»Damit weckst du bei mir nicht unbedingt viel Zuversicht«, sagte Mara. Nach einer Bruchladung in der Nähe eines Killik-Nests hatte sich Raynar Thul ihrer Gemeinschaft angeschlossen, um schließlich zum Anführer der mächtigen Insektenzivilisation aufzusteigen. Unter seiner Führung hatte sich die Kolonie bis zu den Rändern des Chiss-Reichs ausgedehnt, um einen Grenzkrieg zu provozieren, den Luke dadurch abgewendet hatte, dass der Raynar im Zweikampf bezwang. »Denk mal daran, wie die Sache ausgegangen ist. Er ist jetzt schon wie lange im Untergeschoss des Tempels eingesperrt?«
»Raynar macht Fortschritte«, sagte Luke beschwichtigend. »Er hat sich eine Armprothese anlegen lassen und erwägt eine kosmetische Operation wegen der Brandnarben.«
»Das dürfte sich als nützlich erweisen, wenn er flieht«, meinte Mara. »Auf diese Weise wird er auf dem Weg in die Unterstadt nicht ganz so vielen kleinen Kindern einen Schrecken einjagen.«
Luke runzelte angesichts ihres Sarkasmus die Stirn. »Die Operation wird Raynar dabei helfen, sich selbst mit anderen Augen zu sehen«, sagte er. »Cilghal sagt, dass das ein wichtiger Schritt in seinem Genesungsprozess sein wird.«
»In Ordnung – also ist er vielleicht in weiteren zwei oder drei Jahren kuriert.« Mara stand auf und zog ihren Ausrüstungsgürtel hoch, der jetzt, wo sie das zusätzliche Gewicht des Shoto trug, das sie in Erwartung ihres Zusammentreffens mit Lumiya gebaut hatte, dazu neigte, runter auf ihre Hüften zu rutschen. »Machen wir uns auf den Rückweg zur Anakin, und halten wir uns nah bei Jacen. Früher oder später wird Ben dort auftauchen.«
»Wenn er das nicht schon ist.«
Luke erhob sich und ging auf die Tür zu, und unversehens erblühte das unangenehme Kribbeln, das er gefühlt hatte, zu einer ausgewachsenen Gefahrenwarnung. Er ließ den Blick durch den Raum schweifen und versuchte, die Quelle der Gefahr auszumachen. Da war nichts Bedrohliches, das von den anderen Gästen ausging, doch das hinderte ihn nicht daran, so beiläufig wie möglich sein Lichtschwert von seinem Gürtel zu lösen.
Mara hielt ihre Waffe bereits in der Hand, obwohl sie diese – wie Luke – an ihrer Seite nach unten hielt, um keine Panik auszulösen. »Spürst du das auch?«
»Lass uns gehen«, sagte Luke. Er bahnte sich seinen Weg durch die Menge zum nächsten Ausgangsschott, und Mara blieb ihm dicht auf den Fersen. Wenn hier drinnen ein Kampf losbrach, würden viele unschuldige Lebewesen Schaden nehmen.
Sie waren ein paar Schritte vom Ausgang entfernt, als in dem kahlen Durastahlkorridor draußen vor der Cantina eine buckelige Gestalt auftauchte, die ungefähr zehn Meter weiter vorn aus einer Weggabelung hervorgehumpelt war. Sie trug einen unförmigen schwarzen Umhang mit über den Kopf gezogener Kapuze, und sie war sorgsam darauf bedacht, ihr Gesicht von den Deckenlampen abzuwenden.
Luke blieb gerade genug Zeit, um zu erkennen, dass er ihre Präsenz nicht in der Macht fühlen konnte, ehe sie ihren Arm vorstieß und durch den grauen Korridor eine silberne Röhre auf ihn zuflog. Eine Reihe blinkender Dioden auf halber Höhe bestätigten, worum es sich bei dem Zylinder handelte. Er riss seinen Arm hoch und setzte die Macht ein, um die Röhre wieder den Korridor hinaufzuschleudern.
»Granate!«, brüllte er.
Die Granate war fast schon wieder bei der Weggabelung, als der Korridor in silbriger Helligkeit explodierte. Ein gewaltiger Knall erschütterte die Cantina, und Luke stolperte rückwärts über einen Tisch. Seine Ohren klingelten, und vor seinen Augen tanzten Flecken.
Er schlug inmitten einer Flut verschütteter Getränke und wild um sich schlagender Gäste auf dem Boden auf. Seine Trommelfelle ploppten schmerzhaft, als der Luftdruck abfiel, und das Ausgangsschott wurde mit einem ohrenbetäubenden Getöse aus dem Rahmen gerissen. Eine Sekunde später ging die Hälfte der Lichter in der Cantina flackernd aus, um die benommene Menge in Schatten zu baden. Über ihren Köpfen schrillte der Hüllenbruchalarm.
