SECHS
(I)
’n paar Tage war Bighead jetzt schon aus ’m Unterwald raus und latschte immer weiter durchs Dickicht und ’n Wald, yes Sir, immer weiter auf ’m Weg zur Welt-da-draußen. ’türlich wusst’ er nich’ genau, wo die Welt-da-draußen war, er wusste nur, dass sie irnkwo war. Grandpap hatte’s gesacht.
»Ich bin nich’ dein Pap«, hatte der alte Mann vor langer Zeit gesacht, als Bighead grade anfing, Wörter zu verstehn. »Nenn’ mich einfach dein’ Grandpap.«
Bighead hatte keine Ahnung, wie alt er selbst war, überhaupt hatt’ er nich’ viel Vorstellung von Zeit. Er wusste wohl, dass er mal ’n kleiner Scheißer war und dann groß geworden is’. ’s war Grandpap gewesen, der ihn da in der ollen Strohhütte tief im Unterwald aufgezogen hatte, und ’s war auch Grandpap gewesen, der ihm erzählt hatte, wie er sich aus Mamas Möse gefressen hatte. Grandpap war ’n stinkender, runzliger alter Knacker, der nur ein’ normalen Arm hatte. Der andere Arm war nur ’n kleiner Fetzen Fleisch, an dem ’n Finger dran hing, und der Finger bewegte sich! Grandpap sachte, das kam davon, dass seine eigene Mam und sein Pap Bruder und Schwester warn, was Bighead nich’ ganz verstanden hat. Aber Grandpap war’s, der Bighead alles beibrachte, so Wörter und so und wie man was zu futtern findet und wie man Leute plattmacht und ihr Hirn mampft, Mädels fickt und all so was. Grandpap war ’n feiner alter Kerl gewesen und Bighead hatte Tränen in sein’ großen, schiefen Augen, als Grandpap letzte Woche starb. Bighead mampfte Grandpaps Hirn, bevor er ihn neben der Hütte verbuddelte, weil Grandpap bestimmt gewollt hätte, dass er sein ganzes Wissen in sich reinfutterte. Und dann ging Bighead los. Klar, Grandpap hatte ihm ’ne Menge beigebracht, aber Bighead wusste, dass’s noch viel mehr zu lernen gab und dass das Lernen nich’ zu ihm hier in ’n Unterwald kommen würd’, wo er aufgewachsen war. Er wusste, was lernen konnt’ er nur in der Welt-da-draußen, wo Grandpap so oft von gesprochen hatte.
»Die Leute sin’ nich’ gut, Bighead«, hatte Grandpap ihm erzählt, kurz bevor er starb. »Deswegen leb’ ich hier draußen im Unterwald, um weg zu sein von den Leuten. Trau keinem, mein Sohn, denn wenn du’s tust, dann legen sie dich rein, wo sie nur könn’, das is’ mal klar. Sie wer’n dich ausnutzen, Bighead, lass das bloß nich’ zu. Wenn du jemals auf was hörst, was ich dir sach, Junge, dann auf das: Fick die Leute, bevor sie dich ficken.«
Und mit dieser Lektion im Kopf brach Bighead auf, ließ Grandpap in der Erde zurück, ließ die olle Hütte zurück und ging raus aus ’m Unterwald, um in die Welt-da-draußen zu gehn. Bighead hatte ’ne Mission, er musste das machen, was Grandpap ihm gesacht hatte ...
Zwei Tage gingen rum und Bighead traf überhaupt niemand, nich’ seit der letzten Puppe, die er kaputt gerammelt und ihr Hirn gefuttert hatte. Also hat er sich ’n Murmeltier und ’n paar ’possums genehmigt, oh yeah, und ’ne fette Natter. Er hackte der Schlange Kopf und Schwanz mit sei’m selbst gebastelten Messer ab und saugte ihre Innerein direkt aus ’m Loch in der Mitte. War lecker, der Schlangenmatsch. Aber manchmal macht’ er sich Gedanken, ob er vielleicht wieder in ’n Unterwald gehn sollte, ob er vielleicht nie die Welt-da-draußen finden würd’. Er wusste nich’ mal, wo er langgehn musste, wusst’ er nich’! Aber er ging trotzdem weiter, als würd’ er von irnkwas geführt. Bighead hatte natürlich kein’ Schimmer, was Instinkt bedeutete oder Erinnerung. Er dachte sich einfach, dass’s Grandpaps Geist war, der aus ’m Himmel zu ihm runterlächelte und ihn auf ’n richtigen Weg führte, denn tief in sei’m Herz wusste Bighead, dass er irnkwann die Welt-da-draußen finden würd’.
Er hatte an, was er immer anhatte: seine feinen Stiefel, die Grandpap ihm aus gegerbter Tierhaut gemacht hatte, und sein’ Overall, den Grandpap ihm aus ’m Leinensack genäht hatte, und sein Messer. War ’n großes Messer, war das, das Grandpap ihm aus ’m langen Stück Stahl gemacht hatte und echt scharf gemacht hatte und aus Kirschholz hatte er ’n feinen Griff geschnitzt. So wie Bighead das sah, brauchte er sonst nix.
