13

In Adams Rücken röhrte der Motor des Diablo. Ein tiefes, volles Geräusch, das sich mit der Beschleunigung zu einem hohen Fauchen steigerte. Der Lamborghini glitt geschmeidig dahin und eroberte die Straße, kaum merklich versetzte sein Geräusch jeden von Adams Nerven in Schwingung. Bei diesem Wagen spürte man, wie erregend Beherrschung und Kontrolle waren.

Adam blickte in den Rückspiegel. Auf der Straße hinter ihm leuchtete der ferrarirote California, gefolgt von einer großen Staubwolke. Die zersprungene Windschutzscheibe war von einem weißen Netz überzogen, sodass Jacob trotz seiner scharfen Geisteraugen nicht gut sehen konnte.

»Kannst du das mit dem Schatten noch einmal machen?« Adam blickte zu Talia, die Jacob mit kreidebleichem Gesicht im Rückspiegel beobachtete. »Talia!«

Sie wandte sich abrupt zu ihm um, ihre Locken tanzten über Schultern und Rücken. Ihre Augen waren vor Angst geweitet, ihr Kinn rußverschmiert.

»Kannst du das mit den Schatten auch mit uns und dem Wagen machen?«

»Das weiß ich nicht «

Adam griff ihr Handgelenk, schob mangels Alternativen sein Hemd hoch und legte ihre Hand auf seinen Bauch. Um die bevorstehenden Kurven zu meistern, musste er mit beiden Händen das Steuer halten. Er durfte sich nicht von der überwältigenden Kraft des Wagens und der Berührung dieser Frau ablenken lassen, die sein Blut pulsieren ließ.

Jacob. Denk an Jacob. Adam blickte erneut in den Rückspiegel. Sein Bruder hatte den Wagen auf die Geschwindigkeit des Diablo hochgetrieben.

Es nahten die Felsen, das war Adams Chance.

»Wir brauchen die Schatten. Jetzt!«

Eine dunkle Flutwelle schwappte über ihn hinweg. In den dunkelgrauen Schichten wurde sein Blick schärfer. Das Grün des Waldes am Straßenrand wirkte üppiger und saftiger. Talias Hand, die sie vor Anstrengung leicht in seinen Bauch drückte, wurde heiß. Seine Muskeln zogen sich unter der Berührung zusammen.

Während Adam den Wagen vorwärtstrieb, schienen sich die knochigen Felsplatten zu öffnen. Erst auf der Kuppe des Passes war die metallene Leitplanke auf der anderen Seite zu erkennen. Ein Schild warnte vor einer scharfen Kurve. Das war keine Stelle, um zu beschleunigen. Es sei denn, man sehnte sich nach dem Tod.

Sie passierten die Felsen. Adam fuhr mit hoher Geschwindigkeit in die Kurve, behielt aber durch geschicktes Abbremsen und Beschleunigen die Kontrolle über das Fahrzeug. Das hintere Ende des Wagens streifte die Leitplanke der Diablo würde anschließend ein paar Schönheitsreparaturen nötig haben , lag aber nichtsdestotrotz sicher auf der Straße.

Adam blickte in den Rückspiegel: Hinter ihm preschte der California heran. Kreischend krachte der Wagen durch das Metall, flog fünfzig Fuß durch die Luft und stürzte senkrecht nach unten. Als er einen Augenblick später einen lauten Aufprall und eine Explosion vernahm, wusste Adam, dass sein Bruder soeben in die Luft geflogen war.

Adam stöhnte angewidert. »Das ist eine Schande. So ein schönes Auto. Ich hoffe, dass der Aufprall ihm höllisch wehgetan hat.«

Er runzelte über sich selbst die Stirn es hatte Zeiten gegeben, da waren Jacob und er gern zusammen auf die Rennstrecke gegangen. Das war davor gewesen. Mit einem anderen Jacob.

Einem anderen Adam.

Zumindest hielt die Explosion Jacob auf. Vor Jahren hatte Adam versucht, Jacob mithilfe eines gewaltigen Feuers, mit dem man früher Hexen verbrannt hatte, zu vernichten. Danach war Jacob zurückgekehrt Blut, Knochen und Muskeln waren auf groteske Weise aus seinen verkohlten Überresten nachgewachsen. Der Prozess hatte Jacob einen einzigen Nachmittag gekostet, und als er wiederhergestellt war, war er hungrig und gereizt gewesen.

Talia rückte von Adam ab, und die Dunkelheit löste sich auf. Sie zog sich in die andere Ecke des Sitzes zurück und brachte so viel Abstand zwischen sich und Adam, wie es in der Enge des Wagens möglich war. Er zog sein Hemd über die Stelle, an der ihre Hand gelegen hatte, denn sie fühlte sich auf einmal kühl an.