Luke streckte seine Machtfühler aus und spürte, dass Mara ungefähr drei Meter entfernt lag, überrascht, aber unverletzt und bereits dabei, wieder zu Sinnen zu kommen. Er sprang auf und sah, dass der Bereich, der dem Ausgang am nächsten war, die volle Wucht der Explosion abbekommen hatte; vielleicht zwei Dutzend Lebewesen mit unterschliedlich schweren Verletzungen lagen auf dem trümmerübersäten Boden. Der Großteil des Geschreis schien weiter aus dem Innern der Cantina hinter ihm zu kommen, wo die Gäste weit genug von der Detonation entfernt gewesen waren, um panisch statt benommen zu sein.
Mara trat an Lukes Seite. »Nette Parade.« Sie nickte zum Sichtfenster hinaus, wo bereits eine Wolke aus Treibgut aus dem beschädigten Korridor vorüberschwebte. Zum Glück schien es bloß wenige Tote gegeben zu haben – von denen allerdings keiner einen schwarzen Umhang trug.
»Das war bloß der Auftakt.« Während Luke sprach, drängten sich die ersten verängstigten Gäste in Richtung des anderen Ausgangs der Cantina. Ihre Schreie wurden ungeduldig und aufgebracht, weil sich nicht alle gleichzeitig durch das Schott zwängen konnten. »Es muss einen Grund dafür geben, dass sie angegriffen hat, bevor wir …«
Vom zweiten Ausgang her drang ein langes, summendes Knistern herüber, das von den fliehenden Gästen mit einer Kakophonie wilder Schreie quittiert wurde. Luke hatte das Knistern einer zuschlagenden Lichtpeitsche seit Jahrzehnten nicht mehr gehört, und das Geräusch jagte ein heißes Kribbeln über seinen Rücken. Er griff in seine Robe und zog das Shoto hervor, das er in Erwartung ebendieses Augenblicks bei sich trug.
»Nun, ich würde sagen, das ist der Beweis dafür.« Lukes Herz schmerzte vor Enttäuschung. »Ben ist nicht hier – aber Lumiya!«
»Ja.« Maras Stimme klang wütend. »Jacen hat uns eine Falle gestellt.«
Sie löste das Shoto ruckartig von ihrem eigenen Ausrüstungsgürtel und bewegte sich auf die Innenwand der Cantina zu, um in Position zu gehen und ihre Angreiferin von der Flanke her zu attackieren. Luke setzte sich in Richtung des Schotts in Bewegung und sah Blitzschlangen in die Menge weiter vorn zucken. Ein lederartiger, ambossförmiger Kopf flog durch die Luft, und zwei menschliche Arme fielen zu Boden. Ein Dutzend Stimmen schrien vor Schmerz auf, als Fetzen blutigen Stoffs aus ihren Gewändern gerissen wurden.
»Zurück, ihr Kreetles!« Die eisige Stimme gehörte Lumiya. »Zurück mit euch! Bloß ein Mann kann euch jetzt noch retten!«
Die Peitsche schlug wieder zu, und die bestürzten Gäste wichen zurück. Eine Gestalt in einem dunklen Umhang erschien im Schott. Die Kapuze war vom Kopf gezogen, doch ihr Gesicht war mit schwarzem Stoff umwickelt. Ihre Lichtpeitsche, deren halbes Dutzend Stränge zu gleichen Teilen aus Energie, Leder und kristallbesetztem Metall bestanden, schlängelte sich an ihrer Seite. Luke schob sich auf sie zu und setzte die Macht ein, um die Leute behutsam zur Seite zu dirigieren, während er gegen die zurückweichende Menge ankämpfte.
»Du!« Lumiya wies mit einem langen Finger in Lukes Richtung. »Lass deine Klingen fallen, und knie nieder!«
»Keine Chance.«
Luke schaltete seine Lichtschwerter ein – eins kurz und eins lang, um der dualen Natur ihrer Waffe entgegenzustehen –, während sich die Menge vor ihm teilte. Es wäre rascher gegangen und sicherer gewesen, sich mit einem weiten Machtsprung zu Lumiya zu katapultieren, doch sie schien nicht zu ahnen, dass sich Mara von der Seite an sie heranschlich, und Luke wollte, dass ihre Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet blieb, bis Mara in Position war, um zuzuschlagen.
Lumiya war nicht in der Stimmung, Geduld zu haben. Ihre Lichtpeitsche schoss wieder knisternd vor und zerfetzte einem Duros die gesamte Seite. Ihr Opfer stürzte nieder, kreischend vor Schmerz, und der Blaster, den er zu ziehen versucht hatte, fiel vor ihm klappernd zu Boden.
Die Menge erstarrte vor Entsetzen, starrte mit gähnend weit aufgerissenen Mündern auf das sich noch immer krümmende Opfer.
