Vierzehn

Die militärische Führung schlenderte zur Einsatzbesprechung, um sich wie jeden Morgen von Admiral Goettleman auf den neuesten Stand bringen zu lassen. Da der Flugzeugträger nur von einer Rumpfmannschaft betrieben wurde, fanden die Stabsoffiziere alle in dem kleinen Bordauditorium Platz, in dem man in der Regel alle Besprechungen abhielt. Der Admiral behielt die morgendliche Tradition bei, den Gesamtstatus der Flotte beziehungsweise des noch vorhandenen Teils zu referieren.

John saß in der letzten Reihe. Er hielt ein erst kürzlich herausgegebenes, grün eingebundenes Militärlogbuch in der Hand. Er war der Neuzugang der morgendlichen Lagebesprechung. Seine Anwesenheit war jedoch nicht zufällig. Er wurde nun für Unternehmungen als notwendig erachtet. Wenn der Admiral Antworten auf Fragen bezüglich des Zustands des Bordkommunikationssystems einforderte, wollte er keine Ausflüchte hören. In seiner kurzen Zeit an Bord hatte John eine Menge über die verzwickten hiesigen Computernetz- und Funksysteme gelernt und wusste inzwischen alles über die relevanten Knotenpunkte und Verbindungen.

Seine Notizen enthielten darüber hinaus geheime Informationen über Frequenzen, Einstellungen und Schaltpläne. Da die meisten jüngeren Techniker die schöne Kunst der Funklehre nicht mehr kannten, war es Johns Aufgabe, dieses Fach wieder in der Kommunikationsabteilung des Flugzeugträgers zu lehren. SATcom-Schaltungen waren zweckgebunden sowie Kommandounternehmen zugeordnet und durften nicht für weniger dringliche Kommunikation von einem Schiff zum anderen verwendet werden.

John saß in der letzten Reihe über dem Auditorium und studierte seine Aufzeichnungen. Er fuhr mit einem Finger über ein Diagramm und dachte: Romeo-Schaltkreis oder …

Ganz vorn schrie jemand: »Alle Mann: Achtung!«

Alle, einschließlich John, standen auf. Diesen besonderen militärischen Brauch hatte er vor einigen Tagen bei der ersten Besprechung kennengelernt.

Admiral Goettleman marschierte an seinen Platz vor dem Auditorium. John war einer von wenigen Zivilisten im Raum. Joe Maurer, der ihm bekannt war, saß vorne neben dem Admiral.

»Guten Morgen«, sagte Admiral Goettleman.

»Guten Morgen, Admiral«, murmelten die Anwesenden.

Der Admiral schaute kurz zum gegenwärtigen OvD und gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass er den Anfang machen sollte.

»Guten Morgen, Admiral, Stabschefs, Stab und Truppe. Die USS George Washington befindet sich heute Morgen am vorgesehenen Ort, und zwar hundert Meilen nördlich von Panama. Wir sind unterwegs zu einem noch weiter nördlich liegenden Gebiet an der Küste von Texas, um die Kampfgruppe Phoenix zu unterstützen.«

»Was treibt die gerade so?«, warf der Admiral ein.

»Wir hatten zuletzt vor acht Stunden Funkkontakt mit Phoenix. Da war alles im grünen Bereich. Heute Morgen wurde ich per Funk informiert, dass die Gruppe plant, die Umgebung heute Abend nach Sonnenuntergang zu erkunden. Laut Phoenix gibt es keine Anzeichen ungewöhnlicher Aktivität und keinen Hinweis auf irgendwelche Flugzeuge in der Umgebung von Hotel 23.«

»Sehr gut.« Der Admiral rieb sich das Kinn. »Fahren Sie fort.«

»Sanduhr ist gut vorangekommen und dampft in westlicher Richtung nach Oahu. Laut Meldung ist auch dort alles im grünen Bereich, und man steht relativ gut im Futter. Als Vorsichtsmaßnahme ist man auf drei Viertel einer Ration runtergegangen.«

»Na, wenn die bei Diamond Head ankommen, werden die U-Boot-Fahrer aber ganz schön knurrig sein«, ulkte Goettleman.

Einige Anwesende lachten, was in letzter Zeit nicht mehr allzu oft vorkam.

»Dann wollen wir sie ab sofort in unsere Gebete einschließen. Sie befinden sich nämlich auf dem gefährlichsten Einsatz der Militärgeschichte.«

Die kleine Menge an positiver Energie, die im Raum vorhanden war, depolarisierte, als hätte sich eine plötzlich alles bedeckende Lage Ernsthaftigkeit von der Decke herabgesenkt.

