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Verdammt, verdammt, verdammt … Wie konnte er nur so unvorsichtig sein. Ich bin in Dänemark, hatte er in der SMS geschrieben, die er mit Kathrines Handy gesendet hatte, um Zeit zu gewinnen. In Dänemark. Sie würden sehen, dass diese Nachricht von seiner Adresse verschickt worden war. Und wenig später, dass ein Anruf der Tochter nicht angenommen worden war. Sie würden herauskriegen, was geschehen war. Das war ein Kinderspiel.
»Denk nach«, sagte er laut zu sich selbst und ging rastlos auf und ab. »Passiert ist passiert, denk nach.«
Er tigerte durch die Wohnung. Spielt keine Rolle, was sie wissen, redete er sich ein, interessant ist nur, was sie beweisen können. Sie hatten keine Leiche, das war seine Rettung. Solange sie Kathrines Leiche nicht entdeckt hatten, konnten sie nicht beweisen, dass sie tot war.
So dumm, unbedacht und schlecht geplant. Er war unvorsichtig geworden. Er war ein verdammter, eingebildeter Affe.
Das nächste Mal würden sie mit Hunden und der Spurensicherung, einem ganzen Bataillon anrücken. Waren noch Spuren von ihr in der Wohnung? Definitiv ihr Geruch. Die Hunde würden anschlagen. Konnten sie riechen, ob jemand gestorben war? Er traute sich nicht, im Internet zu recherchieren. Alles konnte gegen ihn verwendet werden. Von jetzt an musste er auf der Hut sein.
Er hatte verdammt viele Schachzüge vorausgedacht und jetzt scheiterte alles an einer einzigen, mickrigen Präposition.
In. Warum in aller Welt nicht: Auf dem Weg nach?
Aber selbst wenn sie die Zusammenhänge erkannten, brauchten sie mehr. Eine SMS war alles andere als ausreichend.
Mein Mandant soll die Mitteilung gefälscht und vom Handy der Verstorbenen verschickt haben? Und darin auf Dinge hinweisen, von denen er unmöglich etwas wissen kann? Mein Mandant ist sicher kein Dummkopf, aber so verschlagen …
Die Leiche. Alles hing davon ab, ob sie die Leiche fanden oder nicht. Davon unabhängig würden sie mit Hunden zurückkommen, sobald sie Kathrines Position mit der SMS, die sie geschickt hatte, abgeglichen hatten.
Erik hatte ihre Tasche durchsucht. Hatte er irgendwelche Fingerabdrücke hinterlassen? Nein, er hatte alles sorgfältig abgewischt. Und die Tasche konnten sie doch wohl kaum gefunden haben.
Wenn die Kriminaltechniker Spritzer im Bad fanden, konnte er sagen, dass sie seine Toilette benutzt habe. Wie ihr Blut dorthin geraten sei? Wie sollte er das wissen? Vielleicht hatte sie sich ja absichtlich geschnitten, um ihn verdächtig zu machen? Woher sollte er das wissen.
Nein, er würde so wenig wie möglich tun. Das war das Schlauste. Er wollte keine Antworten vorbereiten, sondern improvisieren. Eins nach dem anderen. Und dass er konsequent in seinen Aussagen war, war auch nicht erforderlich. Das Leben war schließlich auch widersprüchlich. Wer erinnerte sich schon daran, was er am Tag zuvor getan hatte?
Vor allen Dingen brauchte er Zeit für sich, um seinen Kopf von dem Kleister zu befreien, der ihn verklebte.
Er sah sich ein letztes Mal in seiner Wohnung um und ging runter zum Auto.
Er fuhr wieder nach Norden, an dem Container in der Drottninggatan vorbei. Er sah Bretter über den Rand herausragen. Er war randvoll. Gut. Dann würde er sicher bald abgeholt und zur Müllkippe gefahren werden. In dem Moment, in dem sich der Inhalt des Containers mit dem übrigen Müll vermischte, würde niemand mehr seine schwarzen Müllsäcke zurückverfolgen können. Sollte das ältere Paar, das ihn mit den vier Säcken gesehen hatte, doch sagen, was es wollte. Und wie wahrscheinlich war es überhaupt, dass jemand entdeckte, was in den Säcken lag? Auf der stinkenden Müllkippe würde der Leichengeruch nicht auffallen, selbst wenn die Säcke Löcher bekamen. Und früher oder später würden sie sowieso verbrannt werden.
Erik schaltete das Radio ein und drehte voll auf. Er sang laut und falsch mit und schlug auf dem Lenkrad den Takt. Als er auf den Kullaberg kam, dröhnte es in seinen Ohren. Er stellte sich an den Abgrund, atmete die salzhaltige Luft ein und lauschte dem Rauschen des Meeres zu seinen Füßen.
So würde es kommen. Wenn die geile Schlampe, die er aus reiner Menschenfreundlichkeit gefickt hatte, nicht lockerließ.
Er ging zum Auto zurück und holte seine Seile. Es war Zeit für eine Kletterpartie.