»Der Jedi hat euer Schicksal besiegelt!«, rief Lumiya und übertönte sogar den schreienden Duros. Ihre Peitsche zuckte erneut vor, und diesmal wickelten sich die Stränge um die Taille einer geschmeidigen hapanischen Schönheit und schnitten sie beinahe entzwei. »Wegen ihm werdet ihr alle sterben!«
Die Gäste der Cantina drehten sich zu Luke herum, und viele zogen Blaster oder Vibroklingen. Ihre Augen wirkten abwesend, und ihre Münder waren durchweg zum gleichen wütenden Knurren verzerrt. Luke erkannte, dass Lumiya die Macht benutzte, um ihre Furcht und ihren Zorn gegen ihn zu richten. Offensichtlich hatte sie nicht die Absicht, fair zu kämpfen – genauso wenig wie er und Mara.
Luke tänzelte vorwärts, schubste mit der Macht Gäste aus dem Weg und setzte seine Klingen ein, um ihre Laserbolzen zu denen zurückzuschicken, die den Fehler machten, auf ihn zu feuern. Er hasste es, Lumiyas unwillentliche Handlanger zu verwunden, und tat sein Bestes, sie nicht ernsthaft zu verletzen, aber er musste sich verteidigen. Wenn er zuließ, dass die Situation außer Kontrolle geriet, und sie versuchten, ihn zu überrennen, würden eine Menge Leute Arme, Beine und möglicherweise noch Wichtigeres verlieren.
Luke war bis auf Schlagreichweite der Lichtpeitsche herangekommen, als ein Twi’lek-Mann in einer sauberen Küchenschürze vortrat, um ihm den Weg zu versperren.
»Sie sind ein Jedi!« Die Kopfschwänze des Twi’lek zuckten vor Wut, doch wenn er beunruhigt wegen der beiden Klingen war, die vor ihm zischten, zeigte sein pummeliges Gesicht keine Anzeichen dafür. »Sie können nicht zulassen, dass meine Gäste sterben, bloß um sich selbst zu retten!«
Luke nutzte die Macht, um den Twi’lek beiseitezustoßen. Obwohl sich Mara nicht länger in seinem Blickfeld befand, konnte er durch ihre Machtverbundenheit spüren, dass sie sich in Position befand und bereit war zuzuschlagen – und Lumiya schien noch immer nichts von ihr zu ahnen.
Der Twi’lek trat hinter Luke. »Feigling!« Seine Stimme wurde ein bisschen gedämpfter, als er sich der Menge zuwandte. »Machen wir ihn …«
Luke brachte den Twi’lek mit einem knochenzermalmenden Tritt nach hinten zum Schweigen, dann warf er sich auf Lumiya, und beide Klingen schossen vor. Er war nicht so närrisch anzunehmen, dass es so einfach sein würde, den Sieg davonzutragen, doch er musste ihre Aufmerksamkeit auf sich gerichtet halten, bis Mara zuschlug.
Lumiyas Konter war – natürlich – meisterlich. Sie schnalzte mit ihrer Peitsche nach Lukes Beinen und zwang ihn so zu einem hohen Salto, der ihr eine halbe Sekunde verschaffte, um sich wegzudrehen. Er landete ein paar Schritte weiter im Innern der Cantina, umrahmt von der Türöffnung und vor sich den düsteren Korridor, in dem Alema kauerte, verborgen von ihrem Machtschatten.
Dann schoss Lumiyas Lichtpeitsche knisternd auf Lukes Seite zu, um hoch, tief und in der Mitte heranzuzischen, alles gleichzeitig. Er wirbelte herum, um sich zu verteidigen, füllte die Luft mit Funken und Ozon und fliegenden Splittern von Kaiburr-Kristall, als er den Angriff mit dem kurzen Schwert abblockte und das lange dazu benutzte, einen der Stränge abzuschneiden.
In diesem Moment hätte Alema ihn erwischen können. Sie hatte den konischen Pfeil im Blasrohr und hielt das Blasrohr an ihre Lippen gepresst, und Skywalker war so auf Lumiya konzentriert, dass er den Pfeil niemals rechtzeitig gespürt hätte. Das war es, was Lumiya wollte, was sie erwartete.
Aber wo blieb da das Gleichgewicht? Luke Skywalker hatte Alema so vieles genommen – die Funktionsfähigkeit ihres Arms, ihr Nest, ihre Identität –, und es wäre nicht richtig, wenn Alema ihn einfach tötete. Sie musste ihn zerstören, musste ihn zusehen lassen, wie Mara zuerst starb, sodass er, wenn er starb, wissen würde, dass Lumiya gewonnen hatte, dass die Sith seinen Neffen und seinen Sohn kriegen würden und dass der Jedi-Orden mit ihm zusammen unterging.
Also hielt Alema ihren Pfeil zurück, wartete reglos, während Lumiyas Lichtpeitsche wieder und wieder aufblitzte, um Skywalker für sie weiter in der Türöffnung festzunageln, nach seinen Seiten und seinem Kopf schlug, um ihn davon abzuhalten, sich wegzudrehen oder einen Salto zu machen oder einfach auch nur vorzurücken und aus ihrem Blickfeld zu verschwinden.
