Genie eines kranken Geistes

(The Genius of a Sick Mind)

Simon steckte den Schlüssel in das Haustürschloss. Es war sein vierter Versuch. »Oh Mann! Endlich hab ich’s!«

Sherry kicherte hinter ihm. »Das wurde auch Zeit, Liebling.«

Simon öffnete die Tür und trat ein. Im Haus war es vollkommen dunkel und er tastete mit seiner Hand über die Wand links neben dem Türrahmen und suchte sie ungeschickt nach dem Lichtschalter ab. Schließlich fand er ihn, drückte drauf und in der Diele wurde es hell.

Sherry schob sich an ihm vorbei und Simon starrte ihr auf den Hintern, als sie durch den Flur ging. Das dünne, enge hellblaue Kleid schmiegte sich perfekt um ihren runden Hintern.

Als er merkte, dass er einen Steifen bekam, wandte er den Blick ab und warf die Tür ins Schloss. Er ging den Flur hinunter und stolperte ins Schlafzimmer, wo Sherry bereits auf dem Bett saß und sich die Schuhe auszog.

Simon lächelte und warf die Schlüssel auf die Matratze. »Ich bin gleich wieder da«, sagte er. »Und du bist nackt, wenn ich zurückkomme.«

Sherry kicherte, als sie den zweiten Schuh auf den Boden warf. »Wieso glaubst du, dass du ran darfst, Mister?«

»Aus zwei Gründen. Erstens sind wir beide betrunken. Und zweitens weiß ich zwar nicht, wie’s dir geht, aber ich bin geil.«

Sherry lachte. »Wo gehst du denn hin?«

»Pinkeln. Wohin denn sonst?« Simon drehte sich um und verließ das Schlafzimmer. Langsam ging er den Flur hinunter in Richtung Bad. Seine Blase war voller Bourbon. Nach dem fünften Drink hatte er aufgehört mitzuzählen.

War aber ein tolles Restaurant, dachte er.

Und eine tolle Überraschung. Sherry hatte ihn von der Arbeit abgeholt und in dieses neue Restaurant geführt, ein Inder in der Nähe der Stadt, bei dem sie göttlich gespeist und, natürlich, ein bisschen zu viel getrunken hatten. Anfangs hatte er noch Angst, er habe ihren Hochzeitstag oder vielleicht Sherrys Geburtstag vergessen. Aber sie lächelte ihn an und versicherte ihm, dass sie einfach nur Lust dazu hatte. Simon hatte nicht weiter nachgehakt.

Er schaltete das Licht im Badezimmer an. Der grelle Schein tat ihm ihn den Augen weh. Er blinzelte und hatte sich bald an das helle Licht gewöhnt. Dann schwankte er zur Toilette hinüber und öffnete den Deckel. Er urinierte ewig, betätigte schließlich die Spülung, wandte sich nach links und betrat den kleinen Wäscheraum. Er schaltete das Licht an und ging zu dem tiefen Waschbecken aus Edelstahl.

»Scheiße!«, schrie er.

Simon taumelte rückwärts und stolperte über seine eigenen Füße. Er donnerte auf den harten Boden und schlug mit einem dumpfen Knall mit dem Kopf auf den Fliesen auf. Sein Schädel fühlte sich an, als sei er explodiert, und vor seinen Augen tanzten grelle Lichtblitze.

Sherry stürzte herein; sie trug nur noch ihren BH und ein Höschen. »Simon, was ist denn passiert?«

Sie eilte zu ihm und half ihm auf. Noch immer benommen, drückte er eine Hand an seinen Hinterkopf und deutete zögerlich auf das Waschbecken.

»Geht’s dir gut? Lass uns ins Wohnzimmer gehen, da kannst du dich auf die Couch setzen.«

Aber sobald Sherry Simons Hand losließ, gaben seine Beine nach und er fiel auf den Hintern. Sherry holte tief Luft und hatte alle Mühe, ihm wieder aufzuhelfen. »Es tut mir leid, Liebling. Ich dachte, du könntest alleine stehen.«

Endlich gelang es ihr, ihn aufzurichten. Dieses Mal legte sie ihren rechten Arm um seine Taille, hielt mit der linken Hand seine Schulter fest und führte ihn so zum Ledersofa im Wohnzimmer. Vorsichtig setzte sie ihn ab.

