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Als Talia erwachte, wurde sie von gleißendem Licht geblendet. Unerbittliche Hände stießen sie in eine Wanne mit kaltem Wasser, in dem unsichtbare eisige Messer aufragten. Sie wehrte sich, aber die Hände ließen nicht von ihr ab; die Messer bohrten sich nur noch tiefer in ihre Muskeln.
Sie erschauderte, heftige Zuckungen schüttelten ihren Körper, ihr Herz galoppierte wie ein wildes Pferd, und sie sank noch tiefer in das Wasser.
Über ihr tauchte ein Kopf auf, um den die Deckenlampe eine Art Heiligenschein bildete.
»Dr. O’Brien«, sagte eine tiefe Männerstimme. »Sie haben einen Hitzschlag. Wir versuchen, ihre Körpertemperatur zu senken.«
Hitzschlag? Das war eine Lüge. Sie fror.
Sie machte sich klein und kniff die Augen zusammen, wodurch sich das Pochen in ihrem Schädel verstärkte. In der Dunkelheit können sie dich nicht finden. Sie biss die Zähne zusammen, doch sie klapperten in ihrem Kopf weiter. Bitte, lass nicht zu, dass sie mich finden.
Ihr Körper wurde von Krämpfen gequält, in den Waden, im Kreuz. Ihre Kleidung klebte schwer auf ihrer Haut. Ein Geräusch hallte durch den Raum. Ein Schrei wuchs zu einem Kreischen an. Sie biss sich auf die Lippen – keine Schreie, kein dunkler Teufel – und klammerte sich an den Arm, der sie festhielt.
»Patty sagt, dass sie heftige Krämpfe bekommen wird und wir ihre Beine und Waden massieren sollen«, erklärte eine andere männliche Stimme.
»Dann komm her und halte sie, damit ich sie massieren kann«, erwiderte die erste.
Eine männliche Gestalt hockte sich neben sie.
Ihr Magen verkrampfte sich; sie würgte, spürte, wie sie abrupt nach oben gerissen wurde und übergab sich über den Wannenrand.
»Verdammt«, fluchte der zweite Mann.
Sie betteten sie zurück in das Wasser. Ein stahlharter Männerarm legte sich über ihre Brust, während jemand erbarmungslos ihre Wadenmuskeln knetete. Es tat weh. Schmerzte. Hände glitten ihre Schenkel hinauf.
Fremde Hände an ihrem Körper. Nein! Wieder trat sie um sich. Ein Schwung Wasser schwappte über sie hinweg.
»Beruhigen Sie sich, Dr. O’Brien. Sie kommen wieder in Ordnung. Sie müssen etwas trinken. Würden Sie das für mich tun?« Das war wieder die erste Stimme.
Etwas berührte ihre Lippen. Ein Strohhalm. Sie hatte das Gefühl, ihn mit ihrer dicken Zunge nicht beherrschen zu können. Ein Schwall sauersüße Flüssigkeit floss in ihren Mund und mischte sich mit der Säure des Erbrochenen. Sie würgte und hustete.
»So ist es gut. Noch ein bisschen mehr.«
Sie versuchte es, aber sie zitterte zu stark.
»Mehr«, befahl die Stimme nicht mehr ganz so freundlich.
Am liebsten hätte sie geweint, aber sie gehorchte und trank einen großen Schluck.
»Überprüfe ihre Temperatur«, sagte der andere Mann. »Wir müssen aufpassen, dass sie nicht zu schnell abkühlt. Das wäre nicht gut.«
Eine Hand legte sich auf ihre Stirn. Sie ruhte dort lange genug, damit sie deutlich die große Kraft ihres Besitzers spüren konnte. Die Hand verschwand wieder. »Fühlt sich immer noch heiß an, aber durch das Eiswasser sind meine Hände so kalt, dass ich mich vielleicht täusche. Hat Patty gesagt, wie lange wir sie in der Wanne lassen sollen?«
»Bis ihre Temperatur gesunken ist.«
Eine andere Hand legte sich auf ihren Kopf, zu leicht und zu kurz, als dass sie etwas spüren konnte. »Ich glaube, es ist besser.«
»Okay. Holen wir sie raus und ziehen ihr die Sachen aus. Wir brauchen etwas, in das wir sie einwickeln können. Nichts Schweres. Zieh das Laken vom Bett ab.«
Der erste Mann griff unter ihre Arme und zog sie aus dem Wasser, bis sie triefend vor der Wanne stand. In ihrer Kleidung. Seltsam. Er kniete vor ihr, öffnete den Knopf ihrer abgeschnittenen Jeans, zog sie herunter und verlagerte ihr Gewicht, sodass sie sie abstreifen konnte. Bei ihrem Slip zögerte er, streifte ihn dann aber auch hinunter.
Wie demütigend, aber sie zitterte zu sehr, um irgendetwas dagegen unternehmen zu können. Sie wandte den Blick von ihm ab und nahm ein kleines, spartanisch und praktisch eingerichtetes Schlafzimmer wahr. Es roch wie in einer Garage.
