Ingwer
Für die Olympischen Spiele 1972 in München kauften
meine Eltern einen Fernseher. Kurz danach lief eine zehnteilige
Serie über südostasiatische Küche im Dritten Programm. Ein Rezept
aus dieser Reihe habe ich damals mit großer Begeisterung und der
Hilfe meiner Mutter nachgekocht. Ich erinnere mich an Hühnchen,
Erdnüsse, Kokosmilch und Ingwer - wahrscheinlich eine Art Saté.
Frischen Ingwer gab es nur in einem Asienladen in der Stadt.
Damals begann die Blütezeit des Gewürzes in
deutschen Küchen. Genau genommen: die zweite Blütezeit, denn schon
vor 1000 Jahren wurde Ingwer im großen Stil über den Mittelmeerraum
nach Europa importiert und hier nicht nur für »gingerbread« - also
Lebkuchen - verwendet, sondern auch für Fleischgerichte. Dabei
hatten die mittelalterlichen Köche zwei Besonderheiten der
Ingwerwurzel gut erkannt: Erstens passt Ingwer als eines der ganz
wenigen Gewürze genauso gut in die süße wie die salzige Küche.
Zweitens wirkt Ingwer antibakteriell, er besitzt ähnliche
Eigenschaften für die Gesundheitsvorsorge wie Meerrettich oder
Zwiebeln. Zusätzlich hilft Ingwer gegen Übelkeit. Heute gibt es
deswegen Ingwerkapseln gegen Reisekrankheit, im Mittelalter war die
Wirkung für die Gesundheit wohl eher wichtig im Zusammenhang mit
mangelhafter Kühlung bei Fleisch.
Heute gibt es ganzjährig frischen Ingwer, den Sie
schälen und dann reiben oder hacken, wenn der Ingwer im Gericht
bleibt. Für Suppen oder Saucen, die Sie später passieren, eignen
sich Scheiben besser.
Neben ausgewachsenen Ingwerwurzeln mit ihrer
sandfarbenen Haut gibt es immer häufiger auch hellen jungen Ingwer
mit grünen Trieben. Junger Ingwer schmeckt milder, seine Fasern
sind weniger ausgeprägt. Dünne Scheiben aus jungem Ingwer schmecken
auch in größeren Mengen fast wie ein Gemüse.
Probieren Sie einmal diesen indischen Salat: 1 Dose
Kichererbsen abgießen, abspülen, abtropfen lassen. 100 g jungen
Ingwer in hauchdünne Scheiben schneiden, mit dem Saft einer halben
Limette mischen, kräftig salzen und pfeffern, 10 Minuten ziehen
lassen. Ingwer und Kichererbsen mischen, 3 EL Sonnenblumenöl
zugeben und mit 1 Bund Koriander bestreuen.
Ingwerwurzeln sind keine echten Wurzeln, sondern
Rhizome, miteinander verflochtene Sprossen, die sich an manchen
Stellen verdicken, um Nahrung für die Pflanze zu speichern. Beim
Ingwer nennt man Rhizome Hände, bei Kartoffeln Knollen. Korrekt
wäre es, wenn Sie auf dem Markt eine Hand Ingwer verlangen. Wenn
eine kleine Menge reicht, bricht Ihnen der Händler ein Stück ab.
Ist das dann ein Ingwer-Finger?
Ingwerplätzchen
200 g Rohmarzipan, 125 g Puderzucker,
1 EL geriebener Ingwer, 1/2 TL Zimt,
1 TL geriebene Orangenschale, 2 Eiweiß,
2 EL Mandelblättchen,
für die Füllung: 200 g Kuvertüre,
30 g Butter, 60 ml Sahne, 1 TL Rum
1 EL geriebener Ingwer, 1/2 TL Zimt,
1 TL geriebene Orangenschale, 2 Eiweiß,
2 EL Mandelblättchen,
für die Füllung: 200 g Kuvertüre,
30 g Butter, 60 ml Sahne, 1 TL Rum
Den Backofen auf 180 Grad vorheizen (keine
Umluft). Marzipan mit Puderzucker, Ingwer, Zimt, Orangenschale und
Eiweiß zu einem weichen Teig verkneten. Mit einem Teelöffel kleine
Teigkleckse auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech setzen, mit
feuchten Fingern flach drücken und mit Mandelblättchen bestreuen.
Auf der zweituntersten Schiene 10-12 Minuten hellbraun
backen.
Gefüllt sind die Kekse besonders fein: Kuvertüre
hacken, mit Butter, Sahne und Rum in einer kleinen Metallschüssel
über einem passenden Topf mit kochendem Wasser schmelzen. Im
Kühlschrank abkühlen. Jeweils ein haselnussgroßes Stück
Schokoladenmasse zwischen zwei Keksen flach drücken.
Hochprozentig
Hanna E. und Jens W. aus Aachen pflanzen
Ingwerknollen in Blumentöpfe, sie schrieben: »Die Ingwerzucht ist
(in deutschen Wohnzimmern) sehr langwierig, kostenintensiv, wenig
gewinnbringend, aber sehr, sehr beruhigend. In größtem Vertrauen in
Ihre Rezeptur kauften wir die doppelte Zutatenmenge ein.
Geschmacklich sind die Plätzchen ein wahrer Hochgenuss. Wirklich!!
Da jedoch das gemeine Ingwerplätzchen aus vielen süßen Elementen
besteht, geben wir an dieser Stelle den wohlwollenden Ratschlag,
die Plätzchen mit einem nicht zu knapp bemessenen trockenen Sherry
zu genießen. Außerdem haben wir die Kuvertüre statt mit Sahne mit
reinem Zuckerrohrschnaps (43 vol.%) gewürzt. Das ist uns recht gut
gelungen. Wir sind noch immer erstaunt, dass die Schokoladenfüllung
dennoch fest geworden ist. Außerdem ist somit auch für
laktoseintolerante Genießer der Keks nun essbar.«