»So ’n feiner, großer, junger Bursche wie du«, hatte Grandpap gesacht, bevor er starb (Grandpap hatte ’ne Menge Sachen gesacht, bevor er starb), »da is’ es nur natürlich, dass du auf ’ne Wanderung gehn willst, um selbst die Welt-da-draußen zu sehn. Aber denk dran, was ich dir gesacht hab’. Lass dir von kei’m nix gefallen. Mach sie fertich, bevor sie dich fertichmachen. Und vergiss eins nich’, mein Junge. Die Welt-da-draußen is’ voll von richtich bösen Leuten und die einzige Möglichkeit, um klarzukommen, is’, dass du dir richtich Mühe gibst, noch böser als sie zu sein.«
Bighead sah da kein Problem.
(II)
Sie war nur ’ne kleine Truckstop-Nutte, ’ne dürre kleine Bohnenstange mit langem braunem Haar und winzig kleinen Titten, die man durch ihr Top sah. Tritt Balls Conner und Dicky Caudill waren gerade von ’ner echt fetten Shine-Tour für Clyde Nale gekommen und sie hatten ’n Scheißhunger und fuhren zum Bonfire-Truckstop gleich an der Grenze, um was zu futtern, und da kam diese kleine braunhaarige Nutte zum El Camino gelatscht. »Hey, Süße!«, grüßte Balls mit ’m halben Sandwich im Mund. »Hey«, sagte sie und blieb am offenen Fenster auf Balls’ Seite stehen. War ziemlich fickrig, die Kleine, hat sich ständig die Arme gekratzt, und Tritt Balls wusste gleich, dass sie ’n Junkie war, und da fiel Balls auch auf, wie lang ihre Haare waren, die hingen ihr ganz bis über ihren kleinen Arsch!
»Für zehn Mäuse pro Nase blas’ ich euch Jungs einen«, bot sie gleich an, ohne groß rumzulabern. »Ich mach’ euch den besten Blowjob eures Lebens, das könnt ihr mir glauben. Ich saug’ euch so gründlich aus, dass eure Arschlöcher nach Luft schnappen.«
»Scheiße, Mann!«, sagte Balls. »Spring rein, Süße, das klingt nach ’m fairen Deal!«
Dicky verdrehte irgendwie die Augen, er wusste natürlich, was Balls wirklich wollte. Die Punze stieg ein und bevor sie noch was sagen konnte, hatte Balls seine dicken Hände um ihren schmalen Hals und würgte sie, bis ihr in null Komma nix die Lichter ausgingen. »Fahr los«, sagte er zu Dicky.
Dicky hätte’s wissen müssen. Er fuhr die Hauptstraße lang und musste nich’ auf Cops achten, weil sie ihre Ladung schon abgeliefert hatten. Er fuhr auf eine von ’n Seitenstraßen hinter Miller’s Farm, machte den fetten 427er aus und die Scheinwerfer. Dann zerrten sie die Nutte auf die Lichtung. Balls mochte die Lichtung, weil nachts um die Zeit der Mond hier so richtig gut draufschien. Balls riss der Kleinen Top und Shorts runter. Ihre Haut sah im Mondlicht mächtig blass aus, aber ihre Nippel waren ganz nett, groß und dunkel auf ’n kleinen Titten. Aber sie stank auch mächtig, was auch klar war, weil sie bestimmt ’n ganzen Tag dreckige Schwänze gelutscht hatte und von dreckigen Truckern in ihren Lastern gevögelt worden war. Aber Balls war’s egal. Drehte sie gleich auf ’n Bauch und fing an, ihr Arschloch zu rammeln, bevor sie überhaupt wach wurd’.
Dicky stand daneben und schlürfte ’n Bier. Das ganze Zeug, was sie machten, Weiber durchficken, Leute abmurksen – war lustig, klar, aber so langsam machte’s Dicky Caudill Sorgen. Er war jetz’ nich’ dabei, zum Weichei zu werden oder zur Schwuchtel oder so, nee, ’s war eher so ’n Gesetz der Wascheinichkeit, wo er sich Sorgen drum machte. Ab und zu mal, klar, kein Thema, aber in letzter Zeit machten sie so Sachen fast jeden Tag. Irgendwann, dachte er beunruhigt, werden sie uns schnappen.
Und geschnappt zu werden würde so richtig scheiße sein, da könnt ihr einen drauf lassen! Scheiße, Mann. Für das, was sie gemacht hatten, würden sie lebenslang in ’n Bau wandern, und Dicky kannte ’ne Menge Ex-Knackis, die ihm erzählt hatten, was da abging. Weiße, vor allem Weiße vom Land, wurden ziemlich schnell zugeritten. Zugeritten und zu Knastnutten gemacht, yes Sir! Die meisten Typen im Bau waren aus der Stadt und echt groß, und das in mehr als einer Weise. Und die machten aus weißen Jungs wie Dicky und Balls schneller Knastpussys, als man brauchte, um ’n Schnodderklumpen aus der Nase zu rotzen. Dicky wusste, dass er’s nich’ aushalten würde, ’n Rest seines Scheißlebens damit zu verbringen, in ’n Arsch gefickt zu werden und Schwänze zu lutschen. No Sir. So also sahen seine Befürchterungen aus. Dass er sein Leben im Bau verbringen musste. Und es könnt’ ja noch schlimmer kommen, oder?
Yeah, könnt’ noch schlimmer werden, wie nur geschnappt zu werden, das könnt’ es. Wir könnten auch draufgehn ...