»Eine Schere«, rief der Mann, der sie auszog.
Plötzlich löste sich ein Schluchzer aus ihrer Brust. Sie kippte nach vorn und stützte sich mit den Händen auf den Schultern des Mannes ab.
Ein warmer Arm legte sich um ihre Taille, um sie zu stützen. Seine Hand lag heiß auf ihrer Haut, sie konnte seine Kraft und Entschlossenheit spüren. Bei der Berührung erinnerte sie sich daran, dass eben dieser Arm sie in der Dunkelheit gegen die Hauswand geschoben und sich schützend vor sie gestellt hatte. Das Monster hatte keine drei Schritte entfernt gestanden …
Eine Schere zerschnitt ihr T-Shirt. Ihren BH zerteilten sie ebenfalls, was überflüssig war, denn schließlich befand sich der Verschluss an ihrem Rücken. Eine Hand schob den nassen Stoff wie ein Jackett von ihren Schultern.
Ein weißes Laken blähte sich auf und wehte einen eiskalten Luftstoß um ihre Schultern, dann wickelten sie sie hinein. Der Mann hob sie hoch und setzte sie sanft auf einem harten Stuhl ab.
»Trinken Sie«, sagte er.
Sie gehorchte. Aber ihr Magen rebellierte gegen die saure Flüssigkeit.
»Hast du ein Thermometer gefunden?«, fragte er über seine Schulter hinweg.
»Nein. So etwas gehört nicht zum Inventar eines Erste-Hilfe-Kastens.«
Wieder legte sich die Hand schwer auf ihre Stirn. »Ist das Flugzeug bereit zum Start?«
»Ja. Das sollte es sein«, entgegnete der andere. »Der Arzt kommt in ein paar Minuten.«
Flugzeug? Der Strohhalm stieß gegen ihre Oberlippe.
»Trinken Sie«, befahl der Mann erneut.
Sie sog etwas Flüssigkeit in ihren Mund.
»Was ist das?« Ihr Hals fühle sich rau an, ihre Stimme klang kratzig. Das Sprechen kostete sie große Anstrengung.
Der Mann hockte sich zu ihren Füßen nieder. Seine Augen, graublau wie der Ozean, blickten entschlossen und selbstsicher unter dunklen Brauen hervor, die er konzentriert zusammengezogen hatte. Unter seinen kurzen dunklen Haaren zeigte sich auf der Stirn eine böse Schürfwunde, auf der sich Schorf gebildet hatte. Er war leicht gebräunt, und um seine Augen zeichneten sich kleine Fältchen ab, allerdings keine Lachfalten. Die gleichmäßigen Gesichtszüge waren attraktiv, aber seine ernste Miene wirkte angespannt vor Sorge, Angst und Anstrengung.
»Es ist nur Wasser mit Zucker.« Seine tiefe Stimme klang jetzt wieder freundlich, warm und beruhigend.
»Ein Sportgetränk mit Limonengeschmack«, ergänzte der andere.
»Talia, ich bin Adam Thorne. Das ist mein Freund Custo Santovari. Wir haben lange nach Ihnen gesucht.«
Eine Millionen Fragen waberten durch ihren wirren Kopf. Sie schmerzten beinahe so stark wie ihr Körper. Aber eine beschäftigte sie mehr als alle anderen und lohnte die Anstrengung, sie in Worte zu fassen.
»Bin ich verrückt?«
Er lächelte. »Nein. Die Welt ist verrückt geworden, aber Sie sind vollkommen normal. Sie waren sehr tapfer, wie Sie den Geistern so lange entkommen sind. Jetzt befinden Sie sich in Sicherheit. Ich werde nicht zulassen, dass Ihnen etwas geschieht.«
Adam bückte sich und hob sie hoch. Er drückte ihren Körper an seine Brust, wobei ihr Arm etwas unangenehm zwischen ihnen eingeklemmt war. Er roch gut, sein Kinn verströmte einen schwachen Zitrusduft, überdeckt von den Strapazen eines langen Tages.
Dort, wo er mit seiner nassen Kleidung ihre Hüfte berührte, breitete sich Feuchtigkeit aus.
Es ging durch einen schmalen Korridor. Unter ihnen Betonboden. Über ihnen längliche Leuchtstoffröhren. Dann hinaus in die Nacht über ein Rollfeld zu einem kleinen Flugzeug, vor dem eine weiße Treppe ausgefahren war, als erwartete man den Präsidenten oder heimkehrende Urlauber.
Ohne anzuhalten lief Adam mit kraftvollen Schritten die Stufen hinauf. Sie spürte, wie sein Herz unter ihrem Gewicht hämmerte. Er trug sie hinein, schob sich an einer breiten Wand vorbei und durch eine Tür hindurch, um sie auf einem bequemen Ledersessel abzusetzen.
Ihr war heiß, Schweiß kribbelte auf ihrer Kopfhaut, und sie bekam nur schwer Luft. Eine Flugbegleiterin, die sie bis dahin nicht bemerkt hatte, stellte ein Getränk neben ihr ab. Die Kabine drehte und neigte sich gleichzeitig.
