Der Name auf der Karte
Von Alenquer bis Caldas da Rainha fährt der Reisende in einem Stück. Mit Ausnahme von Ota, Cercal und Sancheira Grande weicht die Straße allen bewohnten Orten aus wie ein wortkarger Sonderling. Der Reisende hat es ihr gedankt: Die ganze Strecke über denkt er an Frei António das Chagas und Damião de Góis, was eine von vielen Möglichkeiten ist, über Portugal nachzudenken.
Morgens geht man in Caldas in die Markthalle. Der Reisende geht hin, kauft aber nichts. Die Markthalle von Caldas ist für Haushaltswaren bestimmt, Pittoreskeres hat sie nicht zu bieten. Die Touristen unterliegen einem großen Irrtum, wenn sie im Vorbeigehen den Haufen von Käufern und Verkäufern so leibhaftig erblicken und mit gezückter Kamera aufgeregt hineinlaufen, in der Hoffnung, die seltene Aufnahme oder das seltene Stück zu ergattern, das ihnen noch in ihrer Sammlung fehlt. Im Allgemeinen werden sie enttäuscht. Um Leute beim Kaufen und Verkaufen zu sehen, braucht man nicht so weit zu fahren.
Schön ist es im Park. Der Park von Caldas da Rainha, intim und weitläufig zugleich, ist, um den Gemeinplatz zu bemühen, ein angenehmer Ort. Der Reisende lässt sich auf den Bänken nieder, spaziert die Alleen entlang, sieht sich die Statuen an, durchweg naturalistisch, manche aber gut gemacht, und geht dann ins Museum. Es gibt jede Menge Gemälde, wenn auch nicht alle hervorragend: Columbano, Silva Porto, Marques de Oliveira, von dem der Reisende nur nochmals sagen kann, dass er ihn zutiefst schätzt, Abel Manta, António Soares, Dórdio Gomes und ein paar andere. Und natürlich auch José Malhoa – schließlich war dieser Mann ein exzellenter Porträtist und guter Freiluft- und Ambientemaler. Man muss sich nur das Porträt von Laura Sauvinet ansehen oder Paul da Outra Banda. Wer ein furchtbares Dokument im brillanten Gewand von Licht und Farbe vorzieht, der betrachte As Promessas so lange, bis die Wahrheit sich offenbart. Diese Frauen, die sich da, um Gelübde einzulösen, in der Sonnenglut durch Staub schleppen, sind das grausame, aber treffende Abbild eines Volkes, das jahrhundertelang immer eigene Gelübde eingelöst und für das Wohl anderer bezahlt hat. Der Reisende fragt sich nur, ob José Malhoa wusste, was er malte. Aber das ist nicht so wichtig: Wenn die Wahrheit aus dem Mund eines Kindes kommt, das diese nicht als Gegenteil der Lüge begreift, dann kann sie auch aus den Pinseln eines Malers kommen, der glaubt, nur ein Bild zu malen.
Auch in Caldas da Rainha muss man die Keramiken betrachten. Der Reisende gesteht, dass er diese Kreationen aus Ton so sehr und nahezu uneingeschränkt liebt, dass er sich hüten muss, nicht generell alles schön zu finden. Er hält sich nicht für einen Fachmann, kennt aber das Werk von Maria dos Cacos, Manuel Mafra, Alves Cunha, Elias, Bordalo Pinheiro und Costa Mota Sobrinho, abgesehen von anonymen Töpfern, die ihre Arbeiten nicht signiert, aber großartige Stücke geschaffen haben. Wenn der Reisende anfinge, über die Keramiken von Caldas zu sprechen, bestünde die Gefahr, dass er vor dem Abend nicht mehr aufhörte. Also lieber schweigen und weiterfahren.
