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Yibaneh, 18
Kids for Kids ist eine
Jugendorganisation, die junge Opfer terroristischer Gewalt betreut.
Sie bietet direkt oder indirekt von terroristischen
Bombenanschlägen betroffenen Kindern Therapie- und
Beratungsmöglichkeiten, beschafft Spielzeug und sorgt für Erholung.
Neben den vielen Kindern, die in diesem Krieg umkommen, gibt es auf
beiden Seiten Tausende, die verwundet, verbrannt, verkrüppelt und
traumatisiert werden oder durch die Kämpfe ihr Augenlicht
verlieren. Kids for Kids ist eine der Gruppen, die diesen Kindern
zu helfen versuchen. Die Organisation hat ein gemütliches Büro im
jüdischen Viertel der Altstadt von Jerusalem. Dort ist die Stimmung
offen und entspannt.
Yibaneh hat vor kurzem einen
engen Freund verloren, als ein palästinensischer Amokschütze an
einer Schule in seiner Siedlung das Feuer eröffnete. Er hat sich
Kids for Kids angeschlossen und hilft dabei, eine Ferienfreizeit
für andere junge Leute zu organisieren, um ihnen eine
Erholungspause vom Krieg und von ihrem Leid zu ermöglichen.
Ich bin in Israel geboren. Ich wohne in
einer Siedlung namens Silo nördlich von Jerusalem. Dort leben schon
seit über 3 000 Jahren Juden. Bereits in der Bibel wird dieser
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Richter und an anderen Stellen. An diesem Ort wurde dem Propheten
Samuel Gottes Offenbarung zuteil. Die antiken Ruinen der alten
Stadt stehen noch immer.
Die moderne Siedlung ist natürlich viel
neuer. Da haben wir ein großes Schwimmbad, eine Bibliothek,
Geschäfte – was man eben so braucht. Viele Schriftsteller wohnen
dort und Künstler, aber auch Schreiner und Leute mit vielen anderen
Berufen. Wir sind eine kleine Gemeinde und deshalb stark
aufeinander angewiesen. Ich habe sechs Geschwister. Wir sind alle
sehr aktiv in der Schule, in Jugendgruppen und anderen
Organisationen.
In den letzten zehn Jahren hat sich
vieles verändert in Israel. Vor zehn Jahren, während der ersten
Intifada, war es noch relativ ruhig. Die Palästinenser haben uns
mit Steinen beworfen, aber das war nicht so wild. Damals sind nur
wenige Israelis umgekommen. Inzwischen ist das anders. Sie haben
meinen Freund ermordet. Heutzutage wird viel geschossen auf den
Straßen. Wenn wir durch palästinensische Dörfer fahren, wissen wir,
dass jederzeit jemand auf uns schießen könnte. Ich bin daran
gewöhnt. Das lässt mich alles ziemlich kalt. Wenn wir an einer
Stelle vorbeikommen, an der es eine Schießerei gegeben hat, sehen
wir uns schon um, einfach nur um zu schauen, aber ich empfinde
nichts dabei.
Vor einigen Jahren sollten
Sportwettkämpfe zwischen uns und den Palästinensern aus dem
Nachbardorf veranstaltet werden, aber dann begann die Intifada, und
es ist nie etwas daraus geworden. Die Palästinenser sagten zu
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mehr, selbst wenn wir es wollten. Man würde uns für Verräter
halten, und unsere eigenen Leute würden uns umbringen.«
Damals hätten wir bereitwillig mit den
palästinensischen Jugendlichen Wettkämpfe ausgetragen. Ich treibe
gern Sport, ganz egal mit wem, also hätte mir auch das Spaß
gemacht. Aber jetzt interessiert es mich nicht mehr. Was habe ich
denn davon, wenn ich versuche, jemanden kennenzulernen, der mich
hasst? Das lässt mich doch nur schwach aussehen.
Ich weiß, dass es auch gute Menschen
unter den Palästinensern gibt. Es kann ja gar nicht sein, dass ein
ganzes Volk nur aus Verbrechern besteht. Aber die Guten setzen sich
nicht durch, oder man hört nicht auf sie, oder es gibt einfach
nicht genügend von ihnen. Sie machen Mörder zu ihren Anführern, wie
Yassir Arafat.
Ich gehe bald zur Armee. Das ist sehr
wichtig. Die Armee beschützt unsere Familien, unsere Freunde und
unser Land. Die Ausbildung ist hart, und das, was während des
Militärdienstes verlangt wird, auch, aber ich glaube, das wird mir
nichts ausmachen. Wenigstens habe ich da jeden Tag eine konkrete
Aufgabe.
Um das Westjordanland herum wird jetzt
eine Mauer gebaut. Teile davon sind schon fertig. Sie soll die
Palästinenser von uns fernhalten. Ich bin nicht sicher, ob das
etwas nützt. Sie finden bestimmt auch so einen Weg, um zu uns zu
kommen.
Um meine Siedlung herum gibt es so was
nicht. Ich glaube auch nicht, dass ein Zaun irgendetwas bringen
würde. Wir |111|sollten mit den
Friedensgesprächen aufhören und Krieg führen. Wenn ein Terrorist
bekannt wird, sollte sein ganzes Dorf bestraft werden. Die Armee
reißt die Häuser der Selbstmordattentäter ein, aber das reicht
nicht. Das hält sie nicht davon ab, uns umzubringen.
Zwei meiner Freunde sind von
Palästinensern getötet worden. Einer wurde erschossen. Einer kam
durch eine Bombe ums Leben. Keiner von beiden war in der Armee. Sie
waren ganz normale Jugendliche, 17 Jahre alt. Sie haben niemandem
etwas getan. Sie hätten nicht sterben dürfen. Ich bin mit ihnen
aufgewachsen. Wir sind von Anfang an zusammen zur Schule gegangen.
Unsere Siedlung ist klein, hier leben nur 200 Familien. Jeder kennt
hier jeden. Wir haben alles Mögliche zusammen unternommen. Wir sind
zusammen wandern oder ins Kino gegangen und haben zusammen Sport
gemacht. Es ist erst ein paar Wochen her, dass sie umgebracht
wurden, sehr kurz nacheinander. Ich bin nur noch traurig.
Seit sie tot sind, denke ich mehr über
das Leben nach und besonders darüber, was es heißt, in Israel zu
leben. Warum bin ich in Israel? Ist das der richtige Ort für mich?
Gibt es eine Alternative? Nein, die gibt es nicht. Mein Platz ist
hier. Aber es ist nicht leicht, alles zu verstehen.
Ich verstehe Gott nicht mehr richtig. Er
verfolgt irgendeine bestimmte Absicht, aber es ist schwer zu
begreifen, wie das alles zu einem guten Ende führen soll.