»Wie fühlst du dich?«

Er stöhnte.

Sherry richtete sich auf. Dieses Mal sackte Simon nicht wieder in sich zusammen – er blieb aufrecht sitzen und hielt sich mit der Hand den Hinterkopf.

»Ich hoffe doch sehr, dass das nicht wegen einer verdammten Spinne war«, murmelte Sherry und grinste vorsichtig. Sie ließ Simon allein und ging in den Wäscheraum zurück. Sie trat ans Waschbecken und schaute hinein. Darin sah sie einen abgetrennten Kopf. Er starrte Sherry direkt an, auch wenn seine Augen nur halb geöffnet waren. Er hatte recht langes Haar und sein Mund war auf groteske Weise erstarrt, so als würde er gleich zu sprechen beginnen.

Sherry trat rückwärts aus dem Wäscheraum und dem Badezimmer. Erst als sie im Flur stand, begann sie zu schreien. Sie drehte sich um und rannte ins Wohnzimmer. Simon versuchte aufzustehen. »Simon! Oh mein Gott, Simon! Da ist ein verdammter Kopf in unserem Waschbecken!«

Simon nickte leicht, als es ihm schließlich gelungen war, sich alleine aufzurichten.

»Hab ich schon gesehen«, seufzte er. Er schüttelte den Kopf und streckte seinen Hals. »Verflucht, hat das wehgetan.«

»Wir müssen die Polizei anrufen«, sagte Sherry hastig. Sie ging zum Telefon hinüber und hielt inne. Auf dem Hörer klebte ein kleines Stück Papier. »Simon, hier ist ein Zettel.«

Simon taumelte zu Sherry hinüber. »Dann lies ihn.«

Sie beugte sich nach vorne und nahm den Zettel vom Telefon. Er war in der Mitte gefaltet. Sie öffnete das Blatt und las laut vor:

Gefällt Ihnen das Geschenk? Haha. Oh, falls Sie nicht wissen, wovon ich spreche, schauen Sie doch mal im Waschbecken in Ihrem Wäscheraum nach. Haben Sie?

Nun, es tut mir leid, dass ich Sie nicht persönlich treffen konnte, aber ich hatte noch etwas zu erledigen. Sie verstehen das sicher.

Ich mache es kurz und schmerzlos. Gehen Sie in die Küche und öffnen Sie den Kühlschrank. Dort finden Sie noch ein Geschenk. Eines, das Ihnen besser gefallen wird als das erste, schätze ich. Und denken Sie nicht einmal daran, die Polizei zu rufen … Ich habe das Telefonkabel durchgeschnitten und weiß, wo Sie wohnen, das sollten Sie nicht vergessen!!!

Das wäre für den Moment alles. Wir sehen uns in der Küche.

Ciao.
P. S.: Ziehen Sie nichts über, meine Liebe. Ich mag Sie genau so, wie Sie sind.

Sherry blickte zu Simon hinauf, sie hatte Tränen in den Augen. »Oh mein Gott. Woher wusste er, dass ich keine Kleider anhaben würde?«

Simon war verwirrt. »Ich hab keine Ahnung, was hier, verdammt noch mal, los ist. Denkst du, wir sollten die Polizei rufen?«

Sherry schüttelte den Kopf. »Nein. Ich meine, er hat uns doch davor gewarnt, das zu tun. Und überhaupt, wenn er weiß, dass ich nichts anhabe …« Sherry warf den Zettel auf den Boden und nahm den Telefonhörer ab. Sie hielt ihn sich ans Ohr, hörte jedoch nichts. Kein Freizeichen, nur Schweigen im Äther. »Er hat das Kabel durchgeschnitten.«

»Scheiße!«, fauchte Simon. »Was machen wir denn jetzt?«

»Wir gehen in die Küche«, antwortete Sherry.