Adam führte das Glas an ihre Lippen. »Ganz ruhig.«
Kühle Flüssigkeit floss in ihren Mund, lief ihre Kehle hinunter und tropfte an ihrem Kinn herab. Die Farben in der Kabine verblassten, es wurde dämmerig. Erneut legten sich die Schatten über sie und nahmen sie in Besitz.
»Wo bleibt der verdammte Arzt?«, schrie Adam.
Sie streckte blind die Hand aus, um sich irgendwo festzuhalten, und versuchte verzweifelt zu verhindern, ohnmächtig zu werden. Sie stieß gegen Adam, der in dem tosenden Sturm aus Schatten für sie ein kräftiger Anker war. Ganz tief in den dichten dunklen Schleiern glühten rote Augen. Schwarzer Wind. Dort im Verborgenen lauerte der Teufel.
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Adam beobachtete, wie Talias Körper von heftigem Zittern erschüttert wurde, ihre Iris verschwand hinter den sich weitenden Pupillen, und ihre Augen wurden vollkommen schwarz.
Er ließ das Glas fallen, das er an ihren Mund gehalten hatte, kniete zwischen den Scherben nieder und hielt ihre Hände, mit denen sie sich ungeschickt gegen Angriffe wehrte, die nur in ihrer Fantasie stattfanden. In der Kabine wurde es dunkel, die Beleuchtung wirkte gedämpft, während das Geräusch des Motors sich zu einem Zischen steigerte und dann wieder losröhrte.
Mist. Bitte nur ein Notfall zur gleichen Zeit.
Adam kämpfte sich durch die Dunkelheit, um Talias Handgelenke zu packen, damit sie sich nicht selbst verletzte. Die Lampen flackerten wieder auf. Gut.
In der Hoffnung, dass ihr Zustand sich stabilisierte, blickte er hinunter in ihre Augen. »Gleich kommt Hilfe. Sie kommen wieder in Ordnung. Bleiben Sie bei mir, Talia. Halten Sie durch.«
Ihr Zittern ließ nach, und sie atmete stoßweise. Unter seinen Fingern spürte er, wie ihr Puls raste. Wieder glühte ihre Haut.
Hinter ihm wurde die Tür des Flugzeugs zugeschlagen und der Sicherheitsbügel davorgeschoben. Adam blickte über seine Schulter nach hinten. Custo eilte mit einem kleinen asiatischen Mann heran, bepackt mit zwei Taschen, auf denen ein rotes Kreuz prangte. Eine Frau mittleren Alters, die eine weitere Tasche trug, begleitete ihn.
»Sie hatte gerade eine Art Anfall«, informierte Adam die Frau.
Talia bebte erneut, aber er hielt sie fest. Er sah, wie sich ihre Lider schlossen. Und – verdammt – wieder flackerte das Licht im Flugzeug und erlosch, während der Motor aufheulte.
»Doktor!«, bellte Adam, dann sagte er mit ruhigerer Stimme: »Alles ist gut, Talia. Halten Sie durch. Es ist Hilfe da.«
Aber die Hilfe kam nicht. Die Kabine des Flugzeugs blieb dunkel, während Talia unkontrolliert in ihrem Sitz zitterte. Adams Herz schlug heftig bei dem vergeblichen Versuch, die Kontrolle zu behalten und sie zu trösten.
»Custo!« Keine Antwort. Adam konnte in der Dunkelheit nichts erkennen. Wo zum Teufel blieb der Arzt? Wo zum Teufel war Custo?
Adam hoffte, dass er ein neues Flugzeug besorgte. Das hier war ganz offensichtlich nicht abflugbereit.
Talias Zittern ließ nach, bis nur noch leichtes Schluchzen ihre Brust erschütterte. Adam fühlte ihre heiße Wange und strich die wirren Haarsträhnen aus ihrem Gesicht. Ihr Kinn bebte unter seinen Fingerspitzen, während sie weinte, ohne Tränen zu vergießen.
Adam verstand. Es würde eine ganze Weile dauern, bis Talia sich von der ständigen Angst vor der Verfolgung durch die Geister und ihrem derzeitigen körperlichen Zustand erholt hatte.
»Bei mir sind Sie sicher, Talia. Ruhen Sie sich aus. Alles wird gut.« Hoffe ich.
Langsam gewöhnten sich Adams Augen an die Dunkelheit, sodass er die Umrisse ihres Gesichtes erkennen konnte. Ihre Haut leuchtete in der Dunkelheit. Regelrecht geisterhaft. Verstörend. Der Blick aus ihren ungewöhnlich schräg stehenden Augen suchte seinen, und sie schien sich zu entspannen. In der Kabine wurde es heller.
Ihre Gesichtszüge und ihr Teint waren überaus kontrastreich. Er fand die Kombination interessant, aber seltsam. Sie erinnerte ihn an Jacob, auf eine irgendwie übersinnliche Art perfekt und dann auch wieder nicht. Doch dass das Licht parallel zu ihren Krämpfen kam und ging, irritierte ihn. War das Zufall?