Schließlich täuschte Skywalker einen Sprung zur Tür vor. Als Lumiya den Fehler machte, bloß halbherzig zu versuchen, seine »Flucht« zu vereiteln, vollführte er mit seiner Kurzklinge eine unglaubliche Parade direkt vor seinem Körper, bevor er herumwirbelte und mit seiner ungestüm schlitzenden Langklinge zum Angriff überging.
Lumiya hatte keine andere Wahl, als zurückzuweichen. Skywalker verschwand aus der Türöffnung und aus Alemas Blickfeld, dann zischte der letzte der metallischen Stränge der Lichtpeitsche an der Öffnung vorbei. Ein neuer Chor aus Schreien ertönte, und ein Blutstrahl schoss in hohem Bogen aus der Cantina, um in einer Reihe länglicher roter Tropfen auf den Boden zu spritzen.
Als Alema wieder in die Cantina schaute, stellte sie fest, dass Mara ihr gegenüber kauerte, gleich vor ihr im Türrahmen, das Gesicht abgewandt. Ein halbes Dutzend Schritte hinter ihr lieferten sich Skywalker und Lumiya inmitten der Menge einen wilden Kampf. Skywalker versuchte, in freien Bereichen zu bleiben, damit keine Schaulustigen verletzt wurden, während Lumiya bestrebt war, ebenjene Schaulustigen vor sich zu behalten, sodass Skywalker nicht angreifen konnte, ohne sich zuerst den Weg durch sie freischneiden zu müssen.
Alemas Chance war gekommen – doch es würde nicht genügen, Mara einfach nur zu töten. Alema war eine Jedi, und Jedi dienten dem Gleichgewicht.
Während sie ihre Lungen füllte, streckte Alema ihre Machtfühler gleichzeitig nach Skywalker aus, um all das Leid und die Einsamkeit und die Verzweiflung mit ihm zu teilen, die er ihr gebracht hatte – all die Schande und Hoffnungslosigkeit und endlose Qual.
Ein Blitz der Überraschung durchfuhr die Macht. Skywalkers Augen weiteten sich, und sein Blick glitt zur Türöffnung – und mehr Unachtsamkeit brauchte Lumiya nicht.
Die Lichtpeitsche knallte erneut, um Skywalker wie ein feuriger Käfig aus Licht und Leder zu umschlingen. Die Kurzklinge flog davon, zusammen mit der Hand, die sie festgehalten hatte, und rosafarbenes Blut und der rauchige Gestank von verkohltem Fleisch erfüllten die Luft.
Alema leerte ihre Lungen, und der Pfeil schoss aus dem Blasrohr.
Mara hörte Luke schreien und glaubte, das läge bloß daran, dass er so schwer verletzt worden war, doch dann berührte er sie durch ihr Machtband, und sie erkannte, dass er Angst um sie hatte, dass etwas auf sie zukam, das nur geringfügig langsamer war als ein Blasterbolzen. Sie sprang beiseite und fühlte, wie ihre Haut kribbelte, als etwas Winziges und Dunkles an ihrer Schulter vorbeischoß.
Eine Twi’lek-Frau schrie vor Überraschung auf, und als Mara sich wieder auf die Füße rollte, sah sie, dass eine der Frauen des Cantina-Besitzers ein paar Meter vor ihr stand und durch die Türöffnung starrte, während sie einen winzigen, zapfenförmigen Pfeil aus ihrem Oberschenkel zupfte. Ohne Zweifel hatte Lumiya Verstärkung mitgebracht, doch Mara blieb keine Zeit, sich über mögliche Kandidaten Gedanken zu machen. Mit einem Mal begann die Twi’lek zu zittern und nach Luft zu ringen, dann knickten ihre Beine weg, und sie brach von Krämpfen geschüttelt zusammen.
Gift.
Mara wirbelte herum, um durch die Türöffnung zu stürmen – bloß um sie von einer Horde verängstigter Hapaner verstopft zu finden, die zu fliehen versuchten. Sie deaktivierte ihre Waffen und stürzte sich in ihre Mitte, um die Leute an der Spitze mit Machtschüben in den dunklen Korridor vor sich zu stoßen. Luke war schwer verletzt, und sie wusste es, aber sie würde ihn nicht dadurch retten, dass sie dem Blasrohr-Attentäter die Chance für einen weiteren Schuss gewährte. Sobald sie den Durchgang durchquert hatte, schaltete sie ihre Klingen wieder ein und wirbelte auf die dunkle Ecke zu, aus der der Pfeil gekommen war.
Dort war nichts als Schatten.
Hinter Mara drängelten sich weiterhin fliehende Gäste vorbei, die sie verfluchten, weil sie ihnen den Weg versperrte. In dem Glauben, dass der Angreifer bereits den Gang hinaufgeflohen war, wandte sie sich um, um ihm zu folgen – dann fragte sie sich plötzlich, warum die Ecke noch immer in Schatten getaucht war, obwohl der Schein der beiden Lichtklingen darauf fiel.