Adam zog sein Mobiltelefon aus der Tasche und wählte Spencers Nummer. Er landete direkt auf der Mailbox, was ihm sehr recht war. »Spencer, du Mistkerl. Wenn wir uns das nächste Mal begegnen und ich bete, dass das bald sein wird , bringe ich dich um. Verstanden? Ich bringe dich um. Richte deinen Vorgesetzten aus, dass sie meine Angestellten in Ruhe lassen sollen, die in Segue, aber auch die, die überall auf der Welt für mich tätig sind. Ich erwarte, dass sie sich ungehindert und unbehelligt vom IBÜ oder dem Kollektiv bewegen können. Wenn ich oder irgendjemand von meinen Leuten sich nicht zur vereinbarten Zeit auf die vorgeschriebene Weise meldet, werden Informationen über die Geister online gestellt und sowohl per E-Mail als auch per Post an diverse internationale Nachrichtenagenturen gesandt. Vielleicht hat das IBÜ sich dazu entschlossen, mit dem Kollektiv zusammenzuarbeiten, die Weltbevölkerung ganz sicher nicht.«

Adam beendete das Gespräch. Er wusste nicht, inwiefern seine Drohung etwas nutzte. Vielleicht war die Angelegenheit bereits zu weit gediehen, als dass sich das Kollektiv noch aufhalten ließ, egal wie sehr die Öffentlichkeit bei der Enthüllung aufschrie. Nachdem das IBÜ involviert war, konnte das Kollektiv sich um einiges freier bewegen.

Wer auch immer die Befehlsgewalt hatte, musste mittlerweile wissen, dass Talia keine Gefahr für die Menschheit darstellte der Schattenmann hatte nur die Geister angegriffen. Wenn Adam sie nicht rasch wegschaffte, würden Soldaten an allen Straßen, die vom Berg herabführten, Verkehrskontrollen durchführen. Er und Talia müssten früher oder später aufgeben.

Die scharfen Kurven ließen nach. Adam drückte das Gaspedal durch und trieb das Fahrzeug wieder auf über neunzig Meilen hoch.

Er blickte zu Talia. »Erzähl mir noch einmal, was Spencer über die Geister gesagt hat, als er dir zu deinem Zimmer gefolgt ist.«

Sie holte tief Luft, stieß sie langsam wieder aus und zog die Brauen zusammen. »Er sagte, dass man als Geist eigentlich nur den Zustand wechselt, wie beim Sterben, bei dem man von einem körperlichen in einen geistigen Zustand übergeht. Er hat behauptet, dass ihre Art zu leben, insbesondere das mit der Unsterblichkeit, vielleicht besser wäre als die menschliche Variante.«

Spencers Argumentation war Adam nicht neu. Seit Jahren diskutierte er mit ihm darüber. Ganz offensichtlich hatte Adam nicht begriffen, wie ernst es Spencer mit seiner Sichtweise war.

»Er hat außerdem gesagt, dass du mich in Segue erforschst, dass du mich sogar rund um die Uhr in meiner Wohnung von einer Kamera hast überwachen lassen«, fuhr Talia fort. »Er sagte, dass das IBÜ über Einrichtungen verfügt, in denen meine Rechte geschützt würden. In denen es noch andere von meiner Sorte gäbe.«

Die Kameras. Die hatte Adam tatsächlich vergessen. Jim hatte sie vor ein paar Jahren installiert, um die Aktivitäten der Gespenster im Westflügel zu beobachten. Die Kameras und Anschlüsse waren noch vorhanden, aber seit längerer Zeit nicht mehr in Gebrauch. Es sei denn

»Ich habe deine Wohnung nicht überwacht, Talia, aber ich wette, dass Spencer es getan hat. Ich hatte vergessen, dass es die Anschlüsse gibt. Sie sind einzig und allein installiert worden, um die Aktivitäten von Gespenstern nachzuweisen. Und im Übrigen bin ich in den Einrichtungen des IBÜ gewesen. Dort gibt es keine Menschenrechte. Die Geister werden eingesperrt und eiskalt zu Untersuchungszwecken genutzt. Ich bin oft versucht gewesen, ähnliche Studien an Jacob durchzuführen, aber Patty hat dafür gesorgt, dass ich und Segue menschlich blieben.«

Die Erwähnung von Patty versetzte ihm einen Stich. Seit Jacob sich in einen Geist verwandelt hatte, war Patty sein Gewissen gewesen. Adam spürte einen weiteren Stich, scharf und heftig. Okay, okay anscheinend musste Patty nicht hier sein, um ihn auf den richtigen Weg zu führen.

»Als du nach Segue gekommen bist, habe ich zusätzliche Tests angefordert. Ich wusste, dass du anders bist und wollte wissen, womit ich es zu tun habe. Ich hätte es dir sagen sollen. Patty wollte, dass ich das tue, und sie hatte recht. Es tut mir leid.«

Wieder versetzte ihm der Gedanke an Patty einen Stich, diesmal tat es eindeutig mehr weh.

»An ihrem Tod trage ganz allein ich die Schuld«, gestand er.

Talia antwortete nicht. Wahrscheinlich glaubte sie ihm nicht.

Er holte weiter aus. »Ich habe Custo und sie gestern Abend angewiesen, dich um jeden Preis zu beschützen. Ich habe ihnen erklärt, dass du der Schlüssel zur Zerstörung der Geister bist. Als sie den Geist geküsst hat, hat sie getan, worum ich sie gebeten habe. Dich trifft keine Schuld an ihrem Tod.«

Talia schüttelte den Kopf. »Ich wollte wieder davonlaufen. Ich war auf dem Weg. Wenn ich nicht «

»Sie hätten Segue so oder so angegriffen. Vielleicht hätte uns das noch mehr Leben gekostet. Patty ist gestorben, aber du hast überlebt, um uns zu warnen und uns zu retten.«

»So einfach ist das nicht.«

Adam wagte einen weiteren Blick zu Talia. Ihr Profil leuchtete hell vor dem intensiven Grün, das vor dem Fenster vorbeiflog. Die Frau war intelligent; wenn es um komplizierte Sachverhalte ging, gab sie sich nicht mit einfachen Lösungen zufrieden.