Die Schwester und der Arzt eilten herbei und ließen ihre Taschen auf den Boden fallen. Adam wich zurück, damit sie Platz zum Arbeiten hatten. Seine Knie schmerzten von den Scherben.
Nein. Ein Zusammenhang zwischen Talias wiederkehrendem Bewusstsein und der Veränderung, die in ihrer Umgebung vor sich ging, diesem Wechsel von Dunkel zu Hell, ließ sich nicht leugnen. Das Gleiche war in der Gasse passiert, als die Dunkelheit die Sterne, die Straßenlaternen, selbst das Licht in den Fenstern der Wohnungen über ihnen ausgelöscht hatte. Was hatte sie noch gesagt, als der Geist auf sie zugekommen war? Nutzen Sie die Dunkelheit.
Der Geist hatte nicht angegriffen, bis Talia das Bewusstsein verloren und die Dunkelheit sich aufgelöst hatte.
Talia sah Adam aus ihren ungewöhnlichen Augen an und suchte nach einem aufmunternden Zeichen. Er zwang sich zu lächeln und nickte: Jetzt kommst du wieder in Ordnung.
Als Adam aus dem Fenster blickte, stellte er überrascht fest, dass das Flugzeug in der Dunkelheit ohne Zwischenfall gestartet war. Adam ließ sich in einen Sitz auf der anderen Seite des Ganges, gegenüber von Talia und dem Arzt, fallen und dachte über die Ereignisse nach.
Talia hatte nicht die Umgebung, sondern nur seine Wahrnehmung der Umgebung verändert. Sie hatte ebenso die Wahrnehmung des Geistes in der Gasse beeinflusst.
Wie praktisch. Kein Wunder, dass die Geister so erpicht darauf waren, sie zu finden.
Was auch immer vor sich ging, es geschah in ihrer unmittelbaren Umgebung. Das Flugzeug und der Kapitän waren nicht davon betroffen gewesen, der Start war ganz normal verlaufen.
»Hast du dich auch zu Tode erschrocken?« Custo legte eine Hand in seinen Nacken.
»Ich glaube, es ist alles okay«, erwiderte Adam. »Das hat irgendetwas mit Talia zu tun.«
»Du machst Witze.« Custo ließ sich auf den gegenüberliegenden Sitz fallen.
Adam dachte laut nach. »Die Dunkelheit. Die seltsamen Geräusche. Durch irgendetwas löst sie das aus. Ich habe angenommen, die Geister wären hinter ihr her, weil sie den Schattenmann in ihrer Arbeit erwähnt hat, aber vielleicht steckt viel mehr dahinter. Sie ist nicht normal.«
»Ein Geist?« Custos Blick zuckte zu Talia, die auf dem Rücken lag.
Adam musterte ihr weißes Gesicht, die tiefen Ringe unter ihren Augen.
»Nein. Ihre Reaktion auf die extreme Hitze scheint ganz normal zu sein. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was sie ist. Vielleicht haben wir hier ein wirksames Mittel gegen die Geister gefunden.«
Diese Aussicht löste in ihm zugleich Begeisterung und Zurückhaltung aus, als hätte er inmitten des Großstadtdschungels einen seltsamen Schmetterling entdeckt. Er senkte den Blick zum Boden. Er brauchte Zeit, um die Geschehnisse zu überdenken. Um all seine bisherigen Schlussfolgerungen zu vergessen und sich neuen Erkenntnissen zu öffnen.
Er holte tief Luft. »Aber wir sollten keine voreiligen Schlüsse ziehen. Ich will alle zur Verfügung stehenden Informationen über sie. Wir befragen Freunde, Professoren und Nachbarn. Ich will ihre Geburtsurkunde, Arztberichte, Zeugnisse. Einfach alles.«
»Wir haben schon einiges an Material von der Vermisstenanzeige. Ich bohre noch einmal tiefer nach«, erwiderte Custo. »Und Herrgott noch mal, lass dich bloß auch von dem Arzt untersuchen, wenn er mit Talia fertig ist. Du siehst fürchterlich aus.«
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Grau. Die perfekte Farbe. Ein bisschen Dunkelheit, ein bisschen Licht. Hier fühlte Talia sich wohl.
Der Wind flüsterte weiche S-Laute, die keinen Sinn ergaben. » … sie ist stabil. Soll süß schlummern …«
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Talia öffnete die Augen. Sie lag in einem ihr unbekannten Doppelbett, über ihrer Brust eine Bettdecke, darauf ihre Arme. Die Wände um sie herum waren in einem schlichten hellen Gelbton gestrichen. Am Fußende stand ein leerer Tisch. Keine Fenster.
Sie blickte hinunter auf die Umrisse ihres Körpers. Er wirkte fremd, ein länglicher, flacher Hügel unter einer leichten Decke. Über einen durchsichtigen Schlauch war sie mit einem Beutel voll Flüssigkeit verbunden, den sie aus den Augenwinkeln wahrnahm.