Konnte passieren, klar. Warum nich’? Konnte doch sein, dass eine von den Fotzen, die sie sich griffen, ’ne Knarre rausholte und ihn und Balls voll Löcher pumpte, oder dass sie irgendwann ’n Typen um seine Mäuse erleichterten und er verpasste ihnen ’ne Extraportion Schrot aus seiner Abgesägten. Das war echt dämlich, war das, die ganze Zeit so ’n Scheiß zu machen ...
»Mann, Dicky!«, grölte Balls, während er ’n Arsch von der Alten durchnudelte. »Die hat ’n Arschloch größer wie ’ne Kuh, sag ich dir! Ich wette, die wird arschgefickt, seit sie vier ist. Bestimmt hat ihr Daddy sie gevögelt und ihre Scheiße gerührt!«
Balls sah aus, als wollt’ er sie direkt in ’n Dreck rammen, so hart fickte er sie. »Oh, Mann, Scheiße!«, keuchte er, dann zog er seinen Prügel raus und spritzte ’ne fette Ladung direkt auf ihren Rücken. Und da wachte sie gerade auf, stöhnend und sabbernd, mit verdrehten Augen. Aber Balls schrie: »Ah, was zur Hölle!«
»Was’s los, Balls?«, fragte Dicky.
Balls war auf ’n Knien, sein dreckiger Pimmel hing runter, und er kuckte ziemlich angewidert nach unten. »Weißte, was diese Scheißfotze gemacht hat, Dicky? Sie hat geschissen!«
Dicky runzelte die Stirn; er konnte ’s im Mondlicht sehen. Klar, sie hatte ’n klebrigen Haufen direkt da in ’n Dreck gekackt.
»Hat sogar mein Bein angeschissen, die dreckige Fotze!« Balls packte ihr langes Haar und schüttelte wie verrückt ihren Kopf hin und her. »Was’s los mit dir, du Drecksau! Hast du kein Benehmen? Verdammt, nur Scheißer scheißen sich ein, wenn sie arschgefickt werden!« Er riss ihren Kopf noch mehr rum, vor und zurück. »Und du kackst mir auch noch aufs Bein!«
Dann drehte er sie um. Sie stöhnte jetzt andauernd, ihre Augen waren weit aufgerissen. »Dicky! Hol die Zange aus der Karre! Wir müssen der Fotze ’n paar Manieren beibringen!«
Dicky holte das Ding, wunderte sich gar nich’ erst, und riss sich noch ’n Bier auf.
»Fress, du Drecksau!«, verlangte Balls. Er drückte ihr Gesicht direkt vor die Scheiße. »Fress deine Scheiße wie ’ne brave kleine Nutte.«
»Nein!«, quetschte sie schluchzend raus.
Balls kicherte. »Irgendwie wusst’ ich, dass du das sagen würdest«, und dann nahm er die Zange und setzte sie an ihren Arsch und klemmte ’n guten Zentimeter Haut dazwischen. Er drückte die Zange fest zusammen, drehte sie dabei ordentlich.
Sie schrie so laut und schrill, dass Dicky fast die Haare hochstanden.
»Fress die Scheiße, Mädchen!«
»Nnnnnnneiiiin! Du kanns’ mich nich’ zwingen!«
»Ah, sicher kann ich das, Süße.« Die Zange biss ins Fleisch ihres Schenkels und sie schrie noch lauter als vorher.
»Willste immer noch nich’ fressen?« Im Mondlicht sahen Tritt Balls’ Augen ziemlich teuflisch aus, mit seinem Haar, das ihm vors Gesicht hing, sah er wie ’n Redneck aus der Hölle aus. Das Nächste, was er mit der Zange packte, waren ihre Pussylippen, und diesmal drückte er richtig fest zu, yes Sir, und diesmal schrie und kreischte die Alte wie verrückt: »Okay, okay, ich mach’s ja, ich mach’s ja!«
Und sie machte’s wirklich. Steckte ihr Gesicht mitten rein und fing an, ihre eigene Scheiße zu fressen.
»Na, siehste. Schmeckt doch gut, oder, Fotze? Ess alles schön auf und schluck’s runter. Hart schuftende Mädels wie du ham sich ’ne ordentliche Mahlzeit verdient.«
Keuchend und würgend fraß sie alles auf, fraß sie. War nich’ so viel Scheiße, aber sie leckte wirklich ’n letzten Rest Kacke auf. Und dann kicherte Balls ’n bisschen und sagte: »Dicky, das war ja nich’ grad ’ne große Mahlzeit, und so ’ne ausgewachsene Fotze wie die muss gut futtern, bei all dem harten Ficken und Schwanzlutschen, das sie jeden Tag macht. Komm her und lass die Hose runter. Leg unser Süßen hier ’n fetten Haufen auf ’n Teller, Yessir!«
Dicky stöhnte. »Ah, komm schon, Balls, ich will nich’ ...«
Balls’ Gesicht sah so fies aus wie ’n Wiesel. »Was zur Hölle is’ in letzter Zeit mit dir los, Dicky? Du wirst noch ’ne richtige Sahnetorte!«
»Na gut ...«, grinste Dicky, schlurfte rüber und ließ Hose und Unterhose runter. Hockte sich hin und drückte, erst kamen ’n paar Furze, dann drückte er ’n paar große Kackhaufen raus.
