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Wo sind bloß die ganzen Männer?
Diese Frage stellten sich die siebenundsechzigjährige Kathrine Hansson und ihre Freundinnen oft. Männer in ihrem Alter schienen nicht mehr zu reisen und ungern Kulturveranstaltungen oder Volkshochschulkurse zu besuchen.
Die traurige Wahrheit, vermutete Kathrine, war, dass Männer in ihrem Alter zu Hause vor dem Fernseher saßen und sich über die Jugend von heute vor ihrer Haustür ärgerten.
Hatten die Männer ihre Lust am Leben aufgegeben, weil sie ohnehin bald sterben würden? Das war ja, als würde man das Bett nicht mehr machen, weil man ohnehin bald wieder darin schlief.
Kathrine Hansson betrat die Bücherei und warf einen raschen Blick in den Lesesaal. Sieben Männer und keine Frau. Wie immer.
Kathrine hätte liebend gerne bei diesen Männern Platz genommen, einfach nur, um ihre Anwesenheit zu genießen. Aber was hatte sie für ein Alibi? Sie hatte die Zeitung bereits gelesen und keine Lust, zum Schein darin zu blättern.
Sie ging weiter in die belletristische Abteilung und suchte nach etwas Vernünftigem zum Ausleihen. Sie fand nichts und kehrte in den Lesesaal zurück. Langsam ging sie an den Zeitungsregalen entlang. Jemand blätterte feierlich eine Seite um. Ansonsten war es still.
Kathrine betrachtete die Männer aus den Augenwinkeln. Von den sieben waren drei annehmbar, einer sogar mehr als das.
Sie nahm eine Zeitung, irgendein småländisches Lokalblatt, und setzte sich auf den Stuhl neben ihn. Automatisch rückte er ein Stück beiseite und schnaubte missmutig, weil er sich nun nicht mehr ungeniert ausbreiten konnte.
»Was lesen Sie?«, fragte Kathrine, als sie ihrer Meinung nach lange genug geschwiegen und geblättert hatte.
Der Mann sah sie entgeistert an und schien sich unsicher zu sein, ob sie mit ihm redete.
»Gibt’s was Interessantes?«, fragte sie und lächelte freundlich. »Ich meine, in der Zeitung?«
»Wieso?«, erwiderte er aggressiv.
Kathrine schrumpfte.
»Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht stören.«
Sie erhob sich, lief zur Regalwand, legte ihre Zeitung zurück, vermutlich ins falsche Fach, und verließ eilig die Bibliothek.