Piep. Ihre Augen zuckten in Richtung des Geräusches. Piep. Über eine Art Bildschirm tanzte eine Linie mit Höhen und Tiefen. Piep.
Ein Herzschlag. Das war wenigstens etwas.
Sie bewegte ihre Beine, streckte die Zehen und zog ein Knie nach oben. Ihre Gelenke schmerzten, und ein Kribbeln sagte ihr, dass sie auf die Toilette musste.
Sie bewegte ihre Hüften.
Da war etwas zwischen ihren Beinen. Es brannte.
Ihr Magen verkrampfte sich, und sie schob eine Hand unter die Decke, um dem nachzugehen.
Kein Slip. Eine schmale Röhre. Oh Gott.
»Hallo?«, rief sie. »Ist da jemand?«
Sie hielt den Atem an und lauschte. Dann versuchte sie es noch einmal. »Hallo?«
Abrupt ging die Tür auf, und eine Frau in einem Arztkittel trat mit einem strahlenden Lächeln herein. Sie war um die fünfzig, klein und etwas rundlich und hatte die braunen Haare zu einem praktischen Kurzhaarschnitt frisiert. »Ja, ebenfalls hallo, Talia. Ich bin Dr. Riggs. Patty Riggs.«
Dr. Riggs lüftete die Decke am Fußende des Bettes und hielt einen Plastikbeutel in die Höhe, der zur Hälfte mit hellgelber Flüssigkeit gefüllt war. »Braves Mädchen.«
Ihr Blick ruhte auf dem Herzüberwachungsmonitor, dann sah sie Talia in die Augen. »Hervorragend. Es geht Ihnen viel besser. Wie fühlen Sie sich?«
»Ich? … Verwirrt?«
Dr. Riggs strahlte noch mehr. »Sie hatten eine Hyperthermie. Einen Hitzschlag. Damit ist nicht zu spaßen. So etwas kann sehr gefährlich werden. Nierenversagen. Herzinfarkt. Als Sie bei mir ankamen, waren Sie in ziemlich schlechter Verfassung, aber jetzt machen Sie hervorragende Fortschritte. Sie werden vermutlich noch ein paar Nachwirkungen spüren, etwas verwirrt sein oder sehr empfindlich auf Temperaturen reagieren. Um die Verwirrung kümmern wir uns. Ist Ihnen zu heiß oder zu kalt?«
»Nein …« Talia hatte dringendere Sorgen. »Wo bin ich?«
»Im Segue-Institut. Das ist eine Forschungseinrichtung.«
»Was mache ich hier?«
»Sie sind zu Forschungszwecken hier. Adam kann Ihnen das besser erklären. Ich sage ihm Bescheid, dann kümmere ich mich um Ihren Katheder.« Dr. Riggs lächelte strahlend und verließ das Zimmer.
Talia erstarrte. Sie war zu Forschungszwecken hier. Sie konnten sie piesacken, bis sie herausfanden, wie sie funktionierte.
Sie können mich wie eine Ratte in ein Labyrinth stecken. Dann hätten sie mich ebenso gut in der Gasse lassen können. Die Ratten dort waren wenigstens frei.
Draußen knallte und polterte es, dann schwang die Tür erneut auf. Dr. Riggs schob einen Metallwagen herein und stellte ihn neben dem Bett ab. »Adam wird gleich hier sein. Erlösen wir Sie von dem Katheder, damit sie es bequemer haben. Ich bin sicher, Sie haben sich eine Menge zu erzählen.«
Dr. Riggs schlug die Decke zurück und hockte sich tief vor sie, was ihr peinlich war. »Können Sie Ihr Bein aufstellen? Noch ein bisschen mehr?«
Blieb ihr etwas anderes übrig?
»Es ist vielleicht ein bisschen unangenehm, aber es ist gleich vorbei.« Dr. Riggs trug Handschuhe, sodass Talia weder ihre Gefühle noch ihre Persönlichkeit durch die Berührung spüren konnte. Frustrierend.
Talia hielt die Luft an. Ein brennendes Stechen durchfuhr sie.
»Das war’s«, erklärte Dr. Riggs und stand auf. »Die Kanüle behalten Sie noch, bis die Infusion durch ist, dann holen wir Sie aus dem Bett und bewegen uns ein bisschen.«
Talia nickte. Der Fußboden unter ihren Füßen erschien ihr eisig, ihre Glieder waren steif und schmerzten, aber sie stemmte sich hoch, wobei Dr. Riggs sie am Ellbogen stützte, und schlurfte in Richtung Tür. Das Krankenhaushemd stand hinten offen, aber ihr fehlte ein dritter Arm, um es zuzuhalten. Ein kalter Hauch kroch von unten ihren Körper hinauf.
