Xocolatl
... ist das aztekische Wort für Schokolade: »Xoco«
bedeutet bitter, »atl« heißt Wasser. Mittelamerikanische
Ureinwohner tranken jahrtausendelang ein schaumig geschütteltes
Gebräu aus gemahlenen Kakaobohnen, Wasser und Gewürzen - wie etwa
Chili. Auf dem Weg von Mexiko in die Schweiz wurde Schokolade
daraus. Die Europäer ließen das Wasser weg, gaben Zucker in den
Kakaobohnenbrei und formten ihn zu Tafeln. Ab 1819 - Eröffnung der
Manufaktur von Cailler in Corsier bei Lausanne - verfeinerten
einige unserer findigen Nachbarn die Rezeptur. Wohl am wichtigsten:
Daniel Peter brachte die Milch in die Schoggi. Rodolphe Lindt
erfand das Conchieren, ein Verfahren, bei dem die fein gewalzten
Mikropartikel in der Schokoladenmasse damals mehrere Tage lang bei
ungefähr 80 Grad gerührt wurden. Dabei verflüchtigen sich
unerwünschte Aroma- und Bitterstoffe, und vor allem legt sich um
jedes Kakaobohnenstäubchen in der cremigen Masse eine feine Hülle
aus Kakaobutter - der zarte Schmelz entsteht. Ende des 19.
Jahrhunderts war der technologische Vorsprung der Schweizer
Schokoladenhersteller riesig. Reisende trugen den Ruhm der
Schweizer Schokolade hinaus in die Welt. Dieser Ruhm hält bis heute
an, obwohl es inzwischen auch hervorragende Schokoladen aus
Belgien, Frankreich und anderen Ländern gibt.
Ich will mich jetzt nicht aufhalten mit den
stimmungsaufhellenden, aphrodisischen oder nervenstärkenden
Substanzen der Schokolade - vielleicht beim nächsten »X«. Auch für
Vanila und Xocolatl ist kein Platz, dem Märchen von einem jungen,
aztekischen Liebespaar, das ein missgünstiger Zauberer in
Vanilleorchidee und Kakaobaum verzauberte, das sich aber - Triumph
der Liebe - bis heute eng umschlungen hält, weshalb der Genuss von
Vanille und Schokolade alle Angst und Bitternis aus den Herzen der
Menschen weichen lässt. (Sie finden die ganze Geschichte in der
virtuellen Kulturzeitschrift www.caiman.de.) Liebe Leser, heute hat
mich Xocolatl gerettet, denn für die Küche relevante Wörter fangen
eigentlich nicht mit X an. Xeres, die wichtigste Traubensorte im
Sherry, ginge auch noch, aber dann wird es eng. Nur L und U sind
noch seltenere Anfangsbuchstaben im Reich der Küche.
Alex’ Xocolatlkuchen
Mein Assistent schwört auf seinen »double mud
extra heavy chocolate cake«.
250 g zartbittere Kuvertüre, 250 g
Butter,
4 Eier, 80-100 g Zucker, 1/2 TL Zimt,
150 g gemahlene Mandeln, 3 EL Rum,
Puderzucker, außerdem: eine Springform
(26 cm Durchmesser), Backpapier
4 Eier, 80-100 g Zucker, 1/2 TL Zimt,
150 g gemahlene Mandeln, 3 EL Rum,
Puderzucker, außerdem: eine Springform
(26 cm Durchmesser), Backpapier
Den Boden der Springform mit Backpapier auslegen
und mit dem Ring festklemmen. Backofen auf 160 Grad vorheizen
(keine Umluft). Kuvertüre grob hacken, mit der Butter in einer
Metallschüssel über einem Topf mit kochendem Wasser
schmelzen.
Eier, Zucker und Zimt in einer zweiten Schüssel
schaumig schlagen. Mandeln mit dem Rum befeuchten. Alles mischen,
in die Form füllen, 45 Minuten backen. Der flache Kuchen bekommt
eine dünne Kruste, bleibt aber im Inneren feucht.
Mit Puderzucker bestäuben und servieren.
Umstritten
Karin F. hat der Kuchen gemundet: »Letzten Sonntag
zum Frühstücks-Brunch hat eine Freundin den Xocolatl-Kuchen aus der
SZ mitgebracht - der absolute Traum!!! Möchte nicht wissen, wieviel
Kalorien so ein Stück hat, aber das spielt bei dem Genuss keine
Rolle!«
In der Familie war das Rezept allerdings schon vor
der Veröffentlichung umstritten. Und als ich meiner Frau mit
stolzgeschwellter Brust den Leserbrief präsentierte, reagierte sie
heftig: »Das ist ja Anbiederei! Der Kuchen ist doch nicht toll!
Viel zu fett, das ist ja eher ein Schoko-Konfekt.« Deshalb hier
noch zwei gute Alternativen, zuerst das bevorzugte Rezept meiner
Frau. Es stammt aus einer Frauenzeitschrift, und zwar aus der
Brigitte.
Brigittes seriöser Schokokuchen
200 g Kuvertüre,
200 g weiche Butter, 200 g Zucker,
200 g geriebene Mandeln,
1/2 Pckg. Backpulver,
1 Packg. Vanillezucker,
200 g weiche Butter, 200 g Zucker,
200 g geriebene Mandeln,
1/2 Pckg. Backpulver,
1 Packg. Vanillezucker,
Prise Salz, 4 Eier, Puderzucker
Die Kuvertüre schmelzen, mit allen anderen Zutaten
verrühren, in eine mit Backpapier ausgelegte Springform (siehe S.
296) füllen und bei 160 Grad 40 Minuten backen (Umluft 140 Grad).
Mit Puderzucker bestäuben und servieren.
Vincents halbflüssige Schokoladentörtchen
Das beste Rezept für halbflüssige
Schokoladentörtchen stand schon 1999 im SZ-Magazin, Vincent Klink
hat es erfunden.
100 g Kuvertüre, 100 g Butter,
50 g Mehl, 100 g Zucker,
3 Eier, Puderzucker, außerdem: 4 Souffleeformen
50 g Mehl, 100 g Zucker,
3 Eier, Puderzucker, außerdem: 4 Souffleeformen
Den Backofen auf 180 Grad vorheizen (keine
Umluft). Souffleeformen buttern und mit etwas Zucker ausstreuen.
Kuvertüre grob hacken und in einer Metallschüssel über einem
kochenden Wasserbad schmelzen. Butter zugeben und rühren, bis die
Butter ebenfalls geschmolzen ist. Mehl, Zucker und Eier dazugeben.
Vom Herd nehmen und rühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Die
Schokoladenmasse in die vorbereiteten Formen verteilen und auf der
mittleren Schiene im Ofen 10 Minuten backen.
Die fertigen Törtchen aus dem Ofen nehmen, mit
einem kleinen Messer den Rand lösen, vorsichtig auf kleine Teller
stürzen, mit Puderzucker bestäuben und servieren. Das Innere der
kleinen Kuchen bleibt weich und flüssig.
Da jede Form und jeder Ofen ein klein wenig
unterschiedlich backen, kann es sein, dass Sie die Backzeit beim
zweiten Versuch um einige Minuten verlängern oder verkürzen müssen,
um perfekte, innen cremige Törtchen zu backen. Dazu passen
Vanillesauce oder Quittenragout.