»Nein, so einfach ist es nicht«, gab er zu. »Aber Pat hätte nie irgendjemanden verletzen wollen. Nimm das Leben, das sie dir geschenkt hat, uns geschenkt hat, und sei glücklich.«

»Du bist nicht glücklich.«

»Mein Bruder wurde im California gegrillt. Ich bin entzückt. Ich trauere um Patty, sobald das alles vorbei ist.«

Adams Herz zog sich zusammen. Er würde trauern. Um Tante Pat, um Mom und um Dad. Und um die Schwester und den Wachmann, die im ersten Jahr gestorben waren. Und den Labortechniker im dritten Jahr. Und um alle, die heute gestorben waren. Aber nicht um Jacob. Niemals. Er hatte sich freiwillig für diesen Albtraum entschieden, also sollte er schmoren.

Die Bergstraße endete an einer vierspurigen Kreuzung. Adam trat das Gaspedal durch, und der Diablo schoss über die Haltelinie. Wie eine süße Droge strömte Adrenalin durch Adams Körper. Talia schrie auf und stützte sich am Armaturenbrett ab. Einige Wagen hupten, was er ihnen nicht verübeln konnte. Der Diablo war ein Meisterwerk.

Das Auto schleuderte am Supermarkt vorbei, fuhr um Middleton herum und erreichte den Highway, ein schnurgerades zweispuriges Asphaltband, das geradezu nach einem irrsinnig schnellen Motor zu verlangen schien und nach jemandem, der wahnsinnig (oder verzweifelt) genug war, ihn auszufahren.

Er beschleunigte den Wagen, und der Motor gab einen singenden, durchgehend hohen und wunderschönen Ton von sich. Ein Loblied auf die Geschwindigkeit. Bravo.

Der Diablo erreichte hundert Meilen. Hundertdreißig. Auf beiden Seiten der Straße tauchten Berge auf, am Fahrbandrand erstreckte sich ein Grünstreifen. Aus den Augenwinkeln sah Adam unscharfe gelbe Tupfen vorbeifliegen.

Vor ihm erstreckte sich die Straße. Abgesehen davon, dass er gelegentlich einen deutlich langsameren Wagen auf dem beinahe leeren Highway überholen musste, hatte Adam Zeit nachzudenken. Wenn Talia nicht geschrien hätte, wäre jetzt alles aus. Nach dem Militärangriff hätte man Segue geschlossen und ihn und seine Angestellten wer weiß wo in Sicherheitsverwahrung genommen oder an die Geister verfüttert.

Unglaublich.

»Talia«, sagte er und umklammerte das Lenkrad, um seine Wut zu zügeln. »Ich brauche deinen klaren Verstand. Hilf mir, dem allen einen Sinn zu geben.«

»Okay«, erwiderte sie müde. Vorsichtig.

»Lady Amunsdale hat von der ›leeren Haut‹ gesprochen. Von Jacob und den Glühwürmchen in ihm, die« Adam schluckte, als er an seine Eltern dachte »die Seelen der Menschen sein müssen, von denen er sich ernährt hat.«

Talia nickte energisch.

»Und wir wissen, dass der Schattenmann, der Tod, ohne deine Hilfe nicht an die Geister herankommt. Anscheinend befreist du ihn durch deinen Schrei. Du holst ihn in unsere Welt und versetzt ihn dadurch in die Lage, diese Mistkerle umzubringen.«

»Ja.« Sie blickte aus dem Fenster, sodass er ihren Gesichtsausdruck nicht sehen konnte. Wenn es um ihren Vater ging, fühlte sie sich ganz und gar nicht wohl.

Adam fuhr fort. »Etwas ist geschehen, ein bislang unbekanntes Ereignis, in dessen Folge der Tod gefangen genommen wurde. Das haben wir auf den Gemälden gesehen, die du entdeckt hast. Und irgendetwas hat Jacob die Möglichkeit verschafft, für immer zu leben.«

Talia lieferte mit leiser Stimme den Namen. »Der Dämon. Der Todessammler.«

Adam sah zu ihr hinüber und versuchte, ihren Blick auf sich zu ziehen. »Du weißt, dass wir ihn finden müssen, stimmt’s?«

Keine Antwort.

»Du weißt, dass das Ganze nicht vorüber ist, ehe der Dämon erledigt ist.«

Schweigen.

Er kam zum Punkt. »Irgendwann musst du deinen Vater noch einmal herbeirufen.«

Sie lehnte den Kopf zurück gegen den Sitz und schloss die Augen. Sie wollte mit alledem nichts zu tun haben, nicht mit ihm.

Er wünschte sich, dass sie es ihm sofort versprechen würde, aber irgendetwas hielt ihn davon ab, sie darum zu bitten. Er war sicher, dass sie es ihm sofort versprechen würde, wenn er sie dazu drängte. Dass sie tat, was getan werden musste. Aber etwas zwischen ihnen wäre zerbrochen. Ein Vertrauen, eine Bindung, eine Chance auf etwas Gutes in seinem Leben. Davon hatte er so wenig, dass er das hier nicht aufs Spiel setzen durfte. Nicht einmal für den Krieg.