»Sieh mal einer an«, rief Balls und drückte ihr Gesicht wieder runter. »Das nenn’ ich mal ’ne ordentliche Portion.«
Ihr Gesicht war jetzt weiß wie ’n Gespenst, aber die arme Nutte machte ’n Mund auf und fing wieder an zu mampfen. Was sie selbst ausgekackt hatte, war nix im Vergleich mit Dickys fetten Würsten! Dampf stieg davon auf, und Happen für Happen futterte sie’s auf.
»Na, is’ das besser?«, fragte Balls. »Bestimmt die erste vernünftige Mahlzeit, die du seit Langem hast, wett’ ich. Und jetz’, wo dein Bauch voll ist, willste bestimmt ’n guten Schluck, um das ganze gute Futter runterzuspülen, hab ich recht?«
Balls drehte sie wieder auf ’n Rücken und stand auf. Ihr Kopf hing zur Seite, das Maul halb auf, die Zähne waren braun von der Kacke. Balls lehnte sich zurück, grinste wieder sein böses Grinsen und pisste ’n langen, satten Strahl in ihr offenes Maul. »Yeah, Süße. Geht doch nix über ’n guten, kühlen Drink in so ’ner heißen Nacht, oder?«
Scheiße, dachte Dicky. Wir müssen hier weg. »Komm schon, Balls, lass uns abhaun. Leg sie um, damit wir uns auf ’n Weg machen könn’.«
Balls zog seine Hose hoch und kuckte Dicky irgendwie komisch an. »Was quatscht ’n da, Alter? Für was für ’n Arschloch hältst du mich? Glaubst du, ich lass ’ne Lady hier ganz allein im Wald zurück? Nee, nee. Das Wenigste, was wir machen können, is’, sie ’n Stück mitnehmen, oder?«
Dicky wusste nich’, was Balls meinte, bis er sah, was er als Nächstes machte. Balls packte die Nutte wieder an ihren langen Haaren, packte er sie, und schleppte sie zur hinteren Stoßstange vom El Camino. Und ihre Haare waren, wie schon erwähnt, richtig richtig lang, mindestens ’n Meter, und was Balls als Nächstes machte, war, dass er’s Haar an die Anhängerkupplung knotete, dann machte er ’ne große Schlauchklemme um ’n Knoten und schraubte sie ordentlich fest.
Und was sie dann machten ...
»Yeah, Mann!«, jauchzte Balls. »Heut’ Nacht werden wir richtig Spaß haben!«
Sie machten ’ne lange Fahrt.
(III)
Charitys frühere Vorbehalte – in die Bar zu gehen – lösten sich unter der Einwirkung des Alkohols schnell in Luft auf. Stattdessen beschäftigten sich ihre Gedanken wieder mit sich selbst, so wie sie es oft taten, mit all den Sachen, die sie an sich selber nicht mochte, mit all ihren Fehlschlägen. Sie fühlte sich klein und unscheinbar, wie sie da neben Jerrica saß ...
Mit fortschreitender Stunde wurde die Bar immer voller. Das Crossroads füllte sich mit Leuten aus dem Ort. Laut, ungehobelt, trinkfest, das waren sie. Immer mal wieder warfen die Männer Blicke in ihre Richtung, aber Charity ging davon aus, dass die bewundernden Blicke Jerrica galten und nicht ihr. Die Jukebox plärrte, die Billard- und Dartpartien gingen weiter, ebenso das Lachen und das Trinken und die Fröhlichkeit.
Während Charitys eigene Stimmung immer trübseliger wurde.
Sie versuchte, die Unterhaltung aufrechtzuerhalten – sie mochte Jerrica wirklich und unterhielt sich gerne mit ihr –, doch jetzt, nach fünf Bieren, fühlte sie sich wie begraben von ihren eigenen Grübeleien. Jerrica bestellte noch eine Runde, dann schubste sie Charity an. »He, warum auf einmal so niedergeschlagen?«
»Hm? Oh, tut mir leid«, antwortete Charity, das Kinn auf die Hand gestützt. »Ich war gerade in Gedanken.«
Der Barkeeper brachte zwei neue Biere, dann nahm er Jerricas Aschenbecher mit, in dem sich mittlerweile ein Berg Kippen türmte. Als er das tat, beugte sich Jerrica blinzelnd vor. »Was zur Hölle ist ...«
»Was?«, fragte Charity.
Jerricas Finger berührten die Theke, die Stelle, an der der Aschenbecher gestanden hatte. »Was ist das?«
Charity sah genauer hin. Da steht etwas, erkannte sie. Wörter waren in das lackierte Holz geritzt – ohne Frage mit einem Messer –, eine Art Graffito. »Ich kann es nicht entziffern«, gab Charity zu.