Mara wirbelte herum, um in die Ecke zu starren – musste ihr Lichtschwert jedoch deaktivieren, als sich ein sturzbetrunkener Arcona beinahe selbst auf ihre Klinge aufspießte, vor Panik pfiff und so fest gegen sie krachte, dass sie auf die Macht zurückgreifen musste, damit sie nicht umgeworfen wurde.
»Verschwinden Sie!«, befahl sie.
Anstatt den Arcona mit einem Machtstoß durch die Türöffnung zu befördern, trat sie zurück, um ihn weiter den Korridor entlangeilen zu lassen – und das war es, was ihr das Leben rettete, als eine dunkelblaue, beinahe schwarze Lichtschwertklinge aus seiner Brust geschossen kam, so dicht an ihrer Kehle, dass sie schon befürchtete, ihr Kinn zu verlieren.
Mara reagierte, noch bevor sie recht begriff, was vorging, schlug mit der linken Hand hinter den kreischenden Arcona und spürte, wie ihre Shoto-Klinge über irgendetwas hinwegschrammte. Eine Frau schrie überrascht auf, dann verschwand die dunkle Klinge aus der Brust des Arcona, und er stürzte gurgelnd und wimmernd zu Boden.
Hinter ihm stand eine verdrehte Gestalt in einer schwarzen Jedi-Robe. Sie hielt sich leicht vornübergebeugt, als würde es ihr Schmerzen bereiten, aufrecht zu stehen, und ein Arm baumelte verkümmert und schlaff unter der herabhängenden Schulter. Der hintere Lekku war unmittelbar über der Schulter abgetrennt worden, während der vordere an der Rückseite eine rauchende Wunde aufwies, wo er von Maras Klinge geritzt worden war.
»Alema?«
Mara war nicht so verblüfft, dass sie vergaß, sich zu verteidigen, als die Twi’lek ihr Lichtschwert wieder aufflammen ließ. Sie fing Alemas Angriff mit ihrem Shoto ab, fegte die Klinge der Twi’lek beiseite und riss ihr langes Lichtschwert in einem tödlichen Schlag herum.
Alema nutzte die Macht, um sich nach hinten in einen Rückwärtssalto zu katapultieren, um kopfstehend durch die Reihe der noch immer fliehenden Cantina-Gäste zu sausen. Sie landete auf beiden Füßen auf der anderen Seite des Korridors. In der Cantina bildete sich ein wütender Tumult, als fliehende Besucher in der Türöffnung verharrten, anstatt mitten durch ein Lichtschwertduell zu laufen.
Es gab ein Dutzend Fragen, die Mara Alema gern gestellt hätte. War sie Lumiyas Schülerin? Wie war sie von Tenupe entkommen? Wie lange war sie schon wieder da?
Gleichwohl, durch ihre Machtverbundenheit konnte Mara fühlen, dass Lukes Kräfte rasch nachließen. Seine Energie schwand, seine Konzentration geriet ins Wanken, und er zehrte massiv von der Macht, bloß um seine Schmerzen zu unterdrücken und seinen Körper in Bewegung zu halten.
Mara trat in die Mitte des Korridors und brachte sich in Schlagweite zu Alema. Die Twi’lek entfernte sich von der Wand, verschaffte sich Bewegungsfreiraum und humpelte dabei wegen ihres halben Fußes, und Mara fügte ihrer Liste eine weitere Frage hinzu: Warum hatte Alema geholfen, Tresina Lobi zu töten?
Mara richtete ihre Langklinge waagerecht auf den Hals der Twi’lek. »Ich habe nicht viel Zeit, deshalb gebe ich dir eine Chance, dich zu ergeben. Anschließend ist dies ein Kampf auf Leben und Tod – und es sieht nicht so aus, als würdest du lange durchhalten.«
Alema warf einen Blick in Richtung der Cantina, wo das Knallen von Lumiyas Lichtpeitsche sowohl lauter als auch häufiger wurde, und das Hohnlächeln, das auf ihre Lippen trat, war überraschend zuversichtlich.
»Du könntest uns weghumpeln lassen«, sagte sie. »Wir versprechen, dass wir verschwinden.«
In ihrem Innern wurde Mara kalt und zornig. »Das war deine Chance.«
Sie sprang vor, griff mit beiden Händen an, schlug Alemas Deckung mit ihrem Lichtschwert nieder und stieß mit dem Shoto nach ihrem Oberkörper. Normalerweise hätte sie einen solchen Alles-oder-nichts-Angriff nicht riskiert, doch Alema war keine sonderlich große Herausforderung, und Luke ging die Zeit …
Wie Vermessenheit es so häufig mit sich bringt, musste Mara für ihre teuer bezahlen. Alema ließ ihr Lichtschwert fallen und streckte ihren Arm aus, um ihre scharfen Twi’lek-Krallenfinger in Maras Kehle zu bohren und sich ruckartig zur Seite zu drehen, sodass die Kurzklinge an ihr vorbeiglitt, ohne irgendetwas zu treffen.