Doch sofort fährt er nicht los, zuerst muss er die Kirche Nossa Senhora do Pópulo besichtigen, von denen, die etwas davon verstehen, als prämanuelinisch eingeordnet, dabei fände es der Reisende viel interessanter zu erfahren, als was ihre Erbauer sie im Jahre 1485 klassifiziert haben, dem Datum der Grundsteinlegung, zehn Jahre vor der Inthronisierung des Königs Dom Manuel. Der Reisende möchte nicht den Pedanten spielen, doch manche Vereinfachungen ärgern ihn. Die Kirche ist sehr schön und besitzt über dem Triumphbogen ein Triptychon, Cristóvão de Figueiredo zugeschrieben, ein wirklich großes Kunstwerk. Nur schade, dass es so weit oben hängt. Wenigstens einmal im Jahr sollte man es auf die niedere menschliche Höhe herunterholen und diesen Tag Sankt Bildbetrachtung nennen; bestimmt würde es nicht an Pilgern fehlen und anderen, die ihre Gelübde einlösen wollen. Der Reisende hört zu, was der Reiseführer ihm erzählt, doch in der Annahme, zwischen ihnen wäre ein Gespräch möglich über Dinge, die sie wohl beide bewundern, äußert er eine einfache Bemerkung, eine gegensätzliche Meinung. Oh, hätte er das doch nicht getan! Der Mann gerät ins Stottern, Panik steht in seinem Blick, er zögert ein paar Sekunden, dann nimmt er den Faden seines Vortrags wieder dort auf, wo er unterbrochen wurde. Dem Reisenden wird klar, dass der Führer seine Aufgabe nur so erfüllen kann, und hält fortan den Mund. Dabei hätte er so gern etwas über das schöne Taufbecken gesagt, von denselben Händen gefertigt wie das Becken, das heute in der Neuen Kathedrale von Coimbra steht. Oder über die manuelinische Tür (ja, diese ist eindeutig manuelinisch), die zur Sakristei führt. Oder über anderes, worüber man diskutieren könnte. Aber das war nicht vorgesehen. Nichts zu machen.
Von Caldas da Rainha nach Óbidos ist es nur ein Katzensprung. Der Reisende tut, was alle tun: Er betritt die Stadt durch das Stadttor Porta da Vila und erblickt überrascht den kleinen Vorbau auf der Innenseite mit dem Oratorium, eingerahmt von blauweißen Azulejo-Paneelen und der im Geschmack des 18. Jahrhunderts ausgemalten Kuppel. Wer nicht damit rechnet, vielleicht gesenkten Kopfes über das Leben nachdenkend oder aber auf die Schönheiten fixiert, die ihn innerhalb der Stadtmauern erwarten, das Tor passiert, riskiert, bei der Aufmerksamkeitsprüfung durchzufallen, vor allem wenn er im Auto sitzt. Natürlich ist das hier keine große Kunst, doch eine schöne Dekoration.
Für den Geschmack des Reisenden sollte Óbidos weniger floral sein. Obwohl er, wie jeder normale Mensch, Blumen und ihren Duft mag, empfindet er sie hier als übertriebenen und unnötigen Zierrat – der chromatische Effekt der weißen Wände wird gemindert durch die Fülle an Blumen, in Strängen von den Mauern hängenden Grünpflanzen, Beeten voller Kletterpflanzen unterschiedlicher Art und Farben, Blumentöpfen selbst vor hohen Fenstern. Der Reisende bezweifelt nicht, dass das den meisten Besuchern gefällt, auch will er damit nicht sagen, sie hätten keinen guten Geschmack – er sagt nur seine Meinung, schließlich ist es seine Reise. Und er rechnet sogar schon damit, dass man ihm erwidern wird, solch ketzerische Äußerungen habe noch nie jemand zu machen gewagt. Möge man ihm in diesem Fall gestatten, dass er die Rolle des Vorreiters übernimmt.
Doch im Übrigen wird Óbidos zu Recht gepriesen. Mag sein, dass es eine etwas künstliche Lebensart pflegt. Als obligatorische Station für Touristen hat es sich rundherum so herausgeputzt, dass es nicht nur auf einem Bild, sondern auf allen gut zur Geltung kommt. Óbidos ist ein bisschen wie ein junges Mädchen in alten Zeiten, das zum Tanzen geht und darauf wartet, dass man es auffordert. Wir sehen, wie es brav und adrett auf seinem Stuhl sitzt, nicht eine Wimper bewegt und sich ärgert, weil es nicht weiß, ob sich die Stirnlocke bei der Hitze aufgelöst hat. Aber dass das Mädchen bildhübsch ist, das lässt sich nicht leugnen.