Jerrica sah noch genauer hin. »Da steht: ›Bighead war hier‹. Und das ist komisch. Irgendjemand hat auf der Toilette was Ähnliches geschrieben, an die Kabinentür. Wer zur Hölle ist Bighead?«
Bighead? Charitys Augen verengten sich und ganz schwach dämmerte etwas in ihrem Gedächtnis. Die Erinnerung schien Millionen Meilen entfernt zu sein. »Ich glaube, es ist eine Art lokale Legende.«
»Du meinst, so was wie ›Kilroy war hier‹?«
»Nein, eher so was wie ein einheimisches Schreckgespenst. Ich erinnere mich an die Geschichten aus meiner Kindheit.«
Jerricas Augen strahlten Begeisterung aus. »Erzähl mir davon. Ich kann es für meinen Artikel gebrauchen.«
Charity zuckte leicht mit den Schultern, sie war etwas benommen von dem Bier und ihren Selbstbetrachtungen. »Ich kann mich kaum daran erinnern, es ist so lange her. Es geht um ein Monsterkind, das irgendwo in den Wäldern lebte. Es hatte einen riesigen kahlen Kopf und krumme Zähne und angeblich war es ein Kannibale. Es ist einfach nur eine Geschichte, die Eltern ihren Kinder erzählen, um sie zu erschrecken. Du weißt schon: ›Sei brav, sonst holt dich Bighead‹. Im Laufe der Zeit entwickelte sich daraus ein regionaler Mythos.«
»Das is’ kein Mythos, Mädchen, das kann ich Ihn’ sag’n.« Das Gesicht des Barkeepers kam näher, als er den ausgeleerten Aschenbecher abstellte.
»Tatsächlich?«, fragte Jerrica. »Erzählen Sie uns von diesem Bighead!«
Sein altes Gesicht verhärtete sich, ein Auge zog sich zusammen. »Is’ aber keine schöne Geschichte. Is’ eigentlich nix für die Nerven von Citygirls.«
Jerrica forderte ihn mit einem listigen Lächeln heraus. »Versuchen Sie’s.«
Eine Pause, eine Hand strich über seinen Schnurrbart, dann begann der Barkeeper: »Das’s lange her, müssen Sie wissen, aber er kam aus ’n Wäldern. Keiner wusste, wer seine Eltern war’n, wollt’ aber auch keiner wissen, weil Bighead das hässlichste Kind war, das man sich vorstell’n konnte. Ich hab’ ihn mal gesehn und es stimmt.«
Jerrica hatte offensichtlich ihren Spaß. »Sie haben ihn gesehen? Sie haben Bighead gesehen?«
»Genau, Mädchen, und ich wünschte, ich hätt’s nie getan. Er trug alte Lumpen als Klamotten und man konnt’ ihn aus hundert Metern Entfernung riechen, ich schwör’s. Man wusste immer, wann er in der Nähe war, weil’s im Wald dann still wurde. Na, jedenfalls nannten sie ihn Bighead, weil er ’n riesig großen Kopf hatte, doppelt so groß wie normal, und er hatte nich’ ein Haar drauf, und seine Augen – heilige Scheiße! Die Augen von Bighead war’n groß und schief und standen dicht zusamm’, die sah’n aus wie hart gekochte Eier, aber eins war groß und eins war klein. Und seine Zähne! Er hatte ’n Mund voll Zähne, die wie Hundezähne aussah’n, und das is’ wirklich wahr, das kann ich Ihn’ sagen, weil ich ihn, wie gesagt, selbst gesehn hab. Ich hab’ ihn gesehn, wie er Hirschinnerein gefuttert hat auf ei’m von den Sojafeldern bei Luce Creek.«
»Igitt!«, sagte Jerrica leicht erblassend. »Hirschinnereien?«
»Klar«, grinste der Alte. »Bighead mochte Innerein, genauso wie Hirn. Fraß es roh!«
»Ach, kommen Sie!«, sagte Jerrica.
»Is’ echt wahr, ich schwör’s.« Der Barkeeper goss sich ein Glas Whiskey ein und kippte es in einem Zug herunter. »Und ’s warn nich’ nur Tiere, die er fraß – auch Menschen. ’s war nach ’ner Woche oder so, nachdem Bighead losgelegt hatte. Die Leute fanden immer mehr Vieh, das abgemurkst und ausgeweidet war. Wir dachten erst, ’s wär ’n Wolf oder so, auch wenn’s hier seit hundert Jahren oder so keine Wölfe mehr gab. Und dann fanden wir nich’ nur Vieh, das abgemurkst war. Auch Leute aus der Gegend, alle aus ’m Norden der Stadt, in der Nähe vom Nordkamm. Kath Shade, Vera Abbot, Vicki Slavik und ihr Mann Martin, verdammt, und noch ’n paar mehr, weiß gar nich’ mehr, wer alles. Also ham wir uns alle zusammengetan und sind auf die Jagd gegangen, weil da dachten wir immer noch, dass’s ’n Wolf oder so was war. Wir wussten natürlich gleich, dass wir uns geirrt hatten, wie wir ihn sah’n.«
Jerrica zündete sich fasziniert eine weitere Zigarette an. »Also haben auch noch andere Bighead gesehen, nicht nur Sie?«
»Klar, ’ne Menge Leute. Weiß jetzt grad nich’ mehr, wer alles, aber wir ham ihn gesehn. Ich hab’ ihn sogar zuerst gesehn, in dem Sojafeld, wie er die Innerein von dem armen Hirsch gefuttert hat. Ich hab’ Bighead gejagt, hab’ ich, und die andern sind dann dazugekommen und wir ham losgeballert. Ich glaub’, wir ham ihn getroffen, aber genau weiß ich’s nich’. Das verdammte Biest is’ in die Wälder abgehaun und keiner hat’s je wiedergesehn. Am nächsten Tag ham wir nach der Leiche gesucht, aber nix gefunden.«
Jerrica bemühte sich, ihre Begeisterung im Zaum zu halten. »Und Sie sagen, dass Bighead Menschen umgebracht hat, Leute aus der Stadt?«
»Ja doch«, bestätigte der Barkeeper. »Hat sie umgebracht und Stücke von ihnen aufgefressen. Vor allem Mädels. Wissen Sie, Bighead mochte Mädchen, auch wie er noch ’n Kind war.« Der Barkeeper zog die Oberlippe hoch. »Hat auch ’n paar Kerle umgebracht, aber wie gesagt, ’s warn hauptsächlich Mädchen ... blonde Mädchen, um genau zu sein ...«
»Ich schätze, ich sollte besser meine Haare färben«, lachte Jerrica.
