KAPITEL 5

Die abgelegene Stelle an der Böschung über einem der Hauptzuflusskanäle des Cardinal Lake war schon seit längerer Zeit ein bevorzugter Treffpunkt für die Teenager Wrightsburgs. Hier konnten sie Dinge tun, mit denen ihre Eltern gar nicht einverstanden gewesen wären. An diesem Abend war der Himmel bedeckt, Wind rauschte durch die Bäume, und gelegentlich nieselte es. Deshalb stand heute nur ein einziger Wagen an der Böschung, doch die Insassen trieben es umso lebhafter.

Das Mädchen war bereits nackt. Ihr Kleid und die Unterwäsche lagen ordentlich zusammengelegt neben den Schuhen auf dem Rücksitz. Der junge Mann war hektisch damit beschäftigt, sich das Shirt über den Kopf zu ziehen, während das Mädchen seine Hose öffnete, was in der Enge nicht leicht war. Endlich hatte er das Hemd ausgezogen, während ihm von der schwer atmenden jungen Dame gleichzeitig Hose und Slip heruntergerissen wurden. Geduld schien – zumindest in dieser Situation – nicht ihre Stärke zu sein.

Er schob sich zur Mitte des Vordersitzes, nachdem er sich ein Kondom übergestreift hatte; dann hockte das Mädchen sich auf ihn. Rasch beschlugen die Wagenfenster vom keuchenden Atem der Teenager. Der Blick des Jungen schweifte ganz kurz hinaus in die Nacht hinter der Windschutzscheibe, bis er vor Lust die Augen schloss. Es war sein erstes Mal; seine Partnerin dagegen schien bereits über mehr Erfahrung zu verfügen. Der junge Mann stöhnte, als das Mädchen nun keuchend auf ihm ritt.

Dann öffnete er die Augen – und erstarrte.

Die Gestalt unter der schwarzen Sturmhaube blickte ihn durch die beschlagene Windschutzscheibe an. Verschwommen sah der junge Mann, wie der Lauf der Schrotflinte sich hob. Er wollte das Mädchen von sich herunterstoßen, um den Wagen zu starten, schaffte es aber nicht mehr. Das Glas explodierte nach innen. Die Schrotladung traf das Mädchen in den Rücken und schleuderte es auf den jungen Mann, der durch ihren Körper vor den Kugeln abgeschirmt wurde. Sein Nasenbein brach, als ihr Kopf gegen sein Gesicht prallte. Ihm wurde schwarz vor Augen, doch er blieb bei Bewusstsein. Feucht vom Blut des Mädchens, aber nicht ernsthaft verletzt, drückte er die Tote an seine Brust, als wäre sie ein Schutzschild, stark genug, um den Tod von ihm fern zu halten. Er wollte schreien, brachte aber keinen Laut hervor. Schließlich ließ er das Mädchen los und schob sich auf die Fahrerseite. Er war benommen, seine Bewegungen unbeholfen. Er wusste nicht, ob er selbst angeschossen war, hatte aber einen Schock erlitten, sodass sein Blutdruck verrückt spielte und seinen Körper zusätzlich unter Stress setzte.

Der junge Mann wollte gerade den Zündschlüssel drehen, als die Fahrertür aufgerissen wurde und die schwarze Sturmhaube wieder auftauchte. Hilflos beobachtete der Teenager, wie sich der Lauf der Schrotflinte auf ihn zuschob, einer tödlichen Schlange gleich. Der Junge flehte, schrie und jammerte, während ihm das Blut aus der gebrochenen Nase lief. Er wich vor dem Mann mit der Waffe zurück, bis er gegen die Leiche des Mädchens stieß.

»Bitte nicht. Bitte, bitte nicht!«

Die Schrotkugeln schlugen mit der Wucht eines Vorschlaghammers in seinen Kopf, und er wurde neben das tote Mädchen geschleudert. Die Vorderseite ihres Körpers war völlig unversehrt. Ein Betrachter hätte keinen Hinweis entdeckt, wodurch die junge Frau zu Tode gekommen war. Bei ihrem Freund dagegen war es offensichtlich: Er hatte kein Gesicht mehr.

Der Mörder lehnte die Schrotflinte gegen den Wagen, befestigte eine Armbanduhr am Handgelenk des jungen Mannes und klemmte den Arm des Toten zwischen Armaturenbrett und Tür fest. Als Nächstes fummelte er an der Uhr des toten Mädchens herum. Dann zog er ihr den billigen Amethystring vom Finger und steckte ihn sich in die Tasche. Dort verschwand auch der Christophorus-Anhänger, den er vom Hals des Jungen nahm.

»Tut mir Leid«, sagte er dann zu der Leiche des Jungen. »Dich persönlich trifft keine Schuld, aber du warst Teil der ursprünglichen Sünde. Dein Tod war nicht umsonst. Du hast einen Fehler wieder gutgemacht, der vor langer Zeit begangen wurde. Das ist ein Trost für dich, nicht wahr?«

Er machte sich nicht die Mühe, auch ein paar Worte an das Mädchen zu richten. Stattdessen nahm er einen Gegenstand aus der Tasche und legte ihn in den Fußraum des Wagens. Dann schlug er die Tür zu und stapfte davon. Als der Regen durch die zerborstene Windschutzscheibe drang, schien es, als würden sich die beiden nackten, toten Teenager aneinander klammern.

Auf dem Boden des Wagens lag der Gegenstand, den der Mörder zurückgelassen hatte.

Es war ein Hundehalsband.

Mit jedem Schlag der Stunde
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