Auf einer Seite des harmonischen Hauptplatzes steht die Kirche Santa Maria, ein einziges Juwel. Dieser Eindruck stellt sich sofort ein beim Anblick der Proportionen der Stirnseite, des zarten Renaissance-Portals wie auch des schmucklosen, stämmigen Glockenturms. Und er bestätigt sich im Innern beim Anblick der herrlichen Deckendekoration, ein Fest für die Augen, die sich nicht sattsehen können an den Voluten, Medaillons und anderen Elementen, darunter rätselhafte und nicht gerade kanonische Figuren; beim Anblick des Sarkophags des Bürgermeisters von Óbidos und seiner Frau, dem ungemein produktiven Nicolas de Chanterenne zugeschrieben, fraglos eines der schönsten Werke, die die Coimbra-Schule der Renaissance hervorgebracht hat; desgleichen beim Anblick der Gemälde von Josefa de Ayala, auch wenn der Reisende bei dieser gefeierten Dame nicht unbedingt vor Begeisterung in Ohnmacht fällt; und selbst das pseudoarchaische Altarbild von João da Costa, der in der Stadt gearbeitet hat, vermag den Glanz von Santa Maria de Óbidos nicht zu trüben.
Am Ende der Tagestour wird der Reisende nach Óbidos zurückkehren und hier übernachten. Nun aber, bevor es zu spät wird, fährt er noch einmal in Richtung Meer. Er kommt durch Serra d’El-Rei, das keineswegs ein Gebirge ist, wohl aber einmal königlich war. Hier finden sich Ruinen eines Palastes, den Dom Pedro I., der mit der schönen Inês, hat erbauen lassen und in den später andere Könige und Herrschaften zur Sommerfrische und zum Jagen kamen. Von außen ist wenig zu sehen, und die Rufe, die der Reisende über das Gemäuer schickt, werden nur mit dem üblichen Hundegebell beantwortet. Wäre der Reisende Seine Hoheit, hätten drinnen zur Begrüßung die Pfauen von Dom Afonso V. geschrien, die mit dem Pachtzins, den Diogo Martins zahlte, unterhalten wurden.
In Atouguia da Baleia gibt es einiges zu besichtigen, doch der Reisende sieht sich nur die Kirche São Leonardo an. Es ist ein romanisch-gotischer Bau, dessen sehr klare Linien vermutlich noch dadurch akzentuiert werden, dass das Gotteshaus leer ist. Seit zehn Jahren arbeitet man an der Restaurierung, doch ein baldiges Ende ist auch heute noch nicht abzusehen. Die gesamte Einrichtung wurde entfernt, auch alle Gemälde und Skulpturen. Indes kann man sich mit einem Blick auf die geräumigen Kirchenschiffe unschwer vorstellen, wie schön die Kirche werden wird, wenn die Restauratoren ihren Geist respektieren und alle Kunstwerke, die sich vorher hier befanden, wieder an Ort und Stelle sind und dazu andere, die es verdient hätten. Einzig verblieben ist, sorgfältig in Tücher und dicke Plastikplanen verpackt, das großartige Hochrelief Christi Geburt aus dem 14. Jahrhundert, ein höchst feinfühliges Werk. Der Künstler hat sich nicht viel um die Tradition gekümmert – wenn der Ort, an dem Maria und Josef Zuflucht fanden, so aussah, dann muss man sagen, dass die Ställe in Galiläa gut ausgestattet waren, denn Maria liegt (ein weiterer Verstoß gegen die übliche Darstellung, die sie sitzend zeigt) auf einem prächtigen Bett, während Josef in gotischer Pose schläfrig zuschaut. Die zwischen zwei Engeln hervorlugenden Köpfe des Ochsen und des Esels sehen eher wie Jagdtrophäen aus denn wie andächtige Zuschauer. Man könnte meinen, der Reisende mache sich einen Spaß, aber das ist seine Art, über ernste Dinge zu sprechen – diese Arbeit ist schlichtweg ein Meisterwerk.
