Es war verrückt. Herrlich, süß, freudenvoll verrückt. Über die Konsequenzen würde er morgen nachdenken. Jetzt wollte er sich einfach in ihrem Liebreiz verlieren.

Er hatte das Gefühl, dass es Prudence genauso ging. Er spürte ihren wilden Herzschlag, roch den Nelkenduft ihrer Leidenschaft. Sie gehörte ihm. Er brauchte jetzt nur noch nach vom zu rutschen, sie auf den Schoß zu ziehen und ...

Etwas stupste ihn am Bein. Tristan sah nach unten und entdeckte den zusammengerollten Mantel an seiner Hüfte.

Sie stöhnte und zerrte an ihm.

Voll unglaublicher Selbstbeherrschung brachte Tristan etwas Abstand zwischen sich und die Trennungslinie. „Ich kann nicht, meine Süße. Ich kann die Linie nicht überschreiten. Außer du lädst mich ein ...“ Er wartete, betete darum, dass sie nachgeben würde, hoffte, dass sie ihm erlaubte ...

„Nein.“ Sie beugte sich zu ihm herüber, fuhr ihm mit den Fingern ins Haar und zog ihn zu sich, bis seine Lippen auf den ihren ruhten. Er hob die Wimpern, und sie blickten sich in die Augen. Sie hauchte an seinen Lippen: „Nimm mich.“

Er zitterte vor Sehnsucht danach, in sie einzudringen, sich in ihr zu versenken, sie immer wieder zu nehmen. Doch jedes Mal, wenn er sich in ihre Richtung bewegte, hielt ihn der Mantel auf. Erinnerte ihn an ihr Spiel. Wenn sie zu stolz war, zu verlieren, nun, dann war er eben zu störrisch.

Er legte die Hände auf ihre Arme und schob sie von sich. „Ich gebe nicht auf!“

Ein träges Lächeln spielte um ihre Lippen, und sie lehnte sich in die Polster zurück. Gegen den roten Samt sah ihre Haut milchweiß aus, und ihre Brüste forderten zur Berührung auf. Sie reckte die Arme über den Kopf und zuckte mit den Schultern. „Dann eben nicht.“

Tristan war klar, dass sie ihn absichtlich provozierte. Was ihr ziemlich gut gelang. Als könnte sie seine Gedanken lesen, umfasste sie eine Brust mit der Hand, mit gesenktem Blick und einladend gespitzten Lippen.

Gott, sie war so köstlich. Lang würde er das nicht mehr durchhalten. Nun waren extreme Maßnahmen gefragt. Erneut streckte er den Arm über die Schlachtlinie und legte ihr die Hand aufs Knie.

Sie hob die Lider. Ihre Augen waren von so einem warmen Braun. Er beugte sich über den Mantel und küsste sie auf die Wange, den Mundwinkel, den Hals ... Bei jedem Kuss ließ er seine Hand höher wandern. Als seine Lippen ihre Schultern fanden, lag seine Hand bereits auf ihrem Oberschenkel. Leicht strich er mit den Fingern über ihre Haut, ließ sie immer weiter nach oben gleiten ... Schließlich fuhr er an dem lockigen Dreieck entlang, das ihn so maßlos anzog.

Im selben Moment, da er ihre Brustspitze in den Mund nahm, fand sein Finger ihre geheimste Stelle. Prudence keuchte auf und drückte den Rücken durch, um ihm leichteren Zugang zu gewähren.

„Sag es“, murmelte Tristan, während sie sich auf den Polstern wand. „Sag, dass ich zu dir herüberkommen soll.“ „Nein“, keuchte sie. „Ich ... o Gott!“

„Sag es“, stieß er hervor. Er tauchte den Finger tief in ihre Nässe, krümmte ihn dabei genau richtig. „Sag, dass ich die Linie überqueren soll.“

„Nein“, wiederholte sie und schüttelte vehement den Kopf.

Verdammt, war diese Frau eisern. Außerdem war sie faszinierend und erotisch, und er sehnte sich verzweifelt danach, sie zu kosten. Er konnte sich nicht entsinnen, jemals eine Frau so begehrt zu haben. Sich jemals so angestrengt zu haben, um eine Frau für sich zu gewinnen. Aber Prudence hatte etwas an sich, was ... anders war. Sie übertraf die anderen Frauen - an Fürsorglichkeit, an Ehrlichkeit, an Sinnlichkeit.