Am Stadtrand von Dickerson kündigten Schilder eines Einkaufszentrums eine erschlagende Auswahl an Geschäften an: Mikasa, Osh Kosh, Gap, Motherhood, Saks und mehr. Fünfzehn Meilen! Zehn! Fünf!

Unter anderen Umständen wäre die Aussicht, eine Einkaufspassage zu betreten, entsetzlich gewesen. Nicht so heute. Adam blickte zu der Ansammlung einfacher Gebäude. Weiß und sauber kauerten sie nebeneinander und boten der weiblichen Kundschaft optimalen Einkaufskomfort.

Er nahm die Ausfahrt und hinterließ etwas Gummi auf der Straße, als er mit Schwung auf den Parkplatz bog. Er fuhr an der großen Parkfläche vorbei auf die Rückseite, wo ein Sattelschlepper vor einer Laderampe stand. Er parkte den Diablo im Schatten des Lastwagens, den die späte Nachmittagssonne hinter den Anhänger warf.

Als er den Motor ausmachte, wirkte die Welt überwältigend still.

»Komm schon, komm«, drängte Adam, während er aus dem Fahrzeug ausstieg und dabei sein Bündel hinter sich herzerrte. Erschrocken stieg Talia auf ihrer Seite ebenfalls aus.

Als er stand, presste er seine Lippen auf die Tür des Diablo. Wenn dieser Krieg vorbei war, würde er sich einen neuen besorgen. Verdammt schade, dass er dieses Prachtstück hier zurücklassen musste, aber es war immer noch besser als das Schicksal, das der California erlitten hatte.

»Wohin gehen wir?« Talia schlug die Tür zu.

Adam sprang auf die Laderampe aus Beton und zog sie neben sich nach oben. »Wir müssen nach New York, aber der Diablo ist zu auffällig. Wir besorgen uns eine Mitfahrgelegenheit und fahren Richtung Norden.«

Wahrscheinlich musste er ein Auto kurzschließen. Verdammt das hatte er seit Jahren nicht mehr gemacht. Wo war Custo, wenn man ihn brauchte?

Adam versuchte, die rote Metalltür rechts von der Laderampe zu öffnen. Auf dem Boden qualmte eine Zigarettenkippe. Netterweise war die Tür unverschlossen. In einem Lagerraum stapelten sich braune Kartons mit schwarzem Aufdruck dicht an dicht, immer drei oder mehr übereinander. Dahinter führte eine Doppeltür in dunklem Beige vermutlich in das Einkaufszentrum.

Talia zerrte an seinem Arm. Oh, nein. Er blickte zurück, bereit zu kämpfen.

»Toilette«, sagte sie und blinzelte mit den Augen.

Er sah sich um und atmete erleichtert auf. Die offene Tür mit der sauberen Toilette hatte er vollkommen übersehen. Rechts daneben auf einem Schild stand »Nur für Personal«.

»Mach schnell«, erwiderte er. Eigentlich hatten sie für so etwas keine Zeit.

Mit einem tiefen Seufzer rannte Talia hinein und schloss die Tür.

Adam strich sich mit der Hand durch die Haare. Wenn sie gefangen und umgebracht wurden, nur weil sie mal musste Auf der anderen Seite der Kartons entdeckte er eine Reihe Haken, an denen Taschen baumelten. Ihm kam eine Idee.

Er schritt darauf zu und durchwühlte die erste Tasche nach einem Schlüssel. Treffer. Mit etwas Glück arbeitete die Frau, der das Fahrzeug gehörte, bis Ladenschluss um er streckte den Kopf und spähte auf den aufgehängten Dienstplan neun Uhr. Er musste nicht beweisen, dass er noch in der Lage war, einen Wagen kurzzuschließen.

»Adam?«, rief Talia leise.

»Hier.« Er trat hinter den Kartons hervor und traf sie vor der Tür. Er griff ihren Ellbogen und deutete auf die Doppeltür. »Wir laufen geradewegs durch das Gebäude und verlassen es durch den Vorderausgang.«

Sie betraten die Schuhabteilung und hasteten durch ein Labyrinth aus Kleiderständern und Accessoires. Das Geschäft den roten Buchstaben an einem Ende des großen Raumes nach zu urteilen, Saks war riesig. Mindestens zwölf Frauen sahen prüfend die Kleidung durch. Adam stieß die Vordertür auf, überquerte die Straße und lief auf eine Reihe Großraumlimousinen, Gelände- sowie Kleinwagen zu.

Er betätigte den Knopf an dem Schlüssel. Ein silberner Malibu reagierte mit dem satten Geräusch sich öffnender Schlösser. Es war bei Weitem kein Diablo, aber immerhin ein Transportmittel.

Adam bedeutete Talia einzusteigen, und schon bald waren sie wieder auf der Straße. Er stellte den Tempomat auf siebzig Meilen in der Stunde ein. Als ein Polizeikonvoi mit heulenden Sirenen von hinten nahte, bedeutete er Talia, ihr auffälliges Gesicht zu verbergen, und hielt auf dem Schotterrand. Die Polizei sauste vorbei. An der nächsten Ausfahrt fuhr Adam ab. Dann nutzte er, soweit es ging, Land- und Umgehungsstraßen.

