Wodka
Während der Belagerung von Leningrad im Zweiten
Weltkrieg war Wodka noch eine Medizin, um die Bevölkerung in
aussichtslosen Situationen zu betäuben. Schon kurz danach stieg der
Getreidebrand zur Salon-Spirituose auf: John G. Martin, damaliger
Besitzer der US-amerikanischen Smirnoff-Lizenz, hatte die visionäre
Idee, seinen Schnaps mit dem Slogan »No taste, no smell« als
sauber-elegante Cocktailbasis zu etablieren. Martin erfand
Cocktails wie Moscow Mule und Wodka Martini - den Drink, der Wodka
als Getränk von James Bond berühmt machte. Seit Dr. No 1962 in die
Kinos kam, sollten alle Wodkaproduzenten Mr. Martin für das
erfolgreichste Productplacement aller Zeiten danken. Korn, der
deutsche Wodka, ist trotz vergleichbaren Geschmacks Pils-Pub-Plörre
geblieben.
Ungefähr dreißig Jahre später suchte Roustam Tariko
guten Wodka in Russland, seiner Heimat, der Heimat des Wodka (Polen
würden widersprechen). Tariko fand nur westlichen Premium-Wodka.
Der Eigentümer der größten russischen Privatbank, Russian Standard,
begann also, unter demselben Namen in St. Petersburg seinen eigenen
Weizenbrand zu destillieren. Er rollte den russischen Markt auf und
exportiert seit 2006 auch nach Deutschland.
Wodkaherstellung ist paradox: Maische aus
vergorenem Weizen, Roggen, manchmal Kartoffeln wird zu fast reinem
Alkohol destilliert. Anschließend verdünnt man den Alkohol auf
Trinkstärke, bevor der Schnaps durch riesige Aktivkohlefilter
weiter gereinigt wird - bis der fertige Wodka nur noch 30
Milligramm Aromastoffe pro Liter enthält. Whisky oder Cognac sind
dagegen mit knapp 3000 Milligramm barocke Aromabomben. Die Menge
der Fremdchemikalien im Wodka ist so klein, dass wir auch nach
reichlichem Genuss kaum einen Kater bekommen. Trotzdem entscheidet
ihre Zusammensetzung über Charakter, Qualität und Preis des
Getränks. Tariko fasst es so zusammen: »Shit in means shit out«,
was bedeutet: Auch aus fiesem Fusel kann ich neutralen, reinen
Wodka filtern. Doch wenn ich viele unangenehme Stoffe aus dem
Destillat entfernen muss, dann bleibt überhaupt kein Geschmack
übrig. Die Kunst des Brennmeisters besteht darin, aus gesundem
Getreide mit mineralstoffarmem Wasser ein gutes Rohdestillat
herzustellen. So dass nach sensibler Filterung ein zwar feiner,
aber komponierter Geschmack bleibt. Deshalb: Guter Wodka ist zu
schade für Cocktails. Trinken Sie ihn pur - zu diesem
Gericht.
Geschmorte Schweineschulter mit Rübensirup
• Rustikaler Hauptgang
800 g Schweineschulter, 2 EL Schmalz,
2-3 Knoblauchzehen, 1 TL Kreuzkümmel,
3 EL Essig, 3 EL Rübensirup,
1-2 TL schwarze Pfefferkörner (geschrotet),
1 Bund Dill, 8 Lauchzwiebeln
800 g Schweineschulter, 2 EL Schmalz,
2-3 Knoblauchzehen, 1 TL Kreuzkümmel,
3 EL Essig, 3 EL Rübensirup,
1-2 TL schwarze Pfefferkörner (geschrotet),
1 Bund Dill, 8 Lauchzwiebeln
Das Fleisch in 4 cm große Würfel schneiden, mit 1
EL Schmalz in einem Schmortopf goldbraun braten. Knoblauchzehen
schälen, mit 1 TL Kreuzkümmel fein hacken, kurz mit dem Fleisch
rösten, salzen. Mit Essig und Rübensirup ablöschen. Immer wieder
kleine Mengen Wasser zugeben, so dass das Fleisch nie ganz bedeckt
ist. Bei schwächster Hitze zugedeckt 4 Stunden schmoren.
Den Pfeffer grob schroten oder mahlen, Dill hacken.
Lauchzwiebeln putzen und in 5 cm langen Stücken mit 1 EL Schmalz 3
Minuten braten. Zwiebeln zum Fleisch geben, anrichten, mit Pfeffer
und Dill bestreuen. Dazu passt Kartoffelpüree. Nazdorowje!
Kalter Krieg
Ursprünglich stand der Text über Wodka unter dem
Buchstaben V, denn sowohl die genannte Marke, als auch alle anderen
großen Hersteller schreiben Vodka auf ihre Etiketten. Doch Dr. G.
korrigierte meinen Irrtum: »Das russische Alphabet kennt kein V.
Das B entspricht dort dem deutschen W. Auch im Polnischen werden
Woda und Wodka mit W geschrieben. Lediglich die von Westrom
christianisierten (slawischen) Länder, wie zum Beispiel die
Tschechische Republik, verwenden lateinische Buchstaben und
schreiben Voda - Wasser oder Vodka - Wässerchen mit V.« Es muss
also Wodka heißen. Nur warum halten sich die Produzenten nicht an
die richtige Schreibweise? Ganz einfach: Das englische Wort heißt
Vodka. Amerika hat den Kalten Krieg gewonnen.
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