Sie hasteten den Flur hinunter und in die dunkle Küche. Sherry knipste das Licht an und schaute sich um. Es gab keinerlei Anzeichen eines Eindringlings.

»Wie ist er reingekommen?«, flüsterte Simon.

Sherry schüttelte den Kopf. Sie ging auf den Kühlschrank zu.

»Nein, hey!«, rief Simon. »Ich sehe nach.«

Sherry drehte sich um. »Und stößt dir wieder den Kopf? Du bleibst da stehen.« Sie näherte sich dem großen Kühlschrank, atmete tief ein und zog am Griff.

»Pass auf, Liebling«, sagte Simon mit zitternder Stimme.

Mit knirschenden Zähnen riss Sherry die Tür auf – und sah eine blutige Machete im obersten Fach.

»Was ist?«

»Hier ist eine Machete«, antwortete Sherry.

Simon eilte zu ihr und blickte in den Kühlschrank. Er griff hinein und nahm die große Machete an sich. Die Klinge war mit feuchtem und getrocknetem Blut verschmiert und am Griff klebte ein weiterer Zettel.

Sherry riss ihn ab, öffnete ihn und las erneut laut vor:

Ich bin’s noch mal. Sie haben jetzt sicher verstanden, wie das hier läuft. Dies ist die Waffe, mit der die arme Seele getötet wurde.

Und nun, meine Liebe, ziehen Sie ihren BH aus und gehen Sie ins Schlafzimmer. Schauen Sie in den Kleiderschrank.

Wenn Sie nicht beide tun, was ich sage, dann … nun, das wollen Sie nicht wissen. Glauben Sie mir.

Ciao.

Sherry zerknüllte den Zettel und warf ihn auf den Küchenboden. »Ich glaub’ das nicht. Ich zieh’ doch nicht für irgendeinen kranken Irren meinen BH aus.«

Simon hielt noch immer die Machete. »Ich glaube, das solltest du aber besser. Wer weiß, mit was für einem Psychopathen wir es hier zu tun haben.«

»Er schaut doch nicht zu«, winselte Sherry.

»Wie können wir da sicher sein?«, erwiderte Simon.

Sherry sah ihn mit festem Blick an, so, als sei die ganze Sache seine Schuld. Hastig zog sie den BH aus und ließ ihn auf den Boden fallen.

Simon blickte auf die perfekten Wölbungen ihrer kleinen Brüste. Ihre Nippel waren hart und sie hatte Gänsehaut. Sein Penis wurde steif.

»Oh Gott«, stöhnte Sherry. »Du bist krank.«

Simons Gesicht glühte und er wusste, dass er rot wurde. »Tut mir leid.« Er zuckte die Achseln.

»Reiß dich zusammen«, erwiderte Sherry scharf. »Was willst du jetzt damit machen?« Sie nickte in Richtung Machete.

»Wir nehmen sie mit. Man weiß ja nie.«

Sherry drehte sich um und rannte aus der Küche. Simon folgte dicht hinter ihr. Als sie das Schlafzimmer erreichten, ging Sherry direkt zum Kleiderschrank.

»Warte!«, sagte Simon. »Dieses Mal seh’ ich nach. Immerhin hab’ ich eine Machete. Okay?«

Sherry nickte.

Simon trat vor den Schrank und griff nach dem Knauf. »Ich kann nicht glauben, was hier passiert«, murmelte er.

»Beeil dich einfach und bring’s hinter dich«, befahl Sherry.

Die Machete fest in der linken Hand, riss Simon die Schranktür auf. Er war bereit zuzuschlagen, runzelte aber nur die Stirn und ließ die Waffe wieder sinken, als er nichts erkennen konnte. »Ich sehe überhaupt nichts«, verkündete er.