»Kein Grund, sich drüber lustig zu machen, Miss«, antwortete der Barkeeper ohne eine Spur Belustigung. »Weil, wie ich ja schon gesagt hab’ – wir wissen nich’ genau, ob wir ihn erwischt ham.« Ein weiteres Glas Whiskey, genauso schnell gekippt wie das erste. »Also wer weiß? Bighead könnt’ immer noch da draußen rumlaufen. Und wär’ jetz’ ausgewachsen. Und wer weiß, ob er nich’ irgendwann zurückkommt ...«
»Unglaublich!«, sagte Jerrica, als sie den Motor des Miata abstellte. »Dieser Barkeeper war ein echter Trip!«
Charity stieg aus und ließ die Tür zufallen, dann gingen sie erschöpft auf die Veranda zu. »Die meisten Leute hier sind so wie er. Sie erzählen gerne wilde Geschichten.«
»Er erzählte es so, als wäre Bighead real.«
»Du glaubst das doch hoffentlich nicht.«
Jerrica kicherte. »Natürlich nicht! Aber was für großartiges Material für meinen Artikel – ein lokaler Mythos, ein Monsterkind! Ich kann es gar nicht erwarten, mehr darüber zu hören!«
In dem Moment erhellte sich der Himmel kurz; Jerrica blickte hoch. Vage Lichter leuchteten am Horizont auf, von keinem Donner begleitet. »Das ist ja seltsam. Ein Gewitter zieht auf, aber der Himmel ist völlig klar.«
»Das ist nur ein elektrischer Sturm«, erklärte Charity. »Wetterleuchten. Das gibt es hier im Sommer ziemlich oft. Kein Regen oder Donner und nur wenige Wolken. Nur geräuschlose Blitze. Es ist ziemlich gespenstisch.«
Gespenstisch, hmmm. Na ja, nach der Geschichte in der Bar wäre Jerrica wohl so ziemlich alles gespenstisch erschienen. Doch sie hielt den Blick noch etwas länger auf den Himmel gerichtet und beobachtete einige weitere stumme, ferne Blitze. Ich muss daran denken, das zu fotografieren. Mit Langzeitbelichtung muss das grandios aussehen.
Nur im Salon und im Treppenhaus brannte noch Licht, als sie das Gästehaus betraten. Annie schläft wahrscheinlich, vermutete Jerrica. Die Standuhr im Arbeitszimmer schlug zwölf, als sie die Haustür hinter sich schloss und dann: Stille.
Jerrica erklomm flink die Treppe, während Charity mehr oder weniger hinter ihr hertrottete.
»Du siehst müde aus«, sagte Jerrica, als sie oben waren.
»Bin ich auch. Das Bier beginnt allmählich zu wirken.«
»Na, dann schlaf dich aus.« Jerrica küsste Charity flüchtig auf die Wange. »Wir sehen uns morgen früh.«
Charity lächelte düster in ihrer Zimmertür. »Gute Nacht.« Dann schloss sich ihre Tür mit einem Klicken.
Bevor Jerrica in ihr Zimmer ging, bemerkte sie, dass unter der Tür des gegenüberliegenden Zimmers Licht schimmerte. Wessen Zimmer ist das?, fragte sie sich. Annies? Nein, ich glaube, sie sagte, dass sie unten schläft. Vielleicht Goops. Wenigstens bin ich nicht der einzige Nachtschwärmer. Als sie in ihrem Zimmer war, riss sie das Fenster auf und lächelte mit geschlossenen Augen in der sanften Brise. Weitere Blitze zuckten stumm in der Ferne. Sie verstand nicht, wie sie jetzt noch so aufgedreht sein konnte. Auch für sie war es ein langer Tag gewesen, die scheinbar endlose Fahrt, dann die sechs Bier in der Kneipe. Aber sie fühlte sich nicht im Geringsten müde. Sie wusste, es lag an ihrem Auftrag, dass sie diesen frischen Elan, diese Vitalisierung verspürte. Es kam selten genug vor, dass ein Autor von seinem Projekt so elektrisiert wurde.
Sie griff in ihre Reisetasche und holte ihren externen Trackball heraus; dabei fiel ihr wieder das kleine Tütchen mit dem alten Kokain auf. Wieder musste sie lächeln, glücklich über sich selbst. Ich brauche es nicht. Ich will es nicht einmal! Ein Beweis ihres Sieges.