Mara blieb unverzüglich die Luft weg, und sie spürte, wie sie an etwas Feuchtem und Warmem würgte. Sie brachte ihre Arme zusammen, in der Absicht, ihre Klingen über Kreuz durch Alemas Körper fahren zu lassen, dann wurde ihr klar, dass die Schwerter an ihre Seiten gesunken waren. Sie schickte sich an, sie hochzureißen, doch Alemas Augen waren dunkel geworden, und winzige Lichtblitze knisterten über ihr blaues Gesicht.
Mara hatte nicht einmal die halbe Sekunde, die es brauchen würde, ihre Arme wieder zu heben, also warf sie sich einfach nach hinten, zog ihren Hals von den Krallen weg und riss links und rechts von Alemas Beinen ihre eigenen hoch. Ein blauer Energieblitz zischte so dicht über ihr Gesicht hinweg, dass sie ihn selbst mit geschlossenen Augen sah.
Mara verschränkte bereits ihre Füße, hakte sich mit einem Bein unter den Knien der Twi’lek und mit dem anderen darüber ein. Die beiden Gegner schlugen im selben Moment auf, und Alemas Hinterkopf donnerte hart auf den Boden.
Die Twi’lek erschlaffte augenblicklich. Ihre Arme und Beine sackten zu Boden, als wären ihre Gewänder mit warmem Gelfleisch gefüllt. Mara setzte sich auf, riss bereits ihr Lichtschwert herum, um Alemas Kopf abzuhacken – dann verharrte ihre Klinge nur Zentimeter über dem Hals der Twi’lek. Sie konnte keine bewusstlose Gegnerin töten, nicht einmal eine, die den Jedi-Orden verraten hatte. Nicht einmal dann, wenn sie es eilig hatte, Luke zu helfen.
Mara, die genügend Lebewesen bewusstlos geschlagen hatte, um zu wissen, dass Alema ihre Ohnmacht nicht vortäuschte, steckte ihre Waffen weg und wirbelte in der Hocke herum. Sie konnte spüren, dass Lukes Kraft weiter nachließ und er allmählich bezweifelte, dass er gewinnen konnte, aber die Twi’lek bewaffnet und frei zurückzulassen – selbst wenn sie bewusstlos war –, stand nicht zur Debatte.
Während die Gäste weiterhin durch die Türöffnung flüchteten, fesselte sie Alema die Hände hinter den Rücken und sammelte das Lichtschwert und das Blasrohr der Twi’lek ein. Dann öffnete sie Alemas Gewänder, um sie nach versteckten Waffen abzusuchen, und war mit einem Mal sehr froh darüber, dass sie in letzter Sekunde davon abgesehen hatte, einen bewusstlosen Feind zu töten.
Unter den Gewändern trug Alema eine schwarze Kampfweste mit einem über dem Herzen blinkenden Sensorfeld. Ein Bündel dünner Drähte verlief von dem Feld nach unten in eine Brusttasche, die von etwas ausgebeult wurde, das die Form einer dicken Scheibe hatte. Ganz behutsam öffnete Mara die Tasche und folgte den Drähten zu dem, was zu finden sie befürchtet hatte: eine Totmannschaltung, die mit dem Protonendetonator aus einer Baradiumrakete verbunden war.
Es kam nicht infrage, in die Cantina zurückzukehren, ohne die Vorrichtung vorher kurzzuschließen. Kopfverletzungen waren zu unberechenbar. Die Twi’lek konnte jeden Moment sterben, und selbst, wenn sie am Leben blieb, bestand die Gefahr, dass einer der fliehenden Gäste die Apparatur versehentlich auslöste. Leider mussten die Drähte in einer bestimmten Reihenfolge entfernt werden, um zu verhindern, dass die Sprengladung explodierte. Mara hoffte bloß, dass Luke sich Lumiya so lange vom Leib halten konnte, bis sie fertig war. Selbst mit der Macht, um sie zu leiten, würde das hier einige Zeit dauern.
Und Zeit war etwas, das Luke nicht hatte. Das spürte er an dem Feuer, das seine Lungen auffraß, an dem groben Schmerz in seinem Fleisch. Sein Atem war ein unzureichendes Keuchen, und sein Blut sprudelte als lila Schaum aus seiner Seite. Er gab sich der Macht hin, um weiterkämpfen zu können, verließ sich stärker darauf, als sein Körper verkraften konnte, kochte förmlich seine eigenen Zellen. In ihm steckte höchstens noch eine weitere Kampfminute, vielleicht weniger.
Luke musste es zu Ende bringen.
Er blockte zwei knisternde Energiestränge mit seinem Lichtschwert ab und schleuderte sie beiseite, dann stürzte er sich über einen Claqball-Tisch auf Lumiya. Sie konterte, indem sie davonwirbelte, um eine Twi’lek-Kellnerin zwischen sie zu bringen. Er hätte den Angriff fortsetzen können, um durch die Brust von Geisel und Geiselnehmerin zu säbeln, doch selbst in seiner verzweifelten Lage konnte er niemand Unschuldiges töten. Er katapultierte sich in einen luftigen Radschlag und landete auf dem rutschigen, von Gegenständen übersäten Boden direkt gegenüber von Lumiya.