Er sah hinüber zu Talia. Sie hatte den Ellbogen am Beifahrerfenster abgestützt und den Kopf auf die Hand gelegt. »Wieso versuchst du nicht, etwas zu schlafen?«

»Ha.« Sie lachte erschöpft. »Ich glaube, ich werde nie wieder schlafen können.«

»Wieso versuchst du es nicht? Lehn dich zurück, schließ die Augen und entspann dich. Wir haben einen langen Weg vor uns.«

Skeptisch hob sie eine Braue, kauerte sich jedoch in den Sitz und verschränkte die Arme vor der Brust.

Als er das nächste Mal zu ihr hinübersah, war ihr Kiefer entspannt, die Lippen leicht geöffnet und das Kinn etwas zur Seite geneigt, sodass ein paar Sonnenstrahlen darauf fielen. Talia. Die Schlafende Schöne. Zu schade, dass das hier kein Märchen war.

t

Ein lautes Hupen riss Talia aus dem Schlaf. Sie klammerte sich an den Sitz, rappelte sich hoch und blickte blinzelnd auf die scharfen Kontraste zwischen dunkler Stadt und hellen Lichtern.

»Da bist du ja wieder. Willkommen«, sagte Adam. In seinem Gesicht zeigte sich ein Bartschatten.

»Wo sind wir?«, krächzte sie.

»In New York. Du warst sieben Stunden lang bewusstlos.« Adam klang amüsiert. Sie fühlte sich wie gerädert, als wäre sie unter einen Bus geraten.

»Wie spät ist es?« Sie streckte sich, damit die Durchblutung einsetzte, und bog den Rücken durch, um die Verspannung im unteren Teil ihrer Wirbelsäule zu lockern.

»Gegen Mitternacht.« Sein Blick zuckte hinunter zu ihrem Körper und blieb dann an ihrem Gesicht haften. »Du siehst besser aus. Den Schlaf hast du dringend gebraucht. Gut abgepasst wir müssen das Auto loswerden, dann gehen wir zum Loft.«

»Zum Loft?«

»Ein Unterschlupf, den Custo und ich uns teilen und den man nicht mit uns in Verbindung bringt. So « Er bog abrupt ab und fuhr in ein Parkhaus.

Adam parkte den Wagen und stieg aus. Talia folgte seinem Beispiel und streckte sich im Stehen noch einmal.

»Wir brauchen eine Tageskarte«, sagte Adam zu dem Parkwächter, der auf sie zukam.

»Das macht fünfunddreißig.« Der junge Kerl wirkte, als würde er sich zu Tode langweilen.

»Okay.« Adam nahm ein dunkelrotes Ticket entgegen und reichte ihm die Schlüssel.

Selbst nach Mitternacht tobte das Leben in der Stadt. Aus einer unbekannten Quelle dröhnten moderne Rhythmen. Autos zischten vorbei, Bremsen quietschten. Eine Stimme tauchte aus einer Unterhaltung auf und ging in dem Gemisch der Geräusche unter. Talia tat einen tiefen Atemzug und nahm den sanften Duft der Nacht wahr, in den sich der Geruch von altem Beton, Abgasen und Abfall mischte. Seltsam, die Zusammenstellung war nicht unangenehm. Sie streckte den Kopf, um die Spitzen der hohen Gebäude zu sehen. So viel Leben auf so engem Raum.

»Ich bin noch nie hier gewesen«, sagte sie zu Adam, als sie bemerkte, dass er sich über sie amüsierte.

»Das gibt es auch nirgendwo sonst. Hier entlang. Wir müssen ins Haus.«

Klar. Es konnten jeden Augenblick Monster mit gebleckten Zähnen und einem großen, bösen Buh hervorspringen und sie auffressen. Drinnen waren sie sicherer.

Sie folgte Adam, der quer über die Straße lief. Drei Blocks weiter blieb er vor einem Eingang stehen. Als sie die kleine Tastatur auf Augenhöhe entdeckte, verdrehte Talia die Augen. Typisch Adam. Sie fuhren mit einem Industrieaufzug ins oberste Stockwerk, das sich zu einem großen Raum hin öffnete.

Er trat ein und sagte: »Hier sind wir sicher. Wenn irgendjemand das Gebäude in meiner Abwesenheit betreten hätte, würden meine Codes nicht mehr funktionieren.«

»Aha. Dir gehört also das ganze Gebäude?« Na klar.

Die Wände wurden von riesigen kraftvollen Gemälden beherrscht, die über zwei Stockwerke reichten. Die Farben Rot, Orange, Bordeauxrot, Ziegelrot waren wellenförmig in einander überlagernden Ölschichten aufgetragen, um Weite und Dramatik zu erzeugen. Die klaren, schlichten Möbel passten mit ihren dunklen, fast schwarzen Tönen gut zu der Kunst. Die Luft roch leicht abgestanden. Auf der einen Seite des Raums befand sich eine Sitzgruppe mit Sesseln, Couchtisch und Sofa, die so angeordnet waren, dass man den beeindruckenden Blick auf die nächtliche Stadt genießen konnte. Fenster vom Fußboden bis zur Decke. Die vernarbten Holzbohlen erinnerten sie stark an Adam: robust, schön und abgenutzt.

