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Coming-out

Plymouth, New Hampshire ∙ September 1987

Er betrachtete sie, wie sie im Bett las.

Die Nacht war für die Jahreszeit zu mild, so dass sie das Schlafzimmerfenster geöffnet und die Bettdecke aufgeschlagen hatte und nun in dem grünen Seidennachthemd, das er ihr zum Geburtstag geschenkt hatte, auf dem Bettlaken lag. Das Nachthemd war vorne tief ausgeschnitten und fiel an den dünnen Trägern tief über den Rücken. Es war glatt und weich. Seiner Frau gefielen hübsche Dinge und ihm gefiel es, sie ihr zu schenken. Ihr Körper war nach der Geburt des Babys rasch wieder ziemlich ansehnlich geworden, obwohl sie nichts dafür getan hatte. Manche Frauen waren so veranlagt, vermutete sie. Sie hatten Glück.

Sie hatte Glück.

Und ob sie Glück hatte.

Ihre Nippel waren vom Saugen des Babys geschwollen und ihre Farbe war von einem blassen zu einem sehr viel dunkleren Braun gewechselt, aber das und der Umstand, dass ihr ganzer Körper irgendwie weicher und üppiger geworden war, waren das Einzige, was sich an ihr verändert hatte. Sie war immer noch die Frau, die jeder Mann begehrte und jede andere Frau zur Freundin haben wollte.

Diese neue Sanftheit machte sie für ihn umso anziehender. Er wollte sie jetzt fast ständig berühren und festhalten.

Er duschte lange und ausgiebig. Das Wasser war so heiß, dass er es gerade noch aushalten konnte.

Er rasierte sich zum zweiten Mal an diesem Tag und sah sich in dem beschlagenen Spiegel über die Schulter nach ihr um.

Sein Schwanz unter den Boxershorts war jetzt schon steif.

Was er sich früher woanders geholt hatte, wollte er neuerdings mehr und mehr zu Hause.

Schon irgendwie komisch.

Vielleicht hatte er zu viele Meilen mit dem Wagen heruntergerissen und war über zu viele Straßen an zu viele Orte gefahren. Auf »Geschäftsreisen«, um »Vorräte und Gerätschaften« für das Restaurant zu besorgen oder um mit »potenziellen Geschäftspartnern« zu sprechen, die dann doch nie auftauchten, um in sein Geschäft zu investieren. Er war froh, dass sie nicht viele Fragen stellte.

Aber vielleicht hatte er diese Ausflüge allmählich satt.

Oder es lag an dem Baby. Seinem Baby. Dem Braten, den er ihr in die Röhre geschoben hatte, dieses Ding, das dort gewachsen war und nun die ganze Aufmerksamkeit seiner Frau beanspruchte. Diese Aufmerksamkeit erregte ihn. Es war eine Herausforderung, sie zurückzugewinnen.

Oder es lag an der Sanftheit ihrer Haut.

Was auch immer. Es war Zeit, es ihr zu zeigen.

Nur ein bisschen.

Er war sehr geduldig gewesen. Erstaunlicherweise.

Doch jetzt war sie so weit. Sie würde sich ihm nicht widersetzen.

Das Baby, Robert, machte sie glücklich. Wenigstens behauptete sie das. Und er hatte keinen Grund, ihr nicht zu glauben. Auch wenn es schwer nachzuvollziehen war. Ihm kam es so vor, als würde Robert nur fordern. Er schrie. Er wollte frische Windeln oder gestillt oder auf den Arm genommen werden. Und was er wollte, bekam er auch.

Wenigstens das konnte er verstehen.

Das Problem war nur, dass sie mit dem Baby glücklich war und infolgedessen, so folgerte er, auch glücklich mit ihm. Mit dem Leben überhaupt. Was bedeutete, dass es an der Zeit war, es ihr zu zeigen.

Nur ein bisschen.

Er spritzte sich Wasser ins Gesicht, trocknete sich ab und betrachtete seinen Oberkörper prüfend im Spiegel. Kleine Pölsterchen an den Hüften. Halb so wild, der Rest seines Körpers war immer noch fest, jung und stark.

Er ging zum Bett hinüber und baute sich vor ihr auf.

»Was liest du da?«

»Einen Roman.« Sie hielt ihm den Umschlag hin und er tat so, als würde er sich dafür interessieren. Es war ein Roman mit dem Titel Hero Jesse von Laurence Millman. Er hasste Romane.

»Es geht um einen zurückgeblieben Jungen«, erklärte sie. »Vielleicht ist er aber auch geistesgestört. Das weiß ich noch nicht so richtig, aber er romantisiert den Vietnamkrieg, weil sein Bruder da drüben ist und …«

»Ist es gut?«

»Ja. Sehr.«

Er setzte sich neben sie aufs Bett und legte eine Hand auf ihre Hüfte. Er lächelte.

»Okay. Wie gut?«

Sie lächelte zurück, flirtete mit ihm. Sie wusste, worauf er aus war.

Oder glaubte es zumindest.

»Hab ich doch gesagt. Sehr gut.«

Sie wandte sich wieder dem Buch zu, doch jetzt tat sie ebenfalls nur so als ob.

Er bewegte seine Hand an ihrer Hüfte abwärts, über die Seide hinweg zum weichen, festen Fleisch ihres Schenkels. Er drückte sie sanft. Sie blickte immer noch lächelnd zu ihm auf und sah nach dem Baby auf der anderen Seite des Zimmers, das ohne einen Laut in seinem Gitterbettchen schlief. Dann legte sie ein Lesezeichen ein und klappte das Buch zu.