Ihre Hand zuckte vor, und die Lichtpeitsche schoss im Bogen auf seinen Kopf zu. Luke ließ sich in die Hocke fallen und die Stränge über sich hinwegzischen. Dann, als Lumiya zurückwich, um dem erwarteten Ausfallschritt auf ihre Körpermitte zu entgehen, verpasste er ihr einen kräftigen Machtstoß und wirbelte sie halb um die eigene Achse. Sie krachte gegen einen Getränketisch und stürzte beinahe hin, riss jedoch rasch ihre Geisel herum, um sich vor einem Angriff zu schützen.
Luke lächelte und hob den Arm, richtete das Lichtschwert auf die Kellnerin, dann nutzte er die Macht, um sie aus Lumiyas Griff zu befreien, und ließ sie quer über den Claqball-Tisch fliegen. Sie krachte auf der anderen Seite vor Entsetzen schreiend zu Boden und war dort weit sicherer, als sie es noch einen Moment zuvor gewesen war.
Mittlerweile hatte sich Lumiya von ihrem Patzer erholt, und die Lichtpeitsche schnappte wieder auf Luke zu. Er sprang zu einem Salto in die Höhe und wickelte die Spitze seiner Klinge in die knisternden Peitschenstränge, als er kopfüber darüber hinwegflog. Er landete auf der schwammigen Oberfläche des Claqball-Tisches und zog seinen Arm mit aller Macht nach hinten.
Und das war der Moment, in dem sein ausgelaugter Körper ihn im Stich ließ. Anstatt die Waffe aus Lumiyas Hand zu reißen, glitt sein Lichtschwert aus seinem eigenen Griff und segelte in die Schatten davon.
Luke fluchte ungläubig – dann rollte er sich mit einer Rückwärtsrolle von dem Tisch herunter.
Selbst das geriet zum Desaster. Er landete auf dem Leichnam von einem von Lumiyas ursprünglichen Opfern und schlug mit einem dumpfen Laut auf dem Boden auf, zu schwach, um sich zu fangen. Er konnte Mara draußen im Korridor spüren, wie sie sich intensiv auf etwas konzentrierte, sehr verängstigt, und ihn drängte, auf sie zu warten, dem Angriff standzuhalten, bis sie da war.
Daran war nicht zu denken. Lukes Kraft verließ ihn so schnell, dass er befürchten musste, Jacens Verrat würde ihn sein Leben kosten. Und wenn Lumiya mit ihm fertig war, würde es ihr freistehen, auch Mara anzugreifen. Seine Brust zog sich zusammen, von einem Gefühl erfüllt, das Wut oder Kummer oder Furcht sein mochte und vermutlich alles auf einmal war. Jacen hatte sie verraten, was unterm Strich bedeutete, dass Luke bei ihm versagt hatte.
Lumiya schien eine Falle zu erwarten, denn als es Luke nicht gelang, sich augenblicklich wieder zu erheben, stürzte sie sich nicht sofort auf ihn. Stattdessen rief sie: »Noch ist es nicht zu spät, Skywalker. Lass mich dich jetzt töten, und alle anderen überleben. Auch Mara!«
»Sehr großzügig.« Während Luke antwortete, inspizierte er den Boden der Cantina, suchte nach dem Shoto, das er verloren hatte, als Lumiya seine kybernetische Hand abgetrennt hatte. »Aber ich glaube … nicht. Ich kann dir … Jacen … nicht überlassen.«
»Jacen?« Lumiya stieß ein kaltes Lachen aus. »Warum glaubst du, hierbei geht es um ihn?«
»Deine Verbindungen zur GGA.« Er hielt Ausschau nach seinen Lichtschwertern; die Klingen waren ausgegangen, sobald sie sich aus seinem Griff gelöst hatten, und der Boden der Cantina war mit Trümmern und Schatten übersät. »Wer sonst könnte dir … ein Apartment verschaffen? Wer sonst könnte dir Zugriff auf … Daten der GGA gewähren?«
Wieder dieses unbarmherzige Lachen. »In der Tat.« Das Knistern der Lichtpeitsche wurde tiefer, als Lumiya die Stränge einzog, um sie leichter kontrollieren zu können. »Wer sonst hat Zugriff auf Jacens Codes? Wer sonst könnte GGA-Offizieren in Jacens Namen Befehle erteilen?«
Die Fragen trafen Luke wie ein Tritt in den Magen. Er wusste, dass Lumiya lediglich versuchte, ihn zu verletzen. Dass die Schussfolgerung, die sie andeutete, vermutlich mehr gelogen denn wahr war. Gleichzeitig erklärte diese Möglichkeit so vieles … Und nun, da er an Bens Verhalten in den letzten paar Monaten zurückdachte, musste er zugeben, dass er zu viel mit eigenen Augen gesehen hatte, um diese Option einfach abzutun.