Talia blickte wieder zu den Fenstern. »Kann jemand hier hereinsehen?«

»Das sind Einwegscheiben. Fühl dich ganz wie zu Hause. In der Küche sollte etwas zu essen sein. Ich muss mit Custo sprechen und mich davon überzeugen, dass es allen gut geht.«

Sie wandte sich in die Richtung, in die er gezeigt hatte. Neben ihr befand sich eine offene Küche aus nacktem, gebürstetem Stahl, aber ihr Blick glitt zurück zum Fenster.

Sie war nicht hungrig, nein. Nicht bei einer so überwältigenden Aussicht. Aus der löchrigen Silhouette blitzten Lichtpunkte auf. Die Stadt wirkte rau und männlich und strahlte eine verführerische Kraft aus. Eine Kraft, von der sie sich vorstellen konnte, dass sie für Fremde leicht unangenehm werden konnte, ja sogar brutal.

Sie ließ den Blick zu Adams Spiegelbild gleiten, das sich in der Fensterscheibe vor ihr über die Stadtansicht gelegt hatte. Während er polternd in sein Telefon sprach, beugte er sich über einen Schreibtisch und kritzelte etwas. Unter seinem T-Shirt zeichneten sich seine kräftigen Rückenmuskeln ab. Als er sich aufrichtete, trieb der Anblick seiner durchtrainierten Brust und der breiten Schultern eine Lustwelle durch ihren Körper, ließ ihren Puls höher schlagen und entfachte ein Feuer in ihrer Mitte. Ihre Blicke begegneten sich in der Scheibe. Er wirkte ernst und nachdenklich, aber sein Blick war lustvoll und bohrend. Zweimal war sie vor ihm davongelaufen und vor dem Aufruhr hinter seiner kontrollierten Fassade geflüchtet. Hatte sich gegen das Brennen seiner intensiven Gefühle abgeschottet. Das war dumm und schwach von ihr gewesen. Sie wollte nicht mehr davonlaufen.

Sie standen kurz vor der Vernichtung, am Rande des Abgrunds; es gab kein Zurück mehr. Es blieb nicht mehr viel Zeit, das Leben zu genießen. Sie wollte ihn.

Er setzte sein Gespräch fort, gab kurze, knappe Anweisungen und ließ sie dabei nicht aus den Augen. Adam hielt sie mit seinem Blick gefangen. Sie hätte die Verbindung nicht durchbrechen können. Adam war die Stadt, voll gefährlicher Kraft und auf seine ganz eigene Art bedrohlich.

Er legte auf, kam langsam zu ihr und stellte sich hinter sie, ohne sie zu berühren, nur sein warmer Atem strich über die Härchen in ihrem Nacken. Sie reagierte auf seine Nähe so, als würde er sie berühren, ihr Körper sehnte sich danach, sich ihm entgegenzubiegen und den Kopf zur Seite zu neigen, sodass er ihren Hals küssen konnte. Beinahe spürte sie seine Lippen auf ihrer Haut, genau da.

»Ist alles in Ordnung?«, fragte sie stattdessen mit dünner Stimme.

»So weit, so gut«, erwiderte Adam abwesend, während er ihr Spiegelbild in der Fensterscheibe von oben bis unten musterte. »Custo bringt noch die Letzten sicher unter. Dann kommt er her.«

»Das ist gut. Alles ist gut«, sagte sie vorsichtig. Ihre Nerven vibrierten, sie wollte ihn berühren. Wollte von ihm berührt werden.

»Ja.« Er sah ihr wieder in die Augen.

Adam spannte den Kiefer an, zuckte und trat einen Schritt zurück. Dann noch einen.

Talia ließ den Blick auf den Boden sinken und errötete beschämt.

Er räusperte sich. »Hast du nachgedacht, Talia?«

Sie überlegte. »Was meinst du?« Fragte er sie diesmal etwa erst, ob er sie anfassen durfte? Das wäre das erste Mal.

»Über den Krieg, Talia. Hast du dir Gedanken über die Konsequenzen gemacht? Kannst du damit umgehen? Ich muss wissen, ob du dazu bereit bist. Du bist unsere einzige Waffe.«

Eine Waffe. Wenn das Blut in ihren Adern zuvor erhitzt war, strebte es nun dem Siedepunkt entgegen. »Du meinst, du zielst mit mir auf die Geister und sagst ›Schrei‹. Ja, irgendwie habe ich das kapiert.«

»Nicht nur auf die Geister, sondern auf den Dämon, den Todessammler, der das IBÜ hinter sich hat.«

»Ich habe doch gesagt, dass ich es verstanden habe.« Talia klang gereizt und drehte sich zu ihm um. Adams Leben war die letzten sechs Jahre von einem einzigen übermächtigen Bedürfnis bestimmt worden. Dem Wunsch, seinen Bruder zu töten. Er würde erst zufrieden sein, wenn Jacob vernichtet war und seine stinkende Hülle auf dem Boden allmählich verrottete.

»Gut«, brummte Adam. »Ich wollte sichergehen, dass du weißt, worauf du dich einlässt. Was auf dem Spiel steht. Wieso wir nicht riskieren dürfen, es zu verderben.«

»Der Krieg hat für dich oberste Priorität«, wiederholte Talia. Ihre Bedürfnisse waren zweitrangig.

»Für uns«, korrigierte er.