Sherry stellte sich neben ihn und schaute in den dunklen Schrank. Sie ging in die Hocke und sah Blut auf dem Fußboden. »Simon! Hier ist Blut!«

»Was?« Simon hockte sich neben sie und erkannte eine kleine Blutpfütze, die allmählich im Teppich versickerte.

Sie zuckten beide zusammen, als ein Blutstropfen von den Kleidern fiel und auf dem Boden landete.

Sie richteten sich wieder auf. Simon war schneller, schob die Kleider zur Seite und schnappte nach Luft.

Als Sherry den kopflosen Körper sah, der dort an einem dicken Haken hing, machte sie einen Satz nach hinten und begann zu weinen.

Simon trat einen Schritt nach vorne und untersuchte die Leiche. Er nahm an, dass der Kopf im Waschbecken auf diesen Körper gehörte. Es war eine Frau und nach ihrem flachen Bauch und den langen, schlanken Beinen zu urteilen, war sie noch recht jung gewesen, etwa im selben Alter wie Sherry. Der leblose Körper war über und über voll Blut, so, als habe man eine Dose Farbe darüber ausgekippt.

»Ist da ein Zettel?«, fragte Sherry hinter ihm.

»Mein Gott, muss ich wirklich nachschauen?«

Sherry schnaubte. »Scheiße! Dann mache ich …«

»Nein«, unterbrach Simon sie. »Du wartest da.« Es lag kein Gestank in der Luft, die Frau konnte demnach noch nicht lange tot sein. Dennoch hielt Simon den Atem an und machte einen Schritt in den Kleiderschrank. Er legte seinen Arm um die Leiche und suchte nach einem Zettel. Ihre Haut fühlte sich eiskalt und, wegen des ganzen Blutes, klebrig an. Er musste würgen, aber er schluckte es hinunter und setzte seine groteske Suche fort. »Ich kann nichts fühlen«, rief er. »Vielleicht ist …« Er hielt inne, schloss die Augen und konzentrierte sich angestrengt darauf, sich nicht zu übergeben.

»Was? Was ist denn? Hast du den Zettel gefunden?«

Simon nickte langsam. »Allerdings. Er ist in ihrem … Po.«

Sherry entfuhr ein unfreiwilliges Kichern, als Simon das Wort aussprach. Es klang einfach seltsam, wenn ein erwachsener Mann das Wort »Po« benutzte.

»Willst du den Zettel rausholen?«, knurrte Simon.

»Nein, nein. Es tut mir leid, Simon.«

Er holte tief Luft und griff das Papier mit den Fingerspitzen. Er zog es ganz vorsichtig heraus, obwohl er selbst nicht wusste, warum, und atmete erleichtert aus, als er es zwischen ihren Pobacken herausgefischt hatte. Dann machte er einen Satz von der Leiche weg und warf den Zettel von sich. Er flatterte zu Boden. »Ich kann nicht fassen, dass das passiert«, keuchte Simon.

Sherry beugte sich nach unten und hob den Zettel auf.

»Nicht anfassen …«, begann Simon.

Sherry richtete sich auf und sah ihn an. »Wir müssen, Simon.« Sie faltete das blutverschmierte Papier auseinander.

Herzlichste Grüße! Wenn Sie dies lesen, bedeutet das, dass Sie das hübsche Mädchen gefunden haben. Und ja, um Ihre Frage zu beantworten, ihr Kopf befindet sich zurzeit in Ihrem Waschbecken. Und jetzt ziehen Sie Ihr Höschen aus, Liebste.

Und Sie, mein Herr, könnten Sie bitte …

Sherry hörte auf vorzulesen und blickte auf. Simons Mund stand weit offen und er keuchte schwer. »Was ist los?«

Ohne zu antworten, fuhr Sherry fort:

… könnten Sie bitte den Mund zumachen? Sie sehen wie ein gottverdammter Fisch aus.

»Das steht da nicht. Gib mir den Zettel.« Er riss Sherry das Blatt aus der Hand und überflog die Seite. Sämtliche Farbe wich aus seinem Gesicht. »Das kann nicht sein. Wie kann er das wissen?«

»Ich weiß es nicht«, murmelte Sherry. Sie begann, ihr Seidenhöschen auszuziehen.