Sie stöhnte, als er die Finger in ihr bewegte. Fest packte sie sein Handgelenk und rieb sich daran. Er spürte ihre Feuchtigkeit, ihre Bereitschaft, und bald hielte ihn nichts mehr ... „Prudence, lass mich ...“

„Nein“, keuchte sie atemlos. Ihre Begierde wuchs, doch sein Finger reizte zwar, konnte sie aber nicht befriedigen. „Tristan, ich will ..." Sie biss sich auf die Lippen und warf den Kopf hin und her.

Er beugte sich vor und wisperte ihr ins Ohr: „Ich könnte schon, meine Liebste. Aber erst musst du mich darum bitten. Du musst mich bitten, die Linie zu überqueren, dann bleibt dir nichts mehr zu wollen übrig.“

Sein ganzer Körper war angespannt von der Anstrengung, die es ihn kostete, sich zu beherrschen. Er begehrte sie. Sehr. Doch er wollte nicht derjenige sein, der schließlich nachgab. Daher verdoppelte er seine Anstrengungen, erkundete nun mit dem Daumen ihre empfindlichste Stelle.

Sie reckte sich ihm entgegen, immer heißer, immer drängender. „Tristan!“ Es war ein Schrei, ein Flehen.

„Verdammt, Prudence“, knurrte er. „Ich kann nicht...“ Er versuchte sich von ihr zurückzuziehen, doch sie hielt immer noch sein Handgelenk fest.

Verdammt. Sie konnte weder aufhören noch ihren Stolz hinter sich lassen, und er konnte es auch nicht. Was, zum Teufel, hatte er sich nur dabei gedacht, ein so albernes Spiel anzufangen?

Prudence legte die Hände an sein Gesicht und zog ihn an sich. „Tristan, beweg dich mit mir.“

„Was?“

„Beweg dich mit mir. Wir überqueren die Linie zur selben Zeit. Wir lieben uns auf der Linie.“

Er sah sie nur an. Dann brach ganz langsam ein Lächeln durch seinen lustvernebelten Verstand. „Wir können beide gewinnen“, hörte er sich laut sagen. Er musste lachen.

Seine Prudence war doch wirklich eine praktisch veranlagte Frau, selbst in der Hitze der Leidenschaft. In einer einzigen geschmeidigen Bewegung umfasste er ihren Po mit beiden Händen und schob sie unter sich, während er im selben Augenblick über sie stieg. Sie half mit, spreizte die Beine, um ihn willkommen zu heißen, die Füße auf der Sitzbank gegenüber abgestützt.

Der Mantel lag direkt unter ihrem Rücken. „Stört dich das Ding ... “ Er kam nicht weiter. Mit seligem Lächeln schlang Prudence die Beine um seine Taille und nahm ihn in sich auf.

Tristan vergaß alle Vernunft. Er konnte nur noch fühlen. Er spürte ihre Hitze, ihre Enge, spürte, wie sie ihn feucht und warm umschloss. Und so war er entrückt, bezaubert, besiegt ... und das von einer Frau, die ihm nicht einmal bis zur Schulter reichte.

Sie wand sich ein bisschen. Ihr Atem ging ebenso stoßweise wie der seine. „Tristan“, stieß sie zwischen keuchenden Atemstößen hervor, „mehr.“

Mehr. Was für ein mächtiges Wort. Und wenn sie mehr haben wollte, nun, dann sollte sie es auch bekommen. Entgegenkommend begann Tristan sich zu bewegen, drängte tiefer in sie, verstärkte den Druck, beschleunigte den Rhythmus.

Die Empfindungen steigerten sich um ein Vielfaches. Die Kutsche tat mit ihrem Schwanken das Ihrige, um das Liebesspiel zu beschleunigen. Tristan drehte sich ein wenig, damit er noch besser Zugang zu Prudence fand, schlug sich jedoch das verletzte Bein an der Sitzbank.

Er zuckte zusammen und stieß einen Schmerzenslaut aus.

„Was ist?“, fragte Prudence.

„Mein Bein“, stöhnte er. „Diese verdammte Kutsche.“

Sie sah ihm in die Augen. Um ihre üppigen Lippen spielte ein freches Lächeln. „Tristan, lass mich nach oben.“

Einen Augenblick lang konnte er nur in ihre warmen braunen Augen sehen. „Also schön, meine Süße. Halt dich fest.“ Sie legte ihm die Arme fest um den Hals. Tristan umfasste ihre Taille, und dann rollte er sich mit ihr zur Seite.