»Du hast dich mehr als klar ausgedrückt. Und ich bin kein Idiot, sondern durchaus in der Lage, die Konsequenzen der Situation zu begreifen.« Die Lage war einfach. Sie war die Tochter des Todes und dazu bestimmt, allein zu leben, in einem Krieg zu sterben, den sie nicht verstand, und nie ein normales Leben führen zu können.

»Ich habe nicht behauptet, dass du ein Idiot bist«, schoss er zurück.

»Siehst du hier irgendwelche Geister?« Talia gestikulierte wild mit den Armen. »Du hast gesagt, das Loft wäre sicher. Oder?« Sie würde sich niemals verlieben, ein Haus kaufen und eine eigene Familie gründen.

Er zog die Augen zusammen. »Ja.«

»Und bei deinem Krieg ist gerade Waffenpause?« Nie die intimsten Sehnsüchte mit jemandem teilen.

Bei ihren sarkastischen Worten verfinsterte sich seine Miene. »Gerade ja.«

»Es gibt keine anderen Situationen, in denen es um Leben und Tod geht?« Nie die Leidenschaft kennenlernen und Befriedigung erfahren.

»Im Augenblick nicht«, sagte er knapp und ganz offensichtlich wütend.

»Gut.« Talia schritt durch den Raum und trat dicht vor ihn. Es war höchste Zeit, dass sie sich nahm, was sie wollte.

Er streckte die Arme nach ihr aus und zog sie an sich, während sie seinen Hals umschlang. Sie ließ eine Hand nach oben gleiten und griff in seine Haare. Kurz bevor er ihre Lippen berührte, spürte sie seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht, seine Bartstoppeln strichen wundervoll über ihre Haut.

Pure Lust umwaberte ihre Sinne, die sich auf seltsame Weise mit seiner mischte, was unweigerlich zu einem heftigen Sturm führte. Was auch immer er ansonsten fühlte oder welche finsteren Seiten er verbarg, war ihr egal.

Schließlich berührte er ihren Nacken mit seinen Lippen und streifte dabei mit seinem rauen Kinn ihre Haut, seine Zähne kosteten von ihr und tasteten sich hinunter bis zu ihrem Schlüsselbein. Gefährliche, heiße Funken schossen über ihre Nervenbahnen.

Seine Hände waren überall. Mit einer drückte er ihre Taille an sich. Mit der anderen strich er über ihr Hinterteil, schob sie zwischen ihre Beine und hob sie hoch. Seine Berührung entfachte ein gieriges Feuer, das in ihrer Mitte hinaufzüngelte und sie zum Schmelzen brachte. Er musste ihre Erregung spüren, denn er stöhnte erneut. Er begehrte sie genauso sehr wie sie ihn, der Beweis drückte sich an ihren Bauch.

Talia ließ ihre Hand zu dem festen Muskel gleiten, der sich an seinem Arm wölbte und genoss, mit welcher Leichtigkeit er ihr Gewicht hielt. Er brachte sie zurück zum Fenster und drückte sie gegen die glatte, kühle Scheibe. Sei schlug beide Handflächen gegen das kalte Glas, suchte verzweifelt Halt, fand aber keinen. Nur Adam konnte sie halten, während sie am Rand der Nacht schwebten.

»Die letzte Chance wegzulaufen«, murmelte er in ihr Ohr. Er stellte sie auf die Füße und presste ihren Körper gegen die Scheibe, der Druck fühlte sich wundervoll an und verströmte Lust. Selbst wenn sie gewollt hätte, hätte sie ihm nicht entkommen können.

Aber das wollte sie auch überhaupt nicht. Sie wollte es einmal erleben. Kurz vor dem Tod wollte sie dieses Geheimnis des Lebens kennenlernen. Sie wollte, dass er sie veränderte, sie verbrannte, mit Schmerz und Lust alle Gedanken in ihrem Kopf versengte. Begehrte.

Sie ließ den Kopf auf seine Brust sinken. Er roch würzig, irgendwie rätselhaft, aber gut. Ihre Finger tasteten unter seinem Hemd nach seiner feuchten Haut und fuhren über jede Wölbung seiner wohlgeformten Bauchmuskeln. Bei dieser Berührung sehnten sich ihre Nerven nach mehr und bebten vor Erregung.

Getrieben von den himmlischen, überwältigenden Gefühlen, die sie durchströmten, richteten sich selbst in den hintersten Ecken die Schatten auf. Sie konnte nichts dafür und hoffte, dass er es nicht bemerkte. Sie konnte jetzt nicht aufhören.

Mit den Fingerspitzen erforschte sie seine erhitzte Haut und schob sein Hemd hinauf, bis sie die Wölbung seiner Brust spürte. Er stöhnte so, dass sie das Vibrieren an ihrem Körper spürte, und ließ sie gerade so lange los, dass sie das T-Shirt über seinen Kopf streifen konnte, dann führte er die Bewegung fort und befreite auch sie von ihrem Oberteil. Er schob ihren BH nach oben und entblößte ihre Brüste, deren Nippel steif hervorstanden. Dann zog er sie erneut an sich.

Als Talia seine nackte Haut auf ihrer spürte, durchfuhr sie eine ekstatische Energie wie ein Blitzeinschlag, ein brennender Schock, der ihr den Atem raubte und ihr die Kontrolle nahm.

Sie spürte, wie seine Lust wuchs, heftiger, intensiver, entschlossener wurde. Er strebte nur auf ein Ziel zu. Dasselbe wie sie. Ja. Jetzt. Alles.