»Was tust du denn?«

»Ich muss tun, was er sagt.« Sherry warf das Höschen aufs Bett.

Simon betrachtete sie in ihrer Nacktheit. »Warum? Wieso sollen wir, verdammt noch mal, sein beschissenes Spiel mitspielen?«

»Muss ich dir das wirklich sagen?«, erwiderte Sherry. »Ich weiß zwar nicht genau, mit was für einem durchgeknallten Irren wir es hier zu tun haben, aber ich werde ganz sicher kein Risiko eingehen. Vielleicht kommen wir ja lebend hier raus, wenn wir tun, was auf dem Zettel steht.«

Simon wusste nicht, was er erwidern sollte. Er schaute wieder auf den Zettel und las weiter.

Gut. Jetzt gehen Sie beide wieder ins Wohnzimmer. Hinter dem Fernseher ist noch eine Überraschung. Ich weiß, dass das schwer ist, Sir, aber bitte ficken Sie sie noch nicht. Aber sie sieht wirklich gut aus, nicht wahr?

Denken Sie daran – rufen Sie nicht die Polizei. Sonst schlitze ich Sie beide auf.

P. S.: Ich möchte, dass Sie, mein Herr, den nächsten Zettel lesen.

Ciao.
Simon warf das Papier auf den Boden. »Was machen wir jetzt?«

Sherry zuckte mit den Schultern. »Ficken wir. Vielleicht gefällt ihm das ja.«

Simon blinzelte nervös. »Was? Machst du Witze? Du willst, dass wir Sex haben?«

Sherry ging langsam zu Simon hinüber und legte ihre Arme um ihn. Ihr Atem roch noch immer leicht nach Bourbon. »Und willst du?«

Simon konnte die Leiche, die hinter ihm im Schrank hing, förmlich spüren. Aber trotz ihr und allem anderen, was passierte, fühlte er, wie die Erregung in ihm aufstieg. Sherry sah so verdammt gut aus und roch so fantastisch.

Er umfasste ihre Pobacken mit seinen Händen und drückte sie. »Lass es uns tun«, sagte er, und er konnte selbst kaum glauben, was er da von sich gegeben hatte.

»Du würdest es wirklich tun«, seufzte sie. »Du kranker Perverser.« Sie stieß ihn mit einiger Kraft von sich.

Er fiel beinahe in den Schrank. »Was zur Hölle ist mit dir los?«, fragte er.

Sie ging zur Schlafzimmertür hinaus, drehte sich um und erwiderte: »Das war nur ein Test. Ich wollte sehen, wie du reagierst. Ich hab richtig geraten.« Sie schüttelte den Kopf und verschwand.

»Hey!«, rief Simon. »Es tut mir leid, Schatz. Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe.« Er lief aus dem Schlafzimmer und murmelte: »Scheiße.«

Als er Sherry eingeholt hatte, packte er sie und drehte sie zu sich um. »Es tut mir wirklich leid, Sherry. Das liegt an dieser ganzen Scheiße hier. Es kommt mir alles so surreal vor. Mein Verstand hat sich wohl kurz ausgeschaltet.«

Sherry blickte ihn finster an. »Na schön. Lass uns einfach ins Wohnzimmer gehen und sehen, was dieser kranke Wichser als Nächstes vorhat, okay?«

Simon nickte und ließ sie los. Er fühlte sich mies.

Schweigend gingen sie ins Wohnzimmer. Sherry stand bereits neben dem Fernseher, als Simon das Zimmer betrat. Er sah, wie sie sich über den Apparat beugte und nach dem nächsten grotesken Objekt suchte, das sich dahinter versteckte.

Unwillkürlich starrte er sie an. Die Art, wie sie sich nach vorne beugte, ihr weicher, runder Hintern …

»Heilige Scheiße«, entfuhr es Sherry und sie richtete sich auf.