Dr. Riggs griff in das untere Fach des Wagens und holte einen Bademantel hervor, den Talia bislang nicht bemerkt hatte. Sie half ihr in den rechten Ärmel. »Solange Sie noch die Infusion haben, wickeln wir das hier um Ihre linke Seite.«
Talia humpelte durch die Tür in ein … riesiges, komfortables Labor. Oder so etwas Ähnliches. Auf der einen Seite sah es wie ein normales Labor aus: An der Wand standen blitzblanke Stahltresen, die im rechten Winkel in die Mitte des Raumes hineinragten. Unterschiedlichste Maschinen rangen miteinander um Platz. Kleinere Geräte, Mikroskope, Computer, es war alles vorhanden.
Die andere Seite des Raumes wurde von einer geblümten Sofaecke mit Kissen und einem dazu passenden Sessel beherrscht. Ein bunter Teppich mit einem abstrakten blauroten Muster bedeckte den Boden, auf dem ein langer Couchtisch mit Rollen ruhte. Neben einem leeren Kaffeebecher, einem Teller mit Krümeln und seltsamen Ausdrucken mit mikroskopisch kleinen Zahlenkolonnen stand ein gerahmtes Foto, das einen kleinen weißen Hund darstellte.
»Setzen Sie sich in den Sessel«, dirigierte Dr. Riggs.
Wenig später wurde Talia in die weichen Polster gedrückt. Dr. Riggs griff nach unten und half ihr, die Füße auf den Tisch zu legen.
»Geht es?«
»Ich bin noch verwirrter.« Zur Bestätigung ließ Talia den Blick durch den Raum gleiten.
Dr. Riggs lachte. »Das ist mein persönliches Labor. Wir haben hier in Segue alle unseren individuellen Arbeitsplatz, an dem wir zum einen über alles verfügen, was wir für unsere Arbeit benötigen, und den wir zugleich unseren persönlichen Bedürfnissen entsprechend gestalten können.«
Während sie auf dem Sofa Platz nahm, deutete sie auf das Hundefoto. »Der Hübsche ist oben in meiner Wohnung. Früher hat er mit mir im Labor gespielt, aber nach einem kleinen Unfall vor zwei Monaten wurde er verbannt.«
Wohnung? Oben?
Auf der anderen Seite des Labors glitten zwei Türen auseinander, und Adam trat ein. Er hatte den Schritt eines Mannes, der weiß, was er will. Adam trug eine dunkle Freizeithose und ein blaues Button-down-Hemd mit offenem Kragen. Er war größer, als Talia ihn in Erinnerung hatte, und hatte sich rasiert, auf seiner Stirn prangte aber immer noch die verschorfte Wunde. Die Augen waren noch dieselben. Augen, die sie an das Meer erinnerten.
Talia versuchte aufzustehen. Ohne ihn wäre sie verloren gewesen.
Er winkte ab. »Bitte, bleiben Sie sitzen, Dr. O’Brien.«
Sie ließ sich zurück in die Polster sinken, aber innerlich war sie auf der Hut.
»Ich bin draußen«, sagte Dr. Riggs und sah Adam bedeutungsvoll in die Augen. Der Blickwechsel beunruhigte Talia.
Adam nahm auf dem Sofa Platz, lehnte sich zurück und stützte sich mit dem Arm auf einem Kissen ab. Seine Haltung wirkte zwar entspannt, aber unter der Oberfläche surrte seine sorgsam beherrschte Energie. Sein kühler, durchdringender Blick strafte seine Haltung Lügen. Etwas an diesem Mann sagte Talia, dass er nur selten entspannt war.
»Wie fühlen Sie sich?«, fragte er.
Das ist nicht wichtig. »Wo bin ich?«
»Sie sind im Segue-Institut. Ich habe es vor etwas mehr als sechs Jahren gegründet, um das Phänomen der Geister zu untersuchen.«
Geister. »War das in der Gasse ein Geist?« Es fühlte sich merkwürdig an, das Wort auszusprechen, aber gleichzeitig auch beruhigend. Erdend. Es war gut, endlich einen Namen für die Seelensauger zu haben, die sie seit … sie wusste überhaupt nicht wie lange, verfolgt hatten. Noch etwas, wofür sie Adam dankbar sein sollte.
»Ja. Das war ein Geist. Er war einmal ein normaler Mensch, aber etwas – und wir wissen nicht, was – hat seine Körperkraft, seine Sinneswahrnehmung und seine Regenerationsfähigkeit derart verstärkt, dass er unsterblich geworden ist.«
»Und was machen sie …?« Das Bild von Gradys krankem Kuss und der fuchtelnden Melanie tauchte gegen Talias Willen vor ihrem inneren Auge auf.
Adams Blick verfinsterte sich. »Sie ernähren sich von der Lebensenergie der Menschen.«
Talia schüttelte den Kopf und erinnerte sich an den Widerhall von Melanies Ich, als es aus ihren Eingeweiden gerissen wurde. »Sie müssen sich von mehr als nur davon ernähren.« Sie wusste genau, dass das, wovon sie sich ernährten, etwas viel Spezielleres als »menschliche Energie« war.