Hinter ihr pulsierte die Dunkelheit der Stadt und wütete in einem bedrohlichen Sturm aus Schatten. Sie versuchte, sich zu beherrschen bitte! –, aber Adam schob die Hose von ihren Hüften und machte es ihr unmöglich, ihre Lust zu kontrollieren. Ihr Herz hämmerte, und sie keuchte, als Adam seine eigene Hose und die Boxershorts fallen ließ und sie mit dem Fuß hinter sich schob. Er streifte ihre Unterwäsche ab, entblößte sie ganz und gar, hob sie erneut hoch und drückte sie gegen die Scheibe.

Sie breitete ihre Arme auf der klaren, kalten Oberfläche aus, um die drohende mächtige Dunkelheit abzublocken, sie zurückzuhalten, und zitterte vor Anstrengung.

»Herrgott, Talia«, brummte Adam an ihrem Hals. »Lass sie kommen. Ich habe keine Angst vor der Dunkelheit.«

Er strich mit seiner heißen Handfläche über ihre Brust und reizte mit dem Daumen ihren Nippel. Und dann schob er sich in sie hinein. Sein Stoß und ihr Gegendruck zerstörten ihre Unschuld und raubten ihr die letzte Kontrolle.

Die schwarzen Schatten aus der Stadt stürmten den Raum. Seine Kraft und Vitalität reizten ihre Nerven. Ihre Sinne nahmen alles überdeutlich wahr, aber sie schloss die Augen. Sie wollte nicht mit den Augen sehen, die der Tod gezeugt hatte, sie wollte nur Adams wundervolle Lust in sich spüren. Er bewegte die Hüften, drang tief in sie ein und sie barst vor Lust. Ihr Körper zog sich wundervoll, beinahe schmerzhaft zusammen. Sie schlang die Beine um ihn, und aus ihrer Mitte löste sich eine Druckwelle.

»Talia«, keuchte er. Er bewegte seine Hüften leicht zurück und drang erneut kraftvoll in sie ein.

Talia stockte der Atem, und sie drückte sich ihm entgegen. Er drang wieder in sie ein und berührte sie so tief, dass er die Schatten aufscheuchte und sie um ihre miteinander verschmolzenen Körper herumwirbelten. Als er auch den letzten Nerv in ihrem Körper geweckt hatte und sie sich nach Erfüllung sehnte, klammerte sie sich an ihn. Dann kam er mit einem archaischen Stöhnen, dehnte sie bis an die Grenze und überraschte sie erneut mit heftiger Ekstase, die von ihm auf sie überging und ihr eine Welle großer Glückseligkeit bescherte.

Adam lehnte den Kopf über ihrer Schulter an die Scheibe und keuchte. Seine Gefühle hatten sich aufgelöst, als wären seine Sorgen fast vergessen. Es war seltsam friedlich.

Ihr eigener Sturm löste sich in einem Strudel aus Schatten auf.

Talia schlug die Augen auf, um Adam anzusehen. Um zu sehen, wie schön er aussah, wenn die Dämonen in ihm schwiegen. Der Blick aus ihren dunklen Augen drang durch Haut und Knochen, durch die sterblichen Schichten seines Körpers. Sie stellte fest, dass sie eine Säule aus Licht in Armen hielt, deren Wille sich aufgelöst hatte, schöner als jede Vorstellung. Sie betrachtete ihre blassen leuchtenden Arme um seinen Schultern.

Sie war anders. Sie sah anders aus als Adam.

Sie hatte immer gewusst, dass sie anders als alle anderen war, aber sie hatte nie begriffen, dass sie aus einer anderen Materie bestand.

Talia wurde genauso kalt wie ihre Schatten.

Wie konnte sie auf diese Weise mit jemandem verbunden und gleichzeitig so einsam sein?

Adam lachte, stützte sich mit einer Hand an der Glasscheibe ab und blickte in ihr Gesicht. »Wenn wir morgen noch leben, sorge ich dafür, dass es das nächste Mal besser wird. Du bist so verdammt sexy, ich konnte nicht mehr denken. Ich hätte langsamer sein sollen, vorsichtiger. Habe ich dir wehgetan?«

Sie spürte einen Kloß im Hals, schüttelte aber den Kopf. Nein.

Er glitt aus ihr heraus und hob sie hoch, um sie in seine Arme zu schließen. Sie schmiegte sich an ihn und ignorierte die Tatsache, dass sie nie wirklich zusammen sein konnten. Sie war zu anders, zu fremd, zu seltsam, um je wirklich zu ihm zu gehören.

Er brachte sie durch eine Tür in ein grau gefliestes Badezimmer und setzte sie dort auf dem Boden ab. Dann griff er in eine Nische aus rauchigem Grün, die mit verschiedenen Düsen ausgestattet war, und drehte das Wasser auf. Die Nische bot Platz für zwei, und als langsam der Spiegel beschlug, zog er sie mit sich hinein. Er seifte einen Waschlappen ein. Als er gerade den weichen Schaum auf ihre Schulter strich, ertönte ein elektronisches Trillern.

Adam hielt mitten in der Bewegung inne. Wieder klingelte das Telefon. »Verdammt, Talia, da muss ich ran. Es tut mir leid.«

Ja, ihr tat es auch leid.