Simon konnte gerade noch seinen Blick abwenden, bevor sie sich umdrehte. Er wollte sich nicht vorstellen, was sie getan hätte, wenn sie ihn erwischt hätte.

Aber was sie vielleicht getan hätte, wurde in dem Moment völlig uninteressant, als er die riesige Pistole in Sherrys Hand sah. »Er hat uns eine Knarre gegeben?«, fragte Simon. Beinahe hätte er losgelacht.

»Und eine verdammt große dazu. Ich versteh’ nicht viel von Waffen, aber die sieht mir verflucht durchschlagskräftig aus.«

Simon machte einen Schritt nach vorne. »Lass sie mich mal ansehen.«

Sherry warf ein Stück Papier nach ihm. Es prallte an seiner Brust ab und fiel auf den Boden. »Du liest das besser erst.«

Simon nickte, hob das Papier vom Boden auf und öffnete es. Die Nachricht war getippt, genau wie die anderen. Simon las vor:

Ich kann diese Lüge nicht länger aufrechterhalten. Wenn Sherry je von ihr und mir erfährt, wird es ihr das Herz brechen. Ich liebe Sherry, aber ich kann ihr das nicht länger antun. Ich hasse mich und das, was aus mir geworden ist. Möge Gott mir vergeben.

Ich sage der Welt Lebewohl …
Simon Gerty

Er sah zu Sherry hoch. »Was soll das?«, flüsterte er.

»Dein Abschiedsbrief«, antwortete Sherry, fast völlig emotionslos.

Simon vermochte nicht mehr zu schlucken. Aus seinen aufgerissenen Augen rannen Tränen. Sherry ging zu ihm und auf ihrem stets wunderschönen Gesicht lag ein entsetzliches Grinsen.

»Du denkst, ich wüsste nicht über sie Bescheid«, begann sie. »Ich bin euch beiden seit Monaten gefolgt. Habe gesehen, wie ihr euch geküsst und Händchen gehalten habt … Zur Hölle, ich hab sogar gesehen, wie ihr letzte Woche hinter diesem Busch im Park gefickt habt. Das hat mich richtig sauer gemacht. Da ist mir dann die Idee gekommen.«

Wieder überkam Simon das dringende Bedürfnis zu pinkeln. Er versuchte verzweifelt, seine Blase unter Kontrolle zu halten, aber der Drang war zu stark.

»Oh mein Gott«, sagte Sherry, als sie den nassen Fleck sah, der sich auf Simons Hose ausbreitete. Sie schüttelte den Kopf und grinste.

Warmer Urin rann seine Beine hinab und auf den Teppich. Simon wollte seine Hände heben, wollte versuchen, sich gegen sie zu wehren. Aber seine Arme gehorchten seinem Gehirn nicht. Stattdessen wimmerte er nur.

»Ich hab’ gehofft, dass du ihr Gesicht nicht erkennst«, fuhr Sherry fort. »Aber ich hab’ es auch wirklich ganz schön bearbeitet und war mir ziemlich sicher, dass die Chancen dafür nicht sonderlich gut standen. Das Gleiche gilt für ihren Körper … und den kennst du ja, weiß Gott, sehr genau.«

»W… wieso?«, keuchte er. Er wollte noch mehr sagen, hatte aber nicht genügend Luft in den Lungen.

Trotzdem wusste sie, was er gemeint hatte.

»Ich wollte nur ein bisschen Spaß haben. Ein Spiel mit dir spielen. Mancher würde das vielleicht krank nennen. Ich nenne es genial. Ich kann nicht glauben, dass du auf die Zettel reingefallen bist. Ich meine, wer könnte denn, verdammt noch mal, wissen, was ich tragen würde, bevor ich es überhaupt angezogen habe?« Sie kicherte. »Ich! Ich allein!«

Sherry blickte Simon tief in die Augen. »Außerdem wollte ich dir zeigen, was für eine Frau du eigentlich betrügst. Ich wollte dich mit meinem Körper reizen, den du völlig freiwillig verschmäht hast, nur wegen dieser … dieser Hure. Und das Beste ist, dass es aussieht, als ob du das alles warst. Deine Fingerabdrücke, und nur deine, sind auf der Mordwaffe. Deine Fingerabdrücke sind überall auf der Leiche der Frau. Und deine Fingerabdrücke sind auf dem Abschiedsbrief.«

Mit einer so blitzschnellen Bewegung, dass Simon sie erst sah, als es zu spät war, stieß Sherry ihm den Lauf in den Mund.