Adam runzelte die Stirn und schien sich innerlich zurückzuziehen. »Vielleicht. Soweit wir wissen, stärkt sie diese Nahrung nicht körperlich. Wir glauben, dass dieser Akt sie erdet. Dass sie dadurch die Menschen irgendwie verstehen.«
Talia schluckte heftig. »Und ich?«
Er lächelte, doch das Lächeln erreichte nicht seine Augen. »Sie haben eine sehr interessante Dissertation geschrieben. Sie wurde am 26. April von der anthropologischen Abteilung online gestellt, zwei Tage, nachdem Sie Ihre Doktorarbeit verteidigt hatten.«
So hatte sie die Frage nicht gemeint, sondern wissen wollen, Was haben Sie mit mir vor? – aber sie ließ ihn weiterreden. »Und?«
»Sie haben einige provokante … Thesen über die Verbindung zwischen Leben und Tod aufgestellt. Ich wollte Ihnen anbieten, hier zu arbeiten und Ihre Forschungen fortzusetzen, aber Sie waren verschwunden.«
»Das verstehe ich nicht. Was hat meine Dissertation mit Geistern zu tun?«
»Das Segue-Institut wurde gegründet, um eine Methode zu finden, mit der man Geister töten kann. Wir versuchen, auf dem Weg dorthin noch ein paar andere Dinge zu lernen, aber nur, wenn sie unserem obersten Ziel dienen. Zu unserem Team gehören Mediziner, Gelehrte, Parapsychologen … und wie ich hoffe, jetzt auch eine Expertin für Nahtoderfahrungen.«
Ich. »Aber wieso das ganze Tamtam? Es gibt andere Leute, die sich auf dem Gebiet besser auskennen als ich. Sie hätten mich nicht in einer Gasse aufstöbern müssen …« Oder sich bei einem Angriff schützend vor mich stellen.
Adam hob eine Hand, um sie zu unterbrechen. »Ich habe Nachforschungen angestellt. Von einer Handvoll Leuten, die sich mit Nahtoderfahrungen beschäftigen, sind Sie die Einzige, die einen objektiven Standpunkt einnimmt. Die meisten anderen wollen beweisen, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Segue hat nichts mit Spirituellem oder mit Religion zu tun. Ich will etwas über die Gesetze und Kräfte lernen, die an der Schwelle zum Tod walten, und wissen, ob Sie davon ausgehen, dass Ausnahmen von diesen Regeln existieren.«
Trotzdem … Es musste noch einen anderen Grund geben, wieso er sie ausgewählt hatte. Andere waren ebenso gut zur unvoreingenommenen Forschung fähig.
»Wieso ich?«
Adam nahm eine entschlossene Haltung ein, beugte sich zu ihr vor, wobei sein Hemd sich über den breiten Schultern spannte, und stützte sich mit den Ellbogen auf den Knien ab. Er verschränkte die Finger; ein paar Knöchel waren aufgeschürft und geschwollen.
Er beobachtete sie, musterte sie. Taxierte sie. »Einer Ihrer Probanden hat einen Schattenmann erwähnt, ein Individuum, über das ich gern mehr erfahren würde.«
Panik wallte in ihr hoch, und sie bemühte sich, nicht die Beherrschung zu verlieren.
Der Schattenmann. Ihr Vater. Der dunkle und wunderschöne Mann, dem sie nur einmal, mit fünfzehn Jahren, direkt nach dem Autounfall, begegnet war. Die Nahtoderfahrung, der Auslöser für ihre Arbeit. Ihr Vater, das Rätsel ihres Lebens, war gekommen, um sie auf ihrer Reise zu begrüßen. Sie hatte seine schräg stehenden Augen gesehen und mit erschreckender Sicherheit gewusst, dass sie ihm glich, was immer er auch war. Es spielte keine Rolle, solange sie mit ihrer Andersartigkeit nicht mehr allein war. Als die Sanitäter sie zurück ins Leben geholt hatten, waren sie voneinander losgerissen worden.
Sie hätte ihren Vater jetzt gern einiges gefragt. Er wüsste, wieso die Geister sie verfolgten. Er könnte ihr erklären, warum sie seltsame Fähigkeiten besaß, über die niemand anders verfügte. Und er könnte sie vor dem Teufel beschützen, der aus ihrem Schrei erwuchs.
Nichts von alledem würde sie Adam gegenüber erwähnen. Sie schuldete ihm Dank, aber nicht sich selbst. Adams Äußerungen über ihre Dissertation und Nahtoderfahrungen waren nichts als Gerede. Wenn Adam über den Schattenmann forschen wollte, der nicht von dieser Welt stammte, konnte er das nur tun, indem er sie untersuchte. Sie würde hier vielleicht über Nahtoderfahrungen forschen, aber sie wäre dennoch eine kleine weiße Ratte.
»Ich habe alles hier, was Sie brauchen, Ihre Bücher und Daten. Da wir nicht wussten, ob wir Sie jemals finden, haben wir alles durchgesehen.«
Sie hätten sowieso alles durchgesehen. Sie saß zwar ganz ruhig da, aber der Druck in ihrer Brust verstärkte sich, und ihr Herz schlug schneller.