Ihr Aufkeuchen erfüllte die Kutsche, und einen Augenblick hielt sie vollkommen still, als sie das Gefühl auskostete, ihn tief in sich zu spüren. Tristan packte ihre Hüften und half ihr, den Rhythmus zu finden, erst vor, dann zurück. Bald aber gab Prudence das Tempo vor, links und rechts auf seine Schultern gestützt, während ihr Haar über seine Brust peitschte. Die Erregung stieg ins Grenzenlose. Tristan musste sich sehr beherrschen, um nicht die Kontrolle zu verlieren, aber er tat es. Und wurde dafür reichlich belohnt, als sie sich plötzlich versteifte, seinen Namen hinauskeuchte und auf ihn herniedersank.

Endlich! Tristan drückte Prudence an sich und hielt sie fest, während auch er seiner Erregung freien Lauf ließ und mit ihr zusammen den Gipfel überschritt.

Kurz darauf, er hielt sie immer noch in den Armen, ihre Herzen donnerten immer noch laut, stemmte Prudence sich von ihm hoch. Sie trug ihn noch immer in sich, und er stöhnte.

Sie hielt inne und schob sich die Haare aus dem Gesicht. Besorgt sah sie ihn an. „Bist du ... hat das wehgetan?“

Er lachte, zog sie wieder zu sich herab und kehrte dann mit ihr in den Armen zu seinem Platz zurück. „Nein, meine Süße.“ Er zog den Mantel unter ihnen hervor und breitete ihn über ihr aus. „Das hat überhaupt nicht wehgetan. Tatsächlich hat es sich ...“, er küsste sie auf die Nase, „... herrlich angefühlt und ...“, er küsste sie auf die Wange, „... absolut wunderbar.“

Das zauberte ein schüchternes Lächeln auf ihre Lippen, und ihre Augen funkelten sanft. „Ich glaube, ich habe ein kleines Problem.“

Er wickelte sich eine ihrer Locken um den Finger. Anscheinend konnte er gar nicht aufhören, sie zu berühren, zu streicheln, zu erkunden. „Was für ein Problem denn?“

„Ich glaube, mir könnte das hier zu sehr gefallen.“

Er lachte. „Bei ,dem hier“ gibt es kein zu sehr.“

„Nein?“

„Nein. Das ist ja das Schöne daran: Es gibt kaum Grenzen.“

„Hmmm.“ Sie fuhr an seinem Kinn entlang. „Wir haben den Krieg wohl beide nicht gewonnen.“

Er lächelte träge, vorerst gesättigt und wunderbar zufrieden. „Wir haben beide gewonnen, meine Süße. Wir haben beide gewonnen.“

Prudence legte die Wange an seine Schulter. Hatten sie wirklich beide gewonnen? Sie bereute nicht, ihn noch einmal geliebt zu haben - es war unumgänglich gewesen. Das wusste sie mit jedem Schlag ihres Herzens. Dies hatte geschehen müssen. Unsicher war sie sich jetzt allerdings, wie es weitergehen sollte. Bei diesem Gedanken verlor sich ihr Strahlen ein wenig. „Wir sollten uns anziehen.“

Er seufzte. „Muss das sein?“

„Ja. Sosehr ich Stevens auch mag, wenn er zur Kutsche herauskäme und mich so anträfe, könnte ich ihm wohl nie mehr in die Augen sehen. “

„Das wäre in der Tat ein Problem. Also schön, meine Süße. Dann ziehen wir uns eben an.“

Sie sammelten ihre Kleider ein und legten sie an, wobei Tristan die Angelegenheit beträchtlich in die Länge zog, indem er sie leidenschaftlich küsste, während sie versuchte, die Seidenstrümpfe überzustreifen.

Die Wahrheit dämmerte ihr, als sie sich das Kleid zurechtrückte und glatt strich - so klar wie der Klang einer Kirchenglocke: Sie liebte ihn.

Bei dem Gedanken verlor sie plötzlich alle Kraft in den Beinen und musste sich setzen. Unmöglich. Vielleicht war es nur ein letzter Funken Wärme nach ihrer leidenschaftlichen Umarmung. Oder eine Reaktion darauf, nach so langer Zeit endlich wieder berührt worden zu sein. Mehr konnte es doch sicher nicht bedeuten.

Doch es war die Wahrheit. Sie, Prudence Thistlewaite, liebte Tristan Llevanth, den gefährlich ungehobelten Earl of Rochester.

Sie legte die Hand vor den Mund, hauptsächlich um ihre zitternden Lippen zu beruhigen. Irgendwo musste da irgendwem ein Fehler unterlaufen sein. Irgendein Fehlschluss. Ein ... Irrtum.