»Okay, und jetzt?«, flüsterte sie.

»Was?«

»Ja, was?«

»Das.«

Seine Hand bewegte sich über ihren Oberschenkel hoch zu ihrem Hintern und umfasste eine der Hinterbacken. Er zog sie zu sich und küsste sie, roch ihr leichtes Parfüm und sein frisch aufgetragenes Rasierwasser. Sie legte das Buch weg und schlang ihre Arme um seinen Hals, so dass er ihre schon harten Nippel durch die reine, jadefarbene Seide spüren konnte. Er streifte die Träger über ihre Schultern und fing an, sie zu berühren, fuhr über die Nippel von einer Seite zur anderen, rauf und runter. Sie schloss die Augen und stöhnte – und er dachte an das, was er als Nächstes tun wollte.

Er legte sie wieder auf die kühlen, weißen Baumwolllaken, zog ihr das Nachthemd aus und warf es neben sie, dann spreizte er ihr die Beine und glitt mit dem Mund über ihren Bauch nach unten, bis seine Zunge in ihr war, schmeckte und roch, wie sauber sie dort doch immer war. Dann leckte er kreisförmig über ihre Klitoris, während seine Hände aufwärts über ihre Schenkel und ihren Bauch zu den Brüsten wanderten, wo seine Finger auf den aufgerichteten, angeschwollenen Brustwarzen die Bewegungen seiner Zunge wiederholten.

Er hörte sie seufzen und stöhnen und blickte auf ihren bleichen Körper, der jetzt vor Schweiß glänzte, während seine Zunge und Finger sie weiter bearbeiteten. Sah, wie sie immer wieder den Kopf vor und zurück warf, wie sie mit weit ausgestreckten Armen die Fäuste ballte.

»Komm in mir«, flüsterte sie.

Er schüttelte den Kopf. Nein.

Er saugte und leckte sie und knetete ihre Nippel, streichelte leicht ihre flachen, großen Brustwarzen.

Er spürte, wie sie sich aufbäumte und ihr Körper erschauerte. Im nächsten Moment warf sie sich wild herum. Es war nicht leicht, mit ihr mitzuhalten, wenn sie so kurz davor war zu kommen. Aber er schaffte es, bis der Ausbruch vorbei war und er wusste, dass seine Hände und seine Zunge auf ihrem Körper jetzt wie Glasscherben waren, die Sie malträtierten wie Fingernägel auf der Tafel ihres Körpers, quietschend auf ihrem aufgereizten Nervensystem. Er rollte sich von ihr und wischte sich über sein feuchtes Kinn.

»Jetzt bist du dran.«

Ja.

Er drang bis zum Anschlag in sie ein, und sie stöhnte wieder auf. Er wusste, dass sie jetzt einen süßen Schmerz empfand. Jeder Stoß bereitete ihr zugleich Schmerz und Vergnügen.

Er zog sich aus ihr zurück.

Sie riss die Augen auf und wirkte beinahe entsetzt.

»Dreh dich um«, sagte er.

Sie sah ihn verwirrt an, tat aber, was er von ihr verlangte.

Er zog sie auf alle viere hoch. Er wusste, dass sie der Meinung war, sie würden diese Stellung so selten praktizieren, weil sie den Winkel, in dem er in dieser Position in ihr war, nicht annähernd so sehr genoss wie von vorne. Doch jetzt ging es allein um sein Vergnügen, und das würde sie ihm nicht verderben.

»Drücken«, sagte er.

»Was?«

»Du weißt schon. Wie beim Scheißen. Du musst drücken.«

Nun ging ihr ein Licht auf.

Sie hatten das erst einmal gemacht und sie hatte es gehasst.

»Arthur …«

Sie sah ihn jetzt beunruhigt über ihre Schulter hinweg an.

»Nur jetzt. Nur dieses eine Mal.«

»Nein, ich …«

»Mach schon.«

»Muss das sein?«

Ihr Widerwillen und ihr Tonfall ließen ihn noch steifer und größer werden.

»Ja. Aber ich bin jetzt trocken. Heb mal den Arsch ein bisschen.«

Sie hob den Hintern und er drang in ihre Vagina ein, stieß zu, stieß noch einmal zu, zog ihn heraus und drückte ihren Körper nach unten.

Dann drang er langsam in ihren Arsch ein, weitete sie nach und nach. Sie keuchte. Es tat weh. Das wusste er, obwohl sie kein Wort sagte. Er tastete nach ihren weichen, schaukelnden Brüsten und knetete sie, drückte sie gegen ihren Brustkorb und kniff ihr in die Nippel, die immer noch so empfindlich waren, dass ihr auch das wehtun musste. Doch sie sagte noch immer nichts, stöhnte bloß und keuchte, machte ah, ah, ah, als er sich schneller bewegte und sich dabei fühlte, als würde er etwas Warmes, Weiches, ihm völlig Ergebenes ficken. Etwas, das ihm gehörte und das alles tun würde, was er verlangte und noch mehr.

Er kam und rammte ihn tief in sie hinein und behielt ihn einen Augenblick lang dort, bevor er über ihr auf dem Bett zusammensackte. Und noch immer lag sie bloß da und atmete schwer unter ihm.

Er zog ihn heraus, ging ins Bad und blieb vor dem Waschbecken stehen.

An seinem Penis klebten Blut und Scheiße.

Rote Schlieren.

Safer Sex, dachte er.

Sex mit der eigenen Frau. Von der man ein Kind hatte.

Gar nicht mal so übel. Ganz und gar nicht.

Er wusch sie von sich ab.

Verflucht, dachte er, das ist ja schon mal ein Anfang.