Irgendetwas zerbröselte auf dem Boden, als Lumiya den Sockel des Claqball-Tisches umrundete. Luke gab seine Suche nach seinem Shoto auf und sah sich nach einer anderen Waffe um. Er hatte seinen eigenen Blaster nicht mit in die Cantina genommen, weil er Lichtklingen vorzog, aber bei dem Leichnam, auf den er gefallen war, handelte es sich eindeutig um einen Raumfahrer, und Raumfahrer trugen immer einen Blaster bei sich.
»Du lügst.« Luke fand den Gürtel des Raumfahrers und folgte ihm zu einem Halfter. »Das sagst du bloß … um mir wehzutun!«
»Macht es das zu einer Lüge?«, fragte Lumiya. »Du hast mir über die Jahre viel Schmerz bereitet, Skywalker. Was gebe es für einen besseren Weg, dir das heimzuzahlen, als dafür zu sorgen, dass sich das Vermächtnis deiner Familie wiederholt?«
Luke wusste, dass sie bloß versuchte, ihm so viel Schmerz zu bereiten, wie sie nur konnte, bevor sie ihn umbrachte – doch er streckte trotzdem den Kopf hoch.
»Hör auf damit!«, brüllte er, von echtem Zorn erfüllt. »Du wirst aus meinem Sohn niemals einen Sith …«
Luke bekam nie die Chance, den Satz zu beenden.
Alles, was er sah, war das gleißende Glühen von Lumiyas Lichtpeitsche, die allenfalls Zentimeter über der Oberfläche über den Claqball-Tisch schnellte, und er wusste, dass seine Reflexe einfach zu langsam waren, dass er sich nicht schnell genug ducken konnte, um zu verhindern, dass sich die Peitsche in sein Hirn grub.
Also ließ sich Luke einfach nach hinten fallen, schloss die Augen gegen das knisternde Glühen, als die Stränge um Fingerbreite über seine Nase hinwegfegten, riss den Blaster hoch, den er aus dem Halfter des toten Raumfahrers gezogen hatte, erlaubte der Macht, seine Hand zu führen, drückte dreimal den Abzug durch, bevor er Lumiyas Überraschung in der Macht spürte, dann betätigte er ihn noch zweimal mehr, bevor er hörte, wie ihr Körper auf dem Boden aufschlug.
Und plötzlich brüllte Mara ihm von der anderen Seite der Cantina etwas zu, überflutete die Macht mit Warnungen. »Hör auf zu schießen!«
Luke setzte sich auf und blickte lange genug hinüber, um sie in der Türöffnung stehen zu lassen, wo sie sich an der letzten Handvoll – zumeist verletzter – Nachzügler vorbeidrängte, die sich noch immer abmühten, die Cantina zu verlassen.
»Du kannst sie nicht töten!«, rief Mara.
Luke sah wieder zu Lumiya und fand, dass er in dieser Hinsicht eigentlich ziemlich gute Arbeit geleistet hatte. Sie lag am Fuß des Claqball-Tisches, drei separate Fahnen Blasterrauch stiegen von ihrer Brust auf, und ihr kybernetisches Lebenserhaltungskorsett hatte Kurzschlüsse, zischte und sprühte Funken. Ihre Lichtpeitsche lag in der Nähe auf dem Boden, wo sie sie fallengelassen hatte, als er auf sie geschossen hatte. Sein eigenes Lichtschwert lag ein paar Meter dahinter, wo es gelandet war, als sie die Peitsche benutzt hatte, um ihn zu entwaffnen. Luke nutzte die Macht, um beide Waffen zu sich schnellen zu lassen, dann stand er auf und ging rüber, um Lumiya näher zu überprüfen.
Zu seiner Überraschung waren ihre Augen konzentriert und wachsam – und traten vor Schmerz schrecklich aus den Höhlen. Sobald sie ihn sah, bekamen sie an den Winkeln Fältchen, als würde sie lächeln. Diese winzige Geste sorgte dafür, dass sein Gefahrensinn sein Rückgrat schmerzen ließ, doch als er sprach, versuchte er, sich das nicht anmerken zu lassen.
»Mara … kommt«, keuchte er. »Sie wird versuchen, sich zu retten …«
»Vielleicht auch nicht.« Mara tauchte hinter ihm auf und warf einen Blick auf Lumiya, dann sagte sie: »Auf keinen Fall, um genau zu sein.«
Sie packte Luke und versuchte, ihn wegzuziehen, aber er entzog sich ihr – noch immer gegen seinen Schmerz ankämpfend – und blieb, wo er war.
»Mara, wir können sie nicht einfach hierlassen …«
»Doch, Luke, das können wir.« Mara beugte sich runter und schlug Lumiyas Gewänder auf, um – abgesehen von den Blasterwunden und dem Lebenserhaltungskorsett – eine schwarze Kampfweste mit einem Sensorfeld über dem Herzen zu enthüllen. Die Dioden blinkten matt und unstet. »Ich denke, wir sollten sogar besser schleunigst verschwinden!«