»Obwohl Sie detaillierte Aufzeichnungen, Aussagen und Transkriptionen von all ihren anderen Probanden haben, findet sich nirgends ein Bezug zum Schattenmann.« Er blickte sie an. »Wer ist dieser Proband?«
Talia schwieg, starrte ihm ebenfalls in die Augen und konzentrierte sich darauf, langsam ein- und auszuatmen. Wenn er schon so viel wusste, würde sie ihm ganz bestimmt nicht noch mehr erzählen.
Für einen Augenblick ließ er den Kopf sinken. Als er ihn wieder hob, sah Adam sie mit angespanntem Ausdruck an. »Okay, stellen wir die Frage einen Augenblick zurück. Probieren Sie es aus. Richten Sie sich in Ihrem eigenen Labor ein und gehen Ihre Untersuchungen durch. Es gibt noch etwas anderes. Eigentlich hatte ich vor zu warten, bis Sie wieder ganz auf dem Posten sind, bevor ich mit Ihnen darüber spreche, aber ich will gleich mit offenen Karten spielen. Ihre Laborwerte weisen interessante Ergebnisse auf. Sie sind verrückt, stimmen aber merkwürdigerweise mit ähnlichen Tests überein, die nach dem beinahe tödlichen Unfall vor zehn Jahren gemacht worden sind, damals aber ignoriert wurden.«
Labortests. Natürlich. Labortests logen nicht. Labortests förderten Abnormitäten zutage. Hatte Tante Maggie sie nicht vor Jahren schon vor Ärzten gewarnt?
»Und Sie verfügen über einen Reflex. Ich glaube, dass er durch Angst ausgelöst wird. Er wirkt sich auf Ihre unmittelbare Umgebung aus. Wie ein Chamäleon, das mit einem Baum verschmilzt, nur umgekehrt.« Er lächelte und neigte den Kopf zur Seite. Als wenn irgendetwas davon sie beruhigte. »Der Flug von Arizona hierher war ziemlich aufregend. Ich nehme an, dass Ihre spezielle Begabung Ihnen sehr geholfen hat, den Geistern so lange zu entkommen.« Wieder hielt er inne, dann durchbohrte er sie mit seinem Blick. »Was sind Sie?«
Sollte er tatsächlich eine Antwort erwarten, würde er sie nicht bekommen. Er schälte die Haut von ihrem Körper, um ihren zitternden Kern dem eisigen Raum auszusetzen.
Er seufzte schwer und entspannte sich etwas. »Dr. O’Brien, ich beschäftige mich jetzt schon eine ganze Weile mit diesen Sachen. Ich habe einige ungewöhnliche Vorgänge gesehen und will Ihnen nichts Böses. Sie haben mich in der Gasse genauso gerettet wie ich Sie. Ich glaube, wenn Sie es zuließen, könnten wir ein gutes Team sein.«
Ein gutes Team. Wem versuchte er, etwas vormachen? Er wollte in ihren Kopf sehen. Sie erforschen.
»Das Angebot einer Stelle hier in Segue steht. Sie hätten Ihr eigenes Büro, wo immer Sie wollen. Oben gibt es drei Wohnungen. Sie können sich eine davon aussuchen. Im Westflügel spukt es. Wenn Ihnen Ihr Schlaf heilig ist, sollten Sie sich also lieber für eine im Ostflügel entscheiden, obwohl die zum Parkplatz hinausgehen.«
Spuken?
»Ich möchte noch sagen, dass die Angestellten hier sehr freundlich sind – Dr. Riggs ist ein Schatz –, aber der Gegenstand unserer Untersuchungen einige interessante Typen anzieht. Nehmen Sie nur nichts persönlich, bis Sie sie wirklich kennen, und selbst dann …« Schulterzuckend hob er eine Hand und stand auf.
»Dr. Riggs wird Sie wahrscheinlich am späten Nachmittag aus ihrer Fürsorge entlassen.«
Und was dann?
»Ich komme wieder vorbei, um Ihre Fragen zu beantworten, Sie herumzuführen und Ihnen bei der Auswahl der Wohnung behilflich zu sein. Bis dahin ruhen Sie sich etwas aus.«
Adam starrte einen Augenblick auf sie herunter und wartete. »Bis später, dann«, sagte er und wandte sich zur Tür.
Er hatte bereits den Raum durchquert, als Talia endlich eine wichtige Frage einfiel.
»Warten Sie«, rief sie.
Er drehte sich erwartungsvoll zu ihr um.
»Was, wenn ich nicht bleiben will? Was, wenn ich mich der Gefahr durch die Geister aussetzen will?« Wenn dieser neugierige Mistkerl »mit offenen Karten spielen« wollte, sollte er diese letzte auch aufdecken.
Er sah ihr fest in die Augen. »Ich denke, das wäre für beide Seiten nicht von Vorteil.«