»Ganz zu schweigen davon, dass du einen Grund hast, dich umzubringen.« Und damit blies sie ihm das Hirn weg.

Als die Machete auf den Boden fiel und Simon zurückgeschleudert wurde, lachte Sherry. »Hab ich dir nicht gesagt, dass du dein verdammtes Maul zumachen sollst?«

Sie sah zu, wie Simon auf den Wohnzimmerboden krachte, und rannte dann ins Schlafzimmer. Sie musste sich beeilen.

Als Erstes zog sie die schwarzen Handschuhe an, die sie in einer Nachttischschublade versteckt hatte. Erst dann zog sie sich wieder an und schnappte sich ihre Tasche. Sie hob den zerknüllten Zettel auf und steckte ihn hinein. Dann schloss sie die Schranktür, noch immer mit einem breiten Grinsen auf den Lippen, und eilte aus dem Zimmer. Als sie durch die Küche rannte, hielt sie nur kurz inne, um den zweiten Zettel einzusammeln, und stürzte weiter ins Wohnzimmer.

Sie rieb die Pistole sorgfältig ab, bevor sie Simons rechte Hand kurz um den Griff schloss, und platzierte sie dann an der Stelle, von der sie annahm, dass die Waffe dort gelandet wäre, wenn Simon sie gehalten hätte. Zuletzt legte sie den Abschiedsbrief auf den Couchtisch. Sie ging zu Simon hinüber und hockte sich hin.

»Verrotte in der Hölle, du Perverser.«

Sie stand auf, zog die Handschuhe aus und stopfte sie zusammen mit dem ersten Zettel in ihre Tasche. Dann warf sie die Tasche auf die Couch und eilte zum Telefon.

Sie steckte das Kabel wieder ein, nahm den Hörer ab und rief die Polizei.

Notizen zur Entstehung:

Meine allererste veröffentlichte Geschichte.

Sie erschien im Jahr 2000 zunächst auf der Website von Horrorfind. Ich hatte gerade erst damit begonnen zu schreiben. Dies war mein dritter oder vierter Versuch, eine eigene Story zu Papier zu bringen. Ich hatte über diverse Internetforen, die damals noch existierten – das alte Masters of Terror, glaube ich, und ein paar andere, an deren Namen ich mich jetzt nicht mehr erinnern kann und die vermutlich längst nicht mehr existieren oder mit anderen Seiten fusioniert sind – von Horrorfind, inzwischen eine reine Suchmaschine, erfahren. Den Namen von Brian Keene, dem damaligen Literaturredakteur, hatte ich auch schon einmal gehört – das war, bevor er der Brian Keene wurde.

Ich beschloss, die Geschichte einzusenden, und zu meiner großen Überraschung erhielt ich eine E-Mail von Brian, in der er schrieb, wie sehr sie ihm gefallen habe und dass sie ihn sehr an den großen Richard Laymon erinnere. Ich war begeistert. Nein, mehr als begeistert: Ich war total außer mir. Eine Geschichte, die ich geschrieben hatte, würde nicht nur veröffentlicht werden – der Redakteur hatte mir zudem gesagt, sie erinnere ihn an den Schriftsteller, den ich am allermeisten verehrte und dessen Werke mich beim Schreiben dieser Geschichte sowie bei all meinen Arbeiten sehr stark beeinflusst haben! Das war wirklich ein grandioser Tag! Ein Jammer, dass wir seither nichts mehr von Brian gehört haben …