Sie tippte ein paar schnelle Notizen in ihren Laptop, der weiße Bildschirm beleuchtete ihr Gesicht; morgen würde sie einen ersten Entwurf ausformulieren. Es sollte eine mehrteilige Serie werden, also musste sie sich über den Wordcount keine großen Gedanken machen. Ich werde es in Kapitel aufteilen, beschloss sie. Region, Geschichte, Wirtschaft, dann das soziale Element als Abschluss.
Immer noch, so spät es auch war, fühlte sie sich zu aufgewühlt, um schlafen zu können; es wäre sinnlos, es zu versuchen. Stattdessen duschte sie schnell, zog sich ein schlichtes Nachthemd an und ging nach unten. Der Holzfußboden war warm unter ihren nackten Füßen, als sie durch das stille Haus schlenderte. Sie wanderte durch den Salon, durch die dunkle Landhausküche, sah sich die Unmengen an Kitsch und Krempel an. Alte bizarre Porträts hingen an den tapezierten Wänden, Gesichter, die sie durch dunkle Ölfarbe anstarrten. Auf einer antiken Aufsatzkommode stand eine Kollektion transparenter blauer und grüner Glaswaren aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise. In einem glitzernden Eckregal im Arbeitszimmer – aus perfekt abgerundetem Glas und goldbemaltem Holz – standen wohl einige Hundert Kristallgegenstände. Für eine arme Landbewohnerin hat sich Annie hier aber ein nettes Plätzchen eingerichtet, dachte sie. Und das Haus selbst war zwar alt, aber tadellos renoviert. Eine neu eingerichtete Küche mit einer großen Massivholz-Arbeitsplatte, die nicht billig gewesen sein dürfte. Ja, das Gästehaus war wirklich schön.
Aber das Allerschönste erblickte sie, als sie nach draußen trat, auf die rückseitige Veranda. Jerrica war wie betäubt; sie starrte auf das blühende Wunder des Hinterhofes – ihr stockte tatsächlich bei diesem Anblick der Atem.
Das Mondlicht schimmerte über den Bäumen und flirtete mit der Blütenexplosion der Blumenbeete. Ein Nachtvogel hüpfte auf einer der vielen Vogeltränken herum und eine Eule rief ihr von den hohen Bäumen aus zu. Geräusche pulsierten in einem unregelmäßigen Versmaß, Grillen und Frösche stießen ihre Liebesrufe aus. Und dazu kamen natürlich das seltsame Wetterleuchten und seine stummen Blitze, die den Horizont zerrissen. Es war ein Wunderland aus Geräuschen und mondbeschienenem Spektakel, ein schweigender Sturm. Ich habe noch nie in meinem Leben, erkannte Jerrica, etwas so Schönes gesehen ...
Doch dann –
knirsch ...
Jerricas Augen schossen in die Richtung des winzigen Geräusches. Und dann –
knack!
Als sie sich umdrehte, wäre ihr fast das Herz stehen geblieben. Eine mächtige Gestalt, wuchtig wie ein gemeißelter Schatten, trat auf die Veranda und blieb vor ihr stehen. Große schattenhafte Klauen hingen statt Händen an ihren Seiten. Jerricas plötzliche Angst schien sich wie mächtige Kiefern um ihren Kopf zu schließen und gerade, als sie schreien wollte, sagte die Gestalt:
»Miss ... Jerrica? Sin’ Sie das?«
Jerrica stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. »Mein Gott, Goop! Schleich dich doch nicht so an!« Ihre Hand legte sich auf ihre Brust, wie um zu überprüfen, ob ihr Herz noch schlug. »Du hast mir einen Mordsschrecken eingejagt!«
Goop Gooder zuckte bei dieser Zurechtweisung zusammen, seine Stimme wurde schrill wie die eines aufgeregten Kindes. »Oh, oje, Miss Jerrica! ’schuldigung! Äh-äh-äh-ich wollt’ Sie nich’ ...«
Mein Gott, dachte sie, als sie sich beruhigt hatte. Das klingt, als würde er gleich anfangen zu heulen! »Ist nicht so schlimm, Goop. Du hast es ja nicht absichtlich gemacht.«
»Ich mein’«, plapperte er zitternd weiter, »ich wusst’ ja wirklich nich’, dass Sie hier sin’, wirklich nich’. Tut mir wirklich leid, dass ich Sie erschreckt hab’.«
Jerrica verdrehte die Augen. »Vergiss es, Goop. Beruhige dich.« In dem Moment, als der junge Mann einen weiteren Schritt näher kam, konnte Jerrica einen guten Blick auf ihn erhaschen, vor allem auf seinen Körper. Er trug nur eine Jeans, sein langes Haar war zerzaust, als käme er gerade aus dem Bett. Sein Körper fing das Mondlicht in einem sehr vorteilhaften Winkel auf und Jerrica konnte gut seine maskulinen Linien, die straffe Brustmuskulatur und den breiten, v-förmigen Rücken erkennen – eine heiße Lustskulptur, ein Chiaroscuro aus Fleisch und Blut ...