Nach Ferrel fährt der Reisende aus einem einzigen Grund: Hier soll oder sollte ein Atomkraftwerk gebaut werden. Er hat sich nicht erkundigt, ob die Bevölkerung dafür oder dagegen ist, er will lediglich einen Ort sehen, der den Umweltschützern so am Herzen liegt und Gegenstand etlicher politischer Protestaktionen war. Die Umweltschützer haben viele gute Argumente, die Demonstranten vermutlich auch, dennoch fragt sich der Reisende, ob es dann, wenn unsere bekannten Energiequellen versiegen, rationelle und wirtschaftlich günstige Möglichkeiten geben wird, die sauberen alternativen Energiequellen (Sonne, Wind, Meer) zu nutzen. Der Mensch hat immer seine Umwelt vergiftet, ist immer ein schmutziges Tier gewesen. Welche Kulturrevolution muss stattfinden, damit er auf der Evolutionsleiter höhersteigt und zum sauberen Tier wird?
Da der Reisende in Ferrel keine Fragen stellt, erwartet er auch keine Antworten. Es sei denn, die Szene, von der er nun berichtet, könnte annähernd als eine solche gelten. Als er gerade seine Generalstabskarte konsultiert, eine mit so vielen Details, dass es einem vor Augen schwindlig wird, nähern sich drei schwatzende Jungen. Sie kommen aus der Schule, das sieht man an ihren Ranzen und ihren zufriedenen Gesichtern. Sagt der eine: »Seht mal, eine Karte.« »Ist die aber groß«, sagt der zweite. Und der dritte, für den Karten etwas anderes bedeuten, fragt: »Ist das wirklich eine Karte?« Der Reisende freut sich, eine so große Karte zu haben, dass ihretwegen drei Schuljungen stehen bleiben. Und antwortet: »Ja, aber nicht so eine, wie ihr sie in der Schule benutzt. Das hier ist eine vom Militär.« Die Jungen sind erschlagen. Der Reisende, bemüht, freundlich zu sein, spricht weiter: »Wollt ihr mal sehen, wo eure Stadt ist? Hier. Seht ihr es? Ferrel.« Ein Junge beugt sich vor und entziffert feierlich: »Fer-rel.« Und der Reisende, auf den Kinder nie besonders angesprochen haben, nutzt die Gelegenheit: »Hier ist alles drauf, hier ist Atouguia da Baleia, hier Peniche und an dieser Spitze Baleal. Die roten Linien sind die Straßen.« Worauf der Junge, der bezweifelt hat, dass das hier eine richtige Karte sei, das Gespräch beendet: »Da fehlt aber die Straße von Baleal nach Peniche.« Und nachdem die Jungen sich höflich verabschiedet haben, gehen sie nach Hause zum Mittagessen. Der Reisende blickt verärgert auf seine gepriesene Landkarte. Die Straße ist wirklich nicht drauf. Als die Kartographen die Karte zeichneten, gab es noch keine Straße von Baleal nach Peniche. Aber es muss eine Straße nach Peniche geben.
Der Reisende nimmt die Straße, die es inzwischen gibt, folgt der weiten Nordkurve, lässt das Kap Carvoeiro vorläufig rechts liegen und fährt gen Süden hinunter nach Peniche. Dort angekommen, erkundigt er sich nach dem Fahrplan der Boote zu den Berlenga-Inseln. Der Reisende hat schon mehrfach bewiesen, dass er naiv ist, also wundere man sich nicht über diesen weiteren Beweis. Dachte er doch, man könne zu den entlegenen Inseln fahren, so wie man einen Bus oder einen Zug nimmt. Kann man aber nicht. Regelmäßige Verbindungen gibt es ab Juni, und heute ein Fischerboot mieten, das ihn dahin bringt, das geht nur aus dringendem Grund und für viel Geld, gemessen an seinem Portemonnaie. Der Reisende steht wie die personifizierte Trostlosigkeit am Kai, als könnte niemand ihn so bald aus seiner tiefen Kränkung lösen, da aber der Körper bekanntermaßen seine eigenen Reaktionen hat, findet der Kummer seinen Ausgleich in plötzlichem heftigem Hunger. Wenn es keinen Ausweg gibt, ist der Reisende aus uralten atavistischen Gründen Fatalist – was nicht zu ändern ist, ist eben so. Zu den Berlenga-Inseln fahren ist nicht möglich, also geht er Mittag essen.
Das Leben nimmt mit der rechten Hand und gibt mit der linken oder umgekehrt. Der Reisende bekommt die Berlenga- Inseln auf dem Teller serviert, die Inseln und das ganze Meer drum herum, das tiefe blaue Wasser, die klingenden Grotten, die Festung São João Batista, die Rundfahrt im Ruderboot. Das alles passt in eine Scheibe Barsch? Ja, und es bleibt noch Fisch übrig. Durch das Fenster sieht er das Meer, das glitzernde Licht, das über die Wellen tanzt, verspürt noch einen Hauch Bedauern, dass er sie in diesem Augenblick nicht durchpflügen kann, dann wendet er sich nahezu selig wieder dem von Neptuns Tisch geraubten Manna zu, Neptun, der inzwischen verärgert die Nixen und Tritonen fragt, wer den ihm zum Mittagessen bestimmten Fisch verspeist hat. Hoffentlich schickt der Meeresgott in seinem Zorn kein Unwetter. Eine große Gruppe Engländer ist gerade ins Restaurant Gaivota hereingekommen. Fast alle bestellen Steak. Diese Angelsachsen sind doch Barbaren.
Heute ist Markttag in Peniche. Auf dieser Straßenseite stehen große, fast schwebende, mit Planen abgedeckte Stände, die Tagesdecken, Vorhänge und Bettwäsche verkaufen, sie sehen wie regelrechte mittelalterliche Turnierpavillons aus, es fehlt nur, dass Ritter auf dem Platz erscheinen, um die Ehre der Damen zu verteidigen, bevor sie wieder Mauren und Kastiliern die Rippen brechen. Drüben liegt die Festung von Peniche, vormals ein Gefängnis, heute stehen ihre Tore offen. Der Reisende betrachtet die dicken Mauern, denkt nicht mehr an Amadis und Oriana und gibt sich anderen Überlegungen hin, zum Beispiel der Frage, wohin die Häftlinge von hier geflohen sein mögen. Der Hafen Ribeira ist ein Wald von Schiffsmasten, ein Gewimmel von leuchtend bunten Bootsrümpfen, die Sonne funkelt überall, als steckte sie in den Dingen und kämpfte, um herauszukommen. Wie ein Mensch, der in sich einen Menschen hat, seine eigene Sonne. Der Reisende beschließt nun, zum Cabo Carvoeiro zu fahren, die einzige Möglichkeit, in die Nähe der Berlenga-Inseln zu kommen, sie wenigstens von weitem zu sehen. Ein undankbarer Mensch, der Reisende – eben noch fand er sich durch den Barsch auf seinem Teller entschädigt, schon träumt er wieder von den Inseln. Er sollte sich mit diesen Bootsnamen – Nau dos Corvos, Passos de Leonor und Laie de Frei Rodrigues – zufriedengeben und glücklich sein, denn dazu hat er Grund genug.
Es ist Zeit, sich die Kunst anzusehen, nicht die des Fischfangs, sondern die Malerei und andere bildende Künste. Die Kirche São Pedro mit ihren Ergänzungen aus dem 18. Jahrhundert begeistert den Reisenden nicht, und in der Kirche Misericórdia, wegen ihrer Kassettendecke berühmt, sind die Handwerker. Die Kassetten wurden ausgebaut und in Sicherheit gebracht, der Reisende sieht nur Gerüste, angestrengte Maurer, eine Betonmischmaschine dreht sich, da kann man nichts machen. Zum Glück gibt es noch die Kirche Nossa Senhora da Conceição als Entschädigung für die vorherigen Enttäuschungen und nun auch diese. Die Decke ist herrlich mit Blumen, Engeln und Voluten in warmen Farben bemalt, die sehr gut zu den blauweißen Azulejos der Wandpaneele mit Szenen aus Marias Leben passen. Diese kleine, unprätentiöse Kirche ist wie das Innere eines kostbaren klösterlichen Reliquienschreins – man kann sich unschwer vorstellen, dass der Gläubige hier mühelos Bewohner anderer Sphären trifft und mit ihnen kommuniziert.
Der Reisende beendet den Nachmittag an der Lagune von Óbidos mit einem Nickerchen, in dem er träumt, dass er, eskortiert von schwimmenden Engeln, im Kielwasser eines Barschs unterwegs zu den Berlenga-Inseln ist, während von der Festung in Peniche große Schwärme weißer Tauben auffliegen.