»Vorbehaltlich weiterer Fragen oder Kommentare, die sich aus dem heutigen Lagebericht der Kampfgruppe ergeben, könnten wir dann fortfahren, Admiral«, fuhr der OvD fort.

Goettlemans Nichtreaktion bedeutete wohl, dass er nichts weiter zu beanstanden hatte. Der OvD las die Liste der Abteilungen vor und fragte jede einzelne, ob sie der Besprechung etwas hinzuzufügen habe.

»Bordgeschütze?«

»Lage wie zuvor.«

»Luft?«

»Wir arbeiten noch immer an dem Plan, den Trägerbetrieb wiederherzustellen«, sagte der amtierende Flugleiter. »Aber im Moment sind wir nach wie vor in der Erkundungsphase. Treibstoff und Maschinen bilden ein Problem. Wir können die Wartungstermine der Jets nicht einhalten. Wir haben nur eine Handvoll einsatzbereiter Hornets, und die müssen wir für etwaige hereinkommende unbemannte Kampfdrohnen reservieren. Wir haben zwar noch eine respektable Anzahl von Hubschraubern, sind aber knapp an Piloten. Die Katapulte und Abbremsvorrichtungen benötigen alle fachliche Wartung, die wir leisten können, und wir haben jetzt nur noch vier Querdeckaufhängungen. Das ist alles, Sir.«

»Reaktoren?«

»Beide sind voll einsatztauglich. Keine Statusveränderung.«

»Maschinenraum?«

»Wir haben leichten Ärger mit Maschinenteilen. Nichts Weltbewegendes, aber uns sind bestimmte Metalle ausgegangen, die wir brauchen. Ich schlage vor, sie auf die Liste unserer Kontinentalraubzüge zu setzen. Sonst nichts zu melden.«

»Verpflegung?«

»Wir haben bei der gegenwärtigen Mannschaftsstärke Verpflegung für neunzig Tage an Bord, Admiral. Lage ist kritisch. Keine Veränderung.«

»Von der Verpflegung kommen immer nur schlechte Nachrichten«, sagte Goettleman leicht provokant. »Da die Flugleitung offenbar keine Kiste in die Luft kriegt – wie wäre es, wenn ihr euch zusammentut und auf dem Flugdeck einen Gemüsegarten anlegt? Der Nächste bitte.«

»Jawohl, Sir. Kommunikation.«

Einige Sekunden vergingen, bevor John merkte, dass der Funkoffizier sich nicht im Auditorium befand.

»Kommunikation?«, fragte der OvD erneut, diesmal leicht nervös und genervt.

John stand auf und schlug sein grünes Notizbuch auf. »Admiral, ähm … Wie Sie wissen, ist SATcom aktiv und im Fall Kampfgruppe Sanduhr stabil. Ich habe an Sendetheorien und unterschiedlichen HF-Abstrahlungen gearbeitet, um die Arktisstation noch einmal anzurufen. Meine Leute bemühen sich im Moment, sie an die Strippe zu kriegen. Wir sind dicht dran, die Wellenübertragung auszutüfteln, um Impulsrückwurf mit der Station zu ermöglichen. Die Netze sind aktiv und stabil für örtlichen LAN-E-Mail-Verkehr. Ich weiß, dass dies keine Priorität hatte, aber es läuft. Ich schätze, das ist alles, Sir.«

Admiral Goettleman runzelte die Stirn, dann nickte er bestätigend.

Das wird heute ein guter Tag, dachte John, der mit seinem eselsohrigen grünen Notizbuch in der obersten Reihe des Auditoriums stand.

»Dies beendet die Frühbesprechung, falls nicht noch jemand weitere Fragen oder Kommentare abzugeben hat«, fügte der OvD hinzu.

Wie auf ein Stichwort hin trat ein Funker ein und übergab dem Tisch der Stabsoffiziere eine papierene Botschaft.

Goettleman setzte seine Brille auf und las vor. »HF-Funkkontakt mit arktischer Außenstation Vier hergestellt. Sehr gut. Ich bitte den Stab hierzubleiben und alle anderen, den Tagesplan in die Tat umzusetzen. Das ist alles.«

Als John das kleine Auditorium verließ, verspürte er ein neues Gefühl von Zuversicht. Auf dem Weg zur Funkbude, wo er weitere unmögliche Probleme lösen und einen Blick auf die arktischen Depeschen werfen wollte, fiel sein Schritt ein wenig zackiger aus.

Gute Arbeit, Funkraum. Der heutige Tag wird ein guter, dachte John, als versuchte er, sich selbst zu überzeugen …