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Das Familienjournal war ein uralter Dinosaurier im Universum der digitalen Informationsflut, ein gemütlicher Riese, der sich von der Hektik der Trendsettermagazine nicht aus der Ruhe bringen ließ.
Vor dem Mittagessen hatten sie die Themen Schuljahresende, Mittsommer, Ferienbeilage und Sondernummer für die Eröffnung der Flusskrebssaison abgehandelt, exakt was sie sich vorgenommen hatten. Damit konnten sie auschecken und ein Taxi in die Redaktion nehmen.
»Das lief ja wie am Schnürchen«, fasste Sissela zusammen, die auf dem Beifahrersitz saß.
Trude stimmte zu.
»Und mit Olof und Sven war es auch richtig unterhaltsam«, meinte Sissela und drehte sich um. »Du hättest nicht so früh zu Bett gehen sollen, Anna.«
»Ich war müde.«
»Warum ist Erik eigentlich so früh ins Bett gegangen?«
»Vermutlich waren wir ihm zu alt«, meinte Trude.
Anna war nicht ganz sicher, ob sie sich über sie lustig machten. Ob sie im Korridor vor dem Zimmer gestanden und alles mit angehört hatten.
»Das ist die nüchterne, moralisierende Jugend von heute«, meinte Sissela. »A non-fucking generation.«
Sie legte dem Fahrer eine Hand auf die Schulter.
»Sie müssen entschuldigen. Wir waren auf einer Konferenz.«
»Ich bin das gewohnt. Was meinen Sie, was ich hier alles zu hören kriege«, erwiderte er.
Anna betrachtete die Landschaft. Alles war ruhig, die Natur wartete ab, dass das Licht wieder zurückkehrte. Ganz anders als Annas Inneres. Das zweite Mal auf dem Berg war fast noch besser gewesen. Kopflos, irrsinnig, manisch. Anna empfand ein fast schmerzhaft physisches Verlangen nach seinem Körper. Sie wollte jeden einzelnen Augenblick in Erinnerung behalten, ohne Reue und schlechtes Gewissen.