Sie musste sich zusammenreißen, um zu sagen: »Was machst du denn so spät hier draußen, Goop? Um diese Zeit hast du doch bestimmt keine Arbeiten mehr zu erledigen, oder?«
»Äh, nee, nee, Miss Jerrica.« Endlich hatte er sich beruhigt. Jerrica vermutete, dass sie ihn mehr erschreckt hatte als er sie. »Ich-äh, ich hab’ vergess’n, die Teimser einzustell’n.«
Jerrica zog eine Augenbraue hoch. Teimser? Was zur Hölle ist ein Teimser?
»Für die Rasensprenger. Miss Annie hat jetz’ Rasensprenger für ihr’n Blumengarten.«
»Oh, du meinst die Timer«, sagte Jerrica.
»Richtich, die Teimser. Sie hat gesacht, ich soll sie umstell’n, damit sie früher losgehn, jetz’, wo’s so heiß wird, und ich hab’s vergess’n, also musst’ ich aufstehn, um’s zu mach’n. Hab’ nich’ gedacht, dass jetz’ noch jemand wach is’.«
»Charity und ich sind spät zurückgekommen«, erzählte Jerrica ihm. Aber es fiel ihr bereits schwer, sich zu konzentrieren. So fing es jedes Mal an, nicht wahr? Die Versuchung wuchs wie ein sich langsam aufrichtendes Ungeheuer. »Wir, äh, wir waren im Crossroads.«
»Oh, echt!« Goop Gooder schien erstaunt. »Das ’n guter Laden, oder? Guter Laden mit gut’n Leuten. Ich geh’ da auch immer hin.«
»He, wenn wir das gewusst hätten, hätten wir dich mitgenommen!«
In den silbernen Schatten stand Goop und schluckte. »Das – das würd’n Sie? Mich mitnehm’?«
»Klar, natürlich, Goop. Wir fahren bestimmt bald wieder hin. Ich fänd’s toll, wenn du mitkommen würdest.«
»Oh, Mann, Miss Jerrica.« Goop sah aus, als hätte er bei diesem Vorschlag eine Flunder verschluckt. »Das wär’ wirklich riesig und ich würd’ wirklich überall mit Ihn’ hingehn und mit Miss Charity ...«
Doch die Worte begannen bereits zu verblassen, als Jerricas Aufmerksamkeit von dem altbekannten Fieber in Anspruch genommen wurde. Die warme Nacht schien unter dem dünnen Nachthemd an ihrer Haut zu lecken. Ihr Geist war in Aufruhr, und sie konnte ihn nur sprachlos anstarren und sich die erregendsten und unschicklichsten Bilder vorstellen. Sie stellte sich vor, wie Goops Schwanz bis zu den Eiern in ihrem Mund steckte und sie an seinen Hoden herumfummelte wie an den reifen Früchten eines Weinstocks. Sie stellte sich den dicken, salzigen Geschmack seines Spermas vor, wie er ejakulierte, und die sämige Konsistenz seines Saftes, wie sie ihn herunterschluckte. Weitere Bilder kamen in einem unaufhaltsamen, heißen Strom. Sie würde auf seinem Gesicht sitzen und seine Zunge in ihrem gierigen, offenen Geschlecht wühlen lassen. Sie würde ihm den Daumen in den Anus stecken und seinen Schwanz wieder hart lutschen und er würde so hart sein, hart wie poliertes Holz. Ja, das war es, was sie sich vorstellte. Und dann würde sie sich selbst auf ihm pfählen, würde sich aufspießen lassen. Und das wäre erst der Anfang.
So geschah es jedes Mal, solange sie sich erinnern konnte: Ihre Begierde spielte in ihrer Fantasie verrückt, bis sie fast explodierte, und jedes Bild fokussierte sich zu einer nadelscharfen Spitze. Zurück zur Erde, zurück ins Hier und Jetzt dieser wilden, heißen Nacht dort auf Annies Veranda, zurück zur überwältigenden fleischlichen Realität dessen, was dort so benommen vor ihr stand. Jerrica konnte sich vorstellen, wo Goops Augen waren; wo sollten sie schon sein, wenn sie in einem fast durchsichtigen Nachthemd vor ihm stand, das nicht einmal ihre Oberschenkel bedeckte und unter dem sie nichts trug? Die Nacht war überreif. Das Mondlicht bleichte sein muskulöses Fleisch und die sich darauf abzeichnenden Muster der Transpiration.
Weitere stumme Blitze zuckten durch die Nacht.
Jerrica musste darum kämpfen, auf den Beinen zu bleiben. »Es ist ... es ist faszinierend, nicht wahr?«
»Wa... oh, Sie mein’ die Blitze. Das’s Wetterleuchten. Gibt’s hier im Sommer andauernd.«
Sie versuchte, ihre Gedanken vom nadelscharfen Fokus ihrer Sinne abzulenken, und wandte ihre Augen zum Himmel. »Es ist wunderschön.«
Goop stotterte: »Ge-genau wie Sie, Miss Jerrica, ich mein’, wenn’s okay is’, wenn ich das sag’ ...«
Ihr Widerstand brach zusammen, der Schlussstein eines Bogengewölbes gab nach. Jerricas Nippel rieben wie heiße Kieselsteine am Stoff ihres Nachthemdes. Ihr Geschlecht war tropfnass.
Sie nahm Goop Gooders Hand, und mit einer Stimme, die kaum ihre eigene war, sagte sie: »Es ist eine wunderschöne Nacht, Goop. Lass uns ein Stück gehen.«