„Fertig“, sagte Tristan, als er sich das Krawattentuch umgelegt hatte, allerdings nur einfach geknotet. „So ist es viel besser. Jetzt können wir unsere Würde bewahren, wenn Stevens den Schlag öffnet.“

Prudence rang sich ein schwaches Lächeln ab. „Das ist auch sehr wichtig.“

„Die Würde zu bewahren? Manchmal ja.“ Er lächelte strahlend. „Manchmal kann es aber auch ganz schön lästig sein.“ Ohne Vorwarnung streckte er die Arme aus und zog Prudence wieder auf seinen Schoß.

„Was machst du da?“

„Ich halte mich warm.“ Er breitete den Mantel über ihnen beiden aus und lehnte sich in die Ecke zurück.

Sicher umhüllt, legte Prudence die Wange an seine Brust. Sobald die Treuhänder ihr Einverständnis erklärten, würde er sicher nach London gehen, und dort würden es sich die Damen des ton sofort zur Aufgabe machen, ihm eine Frau aus seiner eigenen Klasse zu besorgen.

Und diese Frau wäre gewiss nicht sie. Nie wieder wollte sie in die herzzerreißende Leere zurückkehren, die London für sie inzwischen bedeutete. Nie wieder wollte sie in die Eingangshallen der großen Stadthäuser treten und das Geflüster hören, das grausame spöttische Gelächter oder, schlimmer noch, die überlegenen Blicke der Gleichgültigen spüren.

Tristan schob ihr eine Locke aus dem Gesicht. „Ich habe gewusst, dass du eine leidenschaftliche Frau bist. Aber vor heute Nacht wusste ich gar nicht richtig, was Leidenschaft bedeuten kann.“

Prudence versuchte zu lächeln und kuschelte sich fester an ihn. „Es war wunderbar.“

Und das war es auch gewesen. Und würde es noch sein. Bis die Wirklichkeit wieder in ihr Leben einbrach. Daran wollte sie fürs Erste jedoch nicht denken.

Sie lauschte auf seinen steten Herzschlag, die Wange an das frische Leinenhemd gebettet. Sein Atem wurde langsamer, sein Körper entspannte sich, und sie fragte sich, ob er eingeschlafen war.

Sie hätte nie gedacht, dass sie sich noch einmal verlieben könnte, nicht nach Phillip. Doch sie hatte sich getäuscht.

Tristan bewegte sich ein wenig. Sein Arm schloss sich fester um Prudence, als wollte er sie noch enger an sich ziehen. Die Wärme seiner Umarmung beruhigte sie.

Prudence regte sich nicht. Sie blinzelte die Tränen zurück, noch während sie sich an ihn schmiegte. Bald würden die Treuhänder kommen, und sobald sie ihm das Vermögen zusprachen, gäbe es keinen Grund mehr für sie, weiter bei ihm zu sein. Sie würde gehen müssen, und zwar bald.

Bis dahin wollte sie ganz für den Augenblick leben, ihn auskosten, so gut sie konnte, und ihn dann hinter sich lassen. Genauso würde sie ihn gehen lassen müssen. Genau wie sie Phillip hatte gehen lassen müssen ...

Die Kutsche schwankte abrupt und warf beide gegen die Tür. Tristans Arme fassten sie fester, und er federte den Aufprall größtenteils mit der Schulter ab.

„Was treibt dieser verflixte Kutscher da?“, knurrte Tristan, als sie wild auf die andere Seite flogen.

Wieder tat die Kutsche einen Satz, heftiger noch als beim ersten Mal. Tristan wurde nach vorn geschleudert. Mit einem Arm hielt er Prudence fest, mit dem anderen fing er sein Gewicht ab. Sein schlimmes Bein schlug gegen die Sitzkante. Er stieß einen Schmerzenslaut aus.

Nun schaukelte der Wagen von einer Seite zur anderen, als ob ihnen die Höllenhunde auf den Fersen wären, und die Kutschenlampe schwang flackernd am Deckenhaken.

Ein Schuss peitschte durch die Nacht und hallte in der tiefen Stille noch lange nach.

Tristan sah nach draußen und fluchte. „Verdammt! Straßenräuber! “ Er drückte Prudence auf den Boden und griff nach einem Kasten hinter ihr, in dem zwei Pistolen lagen. Mit kaltem Lächeln holte er sie heraus. „Keine Angst, meine Liebste. Diese Straßenräuber werden den